Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Willsdruffer Vorstadt.[]

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Wenn Du von hier auf den Altenmarkt, und dann auf der Willschen Gasse durch das Willsdruffer Thor gehst; so gelangst Du in die Willsdruffer Vorstadt. Sie ist alt; daher bemerkst Du eine unregelmäßige Anlage und viele kleine und hölzerne Häuser. Eins der grössern ist das sogenannte Jungferpalais, dem Hospital St. Jacob gegenüber, mit einer Breite von 12 Fenstern. Es zeichnet sich durch nichts aus. Die Gasse gerade aus, welche man die Nachbarschaft nennt, führt nach den 3 Rosen (s. S. 93) und der St. Annenkirche; auf einer andern rechts, die die Entenpfütze heißt, liegen das Findelhaus, das Armenhaus, das Ehrlich'sche Stift u. a. m. (Vergl. S. 100). Auf der Hundsgasse, rechts vom Thore, an der Weißeritz, ist der kurfürstliche Fischgarten, wegen seiner geräumigen Fischhälter, und der Steinhäuser'sche Garten wegen seines Gewächshauses bemerkenswerth. Auf der Mittelgasse zeichnen schöne Statuen und ein steinernes Wohnhaus den Carlowitzischen Garten aus. Am Anfange der Gerbergasse aber geht man beim Kuttelhofe, wo das Rindvieh geschlachtet wird, und bei dem neugebauten Silberhammer (vergl. S. 205), an der Zwingerbrücke und Pforte vorüber, in die Ostra-Allee. An dieser Doppellinie von hohen Kastanien, welche 1747 gesetzt wurden, liegen: das schöne Roch'sche Haus; die von einem Italiäner, der Buffo beim Theater war, angelegte Nudelmühle; die zwei großen kurfürstl. Orangeriehäuser, für die große Orangerie des Zwingers; das erste und zweite Fasold'sche Haus, wovon jenes vorzüglich schön gebaut ist, u. a. m. In der Nähe sieht man einige Gärten; unter andern, rechts am Ende der Allee, Engelhardt's öffentlichen Garten, und des Prinzen Maximilian Gartenpalais, welches in der dorischen Ordnung gebaut ist.

Auf der rechten Seite der Allee führt das erste Quergäßchen längs dem Stadtgraben zum kurfürstlichen Stalle, einem regelmäßigen Viereck von 120 Schritt tiefen Seiten. Er wurde von August III., 1744 erbaut. In jedem Flügel können 60 Pferde stehen. Du findest hier schöne Züge, wie man sie selten so beisammen trift. An den Stall stößt der Zimmerhof, dessen Ausgang nach der Elbe hin verschlossen ist. Ein zweites Gäßchen bringt Dich in das kleine Gehege, bei einem Accis- und Wachhause vorüber. Rechts liegt das Klugische, jetzt Hendrich'sche Bad, wo auch Familien im Sommer wohnen können; Angiolini's schönes Gartenhaus; die Hofpatientenburg; die Tabacksmühle; die Schneidemühle und der Holzhof, wohin das Holz der Elsterflöße auf Kähnen gebracht wird. Man kann sich hier bei der Ziegelscheune auf das rechte Elbufer übersetzen lassen, oder durch den Ausfall zur Brücke kommen. -- Auf der linken Seite der Allee zeigt Dir ein Quergäßchen den Eingang in den kurfürstl. Orange-Garten, der auch der Herzogin- oder der Hoheiten-Garten heißt. Das Getöse eines Bürgerfestes führt uns bei dieser stillen Wohnung ausländischer Pflanzen vorüber, zu dem Schießhause auf der Schießgasse. Der beherzte Herzog Albert stiftete es 1454; im J. 1672 wurde es von Joh. Georg II. erneuert. Man hält hier im Anfange des Julius das Königsschießen. Die alten Nationenschilde mit ihren Devisen, welche daselbst aufgehangen sind, bewahren das Andenken an die streitbaren Männer des Meißnerlandes. Zwischen der Schießgasse und der von Gärten eingefaßten grünen Gasse liegt das Lazareth, oder Pestilenzhaus für Tolle, Wahnwitzige und Inficirte. Es wurde 1586, als eine Pest wüthete, angelegt. Diese Stiftung hat eine Kirche und einen Begräbnißplatz, mit Abtheilungen für Selbstmörder und Verbrecher.


Wilsdruffer-Vorstadt.[]

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Die Wilsdruffer- oder Willsche-Vorstadt

ist die älteste und größte, aber auch unregelmäßigste Vorstadt, ihre meisten Häuser sind klein und hölzern. Man findet in derselben
Links:
gleich am Thore eine Straße, die nach dem Poppitz und zugleich an den Falkenschlag führt; von da aus der Weg nach dem Dorfe Plauen und in dessen berühmten Grund hinweiset.
Diese erwähnte und am Thore befindliche Strasse, bringt nach dem Männerhospital, desgleichen zu der Roßarzney-Schule, -- und wird auf der rechten Seite von folgenden Gassen begränzt, nämlich von
1) Fischersdorf,
2) der Rosengasse, und
3) der Freibergerstrasse.
Rechts
kommt man auf die Brücke bey dem Schlachthause:
1) auf der Gerbergasse, links an dieser, befinden sich:
die Hunds-}
-- Mittel-}
und Grüne-} Gasse,
welche sich am Platze des Rebensteins endigten. Etwas weiter rechts hinaus, wo das Bürgerschießhaus stehet, befinden sich:
das Trabanten-}
und Feigen-} Gäßchen,
so wie die Schießgasse und Viehweide.
Durch das Wilsdrufferthor gelangt man auch, wenn man sich rechts wendet, zur Zwingerbrücke und der damit verbundenen Ostra-Allee, welche nach Friedrichsstadt führt. Dieselbe ist seit 1747 angelegt und von beiden Seiten mit Häusern und Gärten umgeben. Auf ihrer rechten Seite finden sich 2 Gäßchen -- das erste zeigt den Weg nach den Churfürl. Ställen, das zweite auf die Ostrawiese an der Elbe gelegen. Am Ende der Allee kommt man zu dem Palais des Prinzen Maximilian, hinter welchem ein schöner Garten befindlich ist.

