Verona.[]
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Verona, eine alte, große und weitläufige Stadt in Oberitalien, ehemals den Venetianern, jetzt zum lombardisch-venetianischen Königreiche gehörig, und der Hauptort einer Provinz gleiches Namens. Sie liegt an der Etsch in einer sehr fruchtbaren und angenehmen Ebene, die besonders, wenn man aus den tyroler Gebirgen in dieselbe kommt, einen reizenden Anblick gewährt. Die Stadt hat fast zwei Meilen im Umfange, verschiedene große freie Plätze, ansehnliche, aber auch mitunter alle Gebäude, und zum Theil schlechte Gassen. Die Zahl der Einwohner wird auf 56,000 angegeben. Es gibt hier viele Seiden-, Wollen- und Lederfabriken. Der Handel, der von hier aus zwischen Italien, Deutschland und der Schweiz getrieben wird, ist nicht mehr so lebhaft wie ehemals, aber doch immer noch beträchtlich. Es gibt hier sehr viel Ueberreste römischer Alterthümer, besonders einen großen Reichthum an alten Bildhauerwerken, die berühmte Masseische Sammlung enthält einen Schatz von Alterthümern. Sehenswürdig ist das hiesige alte römische Amphitheater, das mehr als 22,000 Menschen fassen konnte. Es ist unter allen aus dem Alterthume uns übrig gebliebenen Denkmälern dieser Art am besten erhalten, es wird aber auch alle Jahre auf Kosten der Stadt ein Theil desselben neu hergestellt. Verona ist die Mutter und Pflegerin berühmter Gelehrten und Künstler, die Vaterstadt des Catull, Cornelius Nepos, des ältern Plinius, des Vitruvius, Julius Cäsar, Scaliger, Scipio Massei u. A. Die Familie der Scaliger beherrschte die Stadt im 13ten und 14ten Jahrhunderte, sie wurde ihnen aber von den Venetianern entrissen.
Von Reisende.[]
Karol Fryderyk Wojda.[]
Verona den 12. Iuli 1798.
. . . . Verona empfiehlt sich nicht, wenn man es von dem linken Ufer der Etsch her zuerst betritt. Schmale und finstere Strassen, unansehnliche Häuser, wenig freye grosse Plätze und besonders eine gewisse Aengstlichkeit, die lange nachher noch einen widrigen Eindruck in der Seele zurücklässt, sind die hervorstechenden Züge derselben. Aber dafür ist dieser Theil der Stadt desto lebhafter, die Volksmenge ist zahlreich und was noch mehr werth ist, sie besteht nicht aus trügen Müssiggängern, nicht aus unnützen Verzehrern, sondern aus Fabrikanten, Kaufleute und jener arbeitsamen Klasse von Bürgern, die den wahren Reichthum und die Stärke eines Landes ausmachen. Am linken Ufer der Etsch ist dafür die Masse der Verzehrer desto ansehnlicher, die Anzahl schöner und prächtiger Palläste und Häuser desto grösser, die Strassen und Plätze sind breiter und das Ganze dieses Theils der Stadt scheint mehr für das Genuss als Erwerb angelegt zu seyn. Hier ist der grosse Platz il Bra genannt; auf demselben erblicken Sie den angefangnen Pallast, den Ludwig XVIII. zu seiner Wohnung bestimmte, als er noch Tausende zu verschwenden hatte, hier werden die Arena gewahr, wenigstens die räuchrigsten und unförmlichen Reste ihrer Einfassung und hier versammelt sich des Abends die schöne und galante Welt von Verona und geht auf den ebenen Quadersteinen, bis gegen Mitternacht, an den Häusern hin und her spatzieren.
Die Arena ist das einzige wichtige Monument des Alterthums und zugleich die grösste Merkwürdigkeit, die Verona aufzuweisen hat. Wir waren kaum hier angelangt und hatten das Frühstück zu uns genommen, als wir uns dahin führen liessen. Es macht einen sonderbaren Eindruck, wenn man auf den Platz il Bra herauskommt und da ein altes verfallenes Gemäuer gewahr wird, das ganz Ruin zu seyn scheint und an dessen noch erhaltenen Wänden Trödler und Höcker aller Art ihre bunten und unangenehm ins Auge fallenden Buden angebauet haben. Ich weiss nicht, aber mit kam es vor, als zeige dieses Mangel an Achtung gegen ein Werk an, das, wenn es auch nicht Kunstwerk wäre, doch, wegen seines Alters und als Ueberbleibsel eines kolossalischen Volkes, mehr respektirt zu werden verdiente. Zwar ist das Aeussere der Arena nichts weniger als Achtung einflössend, denn die verfallene schwarze Mauer könnte eben so gut die eines alten Schlosses andeuten. Aber wenn man ihren Umfang betrachtet, ihre Form und sich nur einen Augenblick in die Zeiten zurückdenkt, in welchen sie errichtet wurde und sie mit den Jahrhunderten vezgleicht, die vorübergegangen sind, ohne ihre Dauer vernichtet zu haben, dann wird sie eines der respektabelsten Monumente, und man leidet, wenn man sieht, dass man ihm dieses Charakter nicht zugesteht.
