Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Die Eroberung der Weißenburger Linien durch Wurmser im J. 1793.[]

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Unter die glänzendsten Thaten der österreichischen Heere im ersten französischen Kriege gehört unstreitig die Eroberung der für unüberwindlich geachteten Weissenburger Linien durch den G. d. K. Grafen Wurmser im J. 1793.

Lange schon hatte die Rheinarmee nach einer grossen entscheidenden That gedürstet, mancher tapfere Mann war vor den furchtbaren Linien gefallen, und wurde von seinen Brüdern beweint, die seinen Tod zu rächen schwuren. Wurmser sah die Unruhe der ganzen Armee und erwartete mit Ungeduld den grossen Tag, an dem er den heissen Durst seiner tapfern Krieger beschäftigen könnte. Die Disposition zur Eroberung der Linien ehrt die Talente des grauen Kriegers.

Der Herzog von Braunschweig stand den französischen Lägern von Bondenthal und Limbach, und Hohenlohe, dem Lager von Herzoghand nun im Rücken. Als er die Nachricht hiervon erhielt, befahl Wurmser den Angriff auf die Weißenburger Linien mit dem Bajonet und den Uebergang des Prinzen Waldeck über den Rhein um die rechte Flanke der Linien zu turnieren. In der Nacht auf den 13ten Oktober um 1 Uhr setzte sich die Armee in sechs Kolonnen in Marsch.

"Drey Haubitzschüsse geben das Signal zum Angriff. General Jelachich rückt mit dem äussersten linken Flügel gegen Lauterburg vor, macht einen falschen Angriff auf Lauterburg, und wenn Prinz Waldeck im Rücken die Linien forcirt hat, dann vereinigen sich beyde Korps und handeln gemeinschaftlich.

"General Hotze räumt die feindlichen Verhaue im Bienwald auf, forcirt die Verschanzungen auf der Bienwaldsmühle, wendet sich dann rechts gegen St. Remi, stürmt die dortigen Verschanzungen und geht so über die Linien."

"General Meßaros stürmt die beyden grossen Redouten bey Niederotterbach und Steinfelden."

"General Kospoth greift die Linien zwischen Steinfelden und dem Haftelhofe an."

"Prinz Condé schließt sich an die Kospotische Kolonne an, rückt von Bergzabern und Otterbach gegen das Gebirge vor, greift die Waldungen an, und hält sich an der Gränze des Waldes, gegen Weissenburg zu.

Nach dieser Disposition marschirten nun sämmtliche Kolonnen vor, und auf das gegebene Signal stürmten sie von allen Seiten gegen die feste Stellung der Franzosen. Die Losungsworte: Maria Theresia und vive roi, und vive la nation tönten aus mehr als neunzigtausend Kehlen auf der ganzen Linie von Lauterburg bis Bondenthal, und der Donner von mehr als 400 Kanonen verkündigte den Bewohnern der umliegenden Gegend das grosse Unternehmen.

Prinz Waldeck war mit 20000 Mann bey Plittersdorf über den Rhein gegangen, und hatte den Feind von dem linken Ufer vertrieben. Allein der tapfere Prinz -- nachdem er die größten Gefahren bestanden hatte, konnte wegen der Entfernung und dem dichten Nebel weder die Signalschüsse hören, noch die Attacke mit dem Bajonnette bemerken. Er wähnte, der projektirte Angriff müßte Hindernisse gefunden haben, und da er auch von dem Vorrücken des Generals Jellachich keine Nachricht ertheilt, so entschloß er sich das linke Rheinufer wieder zu verlassen, da er nach seiner Meinung befürchten mußte, mit seinen Truppen vom Rhein abgeschnitten zu werden. -- General Jellachich hatte Lauterbach links umgangen; wäre der Prinz davon unterrichtet worden, so wäre derselbe bis Mottern vorgerückt, hätte die Niederlage des Feindes vermehrt, und die Garnison von Lauterburg gefangen gemacht. Da dieß nicht erfolgte, zogen sich die Franzosen aus Lauterburg, griffen das Jellachichsche Korps an, und würden es wahrscheinlich zurückgedrückt haben, hätte nicht die Hessische Kavallerie mit unerschüttertem Muthe ihren stürmischen Angriff ausgehalten.

Durch diesen Fehler hatten die Franzosen Zeit gewonnen, sich auf den Geisberg zurückzuziehen. Wären diese beyden Korps gegen den rechten französischen Flügel eben so glücklich gewesen, als der Herzog von Braunschweig gegen den linken, so würde die französische Armee, ausser dem Verluste all ihres Geschützes auch noch eine gänzliche Niederlage erlitten haben, und die Vortheile der alliirten Armee im Centrum hatten nicht mit so vielem Blute erkauft werden müssen.

Indessen überwand dich der Muth der Alliirten alle Schwierigkeiten und sogar die Hindernisse des widrigen Zufalls. -- General Meßáros vertrieb den Feind mit dem Bajonette aus seiner Redoute bey Niederotterbach. Die Kavallerie wollte diesen Vortheil zum Einhauen nützen; aber mit Blitzesschnelle hatte sich der Feind in die Redoute bey Steinfelden geworfen, und aus derselben mit 9 Kanonen und einer Haubitze die Kavallerie sowohl, als die mittlerweile ebenfalls vorgedrungene Infanterie zurückgeschlagen.

Wurmser befahl den zweyten Angriff, die blutige Scene des mörderischen Schauspiels begann. Der Oberst Snel, ein zweyter Schwerin, rückte an der Spitze des Pellegrinischen Regiments unter dem fürchterlichsten Kartätschenfeuer der Franzosen gegen die Steinfelder Redoute; er sah seinen Tod vor Augen, aber durch Pflicht und Ehre gestärkt, gieng er ihm als Held entgegen. Nicht umsonst fielen er und 600 seiner braven Waffenbrüder; durch den kalten Muth ihrer Gegner erschüttert, flohen die Franzosen, und überliessen den siegenden Oesterreichern die Redoute und das Geschütz.

General Hotze stürmte so rasch als glücklich die feindlichen Verschanzungen an der Bienenwaldsmühle und bey St. Remi und durchbrach die Linien. Die Franzosen vertheidigten sich mit vieler Einsicht, und obwohl sie von dem General en Chef keine weitern Verhaltungsbefehle erhalten konnten, so wußten sie sich doch unter abwechselndem Kanonenfeuer von Redoute zu Redoute zurückzuziehen, so daß die Verbündeten bey weitem nicht den Vortheil über sie erhalten konnten, den man bey einer solchen Verwirrung als möglich vorausgesehen hatte.

General Kospoth und das Kondeische Emigrantenkorps fanden bey dem Hattelhofe einen tapfern Widerstand, wobey dii Emigranten einen Verlust von 200 Todten und Verwundeten erlitten. Die Franzosen mußten aber, ihrer muthigen Gegenwehr ungeachtet, dem heftigen Artilleriefeuer der Kospotischen Kolonne weichen, und ihre sämmtlichen Verschanzungen mit Hinterlassung vieler schweren Kanonen, Zelten und Bagage im Stiche lassen. Die Kaiserlichen fochten wie Löwen, sie standen gleich einer Mauer, und stürmten, ungeachtet des mörderischen Kartätschenfeuers der Franzosen, immer vorwärts. Nichts konnte ihren Muth beugen, viele ihrer Brüder fielen, aber Sieg oder Tod schien der Wahlspruch eines jeden aus ihnen gewesen zu seyn, und mit Recht krönte der Sieg ihre Tapferkeit.

