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Vorarlbergische Herrschaften.[]


SectieVorarlberg

Der ehemalige Oesterreichische Kreis nach der Charte des Freyh: v Schmidtburg Weimar im Verlage des Geographis. Instituts. 1809.

Vorarlbergische Herrschaften [1] werden die ehemals Oesterreich. Besitzungen genennt, welche zwischen Tyrol und dem Rheine liegen. Sie werden durch den Adlerberg von Tyrol getrennt, und enthalten folgende Herrschaften und Grafschaften: Hohenek, Bregenz, Feldkirch, Pludenz, Hohenems, Sonnenberg, Montafon. Die ganze Menschenzahl betrug im Jahr 1803. 84585 Köpfe; den Flächeninhalt darf man etwas über 45 ge. QM. annehmen. Es hat viele Berge, daher nicht hinreichenden Ackerbau, aber beträchtliche Viehzucht und große Waldungen, auch Eisenbergwerke. Ehemals wurde es zu den Oesterreich. Vorlanden gerechnet, K. Joseph II. schlug es aber 1782 zu Tyrol, und seit 1786 ist zu Bregenz das eigene Kreisamt angerichtet. Aber 1804 vereinigte man diese Herrschaften auf das Neue mit den Oesterreich. Besitzungen in Schwaben, und sie wurden noch vergrößert durch die ehemals dem Stifte Weingarten gehörigen 1804 aber von dem Fürsten von Oranien-Fulda durch Vertrag erhaltenen Herrschaften Blumenegg, St. Gerold und Bandern, welche in dem Bezirk von Vorarlberg liegen. Oranien wurde durch mittelbare Güter von größerem Ertrag entschädigt. Durch den Preßburger Frieden 1805 erhielt Baiern ganz Vorarlberg, vereinigte den 26. April 1806 die Landschaft mit der Schwäbischen Provinz, und theilte sie den 19. Nov. 1806 in die 2 Stadtgerichte Bregenz und Feldkirch, welche Städte zugleich der Sitz der beyden großen Rentamts-Bezirke sind, und in die 7 Landgerichte: Weyler, Bregenz, Inner-Bregenzerwald, Dornbirn, Feldkirch, Sonnenberg und Montafon. Seit 1808 gehören diese sämtlichen Gerichte zum Illerkreise.


Kurze Beschreibung Vorarlberg's.[]


Vorarlberg [2] oder die Vorarlbergischen Herrschaften haben ihren Namen von dem Arlberg, oder Adlersberg, einem Theil der Rhätischen Alpenkette, welcher sie von Tyrol, und dieses zugleich von Schwaben scheidet. -- Sie gränzen an Tyrol, an Graubünden, an den Rhein, welcher sie aus der Gegend von Feldkirch, bis wo er in den Bodensee fließt, von Helvetien trennt, und an die ehemalige schwäbischen Kreislande, oder nunmehr an den Baierischen Illerkreis. -- Sie gehörten vormals zu Vorder-Oesterreich, seit 1782 zu Ober-Oesterreich, dessen sechstes Kreisamt sie bildeten. -- Ihren Flächeninhalt schätzt man auf acht und zwanzig Quadratmeilen, die Zahl ihrer Einwohner auf neunzigtausend Seelen. -- Die Grafschaften Bregenz, Feldkirch, Pludenz, Sonnenberg, Hohenems, die Herrschaften Hoheneck und Blumeneck waren ihre einzelnen Bestandtheilen. -- Mitten zwischen Tyrol und Helvetien gelegen, vereinigt dies Ländchen alle Schönheiten und Merkwürdigkeiten der Natur, die man in jenen beiden, mit Vorarlberg so nahe verwandten Ländern nur mit mehr Abwechslung, und auf einem grössern Flächenraum antrift.

Schon von Lindau, der kleinen, aber so reitzend gelegenen Inselstadt über den herrlichen Bodensee hinüber erblickt man das schöne Rheinthal, zur Rechten der Appenzeller Hohe Sentis mit seinem nie entblößten Haupt, zur Linken die Gebirge des Bregenzer Waldes, und an ihrem Fuß gleichsam der Schlüssel des Landes, die Stadt Bregenz an den Ufern des Bodensees, -- im Hintergrund die schwarzen Rhätischen Alpen, die sich in den Wolken verlieren.

