Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Vercelli, französ. Verceil, ehemals Hauptstadt der Piemontes. Landschaft Vercellese, am Fluße Sesia, welcher sich zwey deutsche Meilen davon in den Po ergießt, auf dem halben Wege von Turin nach Mayland. Sie ist anmuthig und wohlbewohnt, und hat einen Bischof, der unter dem Erzbischof von Turin steht.

Vormals war sie eine wichtige Festung; die Franzosen aber haben 1705 alle ihre Werke demolirt.

Die Zahl der Einwohner betrug im J. 1802. 18364.

Jezt ist Vercelli die Hauptstadt im Französ. Departem. der Sesia. Die umliegende Gegend erzeugt viel Wein, Seide, Reis, Hanf und Flachs, und der Handel mit diesen Produkten macht die Stadt lebhaft. Ein gegrabener Kanal, welcher mit starker Beugung von hier nach Ivrea gezogen ist, und die Sesia mit der Doria Baltea verbindet, dient zum leichtern innern Verkehr, und zugleich zur Bewässerung der Landschaft, welche die starke Reiskultur nöthig macht.

Zu dem Arrondissem. der Stadt gehören die Cantons: Vercelli, Agnona, Crevacore, Gattinera, Masserano, Quinto, Stroppiana, Trino und Villanova.


Von Reisende.[]

Elisa von der Recke.

Vercelli, den 5. Juli Mittags.

Auf der Hälfte des Weges von Rovara hieher traten wir in das Gebiet des Franzosenreiches, welches mit der piemontesischen Grenze beginnt. Wir wurden daselbst in den Zollhof geführt; aber unsre gütigen Begleiter nahmen sich treulich unser an, und der Zollbeamte selbst, ein seiner gebildeter Mann, milderte die, allerdings peinigende, Härter der Zollerhebung durch ein ungemein freundliches Betragen, welches auf diesen Grad der Gefälligkeit vermuthlich durch unsre liebenswürdigen Fürsprecher gestimmt worden war. Nicht nur bei der Durchsuchung unsrer Sachen wurden wir mit Schonung und Feinheit behandelt, sondern auch ohne alle Zögerung abgefertiget. Auf unserm Wege hieher sandten unsere Begleiter, die uns vorfuhren, oft, wenn wir etwas zurück blieben, uns ihre bewehrte Mannschaft entgegen; und so kamen wir glücklich hier an. Beide waren unsre Freunde geworden, und ließen es sich gefallen, ein Mittagessen bei mir anzunehmen. Hier fand ich nun Gelegenheit, ihre edle Sinnesart noch näher kennen zu lernen. Beide sind aus Toulon und angestellt bei der dortigen Flotte; der ältere ist Schiffskapitain und heißt Cambon, sein Gefährte Eydoux. Ueber Buonaparte äußerten sie sich mit künstlicher Vorsicht; seiner verdienstlosen Verwandten schonten sie weniger und bedauerten, daß er deren so viele hätte, die ohne Ansprüche, Ansprüche machten.

Auch hier erhielten wir allerlei Furcht einflößende Nachrichten von Beraubungen, die auf dem Wege von hier, bis zu unserm nächsten Nachtlager Cignano vorgefallen seyn sollten. So war uns dann Eile geboten, um vor einbrechender Nacht Cignano zu erreichen; wir konnten daher Vercelli nur mit flüchtigen Blicken beschauen. Diese Stadt, die Hauptstadt eines Distrikts, enthält etwa neun bis zehntausend Einwohner, ist ziemlich gut gebaut, und hat ein paar hübsche Kirchen, unter denen sich die Domkirche auszeichnet, die auf einem etwas erhöhten Raume liegt, so daß sich daselbst eine weite Aussicht eröffnet, die aber besonders heute, wo der düstre graue Himmel keinen Sonnenstrahl durchläßt, ein unfreundliches Bild darstellt. Die fernen savoyischen Gebirge beschließen den öden Gesichtskreis.


Quellen und Literatur.[]

  • Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor der Geschichte zu Landshut. Landshut, bei Philipp Krüll, Universitätsbuchhändler. 1811.
  • Tagebuch einer Reise durch einen Theil Deutschlands und durch Italien, in den Jahren 1804 bis 1806. Von Elisa von der Recke, gebornen Reichsgräfin von Medem. Herausgegeben vom Hofrath Böttiger. Berlin, 1815. In der Nicolaischen Buchhandlung.
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