(1806 - 1807).
Materialien zur Geschichte der Jahre 1805, 1806 und 1807.[]
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Den Preußen von einem vormaligen Landsmanne gewidmet.
Ein Preuße, der mehr wie andre ein Opfer des öffentlichen Unglücks geworden ist, und in einem andern Welttheile Ruhe sucht, sagt seinen Landsleuten in diesem, in Französischer Sprache geschriebenen Buche, welches er ihnen als ein Vermächtniß seiner Liebe hinterläßt, Lebewohl. Preußens Fall zerriß sein Herz, als er aber die Urtheile der Unwissenheit und des Hasses hörte, gab ihm der Unwille die Feder in die Hand. Dies merkwürdiges Buch hat folgenden Titel: Matériaux pour servis à l'histoire des années 1805, 1806 et 1807. Dédiè aux Prussiens par un ancien compatriote. A Francfort et à Leipsic chez Frederic Nicolai. 1808. 8. 215 pages. Der Verfasser hat nicht alles gesagt, weil die Pflicht es ihm nicht erlaubte, aber war er sagte, ist wahr. Zwar hat er sich nicht genannt; aber sein Werk selbst ist sein Bürge, die Wahrheit hat ihren Charakter und ein geübtes Auge läßt sich nicht täuschen. Eine kurze Analyse dieses Gemäldes der drei lezten für den Preußischen Staat so kritischen Jahre wird hoffentlich unsre Ansicht zu der der Leser dieser Zeitschrift machen.
Friedrich Wilhelm III. regierte seit acht Jahren. Als Privatmann würde er das Idol seiner Freunde gewesen seyn. Er wußte sich selbst in zwei großen Schulen zu bilden. Die Regierung seines Gross-Oheims stellte ihm die Vorbilder, denen er zu folgen, die seines Vaters die Klippen dar, die er zu vermeiden hatte. Als ehrfurchtsvoller Sohn und Unterthan, erlaubte er es sich nie, über die Fehler seines Vaters zu urtheilen; allein die gewaltsamen Hülfsmittel, worauf er sich zurückgebracht sah, mußten ihn lehren, daß die Oekonomie die erste Bedingung einer glücklichen Regierung ist, und in den Ebenen der Champagne, mitten unter den Trümmern des Preußischen Heers, that er das Gelübde, seinen Völkern den Frieden zu erhalten. Er hatte die Geschichte seines Landes, seiner Vorfahren, der Preußischen Kriege inne, so wie er sein seiner Thronbesteigung vorzüglich alles las, was über die Geschichte des Tages erschien, und ihn über seine Pflichten aufklären konnte. Indessen machte der Gedanke Anderer den Seinigen nicht sicherer. Er verdankte der Natur einen ausgezeichnet richtigen Sinn, aber um ihn in seiner ganzen Reinheit auszuüben, durfte keine fremde Meinung ihn erreichen. Durch eine unerklärbare Eigenheit des menschlichen Geistes, konnte Er, bei der Meinung, die er von sich selbst haben mußte, bei der wiederholt gemachten Erfahrung, daß von allen seinen Räthen, sein eigner Tact der unbestechlichste war, sich nie an seinen wahren Platz stellen. Er hatte zu seinen Einsichten nur ein furchtsames Vertrauen fassen können. Wenn nicht eine große Pflicht in seinem edlen Herzen redete -- und dieses gab sich stets kund -- so entschied er nur ungern unter verschiedenen Meinungen.
Friedrich Wilhelm II. hatte von Friedrich den Großen einen Schatz von 72 Millionen Preußischer Thaler geerbt, und hinterließ seinen Sohn als Erbschaft 28 Millionen Thaler Schulden, Finanz-Einrichtungen, die der Abscheu der Nation geworden waren, einen sinkenden Credit, und steigende Bedürfnisse. -- In dem Augenblick, da die politischen Unfälle Preußens begannen, hatte er wieder einen Schatz, und seine jährliche Einnahme überstieg die Ausgabe, um eine Summe, die allein den Reichthum eines Souveräns vom dritten Range ausgemacht haben würde.
Sehr interessant ist die von dem kenntnißreichen Urheber dieser Materialien gegebene Darstellung des Geschäftsgangs und des Details der Arbeit des Königs, welches formell so blieb, wie Friedrich der Große es eingerichtet hatte -- ferner die kurze Skizze der drei geheimen Cabinetsräthe Beyme, Lombard, von Kleist, des Generals von Kökritz, des Grafen von Haugwitz und des Freiherrn von Hardenberg. Freimüthigkeit und Humanität haben die Farben dieses Gemäldes gemischt.
Die ersten Pflichten, womit Friedrich Wilhelm III. sich beschäftigte, bestanden in der Wiedererschaffung der Finanzen, des öffentlichen Geistes, der Sitten. Er glaubte den äußern Stürmen zu entgehen, indem er sich allen Parteien furchtbar machte, und sich allen fremd erklärte. Sein erster politischer Verdruß rührte von Rußland her. Paul I. stellte sich an die Spitze der zweiten Coalition wider Frankreich. Er wollte Preußen mit hineinziehen. Der Ton, den er gegen dasselbe annahm, mußte dem jungen Könige sagen, wie weit Preußen von seinen schönen Tagen war. Der Zauber war gebrochen, und das fatale Geheimniß beinahe errathen. Hatte Preußen übrigens Unrecht, Souwarows Siege nicht als das Signal zu einer letzten Anstrengung zu betrachten, so war Haugwitz wenigstens unschuldig daran. Lange vor dieser Epoche hatte er Preußens Unfälle vorhergesehen.