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Um von Schwaben nach Vorarlberg, und selbst nach einem großen Theil der Schweiz zu kommen, muß man die Straße von Lindau nach Bregenz einschlagen, auf der man eine der schönsten und reizensten Aussichten, wie man sie nur selten findet, genießt. Die Straße führt von Lindau durch einen wahren Obstgarten nach den Vorarlberger Bergen hin, die mit ihren Weingärten und einzelnen Landgütern eine muntere Ansicht gewähren. Kaum hat man aber diese Berge erreicht, so läuft die Straße nun hat an dem Fuß der Berge, mit großer Anstrengung und Mühe über dem Ufer des Bodensees aufgebauet, bis nach Bregenz hin. Die Natur selbst scheint hier, wo die schmale Straße sich, zwischen den hohen Bergen und dem Bodensee eingeengt, wohl über eine Stunde hinzieht, einen natürlichen Paß angelegt zu haben, der aber von den Rhätiern, Römern und Deutschen bis auf unsere Zeiten auch noch durch die Kunst befestigt und verstärkt wurde. Dieser Paß trug den Namen der Bregenzer-Klause, und ist jetzt zum Theil zerstört, indem man die mächtigen Steine zu dem neuen Hafenbau in Lindau verwendet hat. Indessen trotzen die gewaltigen Felsen dem eitlen Beginnen des alles zerstörenden Zeitalters, und dieser Eingang wird auch noch in den kommenden Jahrhunderten durch ein kräftiges und tapferes Volk gegen jeden übermüthigen Eroberer vertheidigt werden. Hart an dieser Klause ist einer der schönsten Punkte, wo man den Bodensee bis nach Costanz mit seinen reizenden Ufern, von der Schweitz, Baden, Würtemberg, Baiern und Vorarlberg begränzt, übersiehet. Eine kleine offne Halle, die hier auf den ehemaligen Verschanzungen, als ein Denkmal der Eitelkeit, erbauet wurde, *) gewährt wenigstens dem Reisenden, den die Straße daran vorbey führt, einen ungestörten Genuß dieser einzig schönen Gegend. Vor sich hat man den majestätischen Bodensee, den größten See Deutschlands, in einer Länge von mehr als zwölf Stunden, und in einer Breite von vier Stunden; links einen großen Theil der Schweiz, die hier wie eine große Bergfestung daliegt, in den verschiedensten Abstufungen von den höchsten mit ewigem Eis bedeckten Gebirgen, grünenden Alpen, Waldungen und Weinbergen, besäet mit Ortschaften und einzelnen Wohnungen, die das Auge nicht zu zählen vermag; auf dem äußersten Gesichtskreis, wo Himmel und Wasser zusammenfließen, einzelne Punkte, die nur ein sehr scharfes oder bewaffetes Auge unterscheiden kann, on es die Segel eines heraufkommenden Schiffes, oder die Thürme des alten Costanz sind, rechts das kleine Venedig, die Inselstadt Lindau gleichsam schwimmend auf der grünen See, Wasserburg, Langenargen, Buchhorn und die schönen mit Wein bepflanzten Ufer bis gegen Mörsburg hin, alles dieß bildet hier ein großes Rundgemälde, das an einem heitern Morgen oder von der Abendsonne beleuchtet, jedes Herz mit den heiligsten Empfindungen erfüllt. So ruhig und einladend aber dieser See bei schöner Witterung ist, so fürchterlich tobt er bei einem Sturm und auch zur Betrachtung dieses merkwürdigen Naturereignisses ist diese Halle der beste, obwohl schauerliche Standpunkt, da sich die tobenden und schäumenden Wellen an den schwarzen Felsen brechen und alles zerstören drohen.

*) Niedrige Schmeichler ließen hier auf einer marmornen Tafel Worte des Dankes an den Bairischen General Kommissär Freiherrn von Gravenreut eingraben, die ihm nicht ehren konnten, da sie nicht aus den Herzen der Vorarlberger kamen.
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Von hier kommt man in einer Viertelstunde nach Bregenz, einer kleinen, aber durch ihre Lage an dem Bodensee und durch die Straßen, die von hier nach Altstetten, Gaß, Appenzell, über Rheineck, Roschach nach St. Gallen und Zürich, über Feldkirch nach Graubünden und Italien, und über den Arlberg nach Tyrol führen, sehr lebhaften Stadt, in welcher das österreichische Kreisamt nun wieder seinen Sitz aufgeschlagen hat. Obschon in dieser Gegend viel Wein und Obst gezogen wird, so wird der Feldbau doch auch sehr fleißig betrieben; der Bodensee und die verschiedenen Straßen beleben Handel und Gewerbe. Sehr beträchtlich ist der Holzhandel und bei diesem machen die sogenannten Rebstöcke, die von hier zum Weinbau nicht nur an den Bodensee, sondern auch in die entferntern Gegenden der Schweitz, von Würtemberg und Baden versendet werden, eine vorzüglichen Handelszweig aus. Ueberhaupt ist die Schiffaht auf dem Bodensee immer von Wichtigkeit, was aus den verschiedenen Staaten die hier zusammenstoßen, und aus den mannichfaltigen Bedürfnissen ihrer Einwohner sich leicht erklären läßt. Der Zug des Getreides aus Würtemberg und Baiern nach der Schweiz ist nicht nur wegen dem Bedarf dieses Landes an sich schon bedeutend, sondern er wird auch besonders dadurch vermehrt, daß von reichen schweizerischen Handlungshäusern große Vorräthe aufgehäuft werden, um sie theils nach Frankreich, theils nach Italien zu verkaufen. Während des letzten Krieges in Spanien wurde selbst bis dahin dieser sehr einträgliche Getreidehandel geführt. Die Waarenversendung von der Schweiz und dem Norden, und von da zurück, nimmt größtentheils ihre Richtung nach dem Bodensee, und der Verkehr würde noch viel grösser seyn, wenn die mindermächtigen deutschen Fürsten ihre Staaten nicht, mit Mauthen und Zollen vermauerten und mit der Beschränkung des Handels und der Verkehrs den Wohlstand ihrer Völker und mit diesem die einzig feste Grundlage aller ihrer Verwaltung zertrümmerten. Als der König von Würtemberg Hofen bei Buchhorn zum Freihafen erklärte, den sich dort niederlassenden Handlungshäusern große Vortheile, den Handel selbst mehr Erleichterung versprach, schien der ganze Handelszug aus der Schweiz über den Bodensee sich dahin zu wenden, und selbst Vorarlberg war bedroht, seine Verbindung mit Graubünden und Italien zu verlieren, sobald die Schweizer ihre zum Theil schon bestehende Straße von Cur über Sargans, Werdenberg Altstetten an den Bodensee, und also auch von dieser Seite die unmittelbare Verbindung mit dem neuen Würtembergischen Freihafen hergestellt hätten. Die Hunderttausende, welche Baiern auf die neue Straße von Kempten nach Lindau, auf den Bau eines für den Bodensee zur Zierde dieser Inselstadt verwendete, würden den allerdings sehr zweckmäßigen Plan des Königs von Würtemberg nie vereitelt haben, da der kürzere und wohlfeilere Weg dem Handelszug immer seine Richtung giebt. Aber Tyrol und Vorarlberg bilden nun wieder die alte, treue Vormauer Oesterreichs, knüpfen vor neuen das freundschaftlichste Band mit der schon seit dem funfzehnten Jahrhundert erbvereinten Schweiz, und alle Verhältnisse des Handels in dieser Gegend bekommen dadurch eine ganz andere Wendung.

