Aufstand in Rom 1793.[]
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Der dreyzehnte Jänner 1793.
Der Gesandtschaftssekretär Basville in Neapel erhielt den Auftrag, an dem fränkischen Consulathause und dem akademischen Pallast in Rom das königliche Wappen abzunehmen, und dafür das der Republik aufzurichten. Der Gesandte Makau in Neapel benachrichtigte hiervon vorläufig den Kardinal Zelada in sehr gebieterischen Ausdrücken. Die Regierung ließ zwar, um allen Unordnungen, die das Volk erregen könnte, vorzubeugen, Soldaten ausrücken, allein umsonst, den kaum sah es den Wagen mit Leuten, die die dreyfarbige Kokarde trugen, so war das Signal zum Aufstand vorhanden. Man rief: es lebe der Papst! es lebe die katholische Religion! man warf mit Steinen, und ein Schuß aus der Kutsche, obwohl niemand verletzt wurde, vollendete die Unordnung. Die Franken flüchteten sich in das Haus des Banquiers Mout, eine Menge Volks strömte nach, setzte das Thor des Pallastes in Brand, und verwüstete, was ihr in den Weg kam. Alles stürzte auf die geflüchteten los und ein Barbier *) rieß Basvillen mit dem Scheermesser den Unterleib auf, so, daß er am folgenden Tag starb. Der Aufruhr schien noch mehr um sich greifen zu wollen, denn das Volk drohte, das Quartier der Juden in Brand zu stecken, beunruhigte mehrere Häuser, und beschädigte einen Kaufmannsladen, doch wurde es noch in der Nacht des 14. Jänners wieder ruhig.
Mit Unwillen hörte man in Paris die Nachricht von diesem Aufstand, und Kellermann, der zum Befehlshaber der italienischen Armee bestimmt war erhielt den Auftrag, Baville's Tod zu rächen.
- (*) Posselts Taschenbuch für die neueste Geschichte, zweyter Jahrgang 1793. Nach andern und namentlich der "Authentischen Geschichte des Revolutionskriegs in Italien," (Leipzig 1798.) 1ter Theil S. 249. erklärte der sterbende Basville, daß' er seinen Mörder weder zu nennen, noch hinreichend zu bezeichnen wisse.
Zeitungsnachrichten.[]
- [1793]
Venedig, vom 13. Jenner. [2]
Zu Rom war ein gewisser Franzos Monsieur de Macheau von Neapel als Französischer Minister angekommen, der mit andern Franzosen das neue Wappen, der Französischen Republik an seinem Logis aufhängen, und wieder die Ordre des heil. Vaters die dreyfarbige Kokarde der Jakobiner tragen wollte. Allein das Volk gerieth darüber in Aufstand, und ermordete ihn, und den grösten Theil seiner Landsleute.
Ein anders, vom 18 Jenner.
Heute ist ein Courier aus Rom mit der Nachricht angekommen, daß daselbst ein Massacre der Franzosen vorgefallen. Selbst der Französische Minister wurde ermordet, und der Konsul gedachter Nation rettete sich mit genauer Noth. Das nähere nächstens. -- Auf einer unserer Inseln, Pervesia landete eine Französische Fregatte; die Schiffsbesazung stieg unter dem Vorwand ans Land, daß sie sich für eine gewisse Schuld bezahlt machen wollte, die ein Franzos, den man nannte, zu fordern hätte; und hierauf fieng sie an mehrere Häuser zu plündern. Allein da diese Insulaner ihre Waaffen beständig bey sich tragen, so hieben sie sämmtliche ans Land gestiegene Franzosen nieder.