Die Bedingungen der Ueberlegenheit einer Armee sind 1) ihre innere Organisation; 2) die Bekanntschaft des Offiziers und Soldaten mit dem Kriege; 3) das Zutrauen aller zu sich selbst, daß heißt der Muth, die Ausdauer und alles was die Idee von sich an moralischen Mitteln giebt. Von diesen drei Bedingungen machte das Preußische Heer den Franzosen nur noch die erste streitig; seine Organisation war alt und schwerfällig neben der ihrigen.
Bald wurden die Grundsätze des Königs auf eine grausame Probe gestellt. Der Seekrieg brach aus, der Kaiser der Franzosen wollte sich der Deutschen Staaten des Königs von England bemächtigen. Diese Staaten lagen so, daß ihre Besetzung für Preußen Demüthigungen und Verlust nach sich ziehen mußte. Was war zu thun? Der König ersann ein Mittel allen Klippen zu entgehen. Seine Absichten scheiterten an dem Stolze des Cabinets von St. James. Er bot, als Hannover von den Französischen Heeren bedroht war, England an, selbst diese Provinzen zu besetzen, und ihre Ruhe bis zum Frieden zu garantiren, wenn man seiner Flagge das Recht zuerkenne, welches den freien Nationen durch den neuen Brittischen See Codex entrissen ist. Um diesen Preis würde Frankreich -- es hat sich darüber erklärt -- zugestanden haben, daß ein Corps Preußischer Truppen den seinigen im Kurfürstenthum zuvorkäme. Die Anträge des Königs von Preußen, die in London mehrere Achtung verdient hätten, wurden daselbst verworfen. Das Englische Ministerium wollte die redlichen Hannoveraner lieber untergehen sehen, als von seinem System abgehen. Die Franzosen besetzten ohne Widerstand das Land. Von jetzt an waren die Discussionen mit ihnen nicht mehr auszugleichen, man hatte er vorausgesehen. Doch mischte sich noch die Bitterkeit nicht hinein. Napoleon bewies eine große Achtung für die Person des Königs, der ihn immer richtig beurtheilt, und sich in diesem Urtheile gefallen hatte. Napoleon wußte es, er setzte auf sein Verhältniß mit dem jungen Monarchen Werth, und die Wolken unter ihnen hatten nur einen Augenblick gewährt, als die Coalition von 1805 ausbrach.
Diesmal ließ man den König dem großen Plane ganz fremd, weil man ihn in Napoleons Banden glaubte. Doch ward Preußen in den Unterhandlungen der drei großen Höfe nicht vergessen. Es scheint, daß eine Ueberraschung es an Rußland in demselben Augenblick überliefern sollte, wo Baiern durch Oesterreich überrascht ward. Ein Russisches Heer hatte sich allmählig an die Preußische Gränze begeben, und als alles bereit war, erhielt der Russische Minister in Berlin den Befehl zu erklären, daß die Truppen seines Souveräns an einem bestimmten Tage in das Land einrücken würden, um durch die Preuss. Provinzen gegen die Franzosen zu marschiren. Der Irrthum dieser Berechnung scheint unerklärbar. Die Unabhängigkeit des Staats war bedroht, sein Interesse in Friedrich Wilhelms III. richtiger Ansicht außer Zweifel. Die ganze Preußische Armee brach gegen die Weichsel auf, und die Russen konnten nicht mehr vorrücken, wenn sie sie nicht vernichteten.
In einem ruhigeren Augenblick hatte der König von Preußen durch eine Uebereinkunft die Verminderung der Französischen Truppen im Hannöverschen erlangt, allein unter der Bedingung, daß er bis zum Frieden nicht erlaube, daß die im Kurfürstenthum zurückgebliebenen Truppen vor der Seite seiner Gränzen beunruhigt würden. Jezt compromittirte dieser Verpflichtung Preußen gegen Rußland. Vergebens machte er sie in Petersburg bekannt. Alle Vorstellungen, daß Rußland eine Expedition aufgeben möge, die Preußen nicht zugestehen konnte, scheiterten. Schon war die Einschiffung in Stralsund geschehen. Vierzehn Tage später war Preußen entehrt oder im Kriege mit Rußland; denn die Verpflichtung gegen Frankreich war klar, die in Petersburg gemachte Erklärung bestimmt, die Pflicht des Königs unzweifelhaft, und daher sein endlicher Beschluß trotz alles Widerstrebens gewiß. Als man es am wenigsten erwartete, wurde der Knoten durch den Durchmarsch des Marschalls Bernadotte durch die Preußischen Staaten in Franken zerschnitten.
Der Verdruß des Königs war unbeschreiblich. Er war um so gegründeter, da das Uebel, wenn Friedrich Wilhelm sich selbst geglaubt hätte, ohne Folgen geblieben wäre. Will man ein Beispiel von diesem vollkommenen Tact, der er der Natur verdankt? Kaum hatte er die Gewißheit von dem Ausbruche des Krieges zwischen Frankreich und Oesterreich, so sah er auch das Schicksal der Fränkischen Provinzen voraus, und um nicht zu wollen was man doch fruchtlos gewollt hätte, beschloß er, dem Beispiel seines Vaters zu folgen, welcher seit 1795 allen kriegführenden Mächten den Durchzug durch Franken unter der Bedingung zugestanden hatte, daß alles baar bezahlt werden und kein Theil eine bleibende Stellung nehmen sollte. Der König befahl seinem Cabinette zu erklären, daß dies seine Grundsätze in diesem Kriege seyn würden. Statt ihm zu gehorchen, stellte das Cabinet vor, daß man durch eine solche Erklärung ohne Anlaß, den Insulten entgegen gehen und seine Schwächt proclamiren würde. Der König bestand lange darauf, gab endlich nach, und das Uebel war unersetzlich. Haugwitz war damals anwesend; er befand sich in Wien. Man erklärte dem Französischen Minister in Berlin, daß man die Verletzung des Preußischen Gebiets als einen Entschluß seines Hofes betrachte, die mit demselben eingegangenen Verpflichtungen aufzugeben, daß daher nichts mehr Preußen dazu beriefe, den Marsch der Russen nach Hannover zu verhindern, und daß die Preußischen Heere eine Stellung einnehmen würden, welche mehr Achtung gegen die Gränze einflößte. Diese Erklärung ward in Petersburg mitgetheilt.
Eine Krisis hatte Alexander und Friedrich Wilhelm von einander entfernt. Eine Krisis näherte wieder ihr gegenseitiges Interesse, und Alexander eilte zu seinem Freunde nach Berlin. In seinem Munde gewannen die Argumente, welche die Vernunft des Königs bearbeiteten, mehr Gewicht, unangenehme Nachrichten vermehrten dasselbe, der 3ten November kam heran, an welchen Tage mit dem Tractat von Potsdam, Preußens Todesurtheil unterzeichnet wurde. Der König nahm am Kriege Antheil. Doch verfolgte er dabei nicht eine vollkommene Rache. Er wollte, daß der Französische Kaiser, sich über den Geist dieser Verbindung nicht täuschen sollte. Man kam überein, daß ein Preußischer Minister in das Hauptquartier Napoleons geschickt werden sollte, um ihm die Mediation des Königs anzubieten, wenn er die Basis, des unter den drei Höfen verabredeten allgemeinen Friedens annehmen wollte, (denn Oesterreich war beigetreten) und um diesen Preis die Erneuerung der alten Freundschaft. Nur im Fall einer Weigerung verband sich Preußen zum Kriege. Der mit der Unterhandlung beauftragte Graf von Haugwitz, begab sich nach Wien, wo Napoleon als Sieger einzog. Als er bei ihm zur Audienz gelassen wurde, hatte sich der Zustand der Dinge ganz verändert, und die Schlacht von Austerlitz den Ruin der Angelegenheiten vollendet. Haugwitz sah, daß von allen den Befehlen, die er erhalten hatte, keiner mehr auf die gegenwärtige Lage paßte. Napoleon beehrte ihn mit seinem besondern Vertrauen. Der berühmte Tractat von Wien, war das Resultat ihrer Unterredungen, und um diesen Preis willigte der Sieger von Austerlitz ein zu vergessen, daß es nicht an Preußen lag, daß er keine Gesetze empfing, anstatt sie zu geben.
Dies waren die Bedingungen des Tractats: Allianz unter den beiden Staaten. Preußen trat an Baiern Anspach, und an Frankreich Cleve und Neufchatel ab. Dagegen cedirte ihm Baiern ein Gebiet mit einer Bevölkerung von 20,000 Seelen zur Arrondirung des Markgrafenthums Baireuth, und Frankreich Hannover, mit allen Deutschen Staaten des Königs von England. Preußen garantirte seinem Bundesgenossen die Resultate des Pressburger Friedens, und dieser garantirte Preußen alle seine Besitzungen, so wol die alten als die neuen. Endlich schlossen die beiden Mächte die Integrität der Osmannischen Pforte in ihre Garantie ein.
Als man von diesem Tractat in Berlin Kenntniß erhielt, gerieth man in die äußerste Bewegung. Der König allein war ernsthaft, beschäftigt, aber ruhig; doch wollte er diesmal weder ausschließlich Haugwitz glauben, noch seinen gewöhnlichen Vertrauten. Einmüthig ward die Ratification des Wiener Tractats beschlossen, aber mit Modificationen, die nur das Gift übrig ließen. Man nahm die Allianz an, man unterschrieb die Austauschungen, wollte aber die Epoche derselben, den Stipulationen des Friedens zwischen Frankreich und England unterordnen. Man verlangte von Sr. Kaiserlichen Majestät, daß Sie alsdann dem Könige die förmliche Abtretung Hannovers von Seiten Sr. Brittischen Majestät erwürkten. Man wollte sich nur durch einen legalen Titel im Besitz glauben, aber das Land bis zum Frieden militärisch occupiren und erst dann die 3 Preußischen Provinzen räumen. Das war eine andre Acte, nicht die Ratification der ersteren. Der Französische Minister wollte nur sub spe rati unterzeichnen. Dieser Augenblick war für Preußen das zweite Todesurtheil. Ein Rest von Gefühl ließ ahnen, das Schwierigkeiten entstehen würden. Der Graf von Haugwitz ward nach Paris geschickt, um die Fehler zu rechtfertigen, an denen er allein unschuldig war. Sobald Napoleon erfuhr was zu Berlin vorgegangen war, änderte sich sein Betragen gegen Preußen. Er glaubte sich im Charakter des Königs geirrt zu haben.
Die Preußische Armee stand noch gerüstet an den Gränzen. Aus Oeconomie ließ man sie zu Hause gehen; ungeachtet seiner bessern Ueberzeugung gab der König dem gemeinschaftlichen Rathe seiner Minister nach. Haugwitz war abwesend. Von diesem Augenblick an gab das Cabinet von St. Cloud, dem Preußischen Hofe Gesetze. Man erklärte, dieser habe selbst den Wiener Tractat gebrochen, und wenn Preußen sich noch seiner Stipulationen erfreuen wolle, so müsse man einen andern Preis dafür bezahlen. Demnach verlangte man nicht nur, daß die Austauschungen sogleich vor sich gingen, sondern daß auch, Baiern von dem Opfer befreiet bliebe, welches ihm die erste Acte auflegte, und von allem, daß Preußen der Brittischen Flagge die Flüsse der Nordsee verschließe. Die, welche das vollständige ehrenvolle Werk des Grafen Haugwitz verworfen hatten, fanden sich jezt noch sehr glücklich es verstümmelt anzunehmen. Von der Verhandlung in Wien blieb nur der Besitz von Hannover, der dort aber erträglichere Opfer gekostet hatte. Die Austauschungen fanden Statt. Hameln und Wesel wurden den beiderseitigen Mächten an Einem Tage überliefert und die Preußischen Häfen dem Handel gesperrt. Von jezt an ärndtete man nur Unglück und Schande. Die Engländer brachten 400 Preußische Schiffe auf, die Schweden blokirten die Häfen der Ostsee.
Napoleon ließ Preußen jezt nicht einmal den Trost der Formen. Von allen im Deutschen Reiche beabsichtigten Veränderungen erfuhr man in Berlin keine als nach der Ausführung, und die Fürsten, an denen der König ein persönliches Interesse nahm, litten am mehrsten. Mitten unter trüben Betrachtungen, erhielt der König aus Paris die unerwartete Nachricht, daß das Cabinet von St. Cloud in der mit England wieder angeknüpften Unterhandlung, die Zurückgabe von Hannover an Se. Brittische Majestät als Basis anerkannt hatte. Die Briefe von London verkündigten dasselbe; und die seitdem dem Parlamente vorgelegten officiellen Papiere lassen kaum zweifeln, daß die Nachricht hatte in den Augen der Berliner wenigstens den Charakter der vollkommensten Authenticität. Dies war die Gränze der Grundsätze des Königs. Er konnte Hannover nicht wieder verlieren, ohne alles, den Preis von zwanzig Opfern, das lezte Pfand seiner Sicherheit und die einzig übrige Rechtfertigung seiner Ehre einzubüßen. Die ganze Armee rückte an die Gränze. Vor dem Ende des Septembermonats war sie an der Saale versammelt. Die Explicationen unter den beiden Cabinettern, welche sich unter den militärischen Bewegungen verlängerten, waren nur bloße Formen.
Der Oberfeldherr des prächtigen Preußischen Heers, der Herzog von Braunschweig, war unentschlossen und schwach. Er konnte die alte Bahn nicht verlassen, die nicht mehr zum alten Ruhm führte, fand sich nie stark genug, verlor Tage und Wochen, und entschloß sich endlich, den Thüringer Wald mit beiden Flügeln zu tourniren, um den Feind auf allen Puncten zugleich anzugreifen. Er war zu spät. Napoleon war da. Man sah einer Erneuerung des Manoeuvers von Marengo und Ulm entgegen, gab das erste Project auf, und die Armee wendete sich nach Weimar. Allein, von jezt an, waren alle Befehle eine Reihe von Widersprüchen und Fehlern. Vom Fürsten von Hohenlohe hing in diesem Augenblicke Preußens Schicksal ab. Er befehligte den linken Flügel. Er sollte den ersten Choc aushalten, und die so leicht zu behauptenden Uebergänge der Saale vertheidigen. Die Befehle des Herzogs nöthigten ihn, sich zur Haupt-Armee zurückzuziehen, damit diese sich in Masse schlagen konnte. Schon stand Napoleon zwischen der Hauptstadt und dem Preußischen Heere, für welches alle Erfahrung der lezten Kriege verloren war. Er war ohne Schlacht schon geschlagen. Die Ereignisse, welche auf die Schlacht vom 14ten October folgten, lassen sich nur durch einen Wahnsinn erklären. Diese Armeen, die in Masse capituliren, diese Festungen, die auf einen Pistolenschuß fallen, alles dies war nur unter einer allgemeinen Auflösung möglich. Die Generale gingen von der Idee aus, daß es um den Staat geschehen sey, vorzüglich, nachdem eine unverantwortliche Feigheit Küstrin, dies Bollwerk von Provinzen, worin die Franzosen noch nicht eingedrungen waren, überliefert, und ein kindischer Gouverneur, Stettin, einige Jägern geöffnet hatte.
Der König hatte die geschlagene Armee in Magdeburg erreicht; da war es nicht schwer zu entscheiden, was ihm zu thun übrig blieb. Der Friede war die lezte Bedingung einer halben Rettung. Jeder rieth dazu, um welchen Preis man ihn auch kaufen mußte. Die grausame Lehre hatte die Allerhartnäckigsten bekehrt. Man schickte den Marquis Lucchesini ins Hauptquartier des Kaisers, um im Namen des Königs, um Frieden zu bitten. Einige Tage nachher ward ihm der General Zastrow beigeordnet. Kaum hatte der König zu Küstrin den Rücken gewendet, um den Marsch der lezten Preußischen Corps und besonders der Russen zu beschleunigen, so gaben zwei oder drei Feigherzoge, dem Staate den Gnadenstoß.
Die Preußischen Unterhändler hatten bei dem Kaiser Napoleon weniger Schwierigkeiten gefunden, als sie zu erwarten Ursache hatten. Lucchesini und Zastrow übersandten dem Könige die Bedingungen, unter denen der Kaiser in die Widerherstellung des alten Einverständnisses der beiden Staaten willigte. Diese Bedingungen waren hart, aber den erlittenen Anfällen angemessen. Im Vergleich mit dem Tilsiter Frieden waren sie ein Glück zu nennen; denn sie ließen Preußen, Magdeburg und die Altmark und erwähnten nicht einmal Süd-Preußens. Fünf und zwanzig Millionen Preußischer Thaler sollten als Contribution bezahlt werden. Den Tod im Herzen, unterschrieb der unglückliche Friedrich Wilhelm, den Willen des Stärkern. Es fehlte dem Tractate nur die Unterschrift des Französ. Kaisers.
In der Zwischenzeit war kein Tag verflossen, wo dieser Souverän nicht eine Nachricht erhielt, die ihn eben so sehr in Erstaunen sezte, als sie Preußen zur Verzweiflung brachte. Die Capitulation von Prentzlow, der Fall von Stettin, Küstrin, Spandau, Hameln, Magdeburg stellten ihm seine Lage, aus einem andern Gesichtspuncte dar. Er hatte nicht bloß einen Sieg errungen, sondern er sah sich als den Herrn von beinahe der ganzen Preußischen Monarchie, als den Herrn ihrer militärischen und geographischen Mittel, besonders als den Herrn der Oder und ihrer wichtigsten Uebergänge. Er konnte ohne Widerstand die Weichsel erreichen. Diesen einzigen Augenblick die alten Zwistigkeiten zwischen Frankreich und Rußland durch die Waffen zu entscheiden, wollte der Kaiser benutzen, um den lezten Streit zu erledigen, welcher den Continent trennte, und um das neue System auf eine unangreifbare Basis zu gründen. Er brach die Unterhandlungen ab, und als eine furchtbare Insurrection im Preußischen Polen das Maaß der Gefahr gehäuft hatte, ließ er dem Könige, auch nicht den Frieden, sondern einen Waffenstillstand anbieten. Colberg, Danzig, Graudenz, Glogau und Breslau, sollten nach den Bedingungen desselben, den Franzosen überliefert werden. Der König sollte sich mit allen ihm noch übrig bleibenden Truppen, in die Gränzen des Königreichs Preußen, zurückziehen; und da, bis zur Entscheidung des Krieges, unter den beiden großen Mächten, unbeweglich und neutral bleiben. Die Preußischen Unterhändler hatten unterzeichnet. Der König weigerte sich, ihr Werk zu ratificiren.
Der Friede von Tilsit kostete Preußen die Hälfte seiner Provinzen, eine Population von fünf Millionen Seelen, seinen Rang unter den Mächten, und wird in den Staaten, die ihm bleiben, der Keim einer langen Vernichtung seyn. -- Die Aussöhnung Rußlands und Frankreichs würden Preußen einen langen Frieden versprochen haben. Ohne ehrfürchtige Ansprüche, mit einer reducirten Armee, würde es sich unter sein Schicksal gebeugt haben, wenn nur wenigstens ein mäßiges Glück, Trost für den Verlust des Ruhms gewährt hätte. Aber die innern Wunden werden noch lange bluten! Ganz Preußen ist eine Wüste. Von der Weichsel bis zum Pregel sind die Dörfer Schutthaufen, die Felder unbebaut, der Ackerbauer irrt umher. -- -- --
Berliner Nachrichten nennen den geheimen Herrn Cabinetsrath Lombard, jetzigen beständigen Secretair der Akademie der Wissenschaften zu Berlin, als Verfasser der (oben ausgezogenen) für die Geschichte so wichtigen Schrift: Materiaux pour servir à l'histoire des années 1805 - 1807.
Bemerkungen über Preussen.[]
- [1808]
Es kann schwerlich etwas Neues gesagt werden, wenn von Preussen die Rede ist, denn seit den 14. October 1806 ist so vieles über und wider diesen Staat geschrieben und behauptet worden, daß man glauben sollte, dieses Kapitel sei erschöpft, aber ein Ding hat sehr verschiedene Ansichten, und so denke ich auch den Lesern dieses Journals einige dahin einschlagende Bemerkungen mitzutheilen, vielleicht daß einige darunter ihnen neu sind, und wäre es nicht, so sollen sie wenigstens sich durch ihre Kürze und Deutlichkeit empfehlen.
Vor dem Tage bei Jena erlaubten sich die Deutschen überhaupt, also nicht die Preussen allein, viele Großsprechereien, die eckelhaft zu lesen und zu hören waren, und nach diesem unglücklichen Tage traten sie mit Beschuldigungen gegen die Preußischen Anführer und Minister hervor, die sowohl von Partheilichkeit als Kurzsichtigkeit der Deutschen, den deutlichsten Beweis gaben. Es ist eine traurige Bemerkung, daß im Unglücke sich gewöhnlich alles aufmacht, einem Unglücklichen noch weher zu thun, aber doch ist es so. Diese Leute gleichen den albernen Aerzten, die, weil sie den Sitz einer Krankheit nicht kennen, und noch weniger ihren Kranken zu kuriren verstehen, sich blos damit beschäftigen, ihm zu sagen, was er hätte thun sollen um nicht krank zu werden, was nun freilich, wie jedermann einsehen kann, ein sehr unnützes Raisonnement abgiebt. Deutschlands Großsprechereien bestanden vornämlich darin, daß man glaubte, Preussen sei im Stande sich mit Frankreich zu messen, und es giebt noch immer sehr viele Deutsche, die behaupten, Preussen habe blos den Fehler begangen, den Krieg gegen Frankreich zu spät zu erklären, denn sagen sie, das Jahr vorher, als Oesterreich und Rußland sich auf dem Kampfplatze befanden, da war es auch für Preussen Zeit, loszuschlagen, und dann bilden sich diese Politiker ein, wären Frankreich überwunden worden. Ich glaube grade das Gegentheil, und behaupte, es sei durch Preussens Zögerung ein Jahr längere Existenz dieses Staats und nichts weiter erzweckt worden, so wie nichts gewisser gewesen wäre, als daß Napoleon die Preussen schon damals total geschlagen hätte, wenn sie gewagt, sich in die Händel zwischen Oesterreich und Frankreich mit einzumischen. Die Sache liegt blos in den seltnen Talente Napoleons als Krieger, und es ist nichts gewisser, als daß dieser Feldherr, wenn er selbst anführt, an der Spitze einer jeden Armee Sieger seyn wird. Wenn es wahr ist, daß im Kriege auf den Anführer alles ankomme, so war es sehr natürlich, daß Preussen geschlagen wurde, eben so wie die andern Mächte Europens, so bald sie sich mit Napoleon im Krieg einlassen, denn Preussen hatte auch nicht einen einzigen General, der in Ansehung der kriegerischen Talente, mit Napoleons Genie in Vergleich zu setzen war, und da das Selbstvertrauen der Preußischen Generale sogar in Vermessenheit ausartete, so war es sehr natürlich, daß die Vernichtung dieses Militairs um desto schneller und ohne alle Rettung erfolgen mußte.
Man hat die Preußischen Generale beschuldigt, daß sie große Fehler begangen haben, und das kann auch seyn, aber wenn auch dieses nicht der Fall gewesen, so behaupte ich demungeachtet, daß Preussen überhaupt nicht im Stande war, der Uebermacht der Französischen Talente zu widerstehen, und folglich geschlagen werden mußte, da es nicht vorsichtig genug war, den Krieg mit Frankreich zu vermeiden.
Ich entschuldige Preussen seines Unternehmens wegen, denn waren es nicht die Deutschen durchgängig, die sich einbilden, Preussen könne der Sache den Ausschlag geben, und es sei im Stande das mächtige Frankreich zu bezwingen? Ich entschuldige den König vollkommen, denn sein Kabinet, und die Helden seiner Armee waren es eigentlich, die ihm einbildeten, es käme nur blos darauf an, daß er Befehl zur Schlacht gäbe, und so wären auch die Franzosen geschlagen. Doch diese waren es nicht allein, die dergleichen Einbildung hegten, auch ausser Preussen, fanden sich deutsche Schriftsteller in Menge, die dergleichen Sätze aufstellten, und die Preussen in ihrem Stolze bestärkten, sie, nur sie wären erkohren, die Retter des unterdrückten Deutschlands zu werden. Wer das Gegentheil sagte, oder wohl gar behauptete, Frankreich würde die Preußischen Heere eben so wie die Oesterreicher und Russen bei Austerlitz schlagen, der wurde verketzert und von dem hieß es grade zu, er sei partheiisch und urtheile um deswillen so lieblos gegen die Deutschen. Kein Wunder, daß der König in diesem allgemeinen Strudel mit fortgerissen wurde, und auf den Einfall kam, Krieg zu führen, den er und der ganze Staat theuer genug büßen müssen. Ich sage noch einmal, Preussen war zu entschuldigen, denn es befand sich in einer äußerst bedrängten Lage. Es mußte einen Angriff von Rußland entgegen sehen, wenn es nicht eilte mit ihm gemeinschaftliche Sache gegen Frankreich zu machen, und es mußte auch fürchten, daß Oesterreich einen Angriff auf Schlesien wagen würde, weil man den Verlust bei Austerlitz auf Preussens Unentschlossenheit brachte. Nun wurde der Krieg gegen Frankreich, von Minister Hardenberg eingeleitet, von den Generalen der Armee beschlossen und von dem hintergangenen Könige ausgeführt. Nur dadurch konnte Preussen seinem traurigen Schicksale entgehen, wenn es sich an Frankreich fest und aufrichtig angeschlossen hätte, aber wer konnte das wohl vom Könige verlangen, da die Minister, die Generale und das gesammte Publikum von nichts weiter als vom Kriege sprachen? und so geschahe, was unter diesen Umständen ganz unvermeidlich war. --
Ueber die ersten Operationen der Russen.[]
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Es mußte jedem unpartheiischen Beobachter auffallend seyn, daß der russische General Bennigsen, der die zur Hülfe der Preußen bestimmte Armee kommandirte, zur Zeit als der Marschall Davoust sich ganz allein in der Nähe der Weichsel befand, gar nichts entscheidendes zu unternehmen suchte. Es war dies der Zeitpunkt, wo die Corps des Prinzen Murat, der Marschälle Ponte-Corvo und Soult erst auf dem Rückwege aus dem Mecklenburgischen begriffen waren, Augereau erst links über die Oder kam und Ney vor Magdeburg lag. Bennigsen begnügte sich einige Detaschements vor Warschau zu poussiren und sich dann gänzlich über die Weichsel zurückzuziehen; das Verbrennen der Brücke zwischen Warschau und Praga ward sehr nachlässig betrieben, und die ihm nachrückenden Franzosen versicherten sich sogleich dieses Uebergangs über die Weichsel. Wahrscheinlich hatte auch er dieselben Ursachen, als im vorigen Jahre Kutusof mit seinem Hülfscorps am Inn, und mußte die Vereinigung mit den andern auf dem Marsch begriffenen Corps abwarten, bevor er ein Haupttreffen wagen durfte. Während alle französische Corps nun an der Weichsel ankamen, hatte jene Vereinigung auch wirklich zwischen dem Bug uud dem Niemen statt, und die ganze russische Macht unter dem Befehl des Feldmarschalls Kamenskoy rückte nun vor, um die Franzosen entweder durch eine Schlacht, oder durch Behauptung der zwischen am Bug und der Narew genommenen Positionen, von der russischen Grenze abzuwehren.