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Bregenz wird auch ohne Wortgepränge, und mit seinen schlichten alten Eichpfählen doch wieder der Haupthafen am Bodensee werden und wird mit ungleich weniger Kosten desto größere Vortheile ernten, je mehr Lage und Verhältnisse es begünstigen. Die Bregenzer Schiffergesellschaft befahren den ganzen Bodensee und machen allen übrigen den Vorzug streitig. Die heftigen Stürme, wodurch die Fahrt auf dem Bodensee öfters sehr gefährlich wird, haben auf die Bauart der Schiffe großen Einfluß, und lassen manche Verbesserung nicht in Anwendung bringen. Daher hat sich die Bauart dieser Schiffe und das einfache Segelwerk, dessen sie sich bedienen, aus den ältesten Zeiten erhalten und ist für die Geschichte der Schifffahrt nicht ohne Bedeutung. Die Anwendung der Dampfböte könnte vielleicht auch hier großen Vortheile gewähren und wird von den thätigen, für nützliche Erfindungen sehr empfänglichen Vorarlbergen nicht übersehen werden. Die Tiefe des Bodensees ist sehr verschieden und an manchen Orten nach der Schiffer Aussage unergründlich; indessen würden sich bei einer mit den gehörigen Hülfsmitteln vorgenommenen Untersuchung gewiß sehr merkwürdige Ergebnisse finden. Er scheint seit Jahrtausenden keine beträchtliche Veränderung erlitten zu haben, und was man von der Abnahme seiner Wassermasse sagt, ist ohne Grund. Er enthält süßes Wasser, und man weiß seit mehreren Jahrhunderten nur drei oder vier Jahre, wo er ganz zugefroren war.

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Das alte Überschloß in Bregenz selbst trägt Kennzeichen römischer Bauart und scheint noch später sehr fest gewesen zu seyn; jetzt steht nur noch ein Theil davon. Einen reinern Genuß gewährt die Wanderung auf dem nahen, ziemlich hohen Gebhardsberg, zu den Ruinen der ehemals so ansehnlichen Burg der Grafen von Montfort, die einst nebst noch andern großen Besitzungen unser ganzes jetziges Vorarlberg besaßen. Von all diesen stolzen Gebäuden hat sich nur eine kleine Kirche erhalten, zu deren sonderbarem Wunderbilde *) noch viele Andächtige wallfahrten. Wer Gott in seiner herrlichen großen Schöpfung verehren und bewundern will, der lasse sich von dem Küster in das obere Zimmer des Küsterhauses führen, denn die Aussicht, die sich hier darbietet, ist noch ungleich grösser und reizender, als die in der Halle an der Bregenzer Klause. Hier sieht man von einer hohen steilen Bergspitze zu seiner Rechten den majestätischen Bodensee mit seiner schönen Umgebung; gerade sich gegenüber das herrliche Schweizerland, Rheineck und Altstetten, umgeben von ihren Wein- und Obstgärten, den berühmten Stoß hinauf die Gegend von der Gaiß zum Speicher und dem Appenzeller Hohen-Sentis; links in schauerlicher Tiefe das fruchtbare Rheinthal und im Hintergrund die über alle andern Gebirge hervorragenden Rhätischen Alpen. Sehen muß man dies reiche Bild und die reine Freude im Herzen empfinden, beschreiben läßt sich so etwas nicht, und wir begnügen uns darauf aufmerksam zu machen, damit der deutsche Reisende eine der schönsten Gegenden seines Vaterlandes aufsuchen möge.

*) Das Gemälde des Altarblattes stellt eine Gräfin von Montfort vor, welcher man durch einen Kaiserschnitt das Kind abnehmen mußte. Sie liegt auf ihren Ruhebette im weißen Sterbekleide, der Gemahl sitzt in stummer Verzweiflung an ihrer Seite, während der Arzt sich zu seiner Arbeit rüstet und eben nicht viel Zutrauen zu seiner Kunst einflößt. Die Gräfin starb auch unter seinen Händen, das Kind wurde aber gerettet, erhielt eine hohe Geistliche Würde und wird nun als der heilige Gebhard in dieser Kirche, die das Sterbezimmer der Gräfin war, verehrt.
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Nahe bei Bregenz sind Eisenhütten beständig im Gang und liefern sehr gute Waare. In ältern Zeiten wurden in Vorarlberg mehrere Bergwerke, besonders in der Gegend von Pludenz betrieben und es wäre zu wünschen, daß man diesem Gegenstand eine größere Aufmerksamkeit widmete, nicht nur weil er reichlichen Ertrag verspricht, sondern vorzüglich um die vielen Hände zu beschäftigen, die jetzt außer ihrem Vaterland sich ihren Unterhalt verschaffen müssen. -- Die ehemalige Benediktiner Abtei Mererau liegt eine halbe Stunde von Bregenz entfernt, an der Mündung der Bregenzer Ach in den Bodensee; die Kirche und mehrere andere Gebäude sind in Ruinen verwandelt und die brauchbaren Steine größtentheils zu dem Hafenbau nach Lindau verwendet worden. Von Bregenz führt eine schöne Straße über Fußach an den Rhein, wo man in einem Schiffe überfährt und den Schweizer Boden bei Rheineck betritt, um entweder über Altstetten nach Gaiß, einem wegen des Gebrauchs der Wolken von Fremden aus allen Gegenden sehr besuchten Sommeraufenthalt und nach dem Appenzeller Land, oder längs dem Bodensee über Roschach nach St. Gallen, und Zürich zu kommen.