Auf die von Wurmser gegebenen Signale griffen nun auch die Preussen unter dem Erbprinzen von Hohenlohe das Lager bey Herzog-Hand, und unter dem Herzoge von Braunschweig die Läger von Bondenthal und Limbach an.

Hohenlohe hatte an und hinter der Abtey auf die Straßburger Chaussee Infanterie, Geschütz und Kavallerie postirt, um den Franzosen den Rückzug abzuschneiden. Die Preussen drangen nun durch den Verhau durch und vertrieben den Feind nach einigen Salven mit dem kleinen Gewehre aus seinem Lager. In diesem Augenblicke hatte auch der General von Schladen ein feindliches Korps auf der rechten Seite von Lemberg angegriffen, dasselbe zersprengt, und alle Lagergeräthschaften, selbst das Fleisch in den Töpfen erbeutet. Auch der Herzog eroberte das Lager bey Bondenthal, und delogirte den Feind aus dem Limbacherlager.

Da nun die französische feste Stellung bey Weissenburg im Rücken bedroht, in der Fronte gestürmt, und durch den Uibergang des Prinzen von Waldeck über den Rhein auch in der rechten Flanke umgegangen war, so mußten die Franzosen diese Stellung plötzlich verlassen, um ihr zahlreiches Geschütz zu retten. Dieses Geschah denn auch gleich nach der Eroberung der Steinfelder Redoute.

Die Verbündeten sollten nun gleich nach der Eroberung jener Redoute gegen Weissenburg aufbrechen, hierzu war aber die genaueste Vereinigung sämmtlicher Kolonnen erforderlich. Dieses Manövre kostete eine volle Stunde Zeit, weil die Truppen durch die beschwerlichen Gebirgsmärsche äusserst ermattet waren.

Der Feind benützte eben so einsichtsvoll als gewandt diese kleine Frist, und rettete den größten Theil seines Geschützes, die Sieger fanden aber demungeachtet noch 31 Kanonen, viele Zelten und Bagage, 12 Fahnen und 90 Trommeln.

Kaum war nun die Linie der Armee gebildet, als Wurmser wieder vorzurücken befahl. Die Franzosen hatten sich theils nach Weissenburg, theils nach dem Geisberg zurückgezogen. Eine gegenseitige Kanonade eröffnete den Angriff. Wurmser ließ Weissenburg auffordern, und erhielt von dem Kommandanten zur Antwort, daß er wegen Uibergabe der Stadt zuerst Befehl vom Nationalkonvent einholen müsse. -- Weissenburg wurde also mit Haubitzgrenaden beschossen und in Brand gesteckt. Da die Stadt nicht haltbar war, so zog sich gegen 7 Uhr Abends der Kommandant mit der Garnison in aller Stille nach dem Geißberg zurück. Den Abziehenden wurden Kavalleriedetachements nachgeschickt, welche aber dem vorsichtigen Feind keinen Abbruch thun konnten, da die Batterien vom Geißberg den Rückzug der Garnison begünstigten.

Die Verwirrung in Weissenburg war durch den Abzug der Franzosen und den an einigen Orten ausgebrochenen Brand aufs höchste gestiegen; die Bürger hatten sich aus Furcht vor Freund und Feind größtentheils versteckt. Es blieb also den Verbündeten nichts anderes übrig, als die Thore einzuschießen, worauf die Gränzer nebst der leichten Infanterie in die Stadt stürmten und zu plündern anfiengen. Aber bald eilte General Wurmser persönlich der bedrängten Stadt zu Hilfe, und stellte die Ordnung wieder her.

Die Nacht endigte diesen grossen und merkwürdigen Kampf, welcher die Anstrengung der Verbündeten mit Ehre und Ruhm krönte. Wurmser ließ die Armee hinter Weissenburg im Gewehr bleiben, besetzte diese Stadt selbst mit zwey Bataillons und nahm hierauf sein Hauptquartier auf dem Hastelhofe.

Die Verbündeten hatten zur wenige Gefangene gemacht, da der Feind sich entweder unter dem Schutze seiner Artillerie zurückzog, oder dem mörderischen Bajonette erlag. Man kann den Verlust der Franzosen nicht genau angeben, gewiß aber hat er jenen der Verbündeten, welcher 1200 Mann betrug, drey auf vierfach übertroffen. Der Verlust der Verbündeten stand in keinem Verhältnisse mit den zu bekämpfenden ungeheuern Schwierigkeiten. Alle fochten wie brave Männer; jeder einzelne kannte zwar die gefahrvolle und bisher für unüberwindlich gehaltene feindliche Stellung, aber jeder Einzelne schien auch mit Verachtung des Todes nach dem Ruhm zu dürsten, der dem Siege über ausserordentliche Schwierigkeiten zu Theil wird.


Eroberung der Weissenburger Linien.[]

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Der dreyzehnte Oktober 1793.

Nachdem Mainz am 22ten Julius 1793 durch Kapitulation gefallen war, und fast zu gleicher Zeit auch Valenciennes sich ergeben hatte, war der Hauptzweck der Preussen unter dem Herzog von Braunschweig, und der Oesterreicher unter dem Grafen von Wurmser, die Eroberung von Landau. Um diesen Zweck zu erreichen, mußten aber zuförderst die Weissenburger Linien überwältigt werden, die bisher durch keine Anstrengung der Deutschen erobert werden konnten. Vergebens hatte man alle Kräfte aufgebothen, sie von vorne zu bestürmen. Ein kühner Versuch, den der General Pejacsevich gewagt hatte, durch die Gebürgpässe hinter Weissenburg im Rücken durchzubrechen, war verunglückt. Schon war der Zeitpunkt nahe, die Winterquartiere zu beziehen, als endlich in der Nacht vom 12ten auf den 13ten Oktober der grosse Schlag gelang. Der General Graf Wurmser grief die Linien von vorne an, der Herzog von Braunschweig im Rücken durch den Prinzen von Waldeck, der oberhalb Lauterburg über den Rhein gegangen war, nachdem man die Franzosen bey Pirmasenz geschlagen hatte. Die Franzosen konnten nicht mehr dem wohlberechneten Angrif widerstehen, und die Deutschen rückten in Weissenburg und Lauterburg ein. Die Oesterreicher giengen vorwärts über Hagenau bis in die Nähe von Straßburg, und die Preußen übernahmen die Blokade von Landau, das nun von aller Verbindung mit den französischen Armeen abgeschnitten war. Weil aber die Franzosen die Wichtigkeit dieser Vestung, des Schlüssels zum Elsaß, nur zu gut kannten, so war von jetzt an "Landau oder Tod" ihr einziges Feldgeschrey, und die Linien blieben nicht lange in der Gewalt der Deutschen. Am 28ten December schon zog die Rhein- und Mosel-Armee vereint in Landau ein, und in den ersten Tagen des Jahrs 1794 wehte die dreyfarbige Fahne wieder bis über Worms hinab.