Diese Gefühle bemächtigten sich wenigstens unser, als wir um die Arena von Aussen herumgingen, und hier ein Töpfer-, dort eine Käse- sonst eine Höckerbude an dieselbe angelehnt fanden. Durch eine kleine niedrige Thür gelangten wir in die innere Gänge, die um die Gemächer herumführen, in welchen sonst die zu den Schauspielen bestimmten Thiere aufbewahrt wurden. Was man in Italien in allen Strassen, in den prächtigsten Häusern und Pallästen mit Ekel und Unwillen entdeckt, fanden wir in diesen bedeckten feuchten und finstern Gängen in solchen Anhäufungen wieder, dass der dadurch hervorgebrachte üble Geruch uns augenblicklich wieder aus denselben hinaus zu eilen zwang. Wir gelangten durch einen Seitengang in das Innere der Arena und je weniger sie von aussen zu versprechen geschienen, je übler wir in ihren innern Gängen angekommen waren, je mehr überraschte uns das Grosse und Majestätische eines Theaters, wie sich heute kein Volk eines ähnlichen rühmen kann.
Denken Sie sich, Freund, ein einförmiges Gemäuer, das 464 Fuss lang und 367 breit ist und ungefähr 1335 Fuss im Umfange hat und Sie werden sich eine Vorstellung von der Grösse der Arena machen können. Doch nirgends fällt diese mehr ins Auge, als wenn man in das Innere derselben gelangt ist und sie nun mit einem Blicke überschauen kann. 45 Reihen von steinernen Sitzen erheben sich amphitheatralisch bis an die oberste Mauer, die gleich einer Gallerie das Ganze einschliesst, und von allen diesen Plätzen herab kann man nicht nur die Menge der Zuschauer überblicken, sondern auch den Kampfplatz, der in einer Vertiefung in der Mitte derselben sich befindet, sehr bequem sehen; gegen dreissigtausend Menschen finden Raum auf denselben, und als der Pabst hier war, soll die Anzahl, welche man dort versammelt hatte, um ihn durch das seltenste Schauspiel zu überraschen, sogar noch grösser gewesen seyn. Die leeren Sitze der Arena und die ganze innere Einrichtung derselben haben schon an und für sich so viel Grosses und Erhabenes an sich, dass sie alles übertreffen muss, was man sich in der Art denken kann, wenn eine ungeheure Menge Menschen sie anfüllt.
Hier war es, wo unter den Kaisern Domitian oder Trajan der Römer Lieblingsschauspiele gegeben wurden; Gladiatoren und wilde Thiere mussten hier im Geschmacke dieser Herren der Welt mit einander kämpfen und ihr lauter Beifall und das Gejauchze des ganzen versammelten Volks nahmen in dem Maasse zu, in welchem die Fechter gegen einander wütheten, und mit Blut bedeckt unter den heftigsten Konvulsionen ihren Geist aufgaben. -- Ich glaube nicht, dass eine einzige Reihe der ausserordentlich gut erhaltenen Sitze sich noch von den Römern herschreibt, sie wurden zu verschiedenen Zeiten ausgebessert und an mehreren Stellen sieht man es deutlich, dass sie das Werk späterer Meister sind, da hingegen die äussere verfallene Mauer und die innern Gänge alle Spuren des Alterthums unverkennbar an sich tragen. -- Den seltensten und auffallendsten Kontrast zwischen ehemals und jetzt, zwischen den verschwundenen gigantischen Bewohnern Italiens und ihren ausgearteten, Pygmeen ähnlichen, Nachkommen lieferte und die Arena, als wir von der obersten Reihe herab ganz Verona übersahen und im Innern derselben, zu unsern Füssen, ein von Brettern zusammengeschlagenes Theater erblickten, in welchem, bei gutem Wetter, Komödien gegeben werden. Der ganze dazu bestimmte Raum, mit den Sitzen der Zuschauer, die unverändert geblieben sind, mag kaum den zehnten Theil des Innern der Arena einnehmen, und nach diesem Maassstabe lässt sich die Unbedeutendheit und Ausartung des gegenwärtigen Geschlechts in Vergleich mit seinen kolossalischen Vorfahren sehr richtig berechnen.
So wie das Theater in der Arena nur einen, fast möchte ich sagen, unbedeutenden Punkt einnimmt, so erscheinen auch die heutigen Veroneser und alle Italiäner überhaupt, im Vergleich mit den Römern, so winzig, so klein, so unbedeutend, dass man sie gar nicht mehr mit ihnen in Parallele bringen kann. Es ist ausserordentlich, wie sehr die Nachkommen eines Brutus, eines Cato ausgeartet sind. Keine einzige von ihren Tugenden wussten sie unter sich aufzubewahren, aber dafür sie ihre Laster und pflanzten sie auf alle nachfolgenden Generationen fort. An diesem auffallenden Phänomen können allein nur die zur Zeit der Kaiser unter den Römern schon eingerissene Sittenlosigkeit, die jedes moralische Gefühl in ihnen unterdrückte, und die in der Folge in Italien stattgefundenen Bürgerkriege schuld seyn. Ein Volk, das sich einmal von allem auf Recht, Billigkeit und überhaupt Tugend gegründeten Principien losgesagt hat, kennt keine Schranken mehr, wenn es durch die Umstände zur Ausgelassenheit hingerissen wird, kein Verbrechen schreckt es und es erlaubt sich, in Bürgerkriegen besonders, jedes Mittel, das zum Zweck führt und sollte es auch das allerabscheulichste seyn. Diesem Zusammenflusse von Umständen verdanken wir, wenn ich nicht irre, jenen teuflischen Grundsatz, dass der Zweck das Mittel adelt, so wie überhaupt Italien die Wiege der feinsten, der verschlagensten und frechsten Politik ward.
