Versailles.[]
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Versailles, schöne, neue und ansehnliche Hauptstadt dieses Departs., mit 27,500 (vormals 60,000) Einwohnern; in einer Ebene, 4 Stunden westwärts von Paris; eine der schönsten Städte in Frankreich, mit nach der Schnur gezogenen geraden, und mit schönen Gebäuden gezierten Straßen, vor der Revolution die prachtvolle Residenz der Könige von Frankreich.
Diese Stadt war vor Zeiten ein geringes Oertchen mit einem Priorat. K. Ludwig XIII. kaufte dasselbe mit den dazu gehörigen Gütern für 20,000 Thaler an sich, und erbaute daselbst ein sehr unbedeutendes Jagdschloß. K. Ludwig XIV., dem die Lage sehr gefiel, beschloß, diesen Ort zu seiner gewöhnlichen Residenz zu machen, und einen der Größe des Monarchen würdigen Pallast zu erbauen. Dieser Bau ward im Jahre 1673 angefangen und im Jahre 1680 vollendet. Der König wandte über tausend Millionen Livres darauf; die geschicktesten Künstler wurden herbeigerufen, um zur Vervollkommnung des Ganzen beizutragen, und so entstand ein Pallast, der wohl seines Gleichen nicht hat, und sich eben sowohl durch seine ungeheure Größe, als durch Geschmack, Kunst und Pracht auszeichnet, und dessen Schönheiten alle zu beschreiben eine eigene Abhandlung erforderte. Die schöne Fasade gegen den Garten hin ist 300 Toisen lang. Mehrere schöne Höfe sind von den Gebäuden dieses Pallastes umschlossen; der innerste ist mit Marmor gepflastert. In diesem Pallaste sind vorzüglich zu bemerken: die Kapelle, der Saal des Herkules, die große Gallerie, der ungemein prächtige Opernsaal, u. s. w. Die Verzierungen sind von der größten Pracht, und Meisterstücke der Kunst finden sich überall gehäuft, Statuen, Büsten, Basreliefs, meisterhafte Decken- und andere Gemälde bewunderte man hier in Menge; die größten Künstler hatten gewetteifert, diesen Königspallast auf das herrlichste auszuschmücken. Das Ameublement war wahrhaft königlich; doch seit der Revolution ist Manches weggeräumt, Vieles auch zerstört worden; doch ist noch Stoff genug hier zum Bewundern und zum Anstaunen.
Der Park von Versailles, der in jeder Hinsicht dem Pallaste entspricht, unterscheidet sich in den großen und kleinen Park; jener faßt mehrere Dörfer in sich; der kleinere aber, der auf der Westseite des Schlosses liegt, die Gestalt eines unregelmäßigen Fünfecks hat, und in seiner größten Ausdehnung 2400 Tois. lang und 1600 breit ist, umschließt die prachtvollen Gärten, Lustwälder, Wasserbecken, Kanäle, Springbrunnen u. s. w., die auf das herrlichste mit schönen Kunstanlagen, den vortrefflichsten Statuen und anderen ausgezeichneten Meisterwerken geschmückt sind.
Die Gärten sind theils im französischen, theils im englischen Geschmacke angelegt, und nichts ist vernachlässigt worden, um das Ganze zu einem wahrhaft bezaubernden Aufenthalte zu machen. Dazu gehören auch die Lustschlösser Groß- und Klein-Trianon, jenes in orientalischem, dieses in römischem Geschmacke ausgeführt. Das Gebäude der ehemaligen Menagerie (die noch übrigen Thiere sind in den Pflanzengarten zu Paris versetzt worden) ist seit der Revolution abgebrochen, und der dazu gehörige Meierhof nebst Feldgütern und Waldung dem berühmten Abbé Sieyes geschenkt worden.
Die Stadt Versailles entstand durch die Erbauung des Schlosses. Sie ist groß, hat viele ansehnliche Gebäude, worunter sich die Kirchen, die vormaligen königlichen Marställe zu 3 bis 4000 Pferden, die Kasernen, die Kanzleien, die Regierungsgebäude, mehrere Palläste vornehmer Herren u. s. w. sehr vortheilhaft auszeichnen. Es ist hier ferner eine öffentliche Bibliothek, ein schönes Hospital, ein Lyceum, ein Atheneum, ein Gymnasium, eine Musikschule, eine Ingenieurschule, eine Reitschule, ein Taubstummen-Institut, eine Ackerbau-Gesellschaft u. s. w. , eine sehr berühmte Gewehrfabrik und eine Baumwollenspinnerei. Die Stadt hat sehr viel verloren, seit der Hof (im J. 1790) von ihr weggezogen ist. jetzt ist sie der Sitz eines Bischoffs, eines Präfekts und der übrigen oberen Gewalten des Depts., eines Kriminal-, Civil- und Handelsgerichts, u. s. w.
In dem großen Parke von Versailles liegt die vormalige, von der berühmten Frau von Maintenon gestiftete Frauen-Abtei St. Cyr, worin jetzt das französische Prytaneum ist.
Quellen.[]
- ↑ Neueste Kunde von Frankreich nach dessen gegenwärtigem Zustand aus Quellen dargestellt von Theophil Friedrich Ehrmann. Prag 1808, in der Diesbachischen Buchhandlung.