Rom, vom 19. Jenner. [3]
Der Französische Minister, Hr. Basville, welcher sich seit einiger Zeit hier aufhält, zeigte Sr. Eminenz dem Cardinal Staats-Sekretär an, daß er willens sey, das Waapen der Französischen Republick aufrichten zu lassen. Auf diese Anzeige ließ Se. Eminenz ihm und allen auswärtigen Ministern zu Handen ihrer Höfe ein Manifest zustellen, worinn Se. Päbstl. Heil. sich erklären, daß sie niemahls ihre Einwilligung hiezu geben werden; besonders da Dero geistliche und weltliche Autorität in Frankreich sogar nicht anerkannt werde, und unter anderm auch Dero Waapen in Marseilles von der Wohnung des dortigen Päbstl. Consuls weggenohmen, an einen Laternen-Pfahl gehängt, hierauf in Stücken zerschlagen, und dem Pöbel preis gegeben worden, ohne daß man von der deswegen verlangten Satisfaktion das geringste geleistet habe. -- Nun liessen sich am 13. dieses Nachmittags auf dem Corso und besonders in der Nachbarschaft und dem Hof des Französischen Akademie-Gebäudes Haufen Volcks sehen. Man erwartete, das Waapen der Republik werde daselbst angebracht werden. Es geschah aber nicht; aber dafür erschienen Hr. Basville nebst seiner Gemahlin, und Hr. la Flotte, ein von Neapel hier angekommener See-Officier, mit ihren Bedienten, die grosse National-Cokarden trugen, in einer Kutsche auf dem Corso. Es entstand unter dem Volck ein Gemurmel, welches damit endigte, daß man mit Steinen nach der Kutsche warf. Die darinn sizenden Personen wollten sich in die Akademie flüchten; weil aber der Tumult überhand nahm, kehrten sie um, und stiegen in der Wohnung des Banquier Meut ab. Das Volck folgte ihnen dahin. La Flotte wollte sich auf der Treppe mit Pistolen vertheidigen, aber eben da Basville ihm dieselben aus den Händen riß, damit er sie nicht losbrennen könne, wurde dieser leztere mit einem Dolch tödlich verwundet. Die Soldaten kamen herbey, aber sie konnten nur noch den halbtodten Basville nach seiner Wohnung bringen, wo er seitdem an der erhaltenen Wunde gestorben ist. La Flotte sprang während dem Tumult zu einem Fenster heraus, flüchtete sich in den Hof eines benachbarten Pallastes und reisete in der Nacht mit seiner Frau und dem Sohn des Hr. Basville nach Neapel ab. Der Banquier Meute, rettete sich, man weißt nicht, wie, noch wohin, das Volck zerschlug die Mobilien und Fenster in seinem Haus. Endlich gelang es den Soldaten, das Volck auf die Strasse hinaus zu jagen, wo es Feur rief. Eine andere unzählbahre Menge wollte die Französische Akademie in Brand stecken; es zündete ein Feur vor der Pforte derselben an, welche ganz abbrannte; die auf den Treppen befindlichen Statuen wurden zertrümmert; und nur ein Detaschement von 1500. Soldaten verhinderte einen noch grössern Schaden. Indessen fuhr man den ganzen Abend fort, mit Steinen nach den Fenstern dieses Pallastes und des Französischen Posthauses zu werfen. Der Tumult daurte die ganze Nacht hindurch. Am Montag Abends entstand abermahls einer in der Juden-Gasse, die man in Brand stecken wollte; weil man die Juden im Verdacht hatte, daß sie es mit den Franzosen halten; aber ein entstandener Regen und die Wachsamkeit der Truppen verhinderten alle weitern Unordnungen.
Rom, vom 21. Jenner. [4]
Am 14. Abends lief eine grosse Menge Volks nach dem Vatikan und wolte mit dem Pabst sprechen; die beyden Cardinäle Antonelli und Campanelli kamen herunter an den Eingang des Pallastes, um mit den Anführern zu reden, indessen der Pabst selbst sich am Fenster befand. Die Leute sagten, sie wollen alle Franzosen, die in Rom seyen, massakrieren; Se. Heil. sollen sich nur nicht fürchten, sondern Ihr Vertrauen auf sie sezen, denn das Römische Volck wolle jeder Armee die Spize bieten. Die Cardinäle dankten den Anführern im Namen des Pabstes, und sagten ihnen, sie möchten sich nur ohne weitern Tumult entfernen; wenn der Pabst ihrer nöthig habe, so sollen sie davon benachrichtiget werden. Am 15. wurden Mißionarien nach allen Quartieren ausgeschikt, um auf den öffentlichen Pläzen durch ihre Vorstellungen das Volk von weiterm Aufstand abzuhalten, und wirklich scheint dasselbe nun ruhig zu seyn. Sein Gehorsam gegen den Pabst ist unbeschreiblich; auch hat es Respekt für die Truppen; aber ganz ist doch seine Wuth noch nicht gestilt. Der Banquier Meut ließ grosse Summen unter dasselbe austheilen, aber es nahm nichts von dem Geld an; sein Zorn ist blos gegen die Franzosen gerichtet. Die Thore an der Judengasse werde wieder hergestellt, u. 3000. Mañ Soldaten sind zur Beschüzung der Ebräer beordert.