So denke ich mir den Charakter der Italiäner, als die römische Oberherrschaft einer andern Ordnung der Dinge gewichen war. Die Unterdrückung und der Despotismus, die in der Folge ihre Geissel über sie schwangen, stumpften endlich in ihren auch jene Kühnheit und Entschlossenheit ab, an welchen man zu der Zeit noch ihre Abkunft errieth. Die Pfaffen, Frömmelei und Aberglauben vollendeten, was jene übrige gelassen hatten; Weichlichkeit und die Sucht nach sinnlichen Genüssen wurden zur herrschenden Leidenschaft, sie entsagten jedem andern Gefühle, das Stärke des Geistes erfordert, die gröbste Sinnlichkeit ward das Ziel aller ihrer Wünsche und so kam es, dass sie heute, statt ihrer kräftigen und thatenreichen Vorfahren, ein weibisches, unmoralisches, schwaches und herabgewürdigtes Volk darstellen, sich in ihrer Niedrigkeit gefallen, und voll des gröbsten Egoismus, keiner erhabenen Leidenschaft, keiner kühnen Anstrengung und keiner grossen That mehr fähig sind.
Von Seiten des sinnlichen Genusses nur allein blieben sie dem Charakter ihrer grossen Vorfahren getreu und wenn sie, wie diese, Brodt und Schauspiele haben und überhaupt ungestört geniessen können, so mag um sie herum vorgehn, was da will, sie bekümmern sich nicht darum und nehmen höchstens nur gezwungen Antheil daran. -- Dies war auch, wie ich Ihnen schon gesagt habe, hier der Fall, als voriges Jahr die Einwohner von Verona gegen die französische Armee zu den Waffen griffen. Gezwungen, überredet und verführt hatten sie es thun müssen und die Grausamkeiten, die man in den Spitälern verübte, gehören ganz dem Fanatismus, dem eingewurzelten Abscheu aller Italiäner gegen die Franken und dem wildern Charakter der Veroneser an. Diese stehn, von der Seite betrachtet, selbst bei ihren nächsten Nachbarn nicht in dem besten Rufe, Koltelladen und Dolchstichen sind in Verona nichts ungewöhnliches, ihre Einbildungskraft ist äusserst lebhaft, sie überlegen wenig, handeln desto vorschneller und zeichnen sich im Ganzen durch eine gewisse Rohheit aus, wie man die in Vicenz vergeblich sucht. Ob die Nähe der Gebirge, wie man glaubt, daran schuld sey, wage ich nicht zu bestimmen, aber so viel ist gewiss, dass sie diesen Charakter mit allen Bewohnern oder Nachbarn der Alpen und Apenninen gemeinschaftlich haben.
Ich bin noch zu kurze Zeit hier, um Ihnen etwas Gewisses über die Bildung und Aufklärung der hiesigen Einwohner zu sagen. Aber nichts destoweniger glaube ich ihnen kein Unrecht zu thun, wenn ich sie mit ihren Nachbarn, den Venetianern, Ferraresen und Mantuanern, in eine Klasse setze. Sie wissen, die Erziehung ist im Ganzen genommen hier erbärmlich, wer sich nicht ausschliessend den Wissenschaften oder irgend einer Kunst widmet, lernt kaum seine eigene Sprache richtig sprechen und schreiben, die Männer treiben sich in den Bottegen herum und die Weiber auf den Sophas und in den Schauspielen. -- Indessen fehlt es in Verona nicht an Anstalten, die doch zu einiger mehr, als oberflächlichen Bildung Veranlassung geben sollten. Die Stadt besitzt ein weitläuftiges -- freilich jetzt sehr ausgeleertes -- Museum, das besonders eine grosse Menge alter Inschriften enthält; mehrere Privatpersonen haben schöne Naturaliensammlungen angelegt, die für Verona einen um so grössern Werth haben, da die in denselben befindlichen seltenen Versteinerungen in der Nähe der Stadt ausgegraben worden sind; sie hat einige Männer, auf die sie stolz seyn kann, den Künsten und Wissenschaften geliefert und heute noch darf sie es zur Ehre anrechnen, den ausgewanderten Pindemonte, einen der jetzt lebenden bessern Dichter Italiens, unter ihre Mitbürger zählen zu dürfen.
