Wien im strahlenden Glanze.[]
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Der Friede war nach dem blutigsten der Kriege zu Paris am 30. May 1814 geschlossen; das Französische Kaiserthum, welches unter seinem eroberungssüchtigen Kaiser Napoleon die ganze Erde zu verschlingen drohte, ward in die Gränzen des alten Königreichs zurück gewiesen, Napoleons Kaiserthron ward zertrümmert, und Ludwig XVIII. aus dem Hause der Bourbonen, der ehemahligen rechtmäßigen Beherrscher Frankreichs, auf den königlichen Thron erhoben. Ganz Deutschland bekam eine neue Gestalt; der Rheinische Bund, zu dessen Beschützer Napoleon, wie der Wolf zum Hüther der Herden, sich aufgeworfen hatte, lösete sich auf; alte Regenten, von Napoleon vom Throne gestossen, kehrten zu ihren frohlockenden Unterthanen wieder zurück, vom Mutterlande losgerissene Länder und Provinzen vereinigten sich wieder mit demselben, überall kam die alte Ordnung neu zurück, alles athmete freyer, überall waren Jubel, Dank und Gebethe. Und alles dieses ward durch den treuen Bund dreyer großherziger Monarchen, deren Nahmen noch die spätesten Nachkommen segnend nennen werden, durch Kaiser Franz I., unsern angebetheten Monarchen, durch Kaiser Alexander von Rußland, und König Friedrich Wilhelm von Preußen unter Mitwirkung Englands, Schwedens, Spaniens, Baierns, Würtembergs und anderer Fürsten des Deutschen Reichs, zu dem rühmlichsten Ende gebracht.
Doch eine mehr als zwanzigjährige Umwälzung in Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, Pohlen, und in allen Ländern, welche der Krieg durchwühlet hatte, hatte die ehemahligen Verhältnisse und Verfassungen so sehr aus allen Fugen gehoben, daß es eine schwere Aufgabe war, alles wieder in die alte Ordnung zurück zu bringen. Und doch konnte nur ein fester Friede auf gleichmäßiger und gerechter Vertheilung, oder auf billigem Umtausche der ehemahls besessenen Länder beruhen.
Um diese schwere Aufgabe zu lösen wurde eine Zusammentretung (ein Congreß) aller dabey interessirten Regenten Europens in Wien angeordnet. Die Mächtigsten der Erde und alle Fürsten Deutschlandes erschienen theils selbst, theils schickten sie Abgeordnete. Da sah man in Wien den Kaiser Alexander, den König Friedrich Wilhelm, den König von Dänemark, von Baiern, von Würtemberg, die Herzoge von Sachsen-Weimar, von Braunschweig, den Churfürst von Hessen-Cassel, eine große Zahl von Großherzogen, Fürsten, Grafen und Landgrafen, von Erbprinzen und Brüdern der anwesenden Monarchen, ihre erlauchten Gemahlinnen, die großen Feldherrn, welche den Sieg mit erfochten, die unendliche Menge von Abgeordneten aus allen Ländern u. s. w., mehr als 5000 an der Zahl, lauter angesehene Fremde, die noch nie eine Stadt in sich eingeschlossen hat. Dazu denke man sich die zahlreiche Dienerschaft aller dieser hohen Ankömmlinge und die große Menge der Fremden, welche die Neugierde herbeygezogen hatte, und man kann sich einen Begriff von der Lebhaftigkeit, von dem Thun und Treiben in der großen Stadt Wien während des Congresses denken.
Unser allgeliebter Landesvater, Kaiser Franz war in dieser hohen Fürsten-Gesellschaft der Wirth, die gute Landesmutter, Weiland Kaiserinn Ludovica, die Wirthinn, welche diese erlauchtesten Gäste in ihrem Hause in der Burg beherbergten, und festlich bewirtheten. Auch jene Mächtigen, welche die ungeheure kaiserliche Burg nicht fassen konnte, und die andere Palläste bewohnten, so auch alle fremden Generale, Abgeordnete, Geschäftsführer und so weiter wurden vom kaiserlichen Hofe verpflegt.
