Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Décret impérial.[]

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Paris, den 19. März. Der Moniteur macht heute das Dekret über die kaiserl. Universität, nach Maßgabe des Gesetzes vom 10. May 1806, bekannt. Dieses vom 17. März datirte Dekret besteht aus 19 Titeln und 144 Artikeln.

Der erste Titel, Generalorganisazion der Universität überschrieben, ist folgenden Inhalts:

1) Der öffentliche Unterricht im ganzen Reiche ist ausschliessend der Universität anvertraut. 2) Keine Schule, keine Unterrichtsanstalt kann ausser der kaiserl. Universität, und ohne die Erlaubniß ihres Obern, errichtet werden. 3) Niemand kann eine Schule eröffnen, noch öffentlichen Unterricht ertheilen, wenn er nicht Mitglied der kaiserl. Universität, und von einer ihrer Fakultäten graduirt ist. Der Unterricht in den Seminarien hängt inzwischen von den Erzbischöfen und Bischöfen, und zwar von jedem in seiner Diözese, ab. Dieselben sind bloß gehalten, rücksichtlich der Seminarien, sich nach den von Uns genehmigten Reglements zu richten. 4) Die kaiserl. Universität wird aus so viel Akademien bestehen, als Appellazionsgerichte sind. 5) Die zu jeder Akademie gehörigen Schulen folgen in nachstehender Ordnung aufeinander: a) Die Fakultäten für die höhern Wissenschaften und die Ertheilung der Grade; b) die Lyzäen, für die alten Sprachen, die Geschichte, die Rhetorik, die Logik und die Anfangsgründe der mathematischen und physikalischen Wissenschaften; c) die Kollegien (Gemeinde Sekundärschulen) für die Anfangsgründe der alten Sprachen und den ersten Unterricht in der Geschichte und den (philosophischen) Wissenschaften; d) die Privatinstitute, worin der Unterricht sich demjenigen nähert, der in den Kollegien ertheilt wird; e) die Pensionen und Pensionate, die gleichfalls Privatlehrern gehören, und worin der Unterricht auf einer etwas niedrigern Stufe, als in jenen Instituten, steht. 6) Die kleinen oder Primärschulen, worin man lesen, schreiben, und die ersten Anfangsgründe der Rechenkunst lernt.

Der zweyte Titel handelt von den Fakultäten, deren 5 seyn wollen, die theologische (eine auf jedes Erzbisthum, und 2 protestantische, zu Straßburg und zu Genf), die juristische, die medizinische, die der mathematischen und physikalischen Wissenschaften, und die der (philosophis.) Wissenschaften; der dritte Titel handelt von den Graden der Fakultäten, und den Mitteln, sie zu erhalten, der vierte Titel von der Rangordnung unter den Mitgliedern der Universität, an deren Spitze ein Großmeister, ein Kanzler, ein Schatzmeister, Räthe auf Lebenszeit, ordentliche Räthe, Inspektoren xc. stehen; der fünfte Titel handelt von der Grundlage des Unterrichts in den Schulen der Universität, die in den Vorschriften der katholischen Religion, in der Treue gegen den Kaiser, die kaiserl. Monarchie und die Napoleonische Dynastie, als Erhalter der Einheit Frankreichs und aller durch die Konstituzionen proklamirten liberalen Ideen, bestehen soll; in diesem Titel wird es auch den Professoren der Theologie zur Pflicht gemacht, den Verfügungen des Edikts von 1682 in Betreff der in der Erklärung der Französischen Geistlichkeit v. d. Jahre enthaltenen 4 Proposizionen nachzukommen; der sechste Titel handelt von den Verbindlichkeiten der Mitglieder der Universität; der siebente Titel von dem Amte und den Verrichtungen des Großmeisters der Universität; der achte Titel von dem Amte und den Verrichtungen des Kanzlers und Schatzmeisters der Universität; der neunte Titel von dem Universitätsrath; der zehnte Titel von den akademischen Räthen; der eilfte Titel von den Inspektoren der Universität und den Inspektoren der Akademien; der zwölfte Titel von den Rektoren der Akademien. Der 13. Titel handelt von den Reglements der Lyzäen, Kollegien, Privatinstitute, Pensionen und Primärschulen; der 14. Titel von der Wiederbesetzung der Beamtenstellen und Professuren der Universität; der 15. Titel von der Versetzung in den Ruhestand und den Pensionen; der 16. Titel von der Amtstracht, die für sämmtliche Mitglieder der Universität in einem schwarzen Kleide mit einem in blauer Seide gestickten Palmzweig auf der linken Brust, und für die Professoren in ihren Vorlesungen in einem langen Oberkleide von schwarzem Etamin xc. bestehen soll; der 17. Titel handelt von den Einkünften der kaiserlichen Universität (400,000 Fr. in Renten auf das grosse Buch, die Gebühren, ganz oder zum Theil, für akademische Würden, Prüfungen, Unterricht xc.); der 18. Titel handelt von den Ausgaben der kaiserl. Universität (die jährlichen Besoldungen des Kanzlers und Schatzmeisters mit 15,000 Fr., der Räthe auf Lebenszeit mit 10,000 Fr., der ordentlichen Räthe, Inspektoren mit 6000 Fr. xc.; die Unterhaltung der Fakultäten mit 5 bis 10,000 Fr.; die Unterhaltung einer Anstalt für die Bildung künftiger Professoren mit 300,000 Fr.; die Pensionen mit 100,000 Fr. xc.); der 19. und der letzte Titel enthält unter der Rubrik, Allgemeine Verfügungen, unter andern Folgendes: "Die kaiserl. Universität und ihr Großmeister, denen Wir ausschliessend die Sorge der öffentlichen Erziehung und wissenschaftlichen Bildung in dem ganzen Reiche anvertraut haben, sollen ohne Unterlaß auf Vervollkommnung des Unterrichts in allen Fächern bedacht seyn, und die Erscheinung klassischer Werke zu begünstigen suchen; sie sollen besonders darüber wachen, daß der Unterricht in den Wissenschaften stäts auf gleicher Höhe mit den erworbenen Kenntnissen stehe, und daß keine Systemsucht die Fortschritte derselben hemme."