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Wer aber Vorarlberg seiner Aufmerksamkeit würdigt, der besuche von Bregenz aus den Bregenzer Wald, ein von der übrigen Welt ganz abgeschiedenes Ländchen. Von allen Seiten von hohen Bergen umgeben, hat es sehr wenig Zugänge und auch diese werden im Winter meistens unzugänglich. Von Bregenz aus ist's noch am besten beizukommen, und man reitet alsdann auf Pferden die diese Gebirgswege gewöhnt sind. Mühsam muß man mehrere Stunden Berg an klimmen bis man auf die eigentliche Höhe gelangt, auf welcher dies Bergvolk wieder in mehrern Thälern zerstreut wohnt. Der Hauptort Bezau, wo auch der Sitz des Amtes ist, liegt in einem ziemlich geräumigen Thal, in dem man sich von allen Seiten von den höchsten Alpen umschlossen sieht, was besonders bei einer hellen Sommernacht einen ganz eignen Anblick gewährt. Schon die Lage von Bezau und den übrigen Ortschaften des Bregenzer Waldes ist sehr hoch, und doch ist man auf diesen Punkt noch so weit von den vielzackigten Spitzen der Alpen entfernt, die das kleine Ländchen von allen Seiten umschließen. Es ist kein Zweifel, daß diese hohen Gebirge zu der rhätischen Alpenkette gehören, und sich auf einer Seite nach den Arlberg, und auf den andern über Rankweil nach dem Vogelberg im Graubünden hinziehen. Wenn auch in diesen Augenblick die Höhen der Vorarlberger Gebirge nicht genau bekannt sind, ist es dich sehr wahrscheinlich, daß einige von ihnen dem oben erwähnten Vogelberg, welcher nach Müller 1705 Toisen, oder 10230 Pariser Fuß sich über die Meeresfläche erhebt, wenig nachgeben werden. Aber auch über diesen Gegenstand wird nun bald ein wohlthätiges Licht verbreitet werden, da selbst ein erlauchten Sprosse des alten Kaiserhauses den ganzen Alpengurt vom ligurischen bis zum flanatischen Meerbuden, als gründlicher, und mit allen nöthigen Wissenschaften innigst vertrauter Naturforscher schon seit vielen Jahren seiner thätigen Aufmerksamkeit würdigt. Durch ihn wurde des Ortlis Spitze erstiegen, und durch ihn schon so vieles vorgearbeitet, was noch in späten Jahrhunderten die Nachwelt dankbar erkennen wird.

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Hier wohnen starke, kräftige Menschen, die mit der reinen Luft, die sie von Jugend auf einathmen, sich in ihrer Abgeschiedenheit von der übrigen Welt, freier und glücklicher als ihre Nachbaren fühlten. Sie kennen wenig Bedürfnisse, leben arm, aber zufrieden. Getraide wird aus Schwaben und Baiern zugeführt; Viehzucht ist hier die Haupt-Nahrungs-Quelle. Auf diesen vortrefflichen Alpen weidet nicht nur das Vieh der Bregenzer Wälder, sondern ein großer Theil von Vorarlberg, und der benachbarten Schweiz schickt sein Vieh gegen Bezahlung hierher zur Weide. Ueberhaupt hält man das Vorarlberger Hornvieh für eines der Besten, und besonders wird es von den Schweizern gesucht, weil seine Vermischung mit dem Schweizer-Vieh den dauerhaftesten und nützlichsten Schlag hervorbringt. Wir werden in dem folgenden Abschnitt der ältern Geschichte Rhätiens finden, daß schon unter dem großen König der Ostgothen, Dietrich eine solche Vermischung für die Viehzucht sehr vortheilhaft angeordnet wurde, und es ist kein Zweifel, daß sich diese Gewohnheit seit den ältesten Zeiten hier erhalten hat, da eben diese Alpen so ganz einzig gelegen sind, und wegen ihrer Größe, und ihres Zusammenhanges sowohl, als wegen ihrer vortrefflichen Kräuter die beste Nahrung gewähren. Man trifft im Sommer hier wenig Menschen in den Ortschaften an, meistens nur Alte und Kranke, denn alles, was gesund und frei ist, eilt in die Berge, und würde sich in der Entbehrung dieses reinen Lebensgenusses ganz unglücklich fühlen. Daher ist auch der Besuch dieser Alpen doppelt angenehm, wo man von einer zur andern wandern kann, und überall Leben und Thätigkeit findet. Steigt man dann noch höher hinan, wo nur noch dürftige Moose in den nackten Felsen sparsam sich zeigen, aber desto reinere Lebensluft weht, dann sieht man von hier weit über das in schauerlicher Tiefe liegende Rheinthal nach der Schweiz, oder über den Bodensee in die Badischen und Würtembergischen Lande hinüber.