Die erhabenen Monarchen wurden bey ihrer Ankunft in Wien mit Jubel und Freude und mit einer ihrem hohen Range angemessenen Feyer empfangen. Seine Majestät unser Kaiser fuhr dem Könige von Dänemark, von Würtemberg, von Baiern, in Begleitung der adeligen Garden und unter Bedeckung zahlreicher Cavallerie, eine geraume Strecke auf der Kaiserstraße entgegen, nahm die erlauchten Fürsten nach einer herzlichen Umarmung in seinen Wagen auf, und führte dieselben unter dem Donner des Geschützes zwischen zwey Reihen des Militärs und der Bürger-Corps, deren wirbelnde Trommeln und rauschende Musik-Chöre von einem hohren Vivat-Rufen überstimmt wurden, in die kaiserliche Burg, wo mit Glanz und Pracht ausgestattete Wohnungen für sie bereitet waren.
Empfang des Kaisers Alexander und Königs Friedrich Wilhelm.
Der [[1814#September.|g, ein schöner Herbsttag, dessen früher Nebel durch die herrlichsten Sonnenstrahlen zerstreuet wurde, so wie mit diesem Tage die schönste Hoffnung glücklicher Zeiten aus der dunkel wilden Vergangenheit immer leuchtender hervorstieg.
Den ganzen Tag über war Wien in festlicher Freude. Schon früh um 8 Uhr eröffneten zahlreiche Kanonenschüsse das Fest, beriefen das zahlreiche Militär, schöne und ausgezeichnete Truppen zu Fuß und zu Pferd, alle neu gekleidet, zum Ausrücken, und verkündeten den geschehenen Aufbruch und die Annäherung der höchsten Gäste.
Kaiser Alexander und Friedrich Wilhelm, beyde aus ihrer Residenz nach Wien eilend, waren in Wolkersdorf, zwey Posten außer der Kaiserstadt, zusammen getroffen. Von Brünn her war die Kaiserstraße in kaum Stundenweiter Entfernung mit Kanonen besetzt, welche durch ihren Donner die Annäherung der höchsten Monarchen der Hauptstadt verkünden sollten. Auf jeder Post-Station stand eine Compagnie Grenadiere zur Aufwartung und eine Schwadron leichter Reiter zur Begleitung bis zur nächsten Station bereit. Überall strömte das Landvolk in zahlreichen Haufen zur Landstraße und zu den Post-Stationen herbey, um die beyden gekrönten Freunde unsers allgeliebten Landesvaters zu sehen und zu verehren, die im erhabensten Bunde mit seltener Freundschaft, Eintracht und Ausdauer den schwersten und beglückendsten aller Frieden erkämpft haben.
Von Stammersdorf eilten nun Alexander und Wilhelm dem Dritten des erhabensten Bundes, und dieser, unser Vater Franz, von Wien aus, ihnen entgegen. Um halb eilf Uhr war der von ihnen und der ganzen Welt persönlich geliebte Kaiser, den sie in Wien wieder sehen und umarmen sollten, unter dem Zujauchzen seines zahlreich versammelten Volkes ihnen entgegen geritten.
In ganz Wien war ein Gehen, Fahren und Treiben ohne Gleichen. Alle Fenster in den Straßen und Gassen, durch welche der Zug gehen sollte, füllten sich mit festlich gekleideten Menschen. An den Häusern reiheten sich dichte Massen Neugieriger, vom Lande und aus allen Vorstädten zusammen gelaufen, und mit Ungeduld des noch nie gesehenen Schauspieles harrend. Unzählbare Scharen Schaulustiger wälzten sich wie die Wogen des brausenden Meeres auf den Wegen fort, auf welchen der Zug kommen sollte, und ihm entgegen, um die Ersten den beseligenden Anblick zu genießen. Reiter ohne Zahl trieben die raschen Pferde stundenweit vorwärts, um zu schauen die herzliche Umarmung, mit der sich die drey erlauchtesten Friedensstifter empfangen würden.