Durch ein gleichfalls im Moniteur vom 19. März bekannt gemachtes kaiserl. Dekret vom 17. ist der Präsident des gesetzgebenden Körpers, Fontanes, zum Großmeister der Universität, der Bischof von Casal, Villaret, zum Kanzler, und der beständige Sekretär der ersten Klasse des Instituts, Delambre, zum Schatzmeister der kaiserl. Universität ernannt.


Zeitungsnachrichten.[]

1808.[]

Frankreich. [2]

Am 21. war grosses Administrazionskonseil unter dem Vorsitze des Kaisers. Man versichert, daß von der nahen Organisirung der grossen kaiserl. Universität die Rede sey.

Frankreich. [3]

Bisher hatte man von Tag zu Tage die näheren Bestimmungen wegen Vollziehung des kaiserlichen Organisazionsdekrets der Université impériale erwartet; nun erfährt man aber, daß die_e Arbeit bis zur Rückkehr des Kaisers verschoben ist, und vorläufig das Ganze des öffentlichen Unterrichts die bisherige Einrichtung behält. Auch andere Vorschläge, die bereits im Staatsrathe diskutirt waren, sind bis auf diesen Zeitpunkt ajournirt. Dahin gehört unter andern das schon seit einiger Zeit erwartete Reglement über die Organisazion der Buchhandlungen und Buchdruckereyen in Frankreich, worüber noch Nichts beschlossen ist, wenn gleich schon vor einigen Monaten unsere Pariser-Journale den Inhalt dieser Vorschläge, als vom Staatsrathe festgesetzt, lieferten.

Frankreich. [4]

Der Publiciste versichert, die 18 Generalinspektoren der kaiserlichen Universität seyen schon ernannt. Er giebt als solche die HH. Roel, Lefevre-Gineau, Villar, Pietet, Despaulx, ehemalige Generalinspektoren der Studien; den Abbe von Champeaux, ehemaliges Glied der Nazionalversammlung; den Hrn. Royer-Colard; den Hrn. Petitot, Gelehrten; Hrn. Rendu; Hrn. Joubert und Hrn. Prevost-d'Iray, Zensor eines kaiserl. Lyzeums; ferner die HH. Ballant, Ampere, Roman, Budan, Guenau, Coissier und Daburon an.

Frankreich. [5]