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Von diesen Alpen wird im Herbst das zu verkaufende junge Vieh auf die eigens in dieser Zeit bestimmten Viehmärkte in Bregenz, Dornbirn, Feldkirch, Pludenz xc. gestellt, und von da geht dann dasselbe in beträchtlicher Menge vorzüglich nach Italien, und nach der Schweiz. Dieser Handel hat einen sehr großen Einfluß auf den Wohlstand von ganz Vorarlberg, und ein ungünstiges Jahr in diesem Zweig wird von allen Bewohnern hart gefühlt. Der ärmere Bergbewohner kann dann kein Getraide ankaufen, und entbehrt oft mehrere Monathe lang den Genuß des Brodes, indem er sich blos von Erdäpfeln und Milch nährt. -- Mit Butter und Käse wird ein sehr einträglicher Handel nach Schwaben, Baiern und selbst bis nach Wien getrieben, und mehrere Familien genießen dadurch vorzüglichen Wohlstand. -- In Bezau selbst ist eine Katun- Mouselin- und Batist Manufactur, die freilich in den letzten traurigen Jahren ganz still stehen mußte, die aber jetzt mit neuen Kräften wieder aufblühen wird, wo der Absatz nach den österreichischen Staaten, und besonders nach Italien wieder offen ist. Ueberhaupt wird in ganz Vorarlberg in diesen Zweigen, besonders für Rechnung mehrerer Schweizer-Häuser gearbeitet, und der Fremde sieht öfters vor der einsamsten Alpenhütte die Mädchen mit Sticken des feinsten Mouselins beschäftiget. Dabei ist die Kleidung der Bregenzer-Wälder Mädchen und Weiber so ganz eigen, und bildet sie wirklich so schön, daß man recht gerne bei ihnen verweilt. Kräftig und munter ist ihnen keine Arbeit zu schwer, und an Muth sind sie den Männern gleich. Der Fremde ist ihnen willkommen, doch ihre Gunst erhält nur der freisinnige Alpner. Es wäre zu wünschen, daß die Kleidung der Bregenzer Wälderin abgebildet würde, denn sicher ist sie eine der ältesten Volkstrachten, die sich von den Tyroler- und Schweizer Tracht gleich weit unterscheidet, und sich vermuthlich nur in diesen ganz abgesonderten Bergländchen ganz unverändert erhalten hat. Die Kleidung der Männer nähert sich schon mehr der Tyroler, und eine ganz eigene Gewohnheit darf hier nicht übersehen werden, die darin besteht, daß alle Männer Taback kauen. Merkwürdig ist noch, daß die berühmte Malerin Angelika Kaufmann aus dem Bregenzer Wald gebürtig war, in der Kirche ihres Geburtsortes nahe bei Bezau ist ein von ihr in Rom gemahltes Altarblatt, welches sie auf ihre Kosten hier zum Andenken aufstellen ließ. So findet man also auf diesen hohen Alpen bei der schönen Natur, auch die vaterländliche Kunst.

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Wir kehren von dieser Alpenreise nach Bregenz zurück, um von da der schönen Straße über Dornbirn und Hohenems nach Feldkirch zu folgen. Diese unter der österreichischen Regierung angelegte Straße zieht sich von der großen Alpbrücke bei Bregenz mehrere Stunden in gerader Linie bis an die Hohenemser Berge hin, die mit ihrer schrägen Felsenwand immer mächtiger hervortreten, jemehr man sich ihnen nähert; zu seiner rechten Seite hat man das fruchtbare Rheinthal und das schöne Schweizerland von Rheineck bis nach Werdenberg und Sargans, und man behält diese reizende Ansicht, die dem Auge immer neue Gegenstände darbietet beinahe bis Feldkirch; links dieser Straße bilden die hohe Gebirge des Bregenzerwaldes, die sich an die Hohenemser und Rankweiler anschließen, eine fortlaufende Kette. -- Dornbirn in der schon von den ältesten Zeiten bekannten Dornbirner-Au, die sich weit bis an den Rhein hinausdehnt, ist ein aus drei Gemeinden bestehender sehr großer offener Ort, dem man es wohl ansieht, wie mit steigender Wohlhabenheit sich die drei Gemeinden in einen einzigen Ort verwandelt haben. Auch hier waren Koton-, Mouselin- und Batist-Manufakturen, die um so geschwinder wieder aufblühen werden, als einige sehr wohlhabende Handlungshäuser sich hier befinden, die während der letzten unglücklichen Jahre, wo aller Handel in Vorarlberg stille stand, selbst mit ihren Schaden arbeiten ließen, nur um manche Familie vom Hungersnoth zu retten. Zu diesen edlen Vaterlandesfreunden kann auch das Handlungshaus Blum in Fußach gezählt werden, dem sehr viele Familien ihre Erhaltung zu verdanken haben. In Dornbirn selbst ist eine Flachsspinn-Maschine aufgestellt, die dem Erfindungsgeist der Vorarlberger Ehre macht, und die allerdings würdig war, unter den Mitbewerbern zu dem in Paris ausgesetzten Preis zu erscheinen.