Ich weiss nicht, woran es liegen mag, aber auffallend ist es, dass ich hier, in des Paul Veronese Vaterstadt, keines von seinen grossen Meisterwerken habe entdecken können. Es ist nicht wahrscheinlich und mir ist auch nichts darüber bekannt worden, dass die Bürger Generale, welche den monte di pietà (das Leihhaus) ausgeleert haben, oder sonst ein habsüchtiger Kommissär, sie entführt hätten. Wahrscheinlich galt Paul Veronese grade in seiner Vaterstadt am allerwenigsten, ein Fall, den hundert Beispiele bestätigen, oder er theilte mit seinen Gönnern, den Venetianern, die Abneigung und ich möchte beinah sagen, den Hass, welchen sie von jeher der halsstarrigen, aufsässigen und zweideutigen Stadt Verona geschworen hatten. Alles was man mir hier von seiner Arbeit vorwies, war sehr mittelmässig, so wie ich überhaupt in allen den Kirchen, die ich gestern besuchte, kein einziges Stück gesehn habe, das ich mit denen in Venedig vergleichen möchte. -- An Kunstwerken ist Verona sehr arm und scheint es immer gewesen zu seyn. Die grösste Merkwürdigkeit, die es aus den neuern Zeiten besitzt, ist die Brücke über die Etsch am sogenannten alten Kastell (castello, vecchio). Sie ruht nur auf zwei Punkten, hat bis 145 Fuss Oeffnung im Durchmesser und die kühne Ausführung derselben, über einem reissenden und heftigen Flusse, erregt sogleich Staunen und Bewunderung.
Von Reisende.
August von Kotzebue.[]
Eine große, wunderliche, von fünf und vierzigtausend Menschen bewohnte Stadt, von der Etsch in zwei ungleiche Theile getheilt. Den größten und besten haben die Franzosen für sich gehalten, den kleinern schlechtern an Oestreich überlassen. Eine Brücke, die über die Etsch führt, ist mit Schildwachen und Visitatoren beider Nationen besetzt; der Fremde wird wie ein Federball, aus einer Hand in die andere geschlagen, bis er endlich auf den Boden der Freiheit niederfällt, wo Niemand muchsen darf, wenn die Franzosen es nicht zuvor erlaubt haben, oder bis er jenseits den Tyroler Gebürgen sich nähert, wo allein noch ächte Menschen wohnen. -- Kommt man nach Verona, ohne vorher in Rom gewesen zu seyn, so haben die römischen Alterthümer daselbst freilich ein weit größeres Interesse als im umgekehrten Falle; denn da hat man so viel Großes und Erhabenes gesehn, daß alle Trümmer, die man nachher antrift, nur noch einen geringen Eindruck machen.
Das Amphitheater zu Verona ist berühmt und verdient es zu seyn, aber mit dem Colosseum muß man es ja nicht vergleichen. Es giebt hier sogenannte Conservatoren, deren Pflicht es ist über diese ehrwürdigen Reste zu wachen. Mich deucht, diese Herren Erhalter haben zu wenig und zu viel gethan, zu wenig -- denn sie haben verstattet, daß von außen alle Arkaden mit Werkstätten von Schmieden, Schlossern und allerlei Gewerben, Holzremisen und Heumagazine angefüllt sind, welches natürlich sehr verunstaltend ist; zu viel -- denn sie haben inwendig das ganze Amphitheater wieder hergestellt, sogleich kann man das Antike vom Modernen gar nicht mehr unterscheiden, alles sieht so neu und nett aus, als ob es erst eben fertig geworden wäre. Wirft man vollends einen Blick auf den Balkon, oder die Logen der obrigkeitlichen Personen, deren entweihende Innschrift jetzt verkündet, daß Pabst Pius VI. hier den Segen ertheilte, oder wird man in der Mitte des Platzes das kleine Theater von Brettern gewahr, wo auch eine Art von modernem Gaukelspiel getrieben wird; so fühlt auch der feurigste Verehrer des Alterthums seinen Enthusiasmus plötzlich abgekühlt; es kommt ihm vor, als stehe er auf einem berühmten Schlachtfelde, und müsse zusehen, wie jetzt die Kinder Ball darauf spielen.