Erstürmung der Weissenburger Linien.[]

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Der 13. October 1793.

Vaubans berühmte Linien zwischen Lauterburg und Weissenburg stellten den Fortschritten der österreichisch-preussischen Armee unter dem Oberbefehl des Herzogs von Braunschweig ein Bollwerk entgegen, welches dichte Verhaue, ein angeschwellter Fluss, breite mit Sturmphälen gesicherte Gräben, durch hohe Wälle und beinahe 200 Geschütze vertheidigt, und die stark befestigten Städte Lauterburg und Weissenburg unüberwindlich zu machen schienen. Solche Schwierigkeiten schreckten jedoch die entschlossenen Anführer, welche auf die Tapferkeit ihrer Truppen zählen konnten, nichts ab.

Der Herzog von Braunschweig ging ihre linke Seite bei St. Imbert im Gebirge um. Der Prinz von Waldeck setzte rechts im Rücken der Linien über den Rhein, und Wurmser griff sie mit Tagesanbruch am 13. October in 6 Colonnen von Vorne an. Mit gefälltem Bajonette stürzten die Oesterreicher in die Verschanzungen, ungeachtet ein mörderisches Feuer Tod und Verheerung in ihre Reihen spie. Nach einem Kampfe der Verzweiflung, der nur wenige Stunden dauerte, geriethen die Franzosen in Verwirrung, und suchten Rettung in unordentlicher Flucht. 50,000 vertheidigten diese furchtbaren Verschanzungen. 6000 Todte und Verwundete, 700 Gefangene, 28 Canonen, 7 Fahnen, der grösste Theil des Lagers und Gepäcks blieben ihnen zurück. Die Geschlagenen flohen bis unter die Canonen von Strassburg, und die Sieger waren Meister der unüberwindlichen Linien und der Städte Lauterburg und Weissenburg.


Authentische Relation von dem Corps des Prinzen von Waldeck, bey der Wurmserischen Armee.[]

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So sehr auch der Raum unsers Journals durch die Menge der wichtigsten neuesten Begebenheiten beengt ist; so hat doch das Intereße der nachstehenden, von bewährter verehrter Quelle her zugesandten, Erzehlung es uns zur Schuldigkeit gemacht, dieselbe dem Publico mitzutheilen. Die Begebenheit, welche hier in ihr wahres Licht dargestellt wird, war eine der ruhmvollsten und wichtigsten des ganzen Krieges, und verdient es vorzüglich, daß ihr Andenken in der Zeitgeschichte aufbewahrt bleibe.

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"Das fünfte Stück des ersten Bandes des Magazins der neuesten merkwürdigen Kriegs-Begebenheiten hat zum Titel: Tagebuch der Wurmscherischen Armee vom 13ten bis 26sten October 1793, welches die Einnahme der Weißenburger Linien enthält, von einem unparthyischen Augenzeugen. Der Autor ist nach seinem eigenen Geständniß, während dieser Action nicht von der Seite des General Wurmser gekommen. Er hat auch das, was er gesehen, ganz gut beschrieben; in dem aber was bey den anderen Colonnen dieser großen combinirten Armee vorgefallen seyn soll, hat er sich mehrere male geirrt, und es ist wohl der Mühe werth dieses zu zeigen.

Augenzeugen dessen, was bey den Colonnen des Feldmarschallieutenants, Prinzen von Waldeck, an diesen Tagen vorgefallen, will ich es kurz und wahr erzehlen, und dann urtheile und entscheide der unparteyische Leser und Sachkundige, ob der Prinz von Waldeck gefehlt habe. Freylich hat der ehrwürdige tapfere Greis, General Wurmser, schon darüber entschieden. -- Er sagt in seiner Relation über die Affaire vom 18ten: dieser merkwürdige Tag endigte sich also, mit den siegreich gewonnenen Treffen, mit der Eroberung der Linien, aller Verschanzungen, der Stadt Weißenburg, und endlich mit der Eroberung der Festung Lauterburg. Dem Grund dieses glücklichen Erfolgs findet der General der Cavallerie, Graf Wurmser, in seiner von dem Feldmarschallieutenant, Prinzen von Waldeck, mit den ersten Colonnen genau beobachteten Anordnung. *)

*) Dieß sind die Worte der Wiener Hof-Relation, in der Beylage zur Wiener Zeitung No. 86 vom dem Hofkriegsrath im Auszuge aus der Haupt-Relation verfaßt. Die eigne Haupt-Relation findet man in allen Zeitungen.

Dieses Urtheil eines unstreitig erfahrnen und geschickten Feldherrn wird den Prinzen von Waldeck ohne Zweifel beruhigen, -- doch erfodert das oben angeführte unparteyische Tagebuch eine weitere Berichtigung.

Der Verfaßer redet umständlich von denen zur Attaque gemachten Dispositionen. Nun weiß ich nicht ob er die Dispositionen der verschiedenen Colonnen wirklich gesehen hat, indessen ist es doch hier der Ort nicht darüber zu streiten: sicher ist es aber immer und durch den Erfolg in mehrerer Rücksicht bewiesen, daß die Hauptdisposition vortreflich war.

Der Feldmarschallieutenant, Prinz von Waldeck, sollte einem vorläufig längst gemachten Projecte zufolge, in der Nacht vom 12ten auf den 13ten Octob. vorwärts Winterdorf über den Rhein setzen. Es wurde versucht, aber verschiedene Zufälle machten den Uebergang in dieser Gegend unmöglich. Man ließ also gleich wieder ab, und marschirte mit dem ganzen Corps weiter herunter nach Plittersdorf, wo wegen des eingehenden Winkels, den der Rhein dort bildet, und wegen des Vortheils das daselbst das rechte Ufer höher als das jenseitige ist, man in allen Fall den Uebergang zu erzwingen hofte. Das gelang freylich, nur wurde hiedurch der Uebergang selbst verspätete, und da der Feind natürlicher Weise aufmerksam geworden war, auch desto mehr erschwert. Hiezu kam noch, daß man auf 11 Pletten oder große Rhein-Fahrzeuge, die in der Nähe lagen, gezehlt hatte, welche bey Nacht in den Rhein gelassen wurden, und dann zum Uebersetzen der Reuterey des Geschützes und mehrerer Truppen diesen sollten. Wie aber der Prinz von Waldeck nach Rastadt kam, so fand es sich, daß die Muth so seicht geworden war, (die Jahrszeit war sehr trocken) das jene Fahrzeuge nicht einmal in den Rhein gelassen werden konnten.