Die Einheit in allen Zweigen der öffentlichen Verwaltung Frankreichs, erstreckt sich nun auch auf die öffentlichen Lehr- und Bildungsanstalten. Das Institut der kaiserl. Universität hat bekanntlich nunmehr seine Organisazion erhalten. So wie in vielen andern Zweigen der Verfassung, so hat auch Frankreich hier einen eigenen Weg genommen. Das literarische Haupt Frankreichs ist nunmehr ein einziger Mann, der Großmeister der Universität, Herr Fontanes, und dieser Universität ist der öffentliche Unterricht in ganz Frankreich anvertraut. Alle Mitglieder der Universität werden zur genauen Beobachtung der Statuten und Anordnungen der Universität, und zum Gehorsam gegen den Großmeister in allem, was er ihnen zum Besten des Staates und des öffentlichen Unterrichts befiehlt, eidlich verpflichtet. Die Universität wird von dem Großmeister regiert, der vom Kaiser ernannt und abgesetzt wird; der Großmeister aber besetzt alle Stellen in der Administrazion, die Lehrstellen in den Kollegien und Lyzeen, ratifizirt die Graduirungen, ernennt die verschiedenen Universitätsräthe, Inspektoren und Professoren, und hat das Recht seine Beschlüsse und die des Konsiliums der Universität öffentlich anschlagen und publiziren zu lassen. Doch hat sich der Kaiser vorbehalten, jeden Beschluß des Konsiliums der Universität, der schon ausgegangen ist, durch ein im Staatsrath gegebenes Dekret zu verändern und zu verbessern, so oft er es dem Wohle des Staats für angemessen hält. Die Instrukzionen des Großmeisters und der Universität gehen dahin, daß sie sich ohne Unterlaß bestreben, den Unterricht in allen Gattungen zu vervollkommnen, die Vollendung klassischer Werke zu begünstigen und besonders darauf sehen, daß der Unterricht in den Wissenschaften immer mit den erworbenen Kenntnissen der Zeit gleichen Schritt halte, und der Geist des Systems diese Schritte nicht hemme. Die Grundlagen des Unterrichts in den Schulen der Universität sind: 1) die Vorschriften der katholischen Religion; 2) Treue gegen den Kaiser und die kaiserl. Monarchie, welche das Glück der Völker bewahrt, und gegen die Napoleonische Dynastie, die Erhalterin der Einheit von Frankreich und aller liberalen Ideen, die durch die Konstituzionen proklamirt werden; 3) Gehorsam gegen die Statuten des unterrichtenden Korps, welche die Einheit des Unterrichts bezwecken, um dem Staate Bürger zu bilden, welche ihrer Religion, ihrem Fürsten, ihrem Vaterlande und ihrer Familie treu sind. Keine Schule, keine Unterrichtsanstalt irgend einer Art kann, ausser der Universität und ohne Autorisazion ihres Oberhaupts, gegründet werden. Wer eine Schule eröffnen, oder sonst öffentlichen Unterricht ertheilen will, muß Mitglied der Universität und von einer Fakultät derselben graduirt seyn. Zur Kontrole sind die Generalinspektoren der Universität bestimmt, welche keiner Akademie insbesondere angehören, sondern auf Befehl des Großmeisters abwechselnd alle Etablissements der Akademie besuchen, um sich von den Talenten und der Sittlichkeit der Lehrer und Schüler sowohl, als von dem Zustande der Administrazion und der Komptabilität der Anstalten zu überzeugen. Auch hat jede Akademie (d. h. der Inbegriff der Lehranstalten im Bezirke eines Appellazionsgerichtes) ihre eigenen Inspektoren, welche auf Befehl des Rektors der Akademien alle Schulen im Bezirke der Akademie untersuchen. Diese werden vom Rektor präsidirt und vom Großmeister ernannt. Aus dem bisherigen sieht man, daß also die Französische Universität eine herrliche Einheit des öffentlichen Unterrichts in Frankreich, sowohl dem Zwecke als der Methode nach, bewirkt. Schon vor ihrer Errichtung war der Unterricht in allen Lehranstalten Frankreichs auf gleichem Fusse organisirt; jetzt aber sind auch die Lehrer gleichförmig, die Kontrolle erstreckt sich über alle, und die Aufsicht läuft endlich in einen einzigen Man zurück, dessen Geist auch allein das Ganze belebt und regiert. So wie hier in Ansehung der Aufsicht und Einheit alles nur Mögliche geleistet worden ist, so muß von der andern Seite erst durch die Erfahrung bestimmt werden, ob sich in einer so schön verketteten Lehradministrazion der Geist und Schwung der Wissenschaften, ohne welchen nur todte Bildung in die Herzen der Lehrlinge gegossen wird, erhalten kann, und ob es den ungemein grossen Geschäften des Großmeisters möglich ist, darauf zu sehen, daß, wie das kaiserl. Dekret sagt, der Unterricht in den Wissenschaften immer mit den erworbenen Kenntnissen der Zeit Schritt halte, und der Geist des Systems diese Schritte nicht aufhalte. Im entgegengesetzten Falle würde freylich die Einwirkung der Regierung wieder eingreifen müssen. Man wird schon bemerkt haben, daß Universität und Akademie von nun an eine besondere Bedeutung in Frankreich haben. Universität ist der Inbegriff aller öffentlichen Lehrer und aller Aufseher und Regenten des Unterrichts von Staatswegen, die von nun an ein gleichartiges Ganze ausmachen, weil sie alle von gleicher Art und einer eng verbundenen Gesellschaft sind. Akademie hingegen ist nicht, wie bey uns in Deutschland, ein Ort, wo der höchste Lehrkursus der verschiedenen Wissenschaften von Professoren der verschiedenen Fakultäten vorgetragen wird, sondern der Inbegriff der Lehranstalten im Bezirke eines Appellazionsgerichtes. Fakultäten sind diejenigen Institute, in welchen die Vorlesungen zur vollkommenen Bildung des Arztes, Juristen xc. vorgetragen werden, wie in den bisherigen Spezialschulen, jedoch so, daß jede Fakultät nichts mit der andern gemein hat, auch meist an einem besondern Orte besteht. Alles ist anders eingerichtet, als in Deutschland.


Quellen.[]

  1. Wiener-Zeitung. Nro 29. Sonnabend, den 9. April 1808.
  2. Wiener-Zeitung. Nro 12. Mittwoch, den 10. Februar 1808.
  3. Wiener-Zeitung. Nro 42. Mittwoch, den 25. May 1808.
  4. Wiener-Zeitung. Nr 83. Sonnabend, den 15. Oktober 1808.
  5. Wiener-Zeitung. Nro 36. Mittwoch, den 4. May 1808.
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