Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Veltlin.[]

Veltlin (Veltelin, Valtelin, lat. vallis tellina) eine kleine, aber in natürlicher und politischer Hinsicht merkwürdige Landschaft, sonst der Schweiz, und zwar Graubündten zugehörig, jetzt ein Theil des lombardisch-venetianischen Königreichs.

Dieses Ländchen ist 8 geographische Meilen lang und 2 bis 5 Meilen breit, bildet ein überaus fruchtbares Thal, das seiner ganzen Länge nach von der fruchtbaren Adda durchströmt wird, und viele Arten Früchte, vorzüglich guten Wein hervorbringt. Es gehörte ehemals zum Herzogthum Mailand; im J. 1512 kam es durch einen Vertrag an Graubündten. Es wurde immer als ein wichtiger militärischer Punkt angesehen, daher suchten auch Oesterreich und Spanien, als dieses noch in Italien mächtig war, in der ersten Hälfte des 17ten Jahrhunderts sich in den Besitz desselben zu setzen; die Absichten beider wurden von Frankreich vereitelt.

Im J. 1620 kündigten die Veltliner den Graubündtnern den Gehorsam auf, ermordeten alle evangelischen Einwohner und errichteten eine eigene Regierung. Es entstand nun in dieser Gegend ein innerlicher Krieg, und erst im J. 1637 kamen die Graubündtner, vorzüglich durch Vermittlung Frankreichs, wieder zum ruhigen Besitz des Veltlin, bei dem sie sich auch in der Folge behaupteten.

Als die cisalpinische, nachmals italienische Republik entstand, mußte das Veltlin im J. 1797 an diese abgetreten werden; es verblieb auch dem nachher errichteten Königreiche Italien, und machte einen Theil des Departements der Adda aus.

Seit 1814 steht es unter österreichischer Herrschaft, und ist ein Theil der Provinz Sondrio im lombardischen Gouvernement.

Die vorzüglichsten Oerter darinn - eigentliche Städte gibt es in diesem Ländchen nicht - sind die Marktflecken Sondrio oder Sonders, in einer schönen Gegend, wo der Fluß Maler sich in die Adda ergießt, mit 3500 Einwohnern, und Tirano an der Adda mit 3700 Einwohnern.

Die interessante Geschichte eines veltliner Landmädchens s. in Müllers Geschichten der Schweiz Bd. IV, Cap. 5.


Die Revolution im Veltlin.[]

Der dreyzehnte Junius 1797.

Schon die Kaiser aus dem Hohenstaufischen Hause sahen die militärische Wichtigkeit des von Hirten bewohnten Herzogthums Rhätien für diejenigen ein, welche entweder Italien selbst beherrschen, oder es doch von andern nicht wollen beherrschen lassen. Ludwig XII. von Frankreich, um das lombardische Reich zu erobern, glaubte seinen Plan nicht anders erreichten zu können, als wenn er sich der Engpässe der helvetischen und rhätischen Alpen bemächtigte und durch ein ewiges Bündniß sich der Hilfe dieser streitbaren Nationen versicherte. Maximilian I. entriß Frankreich dieses schöne Herzogthum, und Frankreich sowohl als Venedig erkannten, wie wichtig ihnen der Besitz desselben wäre, um einander die Hand reichen zu können. Darum unterhielt das erstere immer sorgfältig Freundschaft mit Bündten und ein Schutz- und Trutz-Bündniß, nachdem Tyrol von Mailand getrennt und den Bündtnern der Besitz jener Länder gesichert war. Auch Venedig suchte die Freundschaft derselben, und Oesterreich nicht weniger, welches letztere endlich die Republik des heiligen Markus ganz verdrängte; und es kam so weit, daß die Bündtischen Unterthanen im Veltlin in eine ordentliche Abhängigkeit von der mailändischen Regierung geriethen. Mißvergnügen war nun an der Tagesordnung, als eben die großen Weltbegebenheiten eintraten, die unser Zeitalter so ausserordentlich auszeichnen. Auch Mailand erlitt durch die französische Revolution und die aus derselben entsprungenen Kriege eine große Staatsveränderung. Es entstund die Cisalpinische Republik, und die neuen Republikaner, die schon vorher mit den Veltlinern in enger Verbindung gestanden hatten, elektrisirten nun auch diese zur Freyheit und Gleichheit. Am heutigen Tag brach die Revolution förmlich aus. Es versammelte sich eine sogenannte patriotische Gesellschaft, die sich seit einiger Zeit gebildet hatte, über tausend Mann stark im Hauptort Sondrio, und schwur einen Eid: "in Vereinigung mit der cisalpinischen Republik frey zu leben und zu sterben;" wodurch diese eine treffliche militärische Grenze gegen Norden, einen Zuwachs von 6 Quadratmeilen und ohngefähr 70,000 Seelen gewann.


Quellen und Literatur.[]

  • Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
  • Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
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