Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Tagsbericht der k. k. Armee, den 7. Juny 1809.[]

Seit einiger Zeit hatte der Feind Streifereyen gegen Ungarn unternommen, und schien besonders den in militärischer Rücksicht wichtigen Punkt von Preßburg im Auge zu haben. Dies veranlaßte Se. Kaiserl. Hoheit den Generalissimus, die Erbauung einer Brückenschanze bey Preßburg am rechten Ufer der Donau anzuordnen, und diese Arbeit mit der möglichsten Thätigkeit betrieben zu lassen, ehe der Feind Zeit gewönne, sich der ungestörten Annäherung an das Ufer mit Macht zu versichern, oder die Herstellung einer Brücke, wenn sie zu Gunsten unserer Armee richtig gefunden werden sollte, zu verhindern.
Diese Arbeiten waren am 1sten Juny schon zu einer Festigkeit gediehen, als der Feind des Abend dieses Tages in Stärke von 10,000 Mann, wobey sich würtembergische und hessische Truppen befanden, in 2 Kolonnen von Wolfsthal gegen das vor dem Tête de pont liegende Dorf Engerau vorrückte, welches General Bianchi zur Deckung der Arbeiten mit Posten von den Regimentern Giulay, Duka und Beaulieu besetzt hatte. Der Feind unternahm mit einem Theile seiner Truppen und 4 Kanonen den Angriff auf Engerau, und setzte ihn mit vieler Hitze durch 2 Stunden fort, ohne daß es ihm möglich gewesen wäre, sich des Dorfes zu bemeistern, viel weniger sich unsern Verschanzungen zu nähern. Durch die braven Infanterie-Abtheilungen der benannten Regimenter und die zweckmäßigen Dispositionen des Generals Bianchi allenthalben geworfen, mußte er sich bey einbrechender Nacht unter nahmhaften Verlust nach Wolfsthal zurückziehen.
Den folgenden Tag, während dem der Feind Verstärkungen an sich zu ziehen bemüht war, benutzte General Bianchi, die Arbeiten des Brückenkopfs zu befördern und ihm größere Haltbarkeit zu geben.
Der Feind schien sich am 3ten Juny ebenfalls ruhig verhalten zu wollen, aber Nachmittags rückte Davoust plötzlich mit verstärkten Kräften vor Wolfsthal vor, griff unsere Posten von Engerau mit überlegener Zahl und dem heftigsten Nachdruck an, und schien dabey deutlich die Absicht zu haben, mit unsern Truppen, deren Rückzug aus dem Dorfe unvermeidlich war, durch unausgesetzte Verfolgung zugleich in unsere Verschanzungen einzudringen. Der französische Kaiser hatte bestimmt befohlen, sich des Brückenkopfs, es koste was es wolle, und wo möglich der Stadt Preßburg zu bemeistern. Allein General Bianchi ließ die mit Verwegenheit bis nahe an die Verschanzungen anstürmenden feindlichen Kolonnen mit einem nahen wirksamen Kartätschen- und Musketenfeuer empfangen und mit empfindlichem Verlust zurückwerfen. Mehrere Male wiederholte der Feind seine Versuche, seine Truppen liefen bis an den Graben an, aber jedesmal ohne andern Erfolg, als den eines Ungeheuern Verlustes, der sich aus dem Umstand, daß seine Truppen durch 3 Stunden dem mörderischen Kartätschen- und Musketenfeuer ausgesetzt blieben, leicht beurtheilen läßt. Unsere Patrouillen, die seinen Rückzug zu beobachten vorgeschickt wurden, fanden auch im Dorfe Todten und Verwundeten aufgehäuft liegen. Die Standhaftigkeit unsere Truppen hatte die Verwegenheit des Gegners besiegt, allein nun suchte er seine mißlungenen Angriff durch Bewerfung und Beschießung der offenen Stadt Preßburg und durch die Beängstigung schuldloser Weiber und Kinder zu rächen. General Bianchi konnte diesem zu nichts führenden Verfahren mit Verachtung begegnen, indem er dem feindlichen Feuer auf die Stadt auch nicht einen Schuß erwiederte, bis es, da es ohne Erfolg und ohne Beantwortung blieb, von selbst aufhörte.
Se. Kaiserl. Hoheit der Generalissimus haben den Fähndrich Maurer von Giulay, der mit einigen 100 Freywilligen während des heftigsten Angriffs einen Ausfall unternahm, zur Belohnung seines ausgezeichneten Betragens zum Unterlieutenant befördert, und den General Bianchi für seine kluge und muthvolle Vertheidigung, wie nicht minder den ihm beygegebenen Offizieren des General-Quartiermeister-Stabs und des Ingenieurkorps ihre besondere Zufriedenheit zu erkennen gegeben.
Nunmehr beschränkt sich der Feind, sich hinter den Dorf Engerau zu verschanzen. Unser Verlust bey den verschiedenen Gefechten ist, da unsere Truppen durch Verschanzungen gedeckt waren, in keinem Verhältnisse mit jenem des Feindes.
Sowohl die hinter der Raab aufgestellte ungarische Insurrektion, als jener Theil derselben, der sich bey der Armee Sr. Kaiserl. Hoheit des Erzherzogs Johann befindet, hat täglich Gelegenheit, sich im kleinen Krieg zu üben; die Vorposten werden oft allarmirt, und haben schon manche feindliche Patrouille aufgefangen. In der Gegend von Altenburg streift ein feindliches Detaschement von 1000 Pferden.


