Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Flissingen.[]

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Flissingen, Vlissingen, befestigte Stadt in Seeland, wo die Schelde in die Nordsee fällt, auf der Insel Walcheren, nebst dem Titel eines Marquisats, einem guten Hafen und großen Canal, welcher durch die ganze Stadt geht, und weit und tief genug ist, eine ganze Flotte in sich zu fassen. Im J. 1796 hatte sie 5,691 Einwohner. Diese Stadt nebst Veere machte vormals ein Marquisat aus, und gehörte dem berühmten Prinzen Wilhelm von Oranien; er hatte für sich seine Nachkommen deswegen 3 Stimmen in der Versammlung der Staaten von Seeland. Dabey blieb es bis 1723. da man in Vorschlag brachte, diese beyden Städte für unabhängig zu erklären, und also dem Prinzen von Oranien die Stimmen zu entziehen; jedoch kam es nicht zu Stande, weil sich George I. König von England, des Prinzen annahm. Da aber der Streit wegen der Oranischen Erbschaft im Jahr 1732 sich endigte, und die Staaten die Güter des Hauses Oranien, die sie seit 1711 als Vormünder administrirt, ausantworten mußten, gieng die Sache aufs neue an. Die Provinz Seeland berufte sich auf das Obereigenthum kraft dessen sie befugt sey, die innerliche Verfassung nach Belieben einzurichten, und machte daher am 17. Nov. 1732 den Schluß, Flissingen und Veere von der Herrschaft des Prinzen frey zu sprechen, und demselben das Geld, wofür das Marquisat ehemals erkauft worden, wieder zu geben. Allein die Sache fand in Geldern, Frießland, Gröningen und Utrecht, viele Schwierigkeiten; dazu noch diese kam, daß sich die Könige von Großbritannien und Preussen des Prinzen annahmen. Im Jahr 1736 wurde diese Sache aufs neue rege gemacht. Die Provinz Seeland widersezte sich beständig. Als aber der Prinz von Oranien 1747 die Statthalterschaft erhielt, wurde dieser Streit beygelegt, bis bey der lezten Revolution der Prinz alle seine Besitzungen in den Niederlanden verlor. Seit 1765 ist hier eine Gesellschaft der Wissenschaften, die seit 1769 die Seeländische heißt. Alt-Flissingen ist eine Vorstadt an der Westseite der Stadt. Seit 1798 ist Frankreich, vermöge des mit den Niederländern gemachten Vertrags, im gemeinschaftlichen, oder vielmehr im alleinigen Besiz der Stadt und des Hafens, hält hier seine Garnison, erhebt die Hafengefälle, und ist dadurch Herr von der Westerschelde, welche sich bey dieser Stadt mit der Nordsee vereinigt.


Rijksmuseum Amsterdam.


Vlissingen.[]

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Vlissingen, steht unter Flissingen, gehört aber richtiger hieher. Im J. 1808 trat Holland diesem wichtigen Hafen, der die Einfahrt in die westliche Mündung der Schelde sichert, völlig an Frankreich ab. -- Im J. 1809 bemächtigten sich die Engländer nach einer kurzen aber lebhaften Belagerung der Stadt und des Hafens und zerstörten einen Theil desselben und der Festungswerke bey ihrem Abzuge (23. Dec. des nämlichen Jahrs). 1810 wurde die Provinz Seeland mit Frankreich vereinigt, erhielt den Namen Departement der Scheldemündungen, und Vlissingen ist nun in demselben der Hauptort eines zum Bezirk Middelburg gehörigen Cantons. Bey seiner Anwesenheit im J. 1810 wieß Kaiser Napoleon große Summen zur Wiederherstellung der Gebäude, des Kriegshafens und des Arsenals an.


Rijksmuseum Amsterdam.


Vlissingen..[]

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Vlissingen, eine stark befestigte Stadt auf der Südseite der Insel Walchern, gehört zu der Provinz Zeeland des Königreichs der Niederlande, liegt an der Mündung der Westerschelde, und steht durch einen Canal mit Middelburg in Verbindung. Sie hat eine Vorstadt, Altvlissingen genannt, und 4600 Einwohner. Es ist hier der Sitz einer Admiralität und des Seedepartements von der Schelde. Unter den Gebäuden der Stadt zeichnet sich das Stadthaus auf dem Marktplatze aus, nach dessen Modelle das Stadthaus zu Antwerpen erbaut worden ist. Die größte Merkwürdigkeit ist der vortreffliche neue Seehafen, welcher 80 Kriegsschiffe fassen kann. Er erstreckt sich auf der Ostseite der Stadt durch zwei große mit Pfahlwerk und Steindämmen eingefaßte Canäle in das Meer hinaus; weiter läuft der selbe innerhalb der Stadt, parallel mit den Wällen bis zu der Seeschleuse, welche ihn von der Schiffsdocke trennt. In der Mitte von dieser Docke ist die sogenannte trockene Docke angebracht, wo die größten Schiffe ohne viele Mühe beschlagen und kalfatert werden können. Vlissingen ist der Geburtsort des großen niederländischen Seehelden und Admirals Michael de Ruyter (s. d. Art.). Im J. 1809 belagerten die Engländer diese Stadt, eroberten sie, und zerstörten einen Theil des Hafens und der Festungswerke.