Alle nur erdenkliche Mühe und Arbeit blieb vergebens, alle Mittel Fahrzeuge den Rhein aufwärts kommen zu lassen, schlugen auch fehl: man mußte sich also begnügen, ehe die Brücke zu Stande kam, blos einen Theil von Infanterie mit Pontons succeßive überzusetzen. Alles dieses verzögerte die Sache so sehr, daß es 5 Uhr morgens wurde, ehe man mit der Brücke fertig werden konnte; denn erst um halb 1 Uhr in der Nacht wurde unter dem Schutze der bey Plittersdorff aufgeführten Kanonen der 2te Ponton zur Brücke ins Waßer gebracht und befestigt, wo sogleich der Prinz von Waldeck, dem General Graf Wurmser, das was bishero vorgegangen, mit der Versicherung, daß er mit seinem Corps nun gewiß über den Rhein kommen würde, durch einen Officier melden ließ.

Vorläufig muß ich anmerken, daß wir umständliche und zuverläßige Nachrichten von der Stellung und der Stärke derjenigen Feinde hatten, mit denen wir es aufnehmen sollten. -- Diesem zufolge waren vom Feinde: a) in Mothern 216 Mann Infanterie, -- -- -- 9 Mann Cavallerie. b) Münchhausen 208 Mann Infant. -- 11 Mann Cavall. c) Seltz 502 Mann Infant. -- 2 Kanonen und 39 Mann Cavall. d) Beinheim 325 Mann Infant. 17 M. Cavall. e) über Seltz in einem Lager auf der Höhe hinter der Stadt 3 Bataillons Infant. mit 6 Kanonen und 184 Mann Cavall. f) in und bey Fort Louis rechnete man die Stärke des Feindes auf 6000 Mann, *) denn den 10ten October in der Frühe waren noch erst 2 Bataillons von der Straßburger National-Garde nach Fort-Louis gegangen. Ein Theil dieser Truppen campirte. Alles was der Feind bey Fort Louis vornahm, konnte man sehr genau von den Kirchthürmern von Sillingen und Hügelsheim abnehmen, und überhaupt fehlte es uns zu dieser Zeit nie an guten und sichern Nachrichten.

*) Ueber dies waren in der ganzen Provinz längst dem feindlichen Ufer, Pickets von Elsaßer bewafneten Bauren ausgestellt, die sehr auf ihrer Huth waren.

Diese Umstände und die geringe Entfernung des Orts, wo die Brücke über den Rhein geschlagen werden mußte, von FortLouis, machten dann den Uebergang für ein Corps von ungefähr 6000 Mann wie das unsrige war, zu keiner leichten Sache. Unter dem Schutze des zu Plittersdorf aufgeführten Geschützes, mußte man in eine große Insel übersetzen, die an den meisten Orten mit dicken Gesträuche bewachsen ist. Dieses Terrain ist, wenn der Rhein austritt, immer unter Waßer, *) dieserwegen ist es von Neu-Beinheim aus bis an den Seltzbach mit Dämmen eingefaßt, welche mit Buschwerk bewachsen sind. Alles dieses macht das Vordringen bis nach Beinheim äußerst gefährlich. Blos Infanterie kann dort agiren, und bis Beinheim und bis an den Surrbach kann der Feind Fuß vor Fuß das Terrain streitig machen. Diese Dämme bilden ohngefähr die Scene eines Bogens, der eingehende Winkel des Rheins, wo wir die Brücke schlugen, macht den Bogen, dessen convexe Seite den Rhein bildet.

*) Das trockene Jahr machte für dies mahl den Uebergang dort möglich, bey naßen Jahren oder nur etwas anhaltenden Regenwetter würde es unmöglich fallen.

Links ist nun Neu-Beinheim, rechts ist der Sulzbach, und diese ganze Gegend wurde, da die Stadt Seltz auf einer artigen Höhe liegt, sowohl von hier als auch von dem feindlichen Geschütze, das in dem Lager hinter der Stadt stand, vollkommen bestrichen. Der Seltzbach ergießt sich in den Rhein etwas unterwärts Plittersdorf. Diesen Bach der bey Seltz etwa 20 Ruthen breit ist, hatte der Feind im Ausfluße verdämmt, und so anschwellen lassen, daß er bey Seltz an den meisten Orten über Manns hoch und nur an wenigen Orten über 4 bis 5 Fuß Tiefe hatte. Bey Seltz gehet eine gute hölzerne Brücke über dieses Waßer. Diese hatte der Feind abgetragen, und hielt 2 Pletten oder große Fahrzeuge an diesem Orte, zum Uebersetzen der Mannschaft, die von der Besatzung oberwärts am Rhein auf der Insel stand.

Wie wir bey dem Uebergange den Feind aus den Sträuchen und der Insel endlich vertrieben, so samlete er sich ohngefähr 600 Mann stark mit 2 Kanonen herwärts der abgeworfenen Brücke, und hielt Stand, unter dem Schutz des Feuers und der Stadt und von der Höhe. Doch das erste Bataillon Ferdinand kam heran, fiel dem Feinde im vollen Laufen mit dem Bajonett auf den Hals, und schmieß ihn in den Bach. Nun warfen sich vom Feinde so viele in die beyde Fahrzeuge, daß sie gleich untergiengen, und alles ersoff. Der Feind verlohr hierbey den größten Theil der Mannschaft und die 2 Kanonen, -- aber nun stockte es auch anfänglich und wir konnten nicht gleich weiter über das Waßer. Freylich entdeckte man endlich etwa 1000 Schritte über Seltz in dem Rheine eine Fuhrt, wo das Waßer zwar breit aber nicht über 3 Fuß Tiefe hatte, und hier brachte man denn 600 Mann Cavallerie durch, welche hinter Seltz auf die Anhöhe kamen, und endlich den Rückzug des dortigen Corps gegen Mothern bewirkten.

Dieses geschahe aber erst spät, und unterdessen da an der Einnahe von Seltz alles gelegen war, denn der einzige Weg der uns auf die Höhe von Mothern bringen konnte, gieng durch diesen Ort, -- so attaquirte Ferdinand und das Servische Freycorps, sobald wie jenes Infanterie-Regiment ganz über die Rheinbrücke war, diesen Ort, der gewiß wegen seiner Situation einer der festesten und schwer zu erzwingendsten Feldposten ist, die man sich nur gedenken kann.

Der Feind, den alles in dieser Lage begünstigte, hielt lange Stand. Endlich drangen nnsre Leute an zwey Orten, wo sie Waßer bis an die Brust hatten, durch den tiefen Bach und errangen den Ort nach einer verzweifelten Gegenwehr von Seiten des Feindes, der über 600 Mann einbüßte. Wir verloren hierbey in allen 8 Officiers und 284 Mann.