Außer dem modernen antiken Amphitheater giebt es noch mancherlei geringe Ueberreste, Bögen, Mauern, Thore u. s. w., die aber alle kaum des Nennens werth sind. Palläste und Kirchen enthalten so viele Merkwürdigkeiten, als die Franzosen ihnen zu lassen beliebt haben, das heißt, sehr wenige. Das von dem berühmten Maffei gestiftete Museum besitzt noch viele schätzbare Alterthümer und Pikante Inschriften, aber eine der Hauptzierden desselben, das in Stein gehauene Testament in griechischer Sprache (von dem ich in meinen Erinnerungen aus Paris geredet habe) ist hier gewesen. Eben so ein Diomedes. -- Ein Kopf des Antonius Pius (Nro. 162.) hat auffallende Aehnlichkeit mit dem jetzigen französischen Kaiser. Ich habe das Musäum mit dem Maffei in der Hand durchwandert, und wohl funfzig mal Gelegenheit gegabt die Bemerkung zu erneuern, daß die Herren Alterthumsforscher oft sehen, was sie eben sehen wollen. Mehrere Beispiele habe ich mir aufgezeichnet, der Leser müßte aber die Basreliefs selbst vor sich haben, wenn eine solche Erläuterung ihm Vergnügen gewähren sollte. -- Eine auffallende Inschrift ist diese: Eros Asini Atriensis. Maffei meint, man solle Asinii lesen; unter den Knechten seyen die Atrienser die Geachtetesten gewesen. -- Eine andere (unter der Nummer 460) sollen eifrige Anhänger des Pabstthums zu stehlen suchen, denn sie ist aus den ersten Zeiten der christlichen Kirche, einer Licinia zu Ehren gesetzt, die eine honesta femina, und dennoch mit einem Priester sieben und zwanzig Jahre verheirathet gewesen. -- Man bringt hier in der That einige Stunden sehr angenehm zu, denn der interessanten Inschriften sind nahe an sechshundert, und er würde eine Aufenthalt von Monaten dazu gehören, um dieses Vergnügen gänzlich zu erschöpfen. --
Das Theater zu Verona ist in jeder Rücksicht eins der besten, die ich in Italien angetroffen. Zwar bei meiner ersten Durchreise war die Opera buffa nur mittelmäßig, und ich wüßte keinen Sänger auszuzeichnen. Man gab due nozze ed un sol marito, mit einer artigen Musik von Guglielmi, besonders machten die morceaux d'Ensemble gute Würkung. Der Text war, wie gewöhnlich, ohne Sinn und Verstand, daher ich hoffe, daß er bald ins Deutsche werde übersetzt werden. Der erste Tenor, Benedetti, war ein sehr steifer Patron mit einer schwachen Stimme, der für nothwendig hielt, (vermuthlich weil er einen Officier vorstellte,) den Hut nie vom Kopfe zu nehmen; selbst als er bei Damen zu Gaste war, und an einer Tafel zwischen ihnen saß, trennte er sich nicht von seinem lieben Hute. Die Primadonna, Lodovisi, sang nicht übel, konnte sich aber schon der reifern Jahre rühmen. Das Ballet, das steinerne Gastmahl, hatte der Balletmeister Luzzi recht gut ausgeführt, und seine Tochter, ein allerliebstes Mädchen von vierzehn Jahren, wird gewiß bald unter den ersten Ballerinen glänzen. Das Theater ist groß und schön, im Vorhange zählte ich vierzehn oder funfzehn Risse. Auf Täuschung ist es auch hier nicht abgesehen; bei Verwandlungen werden die Dekorationen weggetragen, ehe noch die Scene ausgespielt ist, und der Lichtputzer treibt, während der Vorstellung, sein Wesen ganz nach Belieben. Französische Grenadiere hielten Wache, und machten auch den größten Theil der Zuschauer aus. -- Bei meinem zweiten Aufenthalt in Verona fand ich Oper und Ballet noch verbessert. Man gab la Cappriciosa pentita mit einer vortrefflichen Musik von Floravanti. Die Primadonna, Ceccarelli, war freilich auch nicht reizend, und der Tenor Campitelli, sehr mittelmäßig, aber die beiden Buffo's, Guglielmini und Bartholucci, gehörten unter die besten. Der Balletmeister war jetzt Angiolini. Das Ballet selbst, Abdul oder der großmüthige Türke, enthielt freilich nur eine abgedroschene Geschichte, allein es war verständlich, und die Ausführung verrieth Kenntniß, Geschmack und Fleiß. Die erste Tänzerin, Guglielminetti, kann ich zwar nicht rühmen, dagegen sind Gaetano und Anna Diani ein allerliebstes junges Paar, das jetzt schon großes Wohlgefallen erregt, und einst gewiß entzücken wird. Die Dekorationen waren fast die besten, die ich in Italien gesehen habe. Der Künstler heißt Picuti.
Von Reisende.
Elisa von der Recke.[]
Verona den 24. September. [1804]
Der Weg von Volarni bis Verona führt durch eine weite Ebene, die ein reicher Wein- und Fruchtgarten, mit Kornfeldern untermischt, zu seyn scheint. Fruchtbare Berge, mit kleinen Städten und Villen bedeckt, umfassen das weite Thal; die Etsch durchschlängelt es in schönen Ufern. Seit Botzen sahen wir keine einzige hölzerne Hütte mehr. Ein Halbes Stündchen vor Verona tönte die Landstraße vom jubelnden Landvolk; die mehresten ritten zu zweien auf einem Esel oder Maulthiere. Ganze Karavanen von Eseln, mit Wein und andern Gütern beladen, begegnen einander. Dazwischen fliegt ein leichtes zweirädriges Fuhrwerk mit einem Sitze, kleiner als ein Armstuhl, vorüber. Schwere Wagen sieht man gar nicht; daher sich die schönen italiänischen Heerstraßen besser als bei uns erhalten. Die lebhafte Hin- und Hertreiben kündet schon von fern eine bedeutende Stadt an.