Außerhalb der Tabor-Brücken trafen sie zusammen, die drey edlen Retter Deutschlandes, gewiß mit einer unter Monarchen seltenen Freude des Wiedersehens. So ritten sie über die Brücken zur Tabor-Linie, umgeben von Garden, einem glänzenden Gefolge und zahlreichen Reitern. Von hier führt eine Allee zu dem großen Vorplatze des Praters, dem so genannten Stern.
Hier waren die adeligen Deutschen und Hungarischen Garden, die ganze Garnison von Wien, Cavallerie und Infanterie, und das sämmtliche Bürger-Militär, ein Heer von mehr als 15,000 Mann in Parade aufgestellt.
Die Monarchen musterten diese prächtige Heeresschar, und ließen sie bey sich vorüberziehen. Nin ordnete sich ein ehrfurchtgebiethender Zug -- einzig in seiner Art, der der Stadt eines der herrlichsten Schauspiele geben sollte.
Gegen ein Uhr erreichte er die Stadt. Das voranziehende Militär bildete nach und nach auf dem ganzen, mit Menschen gefüllten Wege, den er nehmen sollte, Spaliere, um denselben einen freyen Raum zu eröffnen.
Den majestätischen Zug eröffnete nach einem Cürassier-Detaschement, das schöne Uhlanen-Regiment, Fürst Schwarzenberg, mit seiner vollen Türkischen Musik. Fürst Alois Lichtenstein führte die herrlichen Grenadiere an, den Kern des Österreichischen Fußvolkes, den Schrecken der Feinde im beendigten Kriege. Es waren deren 10 Bataillone, Deutsche und Hungarische versammelt. Ihnen folgten die beyden Hungarischen Feld-Regimenter Hiller (jetzt Kaiser Alexander) und Colloredo, diesen die beyden unvergleichlichen Cürassier-Regimenter, Großfürst Constantin (mehrere Jahrhunderte mit dem alten ehrwürdigen Nahmen Hohenzollern berühmt,) und das Regiment Herzog Albert. Der ergraute Inhaber desselben, der allverehrte Herzog Albert von Sachsen-Teschen, hatte sich bey der Musterung an die Spitze der gepanzerten Männer gestellt, und führte das Regiment im festlichen Zuge vor.
Nun erschien die Krone und der Mittelpunct dieser herrlichen Scene -- die erhabenen Drey, die Retter, die Friedens-Stifter, welche fremde Städte so oft vereiniget gesehen hatten, und die jetzt das glückliche Wien zum ersten mahle, gleichsam in einem Bilde, umstrahlt von gleicher Herrlichkeit, sah. Wem schlug da nicht frohlockend das Herz, wer fühlte nicht die Größe des herrlichen Genusses? Es waren nicht drey Monarchen, vom Prunk der Majestät umgeben, welche das Volk mit gedankenloser Neugierde anstaunte: es war der Anblick dieser Drey, gesegnet von allen Völkern Europens, tief verehrt von allen ihren Unterthanen, hochgeachtet von allen Menschen ihres guten Herzens und ihrer erhabenen Gesinnungen wegen; es waren diese Drey im edlen Bunde, durch Schicksale, durch Leiden und Freuden, durch ihre eigene Herzen innig verbundene Freunde, die Aller Blicke fesselten, und Aller Herzen mit überströmender Wonne füllten. Die lauten, ununterbrochenen Zurufe der reinsten und wahrsten Freude, womit sie von den dicht gedrängten Zuschauern, das ist, von der ganzen Bevölkerung Wiens und der ganzen Umgebung, auf dem weiten Wege begrüßt wurden, überstimmten den Donner der Kanonen, das hundertfache Geläute der Glocken. An die Monarchen schlossen sich zunächst der Kronprinz und die Erzherzoge von Österreich, der Kronprinz von Würtemberg, der Prinz Wilhelm von Preußen, Bruder des Königs, dann ein großes Gefolge von Generalen, ihre Adjudanten und Officieren von allen Waffen in bunter Pracht und glänzendem Gewühle an. Die Deutsche und Hungarische Nobel-Garde folgte, und hinter ihr ein langer Zug reich gekleideter Bedienten und Hussaren. Ein drittes Cürassier-Regiment und die gesammte bürgerliche Cavallerie beschlossen den herrlichen Zug.