Rom, vom 26. Jenner. [5]
Se. Heil. haben mit Gutbefinden der Congregazion der Cardinäle beschlossen, die Besazung dieser Hauptstadt noch mit 2000. Mann zu verstärcken; und um ähnliche Defensions-Anstalten fortzusezen sind gestern Vormittags 300. Soldaten von hier nach Civitavecchia abgegangen, um die Anzahl der zur dortigen Besazung bestimmten 3000. Mann vollständig zu machen; 200. andere sind diesen Vormittag nach dem Haven Nettuno abgegangen, und nun erwartet man aus der Mark Ankona ein Detaschement von gleicher Anzahl, welches hier bleiben soll. Vergangenen Mitwochen ist Monsignor Ruffo, Schazmeister Sr. Heil. nach Civitavecchia abgereiset, um dort eine Ladung von Schieß- und Seiten-Gewehr in Empfang zu nehmen, welches die Apostol. Kammer in London aufkauffen lassen, um es unter die neuerrichtete Miliz zu vertheilen, die Anzahl dieser Waafen soll sich auf 15000. Flinten, und eben so viele Bajonette und Säbel belauffen. -- Ais gewisse_ guten Gründen ist gegenwärtig auf Befehl der Regierung die sogenannte Porta Latina zugemauret worden, und bey dem St. Johannes und St. Sebastians-Thor ist ein Detaschement von 300. Mann postiert. Bey der Wohnung des Bankier Meut, und bey dem Französischen Akademie- und Post-Gebäude stehen immer noch Wachten; wiewohl die offentliche Ruhe weiter durch nichts gestört wird, sondern gänzlich wieder hergestellt ist. -- Die Franzosen haben theils aus Furcht sich geflüchtet, theils sind sie weggejagt worden; einige sind im Gefängniß andere halten sich verborgen; und kaum lassen sic noch einige Priester offentlich sehen. Viele sind an den Neapolitanischen Gränzen zurückgekehrt, weil man sie, da sie keine Pässe hatten, nicht weiter gehen lassen wollte.
Rom, vom 15. Hornung. [6]
Am 11. dieses, als ein Bedienter des Cardinals Zelada, Päbstl. Staats-Sekretärs, durch die Strasse gieng, wurde er von einem jungen Franzosen insultiert, welcher drohende Verwünschungen gegen diesen Cardinal und gegen den Pabst selbst ausstieß. Das Volk lief zusammen und verfolgte ihn; aber er flüchtete sich in den grossen Französischen Pallast, der an die St. Ludwigs-Kirche stöst. Die Menge wuchs in kurzer Zeit bis auf 10,000. an, und sie wolten den Pallast in Brand steken, wenn man ihnen den Schuldigen nicht ausliefere. Man sagte ihnen, er sey arrettiert, aber das Volk schrie, es wolle ihn sehen. Er wurde a_so nebst noch einem seiner Cameraden heraus, und in der Mitte von 200. Soldaten mit aufgepflanztem Bajonett eiligst nach der Festung gebracht. Das Volk hörte deswegen noch nicht auf den Pallast und die St. Ludwigs-Kirche zu umringen, und wolte alle dort wohnenden Priester heraus haben; es wurden ausserdem noch verschiedene Klöster und religiose Oerter und Häuser, worinn Französische Brüder sich aufhielten, angegriffen, und von dem Pöbel viele Ausgelassenheiten verübt. Die Bekanntmachung, daß man, wenn das Volk nicht von dem Tumult abstehe, Gewalt brauchen werde, die Verhaftnehmung der Urheber von dem Aufstand, und ein Edikt des Pabstes, worinn Er das Volk zur Ruhe und zum Frieden ermahnete, machten endlich der Unordnung ein Ende.
Von dem Nationalkonvent.[]
- [1793]
Paris, vom 4. Hornung. [7]
In der Seßion am 2. erhielt das N. Convent in einem Schreiben des Französischen Consuls in Rom Nachricht von dem, was am 13. Jenner daselbst vorgegangen, und besonders von der Ermordung des Hrn. Basseville; welcher eigentlich Legations-Sekretäre des Französischen Botschafters in Neapel war, und von demselben dahin geschickt worden. Die Nachricht machte, wie man leicht dencken kan, sehr grosses Aufsehen im N. Convent, und veranlaßte sogleich nachfolgendes Dekret: 1) Das provisorische vollziehende Conseil soll ungesäumt die schleunigsten und wircksamsten Anstalten machen, um eine exemplarische Rache auszuüben wegen dem gegen die Französische Nation in der Person ihres Representanten in Rom begangenen Verbrechens; 2) Die Republick nimmt im Namen des Französischen Volcks den Sohn des Bürger Basseville an Kindesstatt an und dekretiert, daß er auf Unkosten der Republick erzogen werden soll; 3) Die Republick bestimmt der Witwe eine lebenslängliche Pension von 1500. Livres, wovon zwey Drittheile nach ihrem Tod dem Sohn zufallen; 4) Dem vollziehenden Conseil wird aufgetragen, der Witwe Basseville einstweilen zu ihrer Unterstüzung 2000. Livres zu überschicken; 5) Dasselbe soll die erfoderlichen Anstalten treffen, um unsern Kunst-Schülern in Rom Sicherheit zu verschaffen und sie nach Franckreich zurückzubringen; 6) Der President des N. Convent soll die Witwe Basseville in einem Schreiben von der Theilnehmung desselben an ihrem Unglück versichern.
Quellen.[]
- ↑ Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Erster Band. Augsburg und Leipzig in der von Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
- ↑ Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 30 Jenner, 1793.
- ↑ Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 6 Hornung, 1793. Num. 11.
- ↑ Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 9 Hornung, 1793. Num. 12.
- ↑ Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 13. Hornung, 1793. Num. 13.
- ↑ Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 6. Merz, 1793. Num. 19.
- ↑ Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 13. Hornung, 1793. Num. 13.