Ebersberg.[]
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Ebersberg, ein kleines Städtchen an der Traun, im Erzherzogthum Oesterreich gelegen, hat in dem ewig denkwürdigen großen Kampfe zwischen Frankreich und Oesterreich im Jahre 1809 einen Namen durch eine schreckliche Begebenheit erhalten. Wem sollte nicht, wenigstens im Allgemeinen, noch im Andenken seyn, dass dort 35,000 Mann Oesterreicher unter dem General Hiller der großen französischen Armee den Uebergang streitig machen wollten, jedoch endlich der Uebermacht unterlagen, und daß leider das arme Städtchen Ebersberg ein Opfer jenes Tages wurde. Um die Oesterreicher, welche dort eine feste Position genommen hatten, zu vertreiben, vereinigten sich am 3. Mai, wenige Tage nach dem Uebergange der französischen Armee über den Inn, mit dem Herzoge von Rivoli-Essling (Massena) der Herzog von Istrien (Bessieres) und Marschall Oudinot. Der österreichische Nachtrab, welcher vor Ebersberg stand, wurde angegriffen und zum Rückzuge durch die Stadt und über die Brücken genöthigt, wohin die Division Claperede ihm folgte. Dies geschah unter dem heftigsten, erbittersten Gefechte. In der Stadt schossen die Oesterreicher unaufhörlich von den Dächern und aus den Häusern auf die Franzosen, die in geschlossenen Reihen vordrangen und dadurch viel leiden müssten. Doch sowohl für die Siegenden als für die Weichenden erreichte das Schreckliche seinen höchsten Grad, als mit einemmale der ganze Ort überall in Flammen stand, welche den Eingang wie den Ausgang sperrten und von allen Seiten Vernichtung drohten und verbreiteten. Feuer und Schwert hatten gleichsam einen Wettstreit wider einander begonnen, und jede Macht behauptete ihre grässliche Stärke. Von den brennenden Dächern herab stürzten die vergebens nach Rettung Ringenden, und versanken unter Angstgeschrei in die über ihnen zusammenschlagenden Flammen. Ueber die Haufen halbverbrannter Leichname und über die Sterbenden hinweg rollten Kanonen und Wagen, und bahnten sich durch die zerfleischten Unglücklichen ihren Weg. Immer noch ging unaufhaltsam der Zug der vordrängenden Franzosen und Italiäner den fliehenden Oesterreichern nach, doch mit einemmale ergriff das Feuer auch die Brücke; zwei Joche mußten abgeworfen werden und die ganze Division Claparede sah sich von der übrigen Armee abgeschnitten und ohne Unterstützung den wüthenden Angriffen der Oestterreicher Preis gegeben. In drei Stunden hielt Claparede drei Angriffe mit dem Bayonnet aus; unterdeßen war das Feuer der Brücke gelöscht und diese wieder herstellt worden; da bahnte der General Legrand mit dem 18. und 25. Regimente sich einen Weg, und 1000 Mann Cavallerie unter Durosnel vereinigten sich mit ihm, zur Stürmung des Schlosses bei Ebersberg; 800 Mann Oesterreicher vertheidigten sich heldenmüthig darin. Doch während dessen war Napoleon selbst mit den Divisionen Nansouty und Molitor am rechten Ufer der Traun herangerückt; es blieb den Oesterreichern nur der Rückzug übrig; sie verfolgten ihn bis Enz, wo sie in der Nacht ankamen, und sich, nachdem sie die Brücken abgebrannt hatten, noch weiter zurückzogen. Der Verlust war auf beiden Seiten ziemlich gleich bedeutend. Die Nacht hatte zwar dem Fechten ein Ende gemacht, aber in Ebersberg wütheten noch die Flammen, die bis zum andern Morgen das Städtchen in einen Haufen Schutt und Asche verwandelten. Als der Tag angebrochen war, kam Napoleon Selbst, um die Position zu besichtigen.
Bericht über das Treffen bei Ebersberg.[]
Dem von Sr. Hoheit dem Prinzen Major-General erhaltenen Befehl zufolge verließ ich am 1ten Mai Nachmittags 2 Uhr Schärding, und eilte nach Linz, um mich der Brücken über die Donau und über die Traun zu bemächtigen, und den Feind aus den schönen Stellungen von Ebersberg zu vertreiben.
Am 2ten stieß die Division Saint-Cyr, welche die Spitze der Colonne bildete, hinter Efferding auf 16,000 Mann feindlicher Truppen, die aber nicht Stich hielten. Man verfolgte sie und nahm ihnen 300 Gefangene ab.