Von dem Eintritte der Monarchen in die Linien Wiens bis zu ihrem Einzuge in die Burg fielen tausend Kanonenschüsse, aus dem um die Wälle aufgestellten Geschütze. Nachdem noch die Grenadier-Bataillone, welche das Spalier gebildet hatten, und das gesammte Bürger-Militär nach dem Range und der Ordnung der verschiedenen Corps, alle neu und glänzend uniformirt, mit ihren an Menge und Pracht reichen Musik-Chören vorüber gezogen waren, war um 2 Uhr das große Schauspiel, nicht aber die Freude des Tages geendiget.
Mit diesem Tage fingen die herrlichen Feste an, welche mit kaiserlicher Pracht den hohen Gästen gegeben wurden, von denen ich in der Folge die ausgezeichnetsten beschreiben werde.
Reisende.[]
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Angekommene in Wien.
Vom 28ten bis 30ten December 1814.[]
Hr. Murica, Handelsm. aus der Türkey, k. v. Triest, (w. 690.)
Hr. Graf Lapinsky, Hr. Cziakonsky, Partik. aus Warschau, k. v. Brünn, (w. 1152.)
Hr. Harten, Partik. aus Berlin, k. v. Paris, (w. 1188.)
Hr. Marquis de Saint Elia, aus Neapel, k. v. Paris, (w. 962.)
Hr. Burelli, Med. Dr. aus Jassy, k. v. Lemberg, (w. 1159.)
Hr. Fürst Dobeczkoi, russ. k. Capitain, k. v. Warschau, (w. 1.)
Hr. Graf Hardegg, k. v. Seefeld, (w. 459.)
Hr. Graf Hardegg, k. v. Teltsch, (w. 820.)
Lord Stewart, engl. General, k. v. Pest, (w. 1069.)
Hr. Dawidof, russ. k. General, k. v. Grätz, (w. 962.)
Hr. Graf Seiboldsdorf, k. bair. Major, k. v. München, (w. 1220.)
Hr. Fürst Bey (Aly), k. v. Konstantinopel, (w. 728.)
Hr. Graf Lamberg, Rittmeister, k. v. Preßburg, w. 728.)
Vom 31ten Dezember 1804 bis 1ten Jänner 1815.[]
Hr. Freyh. Werner, k. v. Gmünden, (w. 1152.)
Hr. Freyh. Localetti, General aus Bergomo, k. v. Mayland, (w. 1000.)
Hr. Graf Blatrich, k. v. Esseg, (w. 1000.)
Fr. Gräfinn Kolowrat, k. aus Mähren, (w. 21.)
Fr. Freyinn Engelhard, k. v. Znaym, (w. in der Alservorst. 90.)
Fr. Fürstinn Auersperg, k. v. Prag, (w. in der Josephst. 1.)
Hr. Trautenberg Kaufmann aus Hildesheim, und Hr. Schwarz, Kaufmann aus Magdeburg, k. v. Berlin, (w. 872.)
Hr. Graf Schönbeck, k. v. Krakau, (w. 1000.)
Fr. Gräfinn Bathiany, k. v. Ödenburg, (w. 145.)
Fr. Gräfinn Czaky, k. aus Ungarn, (w. 888.)
Hr. Fioll, k. engl. Oberst, k. v. Triest, (w. 962.)
Hr. Lachmann, russ. k. Rittmeister, k. v. Frankfurt, (w. 962.)