Die in der Wilsdruffer Vorstadt bemerkbaren Gebäude sind:

Die Annenkirche,

welche 1578 von der Churfürstin Anna gestiftet wurde; im Jahr 1758 brannte dieselbe nieder, 1769 hatte man sie wieder neu erbaut. Ihre Form ist regelmäßig und ihr Inneres dem Zweck angemessen; sie hat 3 Eingänge mit vorliegenden Stufen.

Die Kirche zum Stadt-Krankenhause gehörig,

ist nebst diesem Hause und einem Begräbnisplatze, mit einer Mauer umgeben, und von mittlerer Größe. Die dabey befindliche Anstalt zum Besten armer Kranken, wurde 1586 gestiftet, aber seit einigen Jahren sehr verbessert.

Das Findelkinder-Haus,

welches neu erbaut, und zu diesem Zweck sehr gut eingerichtet ist.

Das Schießhaus

auf der Schießgasse stiftete Herzog Albrecht 1454, in spätern Zeiten wurde es geschmackvoller angelegt, hinter demselben befindet sich der Schießplatz, auf welchem die Bürger jährlich nach einer Scheibe schiessen.

Der Silberhammer,

der Zwingerbrücke gegenüber, mit seinen Laboratorien, ist jetzt ganz neu erbaut, man findet daselbst künstliche Maschinen, wodurch das Metall zur Münze vorgearbeitet wird.

Der Herzogin-Garten

in der Ostra-Allee auf linker Hand an der Weiseritz gelegen, verdient von Fremden besucht zu werden, vorzüglich findet man darin ungewöhnlich hohe und starke Feigenbäume, desgleichen viele ausländische Pflanzen, welche dem Liebhaber der Kräuterkunde viel Unterhaltung verschaffen. *)

*) Das Verzeichniß derselben, welches von F. Z. Pursch, Verfasser der Flora des Plauenschen Grundes -- mit einer richtigen Synonimie sehr sorgfältig ausgearbeitet worden, ist bey dem Hn. Hofgärtner Seibel für 12 gr. zu haben.
Die Italiänische Nudelmühle

ebenfalls in dieser Allee, dem erwähnten Garten gegenüber, ist ein schönes Gebäude, in dessen Erdstock die Fabrication der Nudeln betrieben wird. Ohnweit dieses Gebäudes stehen:

Die Churfürstl. Orangeriehäuser,

von beträchtlicher Größe, wo die vortreflichen Orangenbäume im Winter aufbehalten und gepflegt werden, welche in den Sommermonaten den Zwinger zieren. In einer kleinen Entfernung von diesen, liegt

Das Klug'sche jetzt Hendrich'sche Badehaus,

welches bequem eingerichtet, und dabey mit Wohnungen für Familien, die sich im Sommer daselbst aufhalten wollen, versehen ist.  


Kirchen.[]

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Die Wilsdruffer Vorstadt besizt in der

St. Annenkirche

ein nicht unansehnliches Bethaus, dessen Thurm angefangen, aber liegen geblieben ist. Sie wurde im Jahre 1769 vollendet. Das Deckengemälde vom ehemaligen Theatermaler Müller stellt Christus Verklärung dar.

Die Lage dieser Kirche ist auf der einen Seite unmittelbar an dem Weiseriz-Mühlgraben, die andre enthält einen Begräbnißplatz mit Inschriften in Stein und Holz.

In einer geringen Entfernung von der Annen-Kirche steht ein kleines Gotteshaus, das durch seine uralte schlechtgothische Bauart, merkwürdig wird. Man nennt es

Die Bartholomäuskapelle, oder den Geist.

Der Prediger der St. Annenkirche hält in ihm vierteljährig einmal eine Rede. Man findet hier eine steinerne Kanzel unter freiem Himmel, die in der Vorzeit zum Lehrstuhle diente.

Die Lazarethkirche

in der Gegend des Schießhauses ist unansehnlich und ohne Thurm. Sie hat einen großen Kirchhof und ihren eignen Pfarrer. --


Verpacht- und Vermiethungen.[]

[4]
13) Vor dem Wilsdruffer Thore am Ostraer Geheege beim Holzhofe No. 34 ist zu Ostern 1807 die erste Etage, das halbe Parterre, Stallung auf 5 Pferde und Wagenschuppen zu vermiethen. In der 2ten Etage erhält man Auskunft.


Quellen.[]

  1. Dresden, dargestellt aus dem Gesichtspunkte der Cultur. Dresden, 1804. in der Arnoldischen Buch- und Kunsthandlung.
  2. Taschenbuch für Fremde in Dresden, die ihren Aufenthalt daselbst zweckmäßig benutzen wollen. Mit Kupfer und Charte. Dresden, bey Heinrich Gerlach. 1804.
  3. Neue Ansicht von Dresden. Für Reisende von einem Reisenden. Leipzig, bey Friedrich August Leo. 1799.
  4. Dresdner Anzeigen. 11tes Stück. Donnerstags den 5. Februar 1807.
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