Zu den Zeiten der Römer gehörte Verona zu den ansehnlichsten Städten Oberitaliens, welches die häufige vorhandenen Ruinen des Alterthums bezeugen. Sie hat jetzt sechs und eine halbe Miglien im Umfange, liegt in einer von den Apenninen eingefaßten Ebene, und läßt in der Ferne, wo sie mit ihren Gärten sich amphitheatralisch darstellt, etwas Großes und Anmuthiges erwarten. Aber im Innern der Straßen und Wohnungen herrscht ein widriges Gemisch von Dürftigkeit und Pracht, in welcher nur kleinliche Eitelkeit sich gefallen kann. Unter den großen Häusern und Pallästen findet man selten eine wirklich edle Architektur; die mehresten sind in gothischem oder neu-römischen Geschmack erbaut. Einige der größern Gebäude hatten, obgleich sie bewohnt waren, nur Fensteröffnungen, oder zerrissene Papierfenster. Die Straßen sind breit, aber unreinlich: alles zeigt einen gesunkenen und noch sinkenden Wohlstand. Die Etsch durchschneidet die Stadt. Wohlgebaute Brücken wölben sich über den Fluß, dessen Ufer reich mit Mühlen besetzt sind, der aber bei Frühjahr- und Herbstergießungen oft mit zerstörender Wuth austritt. Er trennt die Stadt in zwei sehr ungleiche Theile, von welchen der größte, schönste und bei weitem volkreichere, durch den vorerwähnten Friedensschluß, den Franzosen, der kleinere dem Hause Oestreich zufiel; doch wird die Bevölkerung des letztern Theils durch die Ueberläufer aus dem ersten beträchtlich vermehrt. Der Conskriptionsdruck, das französische Aussaugungssystem, und andere Härten der sogenannten Republik, veranlassen häufige Auswanderungen des republikanischen Theiles in den monarchischen. Wir bewohnen ein sehr gut eingerichtetes Wirthshaus des letzteren. -- Das Gewühl der sich auf allen Straßen lebhaft bewegenden Volksmasse trägt den Charakter der Bettelhaftigkeit; der sich auch an unserm Lohnbedienten äußert. Er ist in seidene und wollene Fragmente gekleidet, spricht gebrochen Französisch, ist betrügerisch und geldgierig. Dagegen zeigt die Behandlung in unserm Wirthshause: alle due torri, keinen Zug von jenem erniedrigenden Charakter der Zudringlichkeit. Das Essen ist reinlich und gut zubereitet; nur an das mit Mais vermischte Brot mögen Deutsche sich schwer gewöhnen. Die nördlichen Italiäner schreiben diesem Brote die Weiße und Dauer ihrer Zähne zu. Die Westfählinger und Curländer lassen ihrem schwarzen Roggenbrote dieselbe Ehre wiederfahren.
Nachts um 1 Uhr.
Wir kommen aus dem Schauspiele. Es wurde ein Stück von Goldoni aufgeführt. Das Parterre hört wenig oder gar nicht auf die Schauspieler; die Stücke haben längst den Reiz der Neuheit verloren, man bringt seine eignen Unterhaltungen mit ins Theater. Bei gewissen ausgezeichneten Stellen wird, ein wie alle man, Bravo! gerufen. Unter dem fortwährenden Getöse des Parterre ist es besonders dem Fremden unmöglich, die Worte des Schauspielers zu vernehmen. Das Schauspielhaus ist groß und zweckmäßig erbaut, es hat fünf Reihen Logen. -- Gegen das Ende des Stückes hatte sich unser gefälliger Begleiter entfernt, und brachte beim Wiedereintritt uns die Nachricht mit, daß an der Thür des Schauspielhauses so eben ein Meuchelmord vorgefallen sey. Die neben mit sitzende Dame, nur für den Thäter besorgt, fragte ängstlich, ob er sich gerettet habe? Ich konnte mein Befremden, wegen dieser Theilnahme, die nicht der Ermordete sondern der Mörder fand, nicht bergen; im Gespräche darüber äußerte die Dame mit freundlichem Ernst: "Wir Italiäner sind gutmüthige Menschen; eine Beleidigung aber tragen wir Jahre lang im Herzen, und spähen nach einem Zeitpunkt und einer Gelegenheit zur Rache." Der gegenwärtige Fall bewährte ihre Behauptung. Vor einem Jahre hatte der Ermordete dem Mörder Gelegenheit zur Eifersucht gegeben.
Die Brücke, über welche wir zum Schauspielhause fuhren, ist von zwiefacher Wache, nach der schon genannte Theilung, besetzt. Auffallend ist das bescheidene Befragen der östreichischen Soldaten gegen alle Vorübergehende oder Fahrende, wenn man es mit der Arroganz vergleicht, mit welcher die Franzosen ihre Fragen an jeden richten. Allein weit besser bekleidet fanden wir die Letztern. Unser Begleiter beantwortete die hierüber gemachte Bemerkung, seufzend, mit dem Aufschlusse: daß die östreichischen Truppen durch ihren väterlich, aber eben darum auch wirthschaftlich, gesinnten Monarchen, die Franzosen hingegen von der mit Abgaben belasteten Republik bekleidet würden. Theuer! theuer müssen die Unglücklichen den Namen Republikaner bezahlen.
Den 25. September.