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Von Dornbirn kömmt man nun den Hohenemser Bergen immer näher, die man schon von der Ach-Brücke bei Bregenz an immer vor sich hatte. Nicht leicht bemerkt man so auffallend, wie von hier nach Hohenems und von da noch eine Strecke auf der Straße gegen Feldkirch die gewältigen Veränderungen, die mit unserer Erde in frühern Jahrtausenden vorgegangen sind, denn der Sturz der Gebirge und ihre Zertrümmerung, so wie die Absonderung der Gewässer lieht hier so einleuchtend und so nahe vor Augen, daß diese Gegend für jeden Naturforscher von dem höchsten Interesse seyn muß. -- Hohenems, der Hauptort der ehemaligen Grafschaft liegt ganz an diesen Bergen angelehnt, so daß über dem neuen Schlosse und der Kirche mächtige Felsenstücke hervorragen, deren Einsturz diese Gebäude, und einen großen Theil des Ortes unter sich begraben würde. Noch weit über diesen Felsen in schauerlicher Höhe sieht man die Ruinen des zerstörten Bergschlosses Alt-Hohenems, der eigentlichen Veste der tapfern Ritter von Ems, deren Name und Thaten in der Geschichte nicht unbekannt sind. In der Kirche selbst findet man ein großes Grabmal eines der letzten Helden dieses Geschlechtes, so wie in dem neuen Schloß noch einige Gemälde, die auf sein Leben Bezug haben. Die Büchersammlung die manches schätzbare Alterthum, und viele spanische Bücher enthielt, ist zerstreut oder geplündert worden; das Familie-Archiv aber bewahrt noch manche seltne Urkunde, deren Mittheilung für die Geschichte von Vorarlberg nützlich seyn würde. Auf dem Berg, wo das alte Schloß steht, wachsen herrliche Weintrauben, die sowohl an Größe als an vortrefflichen Geschmack sich auszeichnen. Ein Graf von Ems, der den Ruhm dieses Namens auch in Spanien bewährt hatte, brachte die Weinstöcke aus diesem Lande hierher, und sie gediehen, auf diesen Felsen beinahe noch besser, wie in ihren Vaterlande. -- In Hohenems befindet sich auch die einzige Juden-Gemeinde von ganz Vorarlberg; sie zeichnet sich durch Ordnung und bessere Erziehung ihrer Jugend vorzüglich aus, und hat einige sehr wohlhabende Mitglieder. -- Eine Viertelstunde von dem Orte, an der Straße nach Geldkirch ist ein Schwefelbad, aus dessen Fenstern man einen großen Theil des Rheinthals und der gegenüber liegenden Schweiz-Seite von Rheinek bis Werdenberg übersieht. Zu der Grafschaft Hohenems gehörte noch der alte Reichshof Lustnau (curtis regia) einst der Sitz Kaiser Karls des Dicken, jetzt eine beträchtliche Gemeinde, die in der schönsten und fruchtbarsten Gegend am Rhein gegen Fußach hin liegt, und welche von der noch lebenden letzten Hohenemsischen Erbtochter, einer verwittweten Gräfin von Harrach den größten Theil der Einkünfte zum Bersten der Schule als eine sehr wohlthätige Stiftung erhalten hat.

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Von Hohenems nach Feldkirch hat man noch einige Zeit die schon erwähnten merkwürdigen Gebirge zur Linken und rechts das Rheinthal von der Schweiz begränzt; doch bald sieht man mitten in dem Rheinthal sich einzelne Berge erheben, die sich dann näher an die Straße hin ziehen und bei Neuburg, einer dem Grafen von Wolkenstein gehörigen Besitzung, einen natürlichen Vertheidigungs Punkt bilden, der die Straße beherrscht und nicht so leicht umgangen werden kann. Diese Berge verschließen nun von dieser Seite bis Feldkirch die Aussicht in das Rheinthal, während das Gebirg zur Linken sich etwas öffnet und einige Ortschaften zum Vorschein kommen, unter welchen Rankweil der alte Reichsflecken wegen des Kaiserlichen freien Landgerichts berühmt ist, das seine Gerichtsbarkeit nicht nur über die Vorarlbergischen Herrschaften, sondern über noch mehrere unmittelbare Reichsländer erstreckte, und das in der deutschen und schweizer Geschichte sehr oft vorkommt. Auch das verfallene Überschloß Montfort oder Starkenburg darf in dieser Gegend nicht übersehen werden. Je näher man Feldkirch kommt, je mächtiger treten die Rhätischen Alpen aus dem Hintergrund hervor, und hart am Estnerberg, wo dieser seine Schluchten dem Strom der Ill öffnet, liegt Feldkirch zwischen zwei Bergen eingeengt.

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Feldkirch ist wie Bregenz eine kleine Stadt von beiläufig dreihundert Häusern und mehr als dreitausend Einwohnern. Auch trägt das alte Schloß noch die Spuren römischer Bauart, so wie auch der größten Theil der übrigen Häuser vom hohen Alter zeuget. Feldwirthschaft, Weinbau, Koton-, Mouselin- und Batist-Manufacturen, Bandfabriken und Holzwaaren sind hier die Hauptnahrungszweige, auch hat man in den letzten Jahren eine Maulbeerpflanzung und die Gewinnung der Seide angefangen, die große Vortheile zu versprechen scheint. Die Ill ist ein reißender Bergstrom der unweit der Stadt aus einer engen Schlucht des Estnerberges hervorkömmt und an der Stadt vorbei, wo er einige Gewerke in Bewegung setzt, dem Rhein zueilt. Um seinen Lauf dahin zu beobachten der eine sehr schöne Aussicht gewährt, muß man den einen Berg besteigen, welcher die Stadt von dem Rheinthal scheidet, und der, nicht so hoch wie der gegenüberstehende Estnerberg, meistens mit Wein bepflanzt ist. Diese Berghöhe wird um so merkwürdiger, da von ihr aus Massena, das Kind des Glücks, wie ihn die Franzosen nannten, von dem Vorarlberger Landsturm zurückgeschlagen wurde. Die Geschichte wird auch ohne Denkmal diesen Sieg verewigen!