Am 3ten sezte sich das Armee Corps in Marsch nach Linz, wo ich mit dem Vortrab morgens gegen 10 Uhr ankam, und aus den Berichten ersah, daß der Feind sich gegen die Brüke von Ebersberg zurükziehe. Ich ließ die leichte Reuterei des Generals Marulaz vorrüken, schikte ihr den Vortrab des Generals Claperede nach, und kam selbst zur nämlichen Zeit auf den Plaz. Der Feind hatte einige Reuterei auf der Ebene und Infanterie in dem Gehölze. Erstere wurde durch den General Marulaz geworfen und verfolgt, und aus das Gebüsche ließ ich durch die Brigade Cohorn einen Angriff machen; man gieng mit viel Nachdruk zu Werk und der Feind wurde verjagt. Während General Marulaz immer noch auf den Feind eindrang und in dem Augenblik, da er dem Städtchen sich näherte, kam Se. Exellenz der Herzog von Istrien mit dem General Piré von Wels her. General Cohorn fand großen Widerstand auf der Brüke, die der Feind mit einer Haubize vertheidigte; allein die Braven von der Brigade Cohorn achteten weder die Uebermacht des Feindes, noch die Gefahren, denen sie auf einer Brüke von solcher Länge ausgesezt waren; sie eilten im Sturmschritt heran. Die Brüke wurde genommen und der Feind in den Strasen verfolgt. Durch die Ankunft des übrigen Theils der Brigade Cohorn wurde das Treffen allgemein. Man sezte den Oesterreichern nach; sie warfen sich in das vorher schon zu einer hartnäkigen Vertheidigung eingerichtete Schloß, gewannen die Anhöhen über der Brüke und besezten das ganze linke Traun-Ufer mit Infanterie und Artillerie. General Cohorn verfolgte sie mit Vortheil, allein sie waren ihm in der Anzahl überlegen, denn man schäzte die Stärke des Feindes auf 40 bis 50,00 Mann. Die 2te Brigade unter General Lesuire erhielt nun Befehl, über die Brüke zu gehen, und Theil an dem Treffen zu nehmen. Endlich kam auch noch die Brigade Ficatier darzu, die ich der 2ten über die Brüke folgen ließ. Durch diese Verstärkung, welche die 1te Brigade erhielt, gelang es, den Feind aus dem Schloße und von den Anhöhen zu vertreiben. General Hiller, der die feindliche Armee commandirte, sahe die Wichtigkeit der Brüke und seiner verlohrenen Stellung wohl ein, und verstärkte sich mit frischen Truppen, die er nach und nach durch andere ersezte, und somit wurden die unsrigen genöthigt, ihm das Schloß und die Anhöhen wieder zu überlassen. Eine Batterie von 15 Geschüzen bestrich die Brüke und die Ebene; ich säumte keiner Augenblik und ließ 20 Stüke an den vortheilhaftesten Punkten aufstellen, und weil ich wahrnahm, daß die Division Claparede schon zu viel gelitten hatte, um ohne Verstärkung den neuen Truppen des Feindes widerstehen zu können, so ließ ich die Division Legrand eilends herbeikommen. Die Kanonade war auf beiden Seiten fürchterlich, allein ohne Infanterie konnte nichts entschieden werden. Das 26te leichte und das 18te Linien Infanterie Regiment -- den Divisions-General Legrand und den Brigade-General Ledru an der Spize -- kamen an; ich ließ sie über die Brüke gehen und gab dem General Legrand auf, ein Regiment auf den rechten Flügel, wo der Feind viele Streitkräfte zusammengebracht hatte, zu senden. General Legrand vollzog meinen Befehl mit größter Genauigkeit, und diese 2 Regimenter brachten in weniger als einer halben Stunde den Vortheil auf unsere Seite. Der Sieg blieb den Adlern Sr. Majestät getreu, und der Feind wurde aus allen seinen Stellungen verjagt und über 1½ Stunden weit verfolgt, ohne sich wieder sammeln zu können. Wäre nicht zufällig -- wie es unglüklicherweise nur zu oft geschieht -- das Städtchen in Brand gerathen, so hätte die leichte Reiterei die Brüke passiren und der Armee des Generals Hiller eine vollständige Niederlage beibringen können, so mußte man aber um die Brüke vor dem Feuer zu sichern, vorerst auf das Löschen der zunächst liegenden Häuser Bedacht nehmen. General Pernety, Befehlshaber der Artillerie des Armee-Corps, Oberst Aubry, Chef seines General-Stabs, und Oberst Flayel vom Genie-Wesen nahten sich den nächsten brennenden Häusern, ließen die Bolen in der Nähe des Thors wegschaffen, um sie vor den Flammen zu schüzen, und damit die Badensche Brigade über die Traun gehen konnte, ließen die Generale und Offiziere einen Steg von Brettern anbringen, worüber die Infanterie defilirte und die flache Anhöhe erreichte, welche der Feind wieder zu nehmen Miene machte. Die Generale Claparede und Legrand vereinigten ihre Divisionen, um ihn im Zaum zu halten. -- General Legrand hatte im Anfang des Gefechts das 19te Jäger-Regiment über die Brüke geführt; er ertheilt demselben das größte Lob; als aber die Flammen sich in dem orte verbreitet hatten, war dieses Regiment genöthigt, wieder über die Brüke zurükzugehen.