Nun war also mit der Einnahme von Seltz und der Vertreibung des Feindes von den dortigen Höhen den Uebergang des Rheins erhalten. 2 Bataillons von unserer Infanterie waren über die Seltzbach gekommen, hatten aber dabey ihre Munition naß gemacht: das Uebrige konnte nicht folgen, ehe man eine Brücke über dieses tiefe Waßer geschlagen hatte. Hierzu mußten von unsern Pontons herbey geschaft werden, und das erforderte Zeit. -- Da aber immer äußerst daran gelegen war, der Hauptposition zufolge die Mother-Höhe bey Zeiten zu gewinnen, so samlete man was man konnte von unserer Infanterie die Seltz emportirt hatte, *) und der General-Major, Graf Lichtenberg, rückte mit dieser und ungefähr 600 Pferden, also in allen mit etwa 2000 Mann und 2 sechspfündigen Kanonen, die man mit besonderer Anstrengung und Geschicklichkeit endlich über den Bach brachte, dem Feinde auf dem Wege von Lauterburg durch den Wald nach, und gewann die Anhöhe von Mothern. Nun ist es gewiß daß man nach Lauterburg zu fast gar nicht kanoniren gehört hatte, und wir waren in der völligen Ungewißheit, selbst ob die Attaque der Linie wirklich vor sich gegangen sey. Wie Lichtenberg auf die Höhe kam, zeigte der Feind sich auf der jenseitigen Anhöhe mit ohngefähr 3000 Mann, marschirte auf, und kanonirte ihn mit 8 Kanonen. Lichtenberg konnte also nichts anders thun, als da wo er stand zu figuriren, seine Infanterie hatte keine Munition. Er ließ auf sich kanoniren, ohne mit seinen 2 sechspfündern zu antworten, und manoeuvrirte unterdessen, um den Feind aufmerksam zu erhalten.

*) Seltz wurde freylich hart mitgenommen, weil aus allen Fenstern auf uns geschoßen wurde, und dabey kamen unsere Leute endlich auseinander.

Zwölf Stunden hatte der Feind Zeit gehabt sich zu besinnen und von Fort-Louis, das so nahe war, sich auch uns zu nähern. Das Tarrain hätte ihn hierin ganz ungemein begünstigt, und alle seine Bewegungen verborgen. Von Beinheim aus haben wir es schon beschrieben. Setzen wir weiter hinzu, daß der große Hagenauer-Wald über die Sur, und bis an die Gärten von Seltz gehet, -- alles dieß blieb dem General Lichtenberg in Rücken, und Seltz öfnete ihm die Communication mit der Rheinbrüce. -- Seltz wurde also gut wie möglich besetzt, unterdessen daß man die Seltzer Brücke herzustellen suchte, rückte der Ueberrest unserer Truppen vor, herwärts des Seltzer-Bachs in die Wiesen. Man schickte starke Detachements auf die Dämme und in den Wald, und unter dem Schutze dieser Vorkehrungen arbeiteten 500 Landarbeiter und so viel Soldaten als thunlich war, unter der Leitung von 2 Ingenieur-Officiers an einem großen Werke, welches die Rheinbrücke decken sollte, mit seinen beyden Branchen an den Rhein stieß, und von der Capacität von 3000 Mann angelegt war. Es wurde so eifrig betrieben, daß, des sandigen Boden ohnerachtet, gegen Abend das ganze Werk in brauchbaren Vertheidigungsstand gebracht wurde.

Unterdeßen hörte man nichts von der Seite von Lauterburg. Der Feind stand immerfort fest dem General Lichtenberg entgegen, und das bis zur einbrechenden Nacht. Die Detaschements von unseren Hußaren, die gegen Rondern und Schafhausen geschickt wurden, stießen in den Wald auf Feinde und brachten Gefangene zurück, welche einstimmig aussagten: sie wüßten nicht daß die Weissenburger Stellung angegriffen worden wäre, wenigstens stände ihre Armee noch in ihrer ehemaligen Position. Die Landleute, welche man auffieng, sagten das nemliche; einige setzten noch hinzu: sie hätten gehört, daß die Teutschen in der Frühe eine Attaque vorgenommen, welche aber abgeschlagen worden.

So stunden die Sachen als sich gegen 2 Uhr Nachmittags in der Gegend von Kößeldorf an dem Rande des Waldes, und auch von Beinheim her Feinde sehen ließen. Unsere leichte Iefanterie und die Szekler Husaren warfen sie zurück; man machte einige Gefangene, fragte diese, woher seyd ihr? -- "wir sind von Fort-Louis vorgerückt." -- Bis wo weit ist die Haupttrouppe vorgedrungen? -- --Sie ist gleich hinter uns, war die Antwort. -- Alles dieses veranlaßte den Prinzen von Waldeck sich für den Augenblick, mit den errungenen wichtigen Vortheilen zu begnügen, in der Gewißenheit, daß durch die Behauptung der großen Verschanzung vor der Rheinbrücke, der Feind seine Position von Weißenburg endlich verlieren müße, und folglich allezeit der Hauptzweck erreicht sey *).

*) Auf alle Fälle wären diese Verschanzungen auf das Aeusserste vertheidigt, und von uns nie verlaßen worden.

Die Kenntniß die der Prinz von des Generals Wurmser Geist und Denkungsart hatte, ließ ihm keinen Zweifel über, daß die Linien nicht würden forcirt werden, endlich müsse auch zufolge der Haupt-Disposition, der Herzog von Braunschweig über das Gebürge bey Wörth dem Feinde in den Rücken kommen, und so wäre für diesen alles verloren, es käme also allezeit bloß darauf an, sich nun an den linken Ufer des Rheins über Nacht zu souteniren. Dem zufolge bezogen, wie es dunkel wurde, die beyden Grenadier-Bataillons Tschock und Roedel, nebst dem Bataillon E. H. Carl, die Verschanzungen an dem linken Rhein-Ufer. Ein Theil der Infanterie der Servischen Freycorps blieb auch darinnen das übrige wurde mit der leichten Reuterey vorpoußirt. *) Alles dieses blieb die ganze Nacht durch auf dem linken Rheinufer, und auf feindlichem Boden, auch blieb Seltz besetzt, und die ganze Nacht durch giengen immerfort unsere Patrouillen, auf Schafhausen, Rondern und gegen Koesseldorf.

*) Die ganze leichte Infanterie des Frey-Corps war gegen 2000 Mann stark.

Das Corps des Prinzen von Waldeck gieng also keinesweges über den Rhein zurück. Wie es Nacht wurde zog man blos das Regiment Erzherzog Ferdinand über die Brücke nach Plittersdorf zurück. Dieses Regiment hatte bey der Attaque gelitten, die Munition naß gemacht, die Mannschaft war naß, und hatte die Tornister zu Plittersdorf gelaßen, -- man gab also diesen braven Leuten die Nacht über zur Erholung. Des andern Morgens sollte dieses Regiment in den Verschanzungen die 3 andern Bataillons ablösen. Auch wurden die 2 Divisionen von Waldek Dragoner in der Nacht hinter Plittersdorf zurück gezogen, denn das Terrain jenseits war für Cavallerie gar ungünstig. Vorwärts war bis Beinheim gar keine Position, die man hätte nehmen können, und in der jetzigen hatte man mit der leichten Cavallerie genug Reuterey. Ferdinand also und 2 Divisionen von Waldek Dragoner ausgenommen, blieb das ganze zur Uebersetzung der Rheins bestimmte Corps des Nachts über auf feindlichen Boden. Wie der Tag anbrach kam ein gewaltigen Nebel; unsere Patrouillen giengen behutsam vor. Die Generals poußirten wieder gegen Mothern und endlich um 7 Uhr bekamen diese auch Nachricht, was von den detaschirten Corps bey Lauterburg geschehen war. Gleich darauf marschirten wir auf Beinheim, und besetzten diesen Ort. Bey Reschwoog trafen wir ein feindliches Corps von ohngefähr 10,000 Mann an, welches dort aufmarschirt stand. Dieses ist die wahre Geschichte des Uebergangs über den Rhein. Das Corps des Prinzen von Waldeck gieng also nicht wieder über den Rhein zurück, wie es das erwähnte Tagebuch versichert, und in dem kleinen Werke: Betrachtungen über den jetzigen Krieg von einem Schweitzer bey der alliirten Armee am Oberrhein, nachgeschrieben wird. Alles was der Autor dieses eben erwähnten Werks hierüber weiter sagt, ist eine Folge des ersten Irrthums.