Heute besuchten wir die große interessante Ruine des Amphitheaters, welches noch von den römischen Zeiten her die Arena genannt wird. Diese ist eigentlich nur der untre innere Raum des großen ovalen Gebäudes, über welches der Himmel sich wölbt; sein ganzer Umfang beträgt 1331 Fuß. Von der Ringmauer, welche das Amphitheater umschloß, steht nur noch ein sehr kleiner Rest, der jedoch eine bestimmte Idee seiner vormaligen Höhe giebt. Der ehemaligen Venezianischen Regierung gereicht es zur Ehre, daß sie diesem Ueberbleibsel des hohen Alterthums ihre Sorgfalt nicht entzog, und was sich retten ließ, rettete. So haben sich denn, mehrere Jahrhunderte hindurch, die marmornen Zuschauersitze bis auf unsre Zeiten erhalten: sie steigen so stufenweise zur Ringmauer hinauf, daß jede Reihe bequem über die andre wegsehen, und die ganze Arena umschauen konnte. Fünf und vierzig Stufenkreise erheben sich über einander. Hier wurden in der Zeit der römischen Herrschaft, zur Ergötzung des Volks, Gladiatoren- und Stiergefechte gehalten, wo unglückliche Sklaven paarweise unter sich oder mit wilden Thieren auf den Tod kämpfen mußten. Welch ein Volk, dem solche blutige Spiele Freude machten! Mit Bewunderung betrachtete ich die erhabene Ruine, aber mit Entsetzen bebte mein Geist vor den Zeiten zurück, deren Denkmaal sie ist. Die unterirdischen Gewölbe, wo einst die zum Kampf bestimmten Sklaven und Thiere aufbewahrt wurden, sind jetzt zu Krambuden eingerichtet, wo mit allerlei Dingen und schlechten Antiken Handel getrieben wird. Hier besonders ist es, wo die Fremden von der Zudringlichkeit der Italiäner wie von Insekten geplagt werden. -- Dem Kaiser Joseph gab die Stadt, bei seiner Durchreise, in der Arena ein Stiergefecht, wovon eine goldne Inschrift am Eingange Nachricht ertheilt. Jetzt ist das schöne Oval durch ein elendes Hölzernes Gerüst, auf welchem Possenspiele gegeben werden, sehr entstellt.
Außer dieser großen Ruine sind, in und um Verona, noch manche Ueberbleibsel der alten Zeit vorhanden. Neuere Palläste sind auf alte Trümmer gebaut. Man findet Reste einer Naumachie, wo ehemals eben so mörderische Schiffgefechte, als in der Arena Gladiatorenspiele, gehalten wurden. Eine Brücke führt noch den Namen des Lehrers der Baukunst: Brücke des Vitruvius. Das Museum verwahrt eine Menge alter Inschriften, und moderner Denkmaale berühmter Veroneser, unter denen Plinius, Catallus, Vitruvius, und Cornelius Nepos oben an stehen.
Die Gründung Verona's wird nach einigen älteren Behauptungen den Etruskern, nach andern den Senonischen Galliern zugeschrieben. In der Folge kam diese Stadt unter die Herrschaft der Römer, und erhielt bald das römische Bürgerrecht. In den Faktionskämpfen der fallenden Republik, wie nachher unter den tyrannischen Cäsaren, hat Verona harte Schicksale bestanden. Unter der Herrschaft Theodorichs und Alboins erhob sich die Stadt, da sie der Sitz des Gothischen Reiches wurde, wieder zu blühendem Wohlstande. Als im Mittelalter Italien in mehrere kleine Freistaaten zerspaltete, erwarb sich auch Verona eine leidliche Existenz: aber dies war gleichsam nur eine Windstille vor einem nahenden Gewittersturme. Im 13ten Jahrhundert, während der Ghibellinischen und Guelfischen Unruhen, ward Verona eine Beute des berüchtigten Ezzellino. Dieser verschmitzte Bösewicht war, nachdem es sein Vortheil heischte, ein Anhänger bald der Ghibellinen bald der Guelfen. Nur seinem Worte treu, wenn er Verderben schwur, gelang es ihm durch Frevel, List und Waffenglück, sich Verona, Padua, und mehrere andere Städte der Lombardei zu unterwerfen. Konsequente Grausamkeit, und reich besoldete Soldaten, befestigten seine Macht. Dieser Tyrann, den das Volk vom Teufel erzeugt glaubte, erkor Verona zu seiner Residenz. Er meinte seinen Regentensitz nicht besser sichern zu können als wenn er ihn mit allen Schrecken der willkürlichsten Despotie umgäbe: so folgten Blutscenen auf Blutscenen. Auf Sicherheit der Person und des Vermögens durfte, außer seiner Rotte, niemand mehr rechnen. Um diese Schergenrotte, durch welche seine usurpatorische Macht bestand, fester an sein Interesse zu knüpfen, warf er ihr Belohnungen aus, zu deren Herbeischaffung er unter allerlei Vorwänden, besonders der Anleihen, die Reichen und selbst die mäßig Begüterten plünderte und vernichtete. Alle Gefängnisse erschallten vom Geschrei der unglücklichen Opfer seiner Grausamkeit; welches endlich aus der allgemeine Betäubung zwei Brüder aufweckte: Monte und Araldo di Monestia, welche den Tyrannen bei der Mittagstafel überfielen. Der eine Bruder ward von der hinzueilenden Wache sogleich niedergehauen, Monte aber hielt den Tyrannen fest und wollte ihn wenigstens mit sich nehmen, wenn er sterben müßte. Die Wache tödtete ihn endlich auf dem gräßlich verwundeten Körper des Ezzellino. Diesem aber war ein schmählicheres Ende von der rächenden Nemesis vorbehalten. Bei einem Feldzuge gegen Mailand wurde er von einem Manne gefangen genommen, dessen Verwandte der Wüthrich theils hatte verstümmeln, theils tödten lassen. In Verzweiflung und kraftloser Wuth, gab er sein verbrecherisches mit Fluch beladenes Leben auf; Verona ward im J. 1259 von diesem Ungeheuer erlöst. -- Ein so zerrüttetes Gemeinwesen mußte natürlich in einen schwankenden Zustand zurückfallen. Endlich, der unaufhörlichen innern Unruhen müde, unterwarf sich die Stadt 1406 der Venezianischen Herrschaft. Nun genoß sie eines ziemlichen Wohlstandes, bis die Franzosen durch arglistige Vorspiegelungen in Italien eindrangen, und ihre barbarischen Verwüstungen über dies schöne Land ausgossen. Verona war besiegt; die Eroberer zerstörten die Festungswerke. Die Porta Stupa, durch welche der übermüthige Sieger eindrang, wurde sonst nur bei dem Einzuge gekrönter Häupter geöffnet. Seitdem steht dies Thor für jedermann offen, und niedrige Schmeichelei gab ihm den Namen Porta Buonaparte.