't Stadthuijs: te Vlissingen


Festung.[]

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Vlissingen an der Südküste der Insel Walcheren und an der Md. der Westerschelde, eine sehr starke Vestung mit 2 Außenwerken, den Schanzen Montebello und St. Hilaire, welche letztere durch Zwischenwerke mit der Schanze Rammekens am middelburger Hafen in Verbindung steht. Alle Werke können mit der zunächst um sie liegenden Gegend unter Wasser gesetzt werden. Vortrefflicher Kriegshafen, der 80 Linienschiffe fasst. 6000 E.


Neopolem.


Zeitungsnachrichten.[]

1807.[]

Großbrittanien. [5]

Durch unsere vor Vliessingen kreuzenden Schiffe hat man erfahren, daß mehrere Französische Fregatten Mittel gefunden haben, aus diesem Hafen auszulaufen, ohne daß man bis jetzt weiß, welche Richtung sie genommen haben.


1808.[]

Holland. [6]

Utrecht am 1. April. Am 28. März sind in Vliessingen auf Fahrzeugen von Breskens 1400 Mann kaiserl. Französische Matrosen, die von Boulogne kamen, angelangt; sie waren in Bataillons getheilt, bewaffnet und uniformirt, wie die besten Linientruppen; die Haltung dieser schönen Mannschaft zog die allgemeine Bewunderung auf sich. Sie sind bereits auf der kaiserlichen Flotte daselbst vertheilt worden.

Frankreich. [7]

Der Kardinal Caprara hat durch zwey späterhin vom Kaiser genehmigte Dekrete, vom 26. Febr. und vom 8. März, Vliessingen der Diözese von Gent, und Wesel der Diözese von Aachen einverleibt.

Frankreich [8]

In Antwerpen ist offiziell bekannt gemacht worden, daß, einer Entscheidung Sr. Majestät vom 6. April gemäß, die mit dem Französischen Reiche vereinigte Stadt Vliessingen, in Anseh_ng der aus- und Eingehenden Waaren als fremd behandelt werden soll, und demnach alle nach dieser Stadt expedirte oder von daher kommende Gegenstände, fernerhin als nach einer fremden Bestimmung gehen oder von daher kommend angesehen werden müssen.

Frankreich. [9]

An den Küsten ist jetzt alles sehr ruhig. Nach Berichten aus Brüssel, wird auf den Werften in Belgien fortwährend mit Anstrengung gearbeitet, so daß in Kurzem wieder mehrere neue Linienschiffe ausgerüstet werden können. Die Flotte von Vliessingen ist bereits bemannt, und zum Auslaufen fertig.


Frankreich. [10]

Von der Vliessinger-Flotte erfährt man nicht Neues. Sie ist bemannt, und in gutem Stande, hat aber bis jetzt noch keinen Versuch zum Auslaufen gemacht. Der Hafen ist nicht eigentlich blokirt, sondern wird nur in gewisser Entfernung von den Engländern beobachtet. Die Arbeiten auf den Antwerper-Werften dauern fort. Die Aushebung in den Küstendistrikten für den Seedienst hat guten Fortgang; da der Sold beträchtlich ist, so finden sich auch viele Freywillige. Admiral Missiessy, der die Vliessinger-Flotte kommandirt, will eine Reise nach Paris machen.


1812.[]

Paris, den 10ten April. [11]

Das Bassin von Vließingen wird im Monat Juny gänzlich fertig seyn. 90 Linienschiffe können ganz ausgerüstet in dasselbe einlaufen; ein Vortheil, den das alte Bassin nicht hatte, wo die Linienschiffe nur abgetakelt einlaufen konnten.


Quellen.[]

  1. Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor zu Altdorf. Neu bearbeitet von Konrad Mannert, Königl. Bairischen Hofrath und Professor der Geschichte und Geographie zu Würzburg. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1805.
  2. Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor der Geschichte zu Landshut. Landshut, bei Philipp Krüll, Universitätsbuchhändler. 1811.
  3. Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
  4. Lehrbuch der Militär-Geographie von Europa, eine Grundlage bei dem Unterricht in deutschen Kriegsschulen, von A. G. Hahnzog, Divisionsprediger und Lehrer an der Kriegsschule in Magdeburg. Magdeburg, bei Ferdinand Rubach 1820.
  5. Wiener-Zeitung. Nro 3. Sonnabend, den 9. Januar 1808.
  6. Wiener-Zeitung. Nro 33. Sonnabend, den 23. April.
  7. Wiener-Zeitung. Nro 42. Mittwoch, den 25. May 1808.
  8. Wiener-Zeitung. Nro 43. Sonnabend, den 28. May 1808.
  9. Wiener-Zeitung. Nro 64. Mittwoch, den 10. August 1808.
  10. Wiener-Zeitung. Nro 98. Mittwoch, den 7. Dezember 1808.
  11. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 95. Freytag, den 19. April 1812.
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