In der Folge der Relation von der Attaque der Weissenburger Linien sagt der Autor des Tagebuchs: "Die Garnison von Lauterburg wäre abgezogen, hätte die Sorglosigkeit der Kaiserlichen bey der Jellachichischen Colonne benutzt, wäre über die abgeseßene Cavallerie hergefallen, und würde sie wahrscheinlich aufgerieben haben, wenn nicht die Heßische Husaren die Sache wieder hergestellt hätten." u. s. w. Alles dieses ist nun wieder ein Irrthum. Erstlich fiel es nicht bey der Colonne des General-Major Jellachich vor, sondern bey der des Generals-Major Hotze; und überhaupt verhielt sich die Sache ganz anders. Nemlich wie diese Colonne des General Hotze in die Linie eingebrochen war und Theilweise aufmarschiren wollte, so kam der Feind aus den Waldungen bey Schleithal, mit ohngefähr 3000 Mann, ohnvermuthet wieder heraus, trieb die vorwärts schwärmenden Kaiserl. Husaren zurück und fiel auf das Regiment Kaiser Infanterie. Diesen Feind attaquirten hierauf von vorne die Obristlieutenant Division von Waldeck Dragoner so von der Hotzeschen Husaren, degagirten unsere Infanterie, hieben vom Feinde gegen 800 Mann zusammen; das übrige rettete sich in die Waldungen. -- Die Division von Waldeck erbeutete hierbey 2 feindliche Kanonen. -- Es war wirklich ein kritischer Augenblick für die Colonne des Generals Hotze: der Feind kam auf einmal wieder zum Vorschein; aber es war nicht die Garnison von Lauterburg, die dieses vornahm, vielmehr war es eine rückwärts der Linien gestandene Reserve des Feindes.

Die Action bey Wantzenau war endlich auch wichtiger, als sie in dem sogenannten Tagebuche angegeben wird. Das feindliche Corps so bey Wantzenau stand, wurde den 26sten October bey TagesAnbruch angegriffen, theils in den Rhein, und die Rhein-Insel, theils auf die Haupt-Armee des Feindes geworfen, welche hinter der Souffle, also eine Viertelstunde hinter diesen Vortruppen stand. Der Feind verlor gewiß an die tausend Mann, auch erbeutete man nicht 9, sondern 16 Kanonen und 2 Haubitzen, und das Corps des Feldmarschallieutenants, Prinzen von Waldeck, behauptete sich in der wichtigen Stellung bey Wantzenau bis zum Rückzuge der Armee.


Zeitungsnachrichten.[]

[1793]

Oberrhein, vom 12 Weinmonat. [5]

Gestern erhielte das Bombardier-Corps in Durlach vom Prinzen von Waldeck Befehl zum Marsch. Die auf Urlaub befindliche Kanoniers sind einberufen. Jeder, der in dasigem Lazareth nur etwas in der Besserung ist, mußte Plaz machen, und wurde weiter gebracht. Die Badische Kanoniers marschierten schon Abends um 8 Uhr mit Sack und Pack ab, und heute frühe hörte man eine Canonade, die aber nicht stark war, und noch fortdauert.

Rastadt, vom 16 Weinmonat. Den 13ten dieses früh um 3. Uhr sezten die Deutschen 14000. Mann starck zu Plittersdorf, eine Stunde von hier über den Rhein, die Feinde wehrten sich tapfer, und zweymahl wurden die Deutschen zum Weichen gebracht, mit anhaltendem Muth eroberten sie endlich um 9. Uhr das Städtchen Selz mit stürmender Hand, welches zum Ersaz von Kehl und Altbreysach rein ausgeplündert würde.

Gestern passierten sie den kleinen Rhein bey Selz, die feindliche Vorposten stuhnden des Abends noch vor Fort Louis. Diese Vestung wird heute zur Uebergabe aufgefodert, ob sie bey ihrem Proviant-Mangel den Angriff abwarten werde, ist sehr zu bezweifeln. Lauterburg und Weissenburg haben sich ergeben und seit gestern ist die ganze Linie in deutschen Händen. Nun beobachtet der Herzog von Braunschweig die französische Armee, die sich aus der Linie zurückgezogen hat, und General Wurmser stoßt mit seiner Armee zum General Waldek, um die bey Hagenau von denen Franzosen gezogne, minder bedeutende Linie zu durchbrechen. Ist man mit diesem Stück-Arbeit fertig, so soll es gerade auf Straßburg loßgehen.

Auszug eines Schreibens von Weissenburg, vom 14. Weinmonat.

(Morgens um 10. Uhr.) Wir haben einen vollkommenen Sieg erhalten, die Linien von Weissenburg passirt, sind Meister von Weissenburg und Lauterburg und gehen gerade auf Hagenau. Zudeme haben wir ein grosses Blutbad verursachet, und viele Kanonen erobert. Noch sind wir nicht im Stand umständliche Berichte zu ertheilen. Indessen ist dieses richtig, daß der Feind auf allen Seiten geschlagen worden ist, und daß wir ihn aller Orten verfolgen.

Basel, vom 16 Weinmonat

So eben ist ein Kourier mit der wichtigen Nachricht hier angekommen, daß die Linien von Weissenburg und mit derselben viele Kanonen erobert worden, auch Weissenburg und Lauterburg in deutschen Händen seyen; und die Kayserl. nach Hagenau marschiren. Von beyden Seiten solle dieser in aller Absicht wichtige und auf Folgen gehende Vorfall ausserordentlich viel Blut gekostet haben.

Durlach, vom 13. Weinmonat.