Die Truppen Sr. Majestät des Kaisers und König, welche an dem Gefechte Theil nahmen, haben wie gewöhnlich den Beweis der größten Anhänglichkeit an ihren erhabenen Souverän gegeben. Es wäre unmöglich, Euer Hoheit alle die schönen Handlungen, welche diesen Tag bezeichnen, umständlich zu erzählen. General Claperede war beständig an der Spitze seiner Truppen. General Legrand führte die seinigen mit der Kaltblütigkeit eines vollendeten Kriegers an. Der Chef meines General-Staabs, General Beckers, war überall zugegen und erhielt eine Kugel durch den Rock. Meine Adjudanten haben sich mühsamen und schwierigen Aufträgen unterzogen. Einer von ihnen Hauptmann Pelet, hat -- ungeachtet ein Schuß seinen Arm verwundete -- erst am Abend das Schlachtfeld verlassen. Der Divisions-General Claparede erhielt einen Streifschuß am Arm. Dem General Cohorn, Commandant der 1ten Brigade, welche den Vortrab bildete, wurde ein Pferd unter dem Leibe getödtet; dem General Lesuire, Commandant der 2ten Brigade, das seinige verwundet, und dem General Ficatier Commandant der 3ten Brigade sein Hut von einer Kugel durchlöchert. Alle haben ihre Schuldigkeit gethan, viel Unerschrockenheit und Thätigkeit an den Tag gelegt, und sind der Gnade Sr. Majestät würdig.
General Claparede lobt sehr den Adjudant-Commandant Normand, Chef seines General-Staabs, dem ein Pferd unter dem Leibe getödtet wurde; die Obersten Robin, Elouard, Lenty, alle drei verwundet, Salmon, ebenfalls verwundet, dem sein Pferd unter dem Leibe getödtet worden; die Bataillons-Chef Presat, Achard, Gossa, Bouson und Cabaret; die Hauptleute Pairard; Parnazat; die Lieutenants Calda und Lucker, den Unter-Lieutenant Ricard, und Courbaty, Sergenten bei den Schützen vom Po. Der General bittet um Belohnungen für die Braven, deren er in beiliegenden Verzeichnisse erwähnt. Oberst Cardeneau ist todt geblieben. -- General Legrand rühmt den General Ledru, welcher von dem Obersten Pouget und dem Bataillons-Chef Boudinot vom 26ten leichten Regiment treulich unterstützt wurde; dem Obersten Ravier, Commandanten des 18ten Linien-Regiments, und dem Hauptmann Genevois, der an der Spitze seine Compagnie verwundet wurde, nachdem er in dem schwierigsten Augenblick die größte Kühnheit bewiesen hatte, wird ein besonderes Lob ertheilt.
Ich werde von diesen Generalen ein ausführliches Verzeichniß über die Unter-Offiziere und Soldaten erhalten, welche ihre Tapferkeit erprobt haben, das ich alsbald Euer Hoheit übersenden werde.
- Den 5ten Mai 1809.
Das Treffen bey Ebelsberg.[]
Ein Probestück aus der noch ungedruckten Geschichte der österreichischen Landwehr.
Von J. W. Ridler.
Mancher Leser dürfte uns den Vorwurf machen, daß wir mit einer, für die Geschichte der österreichischen Landwehr, allzu großen Genauigkeit das Treffen von Ebelsberg dargestellt haben; allein es war das erste, an welchem die Wiener Freywilligen Antheil nahmen, und ihre in demselben erprobte Tapferkeit verhinderte die Auflösung der bis dahin allgemein herabgesetzten Landwehr. Hinreichende Gründe, die uns bestimmten in der Schilderung dieses Treffens genauer zu seyn; wenn nicht schon der einzige unser Verfahren hinreichend entschuldigen sollte, daß über diesen würdigen Vorgänger der Schlacht bey Aspern noch nichts Zuverlässiges, ja selbst in dem Versuche einer Geschichte des Feldzugs von 1809 von dem Freyherrn von Valentini (Berlin und Stettin bey Friedrich Nicolai 1812) noch manches Unrichtige erzählt wird. Werