Päbstlich-Französischer Friedens-Tractat.[]
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Unsichrer Päbstlich-Französischer Friedens-Tractat. Betrachtungen. Statistische Berechnungen. Beschreibungen. Verlegenheiten Pius des VI. Verschwörung in Rom.
So hart auch die Friedens-Bedingungen waren, welcher die Französische Uebergewalt den Pabst unterwarf, so unsicher ist es doch noch, ob diese Aufopferungen Rom und den Rest des Kirchenstaats so völlig gerettet haben, daß keine weitere Verluste statt haben werden. Zwar wurde nach langem Verzögern endlich der Friedens-Tractat von dem Rathe der 500 ratificirt, da der Spanische Hof Miene machte, sich des Oberhaupts der Katholischen Kirche annehmen zu wollen, aber die Umstände blieben noch sehr verwirrt. In Rom herrschte eine laute Unzufriedenheit über die drückenden Friedens-Bedingungen, die so weit gieng, daß der Pabst einen Ausbruch von Unruhen befürchtete, und alle mögliche Mittel zur Besänftigung des Volks anwenden mußte. In den andern Gegenden des Kirchenstaats waren schon blutige Auftritte vorgefallen. Einige Oerter wollten sich der Herrschaft des Pabstes entziehen, und republicanisiren, andre hatten sich bewafnet, schlugen die Franzosen todt, wurden verjagt, und ihre Dörfer geplündert und verwüstet. Ehe wir das Detail dieser Begebenheiten erzehlen, müßen wir den Friedens-Tractat selbst, in seiner Vollständigkeit, hier mittheilen, da er bey allen Bedenklichkeiten, und Ereignißen, ein für die Geschichte wichtiges diplomatisches Actenstück bleibt:
Friedens-Tractat zwischen der Französischen Republik, und Sr. Heiligkeit, dem Pabste.[]
Se. Eminenz, der Kardinal Mattei, Monsignor Galeppi, der Herzog Braschi, und der Marchese Maßimi, Bevollmächtigte Sr. Heil. des Pabstes, und der Ober-General, Commandant der Armee in Italien, Buonaparte, und der Bürger Cacault, Agent der Französischen Republik in Italien, sind über folgende Artikel überein gekommen. I. Es soll Friede, Freundschaft und Eintracht zwischen dem Pabste Pius VI. und der Französischen Republik seyn. II. Der Pabst nimmt jede Zustimmung und jeden Beytritt, den er öffentlich oder geheim zu der gegen die Französische Republik bewafneten Coalition gemacht hat, zurück, und entsagt jeder gegen dieselbe geschloßnen Allianz. Er verpflichtet sich keiner gegen Frankreich bewafneten Macht, weder in dem gegenwärtigen, noch in einem künftigen Kriege, es sey mit Mannschaft, oder mit Schiffen, Waffen, Munition, Lebensmitteln oder Gelde, unter was immer für einem Vorwande beyzustehen. III. Se. Heil. werden binnen 5 Tagen, nach der Ratification dieses Tractates, die neuangeworbenen Truppen entlassen, und nur diejenigen von Ihren Regimentern beybehalten, welche Sie vor dem zu Bologna geschlossenen Waffenstillstande hatten. IV. Den Kriegsschiffen und Korsaren der gegen Frankreich bewafneten Mächte soll nicht erlaubt seyn, in die Häfen und an die Rhede des Kirchenstaats zu kommen. V. Die Französische Republik soll, wie vor dem Kriege, aller Vorrechte genießen, die Frankreich in Rom hatte, auch in allem, besonders in Rücksicht auf ihre Bothschafter, Minister und Consuln, wie die am meisten ausgezeichneten Mächte behandelt werden. VI. Der Pabst entsagt ganz und unbedingt allen Rechten und Ansprüchen, die er auf die Stadt Avignon und derselben Gebiet, ingleichen auf die Grafschaft Venaissin, und was dazu gehört, hat, und überträgt diese Rechte der Französischen Republik. VII. Der Pabst tritt gleichfalls der Französischen Republik alle Rechte ab, die er auf die unter der Benennung der Legationen von Bologna, Ferrara und Romagna begriffenen Ländereyen hat; doch soll in diesen Legationen die katholische Religion auf keine Weise gestöret werden. VIII. Die Stadt Ancona, wie auch die Festung und die Dörfer, welche zu dem Gebiete der Stadt gehören, verbleiben der Französischen Republik bis zur Herstellung des Friedens auf den festen Lande. IX. Der Pabst macht sich für sich und seine Nachfolger verbindlich, an Niemand die Titel der von ihm an Frankreich abgetretenen Ländereyen zu übertragen. X. Se. Heil. verpflichtet sich in Foligno an den Schatzmeister der Französischen Armee bis zum 5ten März d. J. die Summe von 15 Millionen Livres, und zwar 10 Millionen in baarem Gelde und 5 Millionen in Edelsteinen und anderen Prätiosen, auf Abschlag der noch in Folge des 9ten Artikels des zu Bologna geschloßenen Waffenstillstandes schuldigen Summe, bezahlen zu laßen. XI. Zur vollkommenen Erfüllung des Waffenstillstandes werden Se. Heil. der Französischen Armee 800 Cavallerie-Pferde, und 800 Zugpferde, Ochsen und Büffeln liefern laßen. XII. Außer den in beyden vorstehenden Artikeln genannten Summen, wird der Pabst an die Französische Republik in baarem Gelde, in Diamanten und andern Prätiosen, 15 Millionen Liv., und zwar 10 Millionen in März, und 5 Millionen im April bezahlen. XIII. Der 8te Artikel des zu Bologna geschloßenen Waffenstillstandes, in so weit er die Handschriften und Gegenstände der schönen Künste betrift, wird so bald möglich, seine gänzliche Vollziehung erhalten. XIV. Die Französische Armee wird Umbria, Perugia und Camerino verlaßen, sobald der X. Artikel dieses Tractats in Vollziehung gesetzt seyn wird. XV. Die Französische Armee wird die Provinz Macerata, mit Ausnahme von Ancona und Fano und dem Gebiete dieser Städte, räumen, so bald die ersten 5 Millionen der im XII. Artikel erwähnten Summe ganz abgetragen und berichtiget seyn werden. XVI. Die Französische Armee wird das Gebiet der Stadt Fano und das Herzogthum Urbino räumen, so bald die anderen 5 Millionen der im XII. Artikel des gegenwärtigen Tractates erwähnten Summe bezahlet und übergeben, und die Artikel III. X. XI. und XIII. in Erfüllung gebracht seyn werden. Die 5 letzten Millionen, welche zu der im XII. Art. erwähnten Summe gehören, werden spätestens im Laufe des nächsten April-Monats bezahlt werden. XVII. Die Französische Republik tritt dem Pabste alle ihre Rechte auf die verschiedenen in Rom und in Loretto bestehenden Französischen Stiftungen ab, und der Pabst überläßt der Französischen Republik das Eigenthum aller dem heil. Stuhle gehörigen Allodial-Güter in den drey Provinzen von Bologna, Ferrara und Romagna, und namentlich auch die Landschaft della Mesola, mit allem, was dazu gehöret. Der Pabst hält sich jedoch, im Falle diese Güter verkauft würden, ein Drittheil des Kaufschillings bevor, welches seinen Bevollmächtigten übergeben werden soll. XVIII. Se. Heiligkeit werden durch einen ihrer Minister in Paris Ihr Mißfallen über die an der Person des Französischen Geschäftsträgers Basseville, in Rom begangene Mordthat zu erkennen geben, und werden der Französischen Regierung die Summe von 300,000 Livres übermachen, um sie unter diejenigen, welche dabey gelitten haben, zu vertheilen. XIX. Se. Heil. werden diejenigen Personen, welche wegen ihrer politischen Meynungen verhaftet seyn dürften, in Freyheit lassen. XX. Der Französische Obergeneral wird allen Kriegsgefangenen von den Päbstlichen Truppen die Freyheit ertheilen sich nach Hause zu begeben, sobald er die Ratification dieses Tractats erhalten haben wird. XXI. Bis zwischen dem Pabste und der Französischen Republik ein Handlungs-Vertrag geschloßen seyn wird, soll der Handel der letztern in Sr. Heil. Staaten auf den Fuß der am meisten begünstigten Nationen hergestellt und erhalten werden. XXII. Zufolge des im Haag geschloßenen Tractats, soll der zwischen dem Pabste und der Französischen Republik geschlossene Friede auch für die Batavische Republik geltend seyn. XXIII. Die Französische Post wird in Rom auf den vormaligen Fuß hergestellt werden. XXIV. Die in Rom für Franzosen errichtete Kunstschule, soll hergestellt und wie sie vor dem Kriege war, eingerichtet werden. Der Pallast, wo diese Schule war, und welcher der Französischen Republik gehöret, soll unbeschädigt zurückgestellt werden. XXV. Alle Artikel und Bedingungen des gegenwärtigen Tractats sollen, sowohl für Se. Heil. den Pabst Pius VI., als für seine Nachfolger verbindlich seyn. XXIV. Der gegenwärtige Tractat soll, so bald als möglich, ratificirt werden.
Gemacht und unterschrieben im Hauptquartiere zu Tolentino, von den obbesagten Bevollmächtigten, den 19ten Febr. 1797.
(Unterzeichnet:)
Kardinal Matthei, Buonaparte. L. Galeppi. Cacault. L. Duca Braschi Onesti. Camillo Marchese Massimi.
Betrachtungen.[]
Schon der zweyten Artikel des vorstehenden Tractats, legt dem Päbstlichen Hofe harte Verbindlichkeiten auf. Er ist auf immer von allen Gegnern Frankreichs getrennt, und darf mit keiner Macht einen Freundschafts- und Defensiv-Tractat fernerhin schließen. Er ist der Willkühr der Franzosen allein überlaßen. Doch ist dieser Artikel gegen die erste Forderung, nach welcher der Pabst alle Bullen und Erklärungen gegen die Franzosen, auch in Religions Sachen widerrufen sollte, sehr gemildert, und von den Religions-Edicten ist hier keine Erwähnung. Nach den Grundsätzen der Römischen Kirche erkennt also der Pabst nun noch immerfort die Französischen Neuerungen in den kirchlichen Dingen, die Einziehungen der geistlichen Güter, der Kirchen u. s. w. für ungültig, und für gewaltsame Eingriffe in die Rechte der Kirche. Es ist von jeher das System der Römischen Curie gewesen, von den behaupteten Sätzen nie etwas nachzugeben, und Pius der VIte hatte selbst erklärt, lieber ein Märtyrer zu werden, als die Grundsätze der Kirche zu widerrufen. Die Französische Regierungs-Macht kann freylich dabey gleichgültig seyn, aber die Ideen, von einer Verfolgung der Christlichen Religion, welche sich in den Gemüthern der großen Menge, selbst in Frankreich verbreitet haben, bleiben, und sind wenig geschickt, der neuen Regierungsform eine aufrichtig-treue Anhänglichkeit zu verschaffen.
Der dritte Artikel legt dem Pabste eine völlige Entwafnung auf. Im Jahre 1527 entsagte Pabst Clemens der VIIte auch der Allianz gegen Kaiser Carl den Vten und mußte seine ganze Armee abdanken. Noch in demselbigen Jahre nahmen die Kaiserlichen Truppen Rom mit Sturm ein, und plünderten die Stadt aus. Dieß geschahe nach einem ratificirten Frieden. Die Begebenheiten bey den Französischen Armeen werden die fernern Schicksale Roms bestimmen.
Die Abtretung der weltlichen Rechte und Ansprüche des Pabstes ist in dem Tractate förmlich bestimmt worden. In dem 6ten und 7ten Artikel tritt der Pabst die Stadt und das Gebiet von Avignon, die Grafschaft Venaißin, und die Districte von Bologna, Ferrara, und Romagna, an die Französische Republik ab.
Statistische Berechnungen. Beschreibungen.[]
Man hat in öffentlichen Blättern die an Frankreich abgetretnen Provinzen als den dritten Theil des Kirchenstaats angegeben. Eine ziemlich richtige Angabe, in Betracht des Umfangs und der Bevölkerung, aber in Hinsicht des statistischen Werths betragen die verlornen Provinzen weit mehr als den dritten Theil. Es sind die schönsten, die fruchtbarsten Ländereyen des gesammten Kirchenstaats, und diejenigen, in welchen noch die mehrste Industrie, Fabriken, und Manufacturen gefunden werden. Bologna ist nächst Rom die größte und ansehnlichste Stadt der gesammten Päbstlichen Staaten, und hat viele reiche Einwohner. Ihre Volksmenge beträgt auf 72,000 Menschen. Unsere Leser kennen diese Stadt schon, aus der Beschreibung, die im vorigen Jahrgange unsers Journals, (Neuntes Stück September 1776. S. 890 u. ff.) davon gegeben worden. Das Gebiet von Bologna, welches ungemein fruchtbar ist, enthält über 200,000 Einwohner, auf etwann 92 Quadratmeilen, in 308 Städten, Flecken und Dörfern.
Ferrara hat zwar verschiedne sumpfigte Gegenden, und zuweilen Ueberschwemmungen von den vielen kleinen Flüßen, die das Land durchströmen, ist aber, im Ganzen eines der fruchtbarsten, ergiebigsten Länder Italiens, und kann durch mehrere Cultur noch weit einträglicher gemacht werden. Die Lebensmittel sind in diesem Lande ungemein wohlfeil. Es wird von 240,000 Menschen bewohnt, wovon 32,000 in der Hauptstadt Ferrara sich aufhalten, welche Stadt mit vielen schönen Häusern, und Pallästen pranget. Man giebt den Umfang des gesammten Gebiets zu 95 Quadratmeilen an.
Die Landschaft Romagna hat in dem Districte zwischen Cervia und Ravenna, gegen das Meer zu, einen unfruchtbaren, wenigstens uncultivirten Strich, welcher aber durch das daselbst zubereitete Salz sehr wichtig ist, und mit der Menge des Salzes nicht allein den ganzen Kirchenstaat, sondern auch einen Theil der Lombardey versorgt. Ein desto größerer Verlust für den Pabst, da die Einkünfte von diesem Salze ein Regale der Päbstlichen Kammer waren. Der übrige Theil von Romagna bringt Getraide, und alle Arten von Früchten in reichlicher Menge hervor. Besonders ist die Gegend von Forli bis nach Faenza ungemein cultivirt. Man hat auch von dieser Landschaft schon in unserm Journale eine Beschreibung gelesen. (Im vorigen Jahrgange, 8tes Stück, August 1796. S. 788 u. ff.) Es sind daselbst die statistischen Merkwürdigkeiten von den Städten Forli, Faenza, Rimini, und den andern angeführt. Man berechnet die |Landschaft Romagna auf 70 Quadratmeilen, und 200,000 Einwohner.
Außer diesen Abtretungen in dem Italienischen Kirchenstaate, hat der Pabst auch feyerlichst Avignon, und die Grafschaft Venaißin an die Französische Republik abtreten müßen. Als diese in Frankreich liegende Länder zuerst 1790 von Frankreich in Besitz genommen wurden, nannte man dieses in einem Päbstlichen Breve, einen Diebstahl, den die Franzosen an dem Päbstlichen Kirchenstaate begangen hätten. Jetzt ist jenes herrliche paradiesische Land, deßen Bevölkerung in den neuesten Französischen Angaben zu 250,000 Menschen, und der Flächen-Inhalt zu 95 Quadratmeilen berechnet wird, den Franzosen förmlich überlaßen.
Nach vorstehenden Angaben wären es 352 Quadratmeilen, und 890,000 Menschen, welche der Pabst mit allen Reichthümern und Einkünften der Französischen Republik zum Opfer dargebracht hat, um von ihr den Frieden, den er niemals gebrochen hatte, zu erhalten. Wenn man, nach den gewöhnlichen statistischen Berechnungen, die Größe der gesammten Päbstlichen Staaten zu 860 Quadratmeilen, und die Menschenzahl zu 2 Millionen 200,000 ansetzt; so blieben als Kirchenstaat noch 508 Quadratmeilen, und 1 Million 310,000 Menschen übrig.
Allein, da die Grenzen der abgetretnen Länder nicht, wie in andern Friedens- und Ceßions-Tractaten üblich ist, genau bestimmt worden sind, so wie überhaupt dieser ganze Tractat ohne diplomatische Bündigkeit, und nur oberflächlich abgefaßt ist; so läßt sich noch bis jetzt nichts genauers darüber berechnen.
Aus den Staaten, die dem Pabste, vorjetzt gelassen wurden, mußten auch noch viele Schätze, und Staatskräfte den Franzosen übergeben werden. Zufolge des 8ten Artikels blieb die Stadt und Festung Ancona mit ihrem Gebiete, bis zum allgemeinen Frieden, in dem Besitze der Franzosen. Von der Wichtigkeit dieses Gebiets ist bereits im vorigen Jahre geredet worden. (im 8ten Monatsstücke, August 1796. S. 783 - 787.) Die dem Pabste gelaßenen Ländereyen sind, außer den Gegenden von Tolentino und Macerata, die unfruchtbarsten, aridesten, und wenigst einträglichsten Districte des gesammten Kirchenstaats. Und aus diesen Districten mußte der Pabst die harten Brandschatzungen bezahlen, wozu ihn der 10te, 11te, und 12te Artikel des Tractats verpflichtet; bis zum 5ten März 10 Millionen Livr. in baaren Gelde, und 5 Millionen in Edelsteinen und andern Prätiosen; und wieder bis zu Ende des März 10 Millionen, und im April 5 Millionen. Zusammen 30 Millionen Livres. Ferner noch 800 Cavallerie-Pferde, und 800 Zug-Pferde, Ochsen, und Büffel: Ferner noch alle die Manuscripten und Kunstwerke, welche bey Unterhandlung des Waffenstillstandes vordem schon gefordert, und ausgewählt worden. Noch ferner 300,000 Livres wegen der von dem Römischen Pöbel an dem Französischen Agenten Baßeville verübten Ermordung. Auch mußten alle Personen, welche wegen aufrührerischer Aufwieglungen, und Widersetzlichkeiten gegen die Regierung arretirt waren, in Freyheit gesetzt werden.
Verlegenheiten Pius des VI.[]
Unter drückendern Umständen hat sich niemals ein Pabst befunden, als Pius der Sechste, einer der weisesten, und gemäßigtsten Fürsten, die je auf Petrus Stuhl geseßen haben, deßen Regierung durch die Achtung aller Unpartheyischen der christlichen Welt, und durch die Liebe seiner Unterthanen ausgezeichnet ist. Wenn sonst die Päbste von mächtigen Souverainen, und großen Kriegsheeren bedrängt waren, so hatten sie doch immer andere Mächte, und Fürsten auf ihrer Seite, und in ihrer Allianz. Pius hat nicht nur keinen Alliirten, und alle seine Bemühungen sind fruchtlos, seine Hofnungen vergeblich gewesen, sondern er wird auch von andern Mächten, außer Frankreich, angegriffen, und in seinem eignen Lande von Volksaufwieglern, und Revolutions-Köpfen beunruhigt, indem die Verlegenheiten, so viele Millionen Geld den Franzosen in so kurzer Zeit zu schaffen, seine Kräfte übersteigen. Wegen dieser dringenden Bedürfniße hat er verordnen müßen, die Kelche, Monstranzen, und andre Kirchengeräthschaften von Werthe, aufs schleunigste, aus dem ganzen Kirchenstaate nach Rom zu liefern. Zugleich mußten alle Silber- und Gold-Geräthschaften der Einwohner des Kirchenstaats auf das eilfertigste in die Päbstliche Münze abgeliefert werden. Selbst der Päbstlichen dreyfachen Krone wurden ihre kostbarsten Diamanten und Perlen genommen, um die 5 Millionen an Prätiosen zu liefern, die die Franzosen haben mußten. So verlor die Päbstliche Krone mit dem politischen zugleich den physischen Glanz.
Bald nach dem Abschluße des Friedens-Tractats giengen von Rom 59 Wagen mit einer Ladung von zwey Millionen Römischer Scudi nach Foligno, zu dem Französischen Schatzmeister der Armee ab. Von der Päbstlichen Kammer wurden viele Wechsel auf die vornehmsten Handelsplätze eben diesem Französischen Schatzmeister zugeschickt. Die vornehmen Reichen im Kirchenstaate machten Anleihen auf ihre Güter, und gaben dem Pabste die Gelder. Mitten unter diesen Drangsalen erhob sich ein lautes Murren einer starken Parthey in Rom über den so nachtheiligen, unglücklichen Frieden, welches durch liebreiche Ermahnungen und unentgeldliche Herausgebungen aller Pfänder von einem geringern Werthe, als 15 Paoli, (ein Paoli macht 4 Ggr.) aus dem Leihhause, kaum etwas gestillt werden konnte. Und zugleich erklärte sich ein Theil des Herzogthums Urbino in Insurrection gegen den Pabst, schickte Deputirte nach Reggio, und verlangte, mit der Cispadanischen Republik vereinigt zu werden. In einem andern Theile des Kirchenstaats, in den Gegenden von Jesi, von Macerata bewafnete sich das Volk gegen die Franzosen, grif die da herumstehenden Detaschements an, und schlug ganze Haufen von 30 bis 50 Mann todt; bis die Französische militairische Uebermacht diese bewafnete Schaaren endlich mit Artillerie auseinander trieb, worauf die Dörfer und Flecken der Insurgenten ausgeplündert, und verwüstet wurden.
Unter allen diesen Drangsalen, und Greuel-Scenen waren doch schon am 8ten März 10 Millionen Livres an die Franzosen bezahlt. Fast noch mehr Verlegenheit als die Zahlung des Geldes, verursachte die Lieferung der 1600 Pferde, und Maulesel, welche allenthalben den Einwohnern weggenommen, und dadurch dem Ackerbau, und allen Nahrungsbetrieben der unersetzlichste Nachtheil zugefügt wurde. Zur Vollständigkeit der Lieferung mußte der Pabst seinen Marschall leer machen, aus welchen 400 Pferde den Franzosen zugeschickt wurden. Eine Menge der, nach dem Frieden verabschiedeten, Soldaten, die ohne Unterhalt sich befanden, trieb das Räuber-Handwerk, und machte die Landstraßen unsicher. Die verzögerte Ratification des Friedens von Seiten des Französischen Directoriums, machte Pius den Sechsten um so mehr verlegen, da die Abtretungen der oben angeführten Länder an die Französische Republik keine bestimmte Aussicht gab, wem? die Französische Republik diese Länder austheilen würde, die doch kein Theil von Frankreich werden konnten.
Zu allen diesen verworrnen und belastenden Umständen kamen noch fremde Beunruhigungen von auswärtigen Ländern her. Der regierende Minister Spaniens, der Friedens-Fürst, Alcudia, äußerte seine geringe Freundschaft gegen den Päbstlichen Stuhl auf eine sehr eclatante Art und Weise. Er befehlichte den Cardinal Lorenzana, Erzbischofen von Toledo, und Groß-Inquisitor, in Begleitung des Erzbischofs von Sevilla, und des Beichtvaters der Königin, sich nach Rom zu dem Pabste zu begeben, und trug diesen Gesandten, in einem öffentlich bekannt gemachten Schreiben, auf, dem Pabste, bey seiner Verlegenheit, und unglücklichen Umständen noch bittre Vorwürfe zu machen, daß derselbe, währendem Spanischen Kriege gegen Frankreich, nicht den geistlichen Beystand habe leisten wollen, welchen die katholische Religion erfordere, daß die Agenten Pius des VI. seine unbillige und unchristliche Hofnungen genährt hätten, sein Gebiet zu vergrößern, wobey auf Corsica gedeutet wird, daß der aufrichtige Rath des Spanischen Hofes durch Unwißenheit und Bosheit verworfen worden sey, daß der König von Spanien dennoch hoffe, den Nachfolger der heiligen Petrus, bis an das Ende seines Lebens nicht zu verlaßen, daß unterdeßen insgeheim in den Kirchen von Spanien für den Pabst gebeten werden solle, bis bestimmt werden könne, ob diese Gebete öffentlich geschehen könnten, wenn nämlich die Artikel regulirt seyn würden, zu deren Verhandlung zwischen dem Pabste, und dem Könige von Spanien, die obbenannten hohen geistlichen Personen nach Rom sich verfügen sollten." Man ersieht aus diesem Schreiben, daß der Spanische Hof von den Umständen Nutzen ziehen, und dem Römischen Stuhle vieles von der Autorität, den Rechten, und Einkünften entziehen will, welche die Päbste bisher in Spanien genoßen haben. Es ist daher auf ein neues Concordat angesehen, und, obgleich der Pabst unterdeßen, nach dem Frieden mit Frankreich, die Spanische Verwendung nicht mehr so dringend bedarf, so wird die Spanische Politik dich nicht verabsäumen, in Absicht der geistlichen Anhängigkeit Spaniens vom Päbstlichen Stuhle, große Vortheile anzudringen.
Auch der Neapolitanische Hof hat, unter den bedrängten Umständen des Päbstlichen Stuhls, ein neues Concordat geschloßen, wovon bis jetzt nur so viel bekannt ist, daß der Pabst dem Neapolitanischen Hofe die Ernennung aller Bischöfe zugestanden hat.
Das Departement der auswärtigen Angelegenheiten zu Rom war, seit dem gebrochnen Waffenstillstande mit Frankreich, durch den General Busca verwaltet, deßen System von demjenigen, welches sein, gegen die Franzosen sehr nachgiebiger, Vorgänger, Cardinal Zelada beobachtete, verschieden war. Da dieses System nicht mehr statt finden konnte, und Busca ein widriger Gegenstand für die Franzosen war, so legte derselbe seine Stelle nieder, und der Cardinal, Prinz Doria, übernahm das Staats-Secretariat.
Nach den neuesten Berichten kam zu allen diesen Drangsalen Pius des VIten noch das Unglück einer schrecklichen Verschwörung hinzu, welche man in Rom selbst noch vor ihrem Ausbruche entdeckte. Man gab die Anzahl der Verschwornen auf 600 bewafnete Personen an. Eine Menge von allen Klaßen, Geistlicher, und Layen, Mönche und Soldaten, Vornehme und Geringe wurden am 15ten und 16ten März zu Rom in Verhaft genommen. Jedermann war über dieses Complott bestürzt, deßen Gefahren noch nicht ganz vorüber zu seyn schienen. Die Regierung traf indeßen die nachdrücklichsten Maasregeln. Sogar die Thore des Päbstlichen Pallastes, des Vaticans, wurden geschloßen, und vor einigen Thoren Kanonen aufgeführt. Die Schweizer-Garden bewachten alle Zugänge, und jeder hatte 25 Patronen, und die Ordre, alle nöthige Gewalt zu gebrauchen. Die Päbstlichen Anverwandten schickten ihre besten Effecten nach Terracina, an die Neapolitanische Grenze, und flüchteten bald drauf selbst aus Rom, welches auch viele der reichsten und vornehmsten Personen verließen.
Die Unruhe des Volks stieg täglich höher, da das baare Geld fast ganz verschwunden war, und die Päbstlichen Bankzettel bis auf 15 Procent in Rom, auf auswärtigen Plätzen bis 48 Procent, verloren.
In den Provinzen herrschte allgemeine Verwirrung, Verwüstung und Erbittrung der verschiednen Partheyen gegen einander. Der Französische General Rusca ließ die Stadt St. Elpidio, und die umliegende Gegend, wo die gegen die Franzosen empörten Einwohner sich am hartnäckigsten gewehrt hatten, mit Feuer und Schwerdt verheeren, indeßen starke bewafnete Haufen aus dem Districte der neuen Cispadanischen Republik in die Mark Ancona, und das Herzogthum Urbino einfielen, und raubten und plünderten, und alle Arten von Mißhandlungen an den Einwohnern verübten.
Die fernere Fortsetzung dieser traurigen Geschichte wird, weiter unten, folgen.
Quellen.[]
- ↑ Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1797.