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Von Feldkirch führt die gerade Straße, auf welchen man die Rhätischen Alpen mit ihren sich in den Wolken verlierenden Häuptern wie eine undurchdringliche Scheidewand immer vor sich hat, nach der Lichtensteinischen Herrschaft Vaduz, einst auch eine Besitzung der Montfort, und über den berühmten Luciensteig nach Maierfeld und Cur, oder rechts über Ragatz nach dem bekannten Bade von Pfäfers und an den Wallenstädter See. Die Straße von Lindau nach Bregenz, Feldkirch, Cur über die Via mala nach Mailand unterhält die Verbindung mit Italien, keinem Wagen, nur Saumpferden zugänglich. Von Lindau nimmt alle vierzehn Tagen ein eigner Bothe diesen Weg nach Mailand, der auch Reisende mit den nöthigen Pferden versieht. -- Eine zweite Straße führt von Feldkirch durch die enge Schlacht, welche sich hier die Ill in dem Estnerberg geschaffen hat, nach Pludenz und von dort auf den Arlberg, so daß diese hohen Felsenwände eigentlich das Eingangsthor von dem ehemaligen Nebelgau, in das Wallgau bilden. Dieses Thal, welches von Pludenz her die Ill durchströmt, ist links gegen die Gebirge, welche nach dem Ursprung des Lechs und der Iller hinziehen ziemlich offen, rechts aber von hohen Gebirgen eingeschlossen, und im Hintergrunde ragt der Arlberg über alle mächtig hervor. Mitten in diesem Thal liegt Pludenz eine kleine finstere Stadt mit einem Schloß, das dem Baron von Sternbach gehört und von welchem man, da es erhöht liegt, eine schöne Aussicht über einen großen Theil des Thals genießt. Unter der Bairischen Regierung war hier ein Landgericht, zu dem auch Sonnenberg und Blumeneck gehörte, und welches sich bis an das Lechthal erstreckte. Von Pludenz zieht sich das Thal noch eine Strecke hin, bis es sich dann in zwei Thäler theilt, wovon das eine rechts, was man Montafun nennt, ein eben so eignes Gebirgsvolk einschließt, als wie jenes des Bregenzer Waldes; in dem Thal zur Linken zieht sich die Straße über Bratz nach dem Arlberg. Beide Thäler gehören noch zu Pludenz, sind aber so verschieden in jener Hinsicht, daß sie einen sehr auffallenden Gegegensatz bilden. Der Eingang in das Montafunerthal ist rauh und der schmale Weg zwischen hohen Felsen, von welchen öfters mächtige Steine sich losreißen, nicht ganz ohne Gefahr; doch bald verläßt man diese schauerlichen Felsen und erblickt eines der schönsten Thäler, welches nicht sehr breit zwischen den höchsten Gebirgen sich einige Stunden in die Länge hinzieht; das Gebirg zur Rechten bildet die Scheidewand zwischen dem Prätigau der Graubündner, das Gebirg zur Linken die des Arlsbergs, und im Hintergrunde ragen die mit Schnee bedeckten Häupter der Unter-Engadiner Gebirge zum Himmel. Diese Thal, wo beinahe ein Ort den andern berührt und auf allen Seiten einzelnen Wohnungen an den Bergen hängen, mit einer unzähligen Menge von Kirschbäumen, giebt eine schöne Landschaft, besonders zu Blüthenzeit, wo das ganze Thal nur einen lieblichen Garten bildet. Hier, wo die höchsten Graubündner und Tyroler Alpen das enge Thal umschließen, ist die Wärme der Sonnenstrahlen so stark, daß man sich nach Italien versetzt glaubt, und dies ist auch die Ursache des vorzüglichen Gedeihens der Kirschbäume, die für die Bewohner einen beträchtlichen Erwerbszweig ausmachen, indem sie aus den Früchten einen sehr starken Kirschgeist brennen, der aus Vorarlberg bis nach Wien verkauft wird. Je tiefer sich aber das Thal gegen das Unter-Engadin hinzieht, je mehr verliert es seine Reize und wird endlich von Eisfeldern begrenzt, so daß auf dieser kleinen Strecke Sommer und Winter, Blüthe und ewiges Erstarren zu gleicher Zeit den erstaunten Wanderer überraschen. Steile Alpenwege führen nach Martinsbruck, wo der Inn die Grenze von Tyrol betritt, und in das reizende Prätigau.

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Schruns ist der Hauptort des ganzen Montafuner Thales, und hier war auch der Sitz eines Bairischen Landgerichts. Dieser ganz offene Ort, der beinahe mitten im Thal liegt, hat das Ansehen eines großen Dorfes, zu dem sehr viele einzeln zerstreut liegende Häuser gehören. Die Montafuner bilden, eben so wie die Bregenzer Wälder, ein ganz eignes Völkchen, und sind ohne Zweifel ein alter rhätischer Volkstamm, der sich ziemlich unvermischt erhalten hat. Man spricht zwar hier nicht, wie in den angränzenden Engadin, das verdorbene Latein, oder das Romanische, aber mehrere Namen von Orten, und Familien, so wie einzelne Wörter in der Volkssprache lassen mit Grund schließen, daß sich die alte Sprache hier noch sehr lange erhalten hat, und sehr viele Montafuner, die ihr beträchtlicher Vieh-Handel so oft nach dem Engadin, und nach Italien führt, können sehr leicht sich mit diesen verwandten Völkern verständigen. Die Montafuner erhalten sich von Viehzucht, Obstbau und Erdäpfeln, und sind größtentheils sehr arm, dabei aber sehr reizbar, und einmal in Wuth gebracht, nicht so leicht zu besänftigen, sie haben daher manchen Vorwurf von den übrigen Vorarlbergern zu ertragen, der oft zu blutigen Streitigkeiten Anlaß giebt. Die Kleidung der Mädchen ist hier eben so eigen und sonderbar, wie im Bregenzer Wald.