Dies muß die Absicht der Russen gewesen seyn; denn man läßt nicht umsonst in einer so späten Jahrszeit, die den Bewegungen jeder Armee, sie bestehe aus Russen oder Franzosen, äußerst nachtheilig und hinderlich ist, eine so zahlreiche Armee vorwärts rücken, um seine Positionen dem Feinde zu überlassen, wenn man nicht auf irgend eine gebieterische Art dazu gezwungen wird.
Daß die Russen noch in dem verflossenen Spätjahre irgend etwas von Bedeutung wagen zu müssen geglaubt haben, erhellt deutlich aus der von Se. Majestät dem Kaiser von Rußland erlassenen Ukase an den Adel des Reichs, wegen Errichtung einer einstweiligen Landwehr von 612000 Mann. Es heißt darin unter andern: "Die Armeen Napoleons griffen die preußischen Heere an, ehe sie eine Vereinigung bewerkstelligen konnten, schlugen dieselben, bemächtigten sich ohne Widerstand der von allem Schutze entblößten Hauptstadt, und eroberten den größten Theil der Provinzen dieses Reichs. In dieser Lage der Dinge, da jene nachbarliche Macht, welche Unsere westlichen Grenzen von Frankreich trennt, ausser Stand war, sich selbst zu schützen, sehen Wir uns in der Nothwendigkeit, Unsere Armeen unter dem Feldmarschall Grafen Komenskoy sich in Bewegung setzen zu lassen, um an dieser Seite des Vaterlandes eigene Grenzen, die nun mit einem feindlichen Ueberfall bedroht wurden, zu vertheidigen, und zuvor Gott den Allmächtigen, den Beschirmer der gerechten Sache, um Hülfe anflehend, befehlen Wir ihm eilig vorzurücken um den Feind zu schlagen, der es so weit treibt, daß er in öffentlichen Proclamationen offenbar droht, Unsere eigenen Grenzen überfallen zu wollen. U, diesen unvermeidlichen Krieg zu führen, dessen ganze Schwere, da der Feind Unsere Verbündeten besiegt hat, nunmehr auf Unser Vaterland fällt, betrachten Wir es als Unsere erste Pflicht, die Ruhe und Integrität Unseres Reichs mit verdoppeltem und rastlosem Eifer zu handhaben, indem Wir die Heersmacht des biedern, tapfern und großmüthigen Volks, welches die allerhöchste Vorsicht Unserer Leitung anvertraut hat, sammeln und vermehren. Die Unglücksfälle, welche die nachbarlichen Mächte erlitten, zeigen die Nothwendigkeit ungewöhnlicher Mittel, großer und starker Anstrengungen, welche einzig durch eifrige Vaterlandsliebe, hohen Muth und wahre Ehrliebe können bewirkt werden. Ein von solchen Gefühlen entflammtes und beseeltes Volk kann, durch eine allgemeine Rüstung über's ganze Land, der feindlichen Macht, wie groß sie auch sey, eine unbezwingliche Brustwehr entgegenstellen. Daß bei einem bevorstehenden Kriege mit dem mächtig gewordenen Frankreich, die Errichtung einer solchen einheimischen bewaffneten Macht verabsäumt ward, hatte die verderblichsten Folgen für Oesterreich und beschleunigte die Eroberung Preußens. Ihr Schicksal ward durch den Verlust einiger Feldschlachten entschieden, nach welchen der Feind, der nun kein Hinderniß weiter vor sich sah, und von unbewaffneten Einwohnern keinen Widerstand zu fürchten hatte, ihre Provinzen überschwemmte und Schrecken verbreitete -- -- -- die zerstreuten Truppen vernichtete und die ganze Monarchie umstürzte. Die Tapferkeit und Siege der russischen Heere, der unerhörte Muth, womit sie ein ganzes Jahrhundert hindurch ihre Feinde besiegt haben, die Trophäen, welche an den von ihnen erweiterten Grenzen errungen wurden, und das Andenken an ihre Großthaten, erfüllen uns mit der zuversichtlichen Hoffnung, daß der Allmächtige, der die gerechte Sache segnet, auch diesmal die Anschläge Unserer Feinde wird scheitern heißen -- -- -- --"
"Da aber die Ausdehnung worin sich diese Armeen bewegen müssen, der schnellen und gegenseitigen Unterstützung zur Vertheidigung der weiten Grenzen viele Schwierigkeiten entgegen stellen, und es sichtbar gefährlich wäre, wenn der Feind, welches Gott verhüten wolle, irgend wo über die Grenzen des Reichs einbrechen sollte, so sind Wir genöthigt mit den kräftigsten Mitteln zur Abwendung dieser Gefahr zu eilen, und eine einstweilige allgemeine Bewaffnung der Miliz zu errichten xc. xc."