Von Reisende.[]

An der dem Strome zugekehrten Seite des Berges waren hie und da einige Schanzen mit Schiessscharten angelegt. Man erzählte mir, dass es Anfangs an Geschütz gefehlt habe, sie zu besetzen, und nachmals seyen nur wenige Schüsse daraus gethan worden, weil man sich von ihrer Unwirksamkeit bald überzeugt habe. Von hier aus konnte man sehr bequem die Gegend von Engerau nebst den, zu beiden Seiten dieses Dorf sich halbmondförmig ausbreitenden, Ufern und Inseln übersehen, und es schien mir, dass das ganze Bombardement von Presburg sehr füglich hätte abgewendet werden können, wenn bei Zeiten vorwärts dieses Dorfs ein tüchtiger Brückenkopf wäre angelegt worden. Man wandte dagegen ein, man habe theils überhaupt zu spät der Besorgniss Raum gegeben, dass der Feind so weit vordringen werde, und theils seyen wegen der grossen Ueberschwemmung Schanzarbeiten in dieser Gegend nicht füglich auszuführen gewesen. Was in Zeitungen und andern Berichten ein Brückenkopf genannt wird, ist eine Verschanzung auf einer, durch die erwähnte Ueberschwemmung vom rechten Ufer abgerissenen, mit Gebüsch und hohen Bäumen besetzten, wenig geräumigen Insel, die gerade an dem Orte gelegen ist, wo die fliegende Brücke anzulanden pflegt. Die Oesterreicher haben sich ununterbrochen in dem Besitz dieser und einiger daran gränzenden Inseln behauptet, und so lange dies geschah, konnten die Franzosen freilich hier keinen Donauübergang bewerkstelligen. Es frägt sich indessen, ob ein auf dem linken Ufer aufgestelltes Corps nicht dieselben Dienste geleistet haben würde, und ob alsdann nicht vielleicht das Bombardement der wehrlosen Stadt Presburg gänzlich unterblieben wäre. Da die Donau hier, bei einer Breite von 130 Klaftern, gerade sehr tief und reissend ist, und die Strombahn sich auf der Seite von Presburg befindet, ist diese Gegend gar nicht einmal vorzüglich geeignet, vom rechten Ufer her einen Uebergang zu erzwingen, und so viel man erzählt hat, bewarfen die Franzosen bloss deshalb Presburg mit Granaten, um den General Bianchi zur Verlassung seiner Verschanzung zu vermögen, aus der sie ihn mit unmittelbarer Gewalt nicht zu vertreiben vermochten. Hätten die Oesterreicher hier selbst ihrer Seits einen Uebergang beabsichtigt, so war dies freilich eine andre Sache, aber dann hätten wiederum ganz andere Anstalten und Vorbereitungen getroffen werden müssen u. s. w.


Züge von Heldenmuth.[]

Der Gemeine, Joseph Pallasch, vom 58ten Infanterieregimente Beaulieu, gab in dem Brückenkopfe bey Preßburg am 4. Juny einen Beweis von Liebe und Anhänglichkeit an seinen Vorgesetzten, der der Aufzeichnung werth ist. Die Kompagnie, wobey er stand, war auf Erholung zurückbeordert, und die Offiziers saßen im Kreise auf dem Boden. Unvermuthet fällt eine Granate mitten unter sie; da wirft sich der oben genannte, in der Nähe stehende, Gemeine auf seinen Hauptmann, und sucht ihn seines Widerstrebens ungeachtet mit seinem Körper zu decken. Während dieses edelmüthigen Wettstreits zerspringt die Granate, und zwar so unglücklich, daß zwey Offiziers und mehrere Soldaten dadurch blessirt werden. Pallasch erhält zwey Wunden; aber diese nicht achtend springt er auf, und da er seinen Hauptmann unbeschädigt, und also seinen großmüthigen Zweck erfüllt sieht, so erklärt er voller Freude, daß er sich glücklich schätze, seinen Vorgesetzten gerettet zu haben.


Literatur.[]

  • Europäische Annalen Jahrgang 1814. Erster Band. pg.54-77. Tübingen in der J. G. Cottaischen Buchhandlung 1795.


Quellen.[]

  • Interessante Beyträge zu einer Geschichte der Ereignisse in Tyrol vom 10. April 1809 bis zum 20. Februar 1810. Gesammelt und herausgegeben zur unterhaltenden Vergleichung mit andern Nachrichten, Zeitungen und französischen Armee-Tags-Berichten -- nebst kurzen Anmerkungen. 1810.
  • Reise mit der Armee im Jahre 1809. Rudolstadt, im Verlage der Hof- Buch- und Kunsthandlung. 1811.
  • Neue militärische Zeitschrift. Wien 1811. Gedruckt bey Anton Strauß.
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