Den 26. September.
Wir besuchten heut einige Gärten; alle waren einander an Steifheit der Anlagen, Einrichtungen und Verzierungen gleich. Desto reizender sind aber die Aussichten von dort auf die umgebenden Landschaften und den Gardasee. Das Wehen der milden mit Orangenduft angefüllten Luft, die so lieblich durch die Zitronenbäume streicht, und die blühenden Landschaftsgemälde umher, erheben das Gemüth zu einer Stimmung, die dem ruhigen heitern Himmel gleicht. Der Gardasee, auf welchem Schiffe hin und her segeln, ist 35 Miglien (etwa 7 Deutsche Meilen) lang, und 2½ D. Meile breit. Seine blühenden Ufer scheinen hesperidische Kränze, die, dem Wechsel der Zeiten und Völker trotzend, ruhig fortblühen. Die liebliche Halbinsel Sirmione (Catulls Sirmio) zeigt noch alte römische Trümmer, welche den Namen Casa di Catullo führen *). Nahe bei dieser Halbinsel sprudelt aus dem See ein schwefelhaftes Wasser; weiterhin eine ähnliche Quelle. Vorzüglich rühmt man einen Mineralbrunnen, etwa anderthalb deutsche Meilen von der Stadt. Die Veronesischen Berge liefern verschiedene Marmorarten, unter denen der gelbe besonders geschätzt wird. In den Felsenmassen findet man häufig versteinerte Fische, am häufigsten in dem sehr geachteten grünen Steine. Der Monte Baldo, der höchste Berg bei Verona, enthält versteinerte Seeprodukte, und trägt herrliche Kräuter. -- Der bedeutendste Handelszweig der Stadt ist rohe Seide, die nach Norden versendet wird; doch gehört sie nicht zu den bessern Gattungen der italiänischen Seide. Unter den hiesigen Weinen wird der von der Anhöhen, dem in den Thalgegenden wachsenden mit Recht vorgezogen. Oel, Flachs und Mais wird reichlich gebaut. Die Hüllen der Maiskolben diesen zu Bettunterlagen; sie gewähren ein trefliches elastisches Lager.
- *) Man s. K. Gr. v. Sternberg's Reisen durch Tyrol im Frühjahr 1804, S. 122. Der reisende pflückte einen Lorberzweig in Catulls Garten. Die Villa des Plinius am Comersee ist so oft untersucht und beschrieben worden. Auch hier sind viele verschüttete Gewölbe und merkwürdige Substruktionen. Warum wissen wir davon fast gar nichts? B.
Morgen geht unsre Reise nach Venedig. Wir haben einen Vetturino gedungen, der uns mit zwei Wagen und vier Pferden hin und zurückbringt, dabei für die Beköstigung unserer ganzen Gesellschaft, die aus sechs Personen besteht, sorgt, auch für die Fahrzeuge, die uns auf der Brenta nach Venedig führen: dies alles übernimmt er für vierzig holländische Dukaten.
Quellen.[]
- ↑ Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
- ↑ Briefe über Italien geschrieben in den Jahren 1798 und 1799 vom Verfasser der vertraulichen Briefe über Frankreich und Paris. Leipzig bey Pet. Phil. Wolf und Comp. 1802
- ↑ Erinnerungen von einer Reise aus Liefland nach Rom und Neapel von August von Kotzebue Drei Theile. Berlin 1805. bei Heinrich Frölich.
- ↑ Tagebuch einer Reise durch einen Theil Deutschlands und durch Italien, in den Jahren 1804 bis 1806. Von Elisa von der Recke, gebornen Reichsgräfin von Medem. Herausgegeben vom Hofrath Böttiger. Berlin, 1815. In der Nicolaischen Buchhandlung.