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So schön und reizend das Montafuner-Thal sich darstellt, so wild und widerlich ist das Thal, welches von Pludenz über Bratz nach dem Arlberg führt. Je näher man diesem hohen Gebirge kömmt, je mehr erstirbt die ganze Natur, bis man endlich am Fuß des Arlberg, die wahrhaft Kaiserliche Straße hinanklimmt, die über diese ungeheure Felsenwand mit erstaunlicher Mühe, und mit dem größten Geld-Aufwand erbauet ist, und die den österreichischen Adler hier auf der Spitze des Adlerbergs würdig aufgepflanzt hat. Von hier zieht die Straße über Landeck nach Insbruck und diese Verbindung von Tyrol mit Vorarlberg und der Schweiz ist vieler Hinsicht für Oesterreich von der größten Wichtigkeit. Da der Arlberg im Winter mit sehr hohen Schnee bedeckt ist, so kann man alsdann nur auf Schlitten diesen Weg machen, weshalb auf der Höhe bei dem hierzu bestimmten Haus stets mehrere Schlitten in Bereitschaft stehen. Doppelt beschwerlich ist hier das Ausschaufeln des Schnees während des ganzen Winters, da eben diese Gegend wenig bevölkert ist, und es daher immer nur einige wenige Gemeinden trifft. Wenn wir einmal unsere stehende Heere in Friedens-Zeiten nicht bloß zum Garnison-Dienst, sondern zu großen Landes-Anstalten benutzen, und wie die Römer ihre Legionen, auf zweckmäßige Punkte vertheilen, so wird auch der Adlerberg sein Lager erhalten, und es wird dann ein leichtes seyn, diese Straße auch in höchsten Winter immer fahrbar, und die Verbindung mit Vorarlberg und der Schweiz offen zu erhalten.

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Vorarlberg, obwohl es eine vortreffliche Viehzucht, beträchtlichen Weinbau, mehrere Fabriken, und vorzüglich fleißige und genügsame Bewohner hat, ist dennoch im Ganzen genommen, arm, und kann seine Bevölkerung nicht ernähren. Ein Land, daß sein Brot auswärts kaufen muß, ist immer im Verlust, weil die Früchte seines Fleißes und seiner Arbeit blos für Getraide umgetauscht werden können. Den vielen Händen in Vorarlberg fehlt es an Arbeit, die wenigen Arbeitshäuser mußten in den letzten Jahren beinahe ganz still stehen, und der Bergbau, der in ältern Zeiten mit Vortheil betrieben wurde, hatte beinahe ganz aufgehört. Im Frühjahr wandert ein großer Theil der Vorarlberger nach der Schweiz, Frankreich, Italien und nach Schwaben, um in Fabriken, oder als Zimmer- und Mauer-Gesellen, oder als Hirten ihr Brod zu verdienen, und bei ihrer Rückkunft den ersparten Lohn mitzubringen um davon mit ihrem Haushalt den Winter leben zu können. So lange sie in dem Lande selbst diesen Erwerb nicht finden, ist diese Auswanderung zu ihrer Erhaltung unumgänglich nothwendig. Auch scheint sie hier wirklich mehr zu nützen, als zu schaden, denn der Vorarlberger hat dadurch seine Vaterlandsliebe und seinen Muth nie verloren, und man findet vielleicht selten ein Land wie Vorarlberg, wo man mit jedem Bewohner sich so leicht verständigen, und über alle Anfragen so befriedigende Antworten erhalten kann. Die Lage Vorarlbergs zwischen Tyrol und der Schweiz trägt auch viel dazu bei, und hier ist der Muth des Tyrolers, und der Fleiß des Schweizers vereinigt, so wie die Liebe zu den vaterländischen Alpen allen diesen Gebirgsvölkern angeboren ist. -- Obwohl der Römischkatholischen Religion sehr ergeben, lernt der Vorarlberger doch frühzeitig auf seinen Wanderungen auch die Menschen achten, die nicht seines Glaubens sind, und Religionshaß ist ihm fremd. Bei den vielen zerstreuten Wohnungen, selbst auf hohen Gebirgen, muß der Geistliche im Winter sich sogenannte Schneereifen an die Füße binden, um nicht im Schnee zu versinken, und zu manchen Zeiten kann man auch damit nicht fortkommen. Daher waren in diesem Lande die wenigen Klöster, die hier bestanden, mehr nützlich als schädlich, denn bloß durch ihre fleißige und unermüdete Beihülfe war es der übrigen Geistlichkeit möglich ihre Pflichten zu erfüllen. -- Treu seinem Glauben und seinem Kaiser, anhänglich an sein Vaterland und an seine Verfassung, fühlte der Vorarlberger sich glücklich und dies Bewustseyn erhielt ihn standhaft in den Zeiten deß Elendes und der Bedrückung, und auch unter dem Joche rüttelte er doch immer mit stolzen Selbstgefühl die ungewohnte Last und freut sich jetzt, sie von sich geworfen zu haben.


Zeitungsnachrichten.[]


Gesetzgebung und Regierung.

Bayern.[3] Seit dem 1. Januar dieses Jahres hat die Provinz Vorarlberg, die am 1. Jun. vorigen Jahres mit der bayerschen Provinz Schwaben vereiniget wurde, eine neue Organisation erhalten. Sie ist nun in sieben Landgerichte, zwey Stadtgerichte und zwey Rentämter eingetheilt. Die sieben Landgerichte sind Weyler, Bregenz, Inner-Bregenzerwald, Dornbirn, Feldkirch, Sonnenberg und Montason. Die beyden Rentämter, welche jedoch ihre Gefällregister und Rechnungen nach den sieben Landgerichten separirt halten sollen. -- Ueberhaupt enthält diese Provinz auf ungefähr 50 Quadr. Meilen 3 Städte (Bregenz, Feldkirch und Pludenz), 11 Marktflecken, 551 Dörfer, 2678 Einöden (die wohl nun unter der neuen Regierung werden angebaut werden), 17466 Häuser und 90,229 Einwohner.


Quellen.[]

  1. Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor der Geschichte zu Landshut. Landshut, bei Philipp Krüll, Universitätsbuchhändler. 1811.
  2. Beiträge zur neueren Kriegsgeschichte gesammelt von Friedrich Förster. Berlin 1816.
  3. National-Zeitung der Deutschen. 2tes Stück, den 8ten Januar 1807.