Wer nun die in dieser Ukase geäußerten Gesinnungen des russischen Hofes, mit dem festen Vorsatz des Kaisers der Franzosen, die Angelegenheiten des Nordens so zu schlichten, daß ferner keine Einmischung desselben in die Streitigkeiten zwischen England und Frankreich zu fürchten sey, zusammen hält, dem wird es einleuchten, daß uns ein Krieg bevorsteht, der sich in einem Feldzug nicht wird beendigen lassen. Rußland will seine ganze Macht aufbieten, aber Frankreich hat das erwartet und ist darauf gefaßt; denn nie sind von demselben solche Streitkräfte aufgestellt worden, als es in diesem Augenblick an Rußlands Grenzen schlagfertig stehen hat. Ja, man könnte behaupten, die fabelhaften Nachrichten von den ehemaligen orientalischen Heeren abgerechnet, hat nie irgend eine Nation so viel Kriegsvolk zusammen bringen können.
Zeitungsnachrichten.[]
1806.[]
Schweden.
Die Reise des Königs nach Schoonen, die der Monarch, nur von dem Grafen La Gardie und zwey Bedienten begleitet, unternahm, um seine durchlauchtigste Gemahlin wieder zu sehen, war nur von kurzer Dauer. In zwey Tagen kehrt der König nach Pommern zurück. Das Gerücht vermehrt sich, die sämmtlichen, bis 22,000 Mann angewachsenen Schwedischen Truppen in Deutschland, würden sich mit den Preussischen vereinigen.
Paris, den 24. Dez.. [5]Einen Tag vor dem Abschluß des nicht ratifizirten Waffenstillstandes übergab der Fürst von Benevent den preußischen Bevollmächtigten eine Erklärung, worinn es heißt: Daß Se. kaiserl. Majestät auch nach Besiegung der vierten Koalition mit Mäßigung, zu Werke gehen wollten, daß Sie aber die eroberten Provinzen so lange behalten würden, bis England, Spanien, Holland und Frankreich die verlornen Kolonien zurück gebe. Dieß und die Unabhängigkeit der Pforte sey eine auf die strengste Billigkeit gegründete Forderung.
Ein interessanter Zeitungsartikel für Preußische Patrioten.[]
- [1808]
In der Rheinischen Bundes Zeitung liest man einen Artikel, den auch mehrere Deutsche Blätter aufgenommen haben, und der um so auffallender sein muß, da er gegen eine Macht gerichtet ist, die mit Frankreich sich in Freundschaft und dem besten Einverständnisse befindet. Es wird nehmlich von der Schlacht von Eylau und deren Folgen gesprochen, unter andern auch bemerkt, daß, obgleich diese Schlacht für die Preußen und Russen glücklich ausgefallen, dennoch die erkämpften Vortheile nicht benutzt, sondern wieder aufgeopfert worden. Die Armeen, heißt es ferner, hatten sich durch ihre Tapferkeit achten gelernt, und die Stelle selbst, deren Freimüthigkeit so auffallend ist, wollen wir, um Mißverständnisse zu vermeiden, hier wörtlich anführen: "Napoleon bot nun dem Könige von Preußen dreimal den Frieden, und zwar unter den vortheilhaftesten Bedingungen an; bloß in Westphalen und Franken sollten einige geringe Abtretungen Statt finden; aber der König wollte sein Wort halten. Nicht allein für sich, sondern auch für Rußland wollte er Frieden schliessen. Er war mit Rußland durch Verträge verbunden, die ihm nicht gestatteten einseitige Traktaten abzuschließen. Er hielt es daher unter der Würde eines ehrlichen Mannes, etwas zu thun, was gegen Treue und Glauben war. Der Rußische Monarch hatte ihm versprochen, daß er kein Dorf verlieren solle, und daß er keinen andern als einen für Preußen ehrenvollen Frieden schließen wolle. Fürstenwort muß noch heiliger geachtet werden, weil es im Namen der Nationen geschieht, die sie regieren, als das Wort eines Privatmannes. Ehrlichkeit ist die beste Politik; auf Gerechtigkeit und Tugend ist im Weltlaufe gerechnet. Gross handelt daher der Regent, der treu und fest an seinen Worten hält. Friedrich Wilhelm steht deshalb mit unsterblichem Ruhm gekrönt bei der Mit- und Nachwelt da. Er erfüllte das, was ihm Pflicht und Ehre geboten, ob er schon dadurch die Hälfte seiner Staaten eingebüßt hat. Es ist besser unglücklich als treulos zu sein."
Ob der Rußland gemachte Vorwurf sich rechtfertigen lasse, wage ich nicht zu entscheiden, so viel aber ist gewiß, daß der Verfasser unrecht hatte, wenn er der Schlacht bei Friedland hier nicht erwähnt, denn diese scheint den Erfolg zu rechtfertigen, nach dem sehr alten aber wahren Sprichworte, daß Umstände die Sachen verändern.
Quellen.[]
- ↑ Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1808.
- ↑ Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
- ↑ Nordische Miszellen. Siebenter Band. Hamburg, bei A. Bran, und in Commission bei B. G. Hoffmann, 1807.
- ↑ Wiener Zeitung. Nro 82. Sonnabend, den 11. October 1806.
- ↑ Augsburgische Ordinari Postzeitung, Nro. 1. Donnerstag, den 1. Jan. Anno 1807.
- ↑ Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.