Der grosse Plan zum Angriff der Linien, den ein Officier der Kayserl. Armee entworfen haben soll, ist mit der grösten Genauigkeit und auf das glüklichste ausgeführt worden. Prinz Waldeck, der die Franzosen seinen Uebergang auf einer Seite, wo er überzugehen nicht im Sinn hatte, vermuthen ließ, gieng in der Nacht vom 11. auf den 12. bey Plittersdorf unweit Rastatt mit 14,000. Mann glüklich über den Rhein. Die Seressaner, welche seinen Vortrab ausmachten, umschlichen das französische Piket, und nahmen es gefangen. Die Kayserlichen rükten nun weiter bis vor Selz und Scheiden vor. Jezt erst wurden die Franzosen gewahr, daß die Kayserlichen vor ihnen standen. Die Franzosen, jezt erst wie erwacht, dachten auf nichts als den Rückzug, zumal da man ihnen fürchterlich zusezte, und blos mit dem Bajonet auf sie eindrang; sie stekten, um ihren Rückzug zu decken, Selz und Scheiden in Brand. Die vereinigten Truppen rückten ihnen bis eine Stunde vor Lauterburg nach. Nun wurden die zum Angriff verabredeten Signale mit Vierundzwanzigpfündner gegeben, das erste bey dem Prinzen von Waldeck, das zweite bey dem Wurmserischen Hauptquartier, das dritte bey dem linken Flügel, das vierte und das 5te bey dem Preußischen Corps hinter Weissenburg. Jezt griff man von beyden Flügeln an, und Prinz Waldeck im Rücken, während daß eine bey Au errichtete Batterie über den Rhein herüber spielte, und die Franzosen bey Lauterburg in den Linien gleichfalls im Rücken traf. Die Kanonade dauerte bis fast 12 Uhr, und wirkte so gut daß die meisten Französischen Batterien zum Schweigen gebracht wurden. Um diese Zeit machten die Franzosen allerley Bewegungen und marschirten hin und her. Um drey Uhr endlich sahe man die Franzosen auf Wagen und Pferden in vollem Trab Hagenau zu eilen. Die Ursache war, weil die Wurmser Husaren auf der Landstrasse heranjagten, denen von Giulai folgten. Diese, welche dicht am Rhein herauf marschirt waren, schlugen über einen Arm des Rheins eine Brüke, die gerade nach Lauterburg führte. Es geschahen noch einige Muskettenschüsse, die Kayserl. drangen in die Stadt ein, und die Reiterey jagte den fliegenden Franzosen zum andern Thor hinaus nach.

Karlsruh, vom 15 Weinmonat.

Noch läßt sich der Verlust beyder Theile bey der Einnahme von Lauterburg und Weissenburg und den Linien nicht bestimmt angeben. Doch will man aus zuverlässiger Hand die Nachricht haben, daß die Deutschen bis zum 13ten dies 56. Kanonen erobert hatten. Der Verlust der vereinigten Truppen wird auf 500. Mann angegeben. Den Verlust der Franzosen, der sehr groß seyn muß, weißt man noch nicht. -- Fürst von Fürstenberg, der eine Brigade kom'andiert, hat eine Schanze erobert, ohne einen Mann zu verliehren. Der Fürst war der erste, der in der Schanze stand. -- Man erzählt, die Elsasser-Bauern rufen häufig: Es lebe unser König Franz. N. S. Nach der neuesten Sage, mit der man sich trägt, sind auch die Franzosen aus ihren Linien bey Hagenau vertrieben. -- Man erfährt, daß der Herzog von Braunschweig vorher Bitsch eingenohmen und besezt hat, ehe er zu der Einnahme der Linien bey Weissenburg mitwirckte.

Rastadt, vom 15. Weinmonat. [6]

Der grosse Schlag ist endlich gelungen, u. der Plan, den Braunschweig, Wurmser und Waldeck mit einander entworfen und verabredet haben, ist glücklich ausgeführt worden. Hier ist das wesentliche dessen, was man bis jezt noch mit Gewißheit melden kan. Schon am 10ten Oktober brach der Herzog von Braunschweig aus der Gegend von Bitsch (welche französische Vestung in Lothringen 6. Stunden westlich von Weissenburg liegt) mit 15000. Preussen über Sturzelbrun, Fischbach und Rumbach auf, und trieb die Franzosen am 11. und 12. durch starcke Kanonaden vor sich her gegen Weissenburg. Man hörte diese Kanonade deutlich im wurmserischen Lager, vor den Linien von Weissenburg und Lauterburg, und es kamen auch alle drey, vier Stunden Adjutanten des Herzogs von Braunschweig im wurmserischen Haupt Quartier zu Freckenfeld an, um von dem Vorrücken der Preussen in den Rücken der Weissenburger Linien Rapport zu erstatten. General Wurmser machte unterdessen in der Stille alle Anstalten zu einem Angriff auf die Linien. Ein gleiches that der F. Z. M. Fürst von Waldeck, der sich schon seit 14. Tagen diesseits (oder auf der schwäbischen Seite des Rheins) aufgehalten hatte, um angeblich den Kayserl. Kordon längst dem Rhein zu visitiren. Der Prinz von Waldeck führte seine Sache mit vieler Klugheit aus. Schon in der Nacht vom 11. und 12. ließ er an verschiedenen Gegenden des Rheins starck gegen die Franzosen hinüber kanoniren, um durch diese Scheinangriffe ihre Aufmerksamkeit zu vertheilen. Er selbst aber zog in der grösten Stille in der Gegend unserer Stadt ein Korps von 12. bis 15000. Mann zusammen, die theils aus Kayserl. theils Reichs-Truppen bestunden, und mit diesen brach er in der Nacht vom 12. auf den 13. gegen Mitternacht aus der Gegend von Rastadt nach dem Rhein zu auf. Die Truppen marschierten über die Murg nach Plittersdort, welches Dorf nur eine Stunde von hier entfernt ist, und hart am Rhein ligt. Der Prinz von Waldeck führte alle Pontons, die er zusammen bringen konnte, bey sich. Das wurmserische Freykorps zu Fuß (das erst vor 5. Wochen durch Bayern und Schwaben, auch durch Augsburg paßirt ist) wurde zu erst eingeschift, es war Morgens um 3. Uhr; ihnen folgte das dritte Bataillon von Erzherzog Karl und das Regiment Erzherzog Ferdinand Infanterie, gleichfalls in Pontons. Das wurmserische Freykorps stieg zu erst jenseits des Rheins ans Land, und schlich sich von einem Neben begünstigt durch Hecken und Stauden glücklich um das nächste französische Piket herum, und hob es auf. Morgens um 4. Uhr war die Schiffsbrücke fertig, die man eine Stunde zuvor angefangen hatte über den Rhein zu schlagen. Der Prinz gieng also mit der Kavallerie, Infanterie und Geschüz über dieselbige in schönster Ordnung, ohne auch nur einen Mann zu verliehren. In einer halben Stunde war das ganze Korps über den Rhein. Gegen 5. Uhr wurde endlich Lerm unter den Franzosen. Das erste war, daß sie die beyden Dörfer Selz und Scheiden (welche 2. Stunden oberhalb Lauterburg nicht weit vom Rheinufer liegen) in Brand steckten, um ihren Rückzug gegen Lauterburg zu decken, die auch am 13. den ganzen Tag durch brannten. Prinz von Waldeck rückte unterdessen mit seinem Korps gegen Lauterburg hinunter, und ließ durch die Kavallerie alle Vorposten der Franzosen theils aufheben, theils niederhauen, und fieng morgens um 8. Uhr an Lauterburg selbst mit schwerem Geschüze und mit Bomben zu beschiessen, während daß der General Wurmser mit dem rechten und linken Flügel seiner Armee von Lauterburg bis Weissenburg, welche Strecke 3. kleine Stunden beträgt aufs heftigste von vorne beschoß. Und da Lauterburg ziemlich nahe am Rhein liegt, so wurde es zu gleicher Zeit von der schwäbischen Seite aus durch eine starcke Batterie, die bey dem Dorfe Au angelegt war, kanonirt. Nachdem diese dreyfache Kanonade mit aller Heftigkeit auf die Stadt Lauterburg bis halb 12. Uhr gedauert hatte, so wurden endlich die französischen Batterien um diese Stadt herum zum Schweigen gebracht. Gegen 3. viertel auf 12. Uhr bemerckte man unter den Franzosen eine starcke Bewegung in ihrem Lager, und gleich darauf eine allgemeine Flucht ihrer Infanterie, Kavallerie und Artillerie theils nach Weissenburg westlich, theils südlich nach Hagenau (welche Stadt 6. Stunden von Lauterburg gegen Straßburg hinauf liegt, und die Helfte des Weges nach Straßburg ausmacht.) Der Prinz von Waldeck verfolgte sie sogleich, u. es gab hier eine Scene wie die am 5. Nov. 1757. bey Roßbach war. Die Ursache ihrer Flucht entdeckte sich bald, denn sie waren jezt zwischen 2. Feuer, uud gegen Mittag hatte General Wurmser die Lauterburger-Linien von vorne durchbrochen, und sein linker Flügel der gegen Lauterburg agirte, während daß der rechte gegen die obern Linien bey Weissenburg stund, konnte sich jezt mit dem Waldeckischen Korps vereinigen. Die Wurmserischen Husaren waren die ersten, welche beym Waldeckischen Korps ankamen, ihnen folgten die Freywilligen von Giulai. Sie waren zwischen Lauterburg und dem Rhein vorgedrungen und gleich darauf wurde diese Stadt selbst besezt, ohne daß man grossen Widerstand fand. -- So verfolgte Fürst von Waldeck die Franzosen den ganzen Nachmittag gegen Weissenburg und Hagenau unter beständigem Scharmuzieren, und Beute machen. General Wurmser, der sich auf dem rechten Flügel seiner Armee befand, beschoß den ganzen Morgen über die Linien bey Weissenburg; noch vor Tag eroberte er bey Steinfelden eine grosse Batterie von 9. vier und zwanzigpfündern mit stürmmender Hand: gegen 2. Uhr Nachmittag zogen sich die Franzosen auch aus diesen Linien heraus gegen die Stadt Weissenburg. Allein man ließ ihnen keine Zeit, sich da zu sezen. Wurmser paßirte mit seiner Armee die verlassenen Linien, und drang nach Weissenburg vor, wo er sich mit dem Prinzen von Waldeck vereinigte die Stadt angriff, und mit stürmender Hand eroberte. Das Regiment Giulai war auch da an der Spize. So wurden also an einem Tage, 2. Städte, u. die weltberühmten Linien, die Vauban, der gröste Ingenieur des vorigen Jahrhunderts, angelegt hatte mit 3. Lagern, einer ungeheuren Menge von Zelten, Kanonen, Fahnen, Bagage, Lagergeräthe xc. deren Zahl man noch nicht genau angeben kan, erobert, und mehrere tausend Gefangene gemacht. Gewiß ist es, daß der Herzog von Braunschweig am 13. Abends verabredeter massen richten in der Gegend von Weissenburg von Bitsche her, eintraff. Am 14. brach die ganze vereinigte Macht gegen Hagenau auf, um den Franzosen keine Zeit zu lassen, sich dort einzugraben, und sich von ihrer Roßbachischen Flucht zu erholen. -- Wahrscheinlich wird in Paris Pitt abermals Schuld an aller dieser Verrätherey seyn.

Mannheim, vom 15 _einmonat.

Vorgestern war der frohe Tag, wo die Deutschen ihr grosses Unternehmen auf die Weissenburger Linien so glücklich ausführten, und Abends um 6 Uhr waren sie schon Meister von Weissenburg, nachdem die Stadt ein einstündiges Bombardement ausgehalten hatte, und nahmen hierauf sogleich ihr Lager auf dem Geisberg. In Lauterburg zogen sie ohne einen Schuß zu thun ein. Die Truppen hatten Befehl, sich auf 4 Tage mit Lebensmitteln zu versehen, beim Angriff der Linien selbst aber nichts von Gepäck, ausser der Wasserflasche bey sich zu führen, und nach ihrer Eroberung, nichts von Getränken, sie sie etwa finden, zu geniessen, und auch ihre Pferde nicht saufen zu lassen, weil man Spuren hatte, daß die Franzosen bey ihrem Rückzug die Brunnen und anderes Getränke vergifteten. Ein Theil ihrer Armee soll nun schon bis Hagenau vorgerückt seyn, und Prinz Conde, der mit seinem Corps bey dieser Gelegenheit neue Beweise von Muth und Tapferkeit gegeben, verflossene Nacht in dieser Stadt zugebracht haben.

Einigen Nachrichten zufolge, hat der Herzog von Braunschweig zwischen Weissenburg und Hagenau 9 Schanzen mit vielem Geschüze erobert. Was übrigens diesen für die deutschen Waffen so glorreichen Tag noch mehr verherrlicht, ist, daß der Verlust sehr gering war. Wie hoch er sich auf Seien der Franzosen belauft, ist uns noch nicht bekannt; er muß jedoch sehr beträchtlich sey, da die Kayserl. Cavallerie sie auf ihrer Flicht allenthalben verfolgt hat; auch spricht man von 48. Kanonen und 1000 Gefangenen, welche den Kaiserlichen in den Linien in die Hände gefallen sind. Die Kanonade-, die wir am verflossenen Sonntag hörten, kam wohl gröstentheils aus Landau, und war theils die Folge eines Ausfalls, den die Besazung machte, theils der Beschäftigung, welche ihr die Preußische Armee gab, um sie zu hindern, die Operationen gegen die Linien zu stören. Gleich nach der Eroberung der Linien soll Landau zu kapituliren sich erboten haben, welches wir jedoch eben so wenig verbürgen können, als eine andere sich verbreitete Sage, daß nämlich Fortlouis sich schon wirklich ergeben habe.


Quellen.[]

  1. Charakterschilderungen, interessante Erzählungen und Züge von Regentengrösse, Tapferkeit und Bürgertugend aus der Geschichte der österreichischen Staaten. Gesammelt von J. H. Benigni von Mildenberg. Wien, 1809. Im Verlage bey Anton Doll.
  2. Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
  3. Historischer Militair-Almanach des 16. 17. 18. und 19. Jahrhunderts. Mit besonderer Hinsicht auf das letztere, und den oesterreichischen Kaiserstaat. Mit 15 Portraits, für Freunde der neueren und neuesten Kriegsgeschichte von Johann Ritter von Rittersberg. Prag bei C. W. Enders 1825.
  4. Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1795.
  5. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 19. Weinmonat, 1793. Num. 84.
  6. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 23. Weinmonat, 1793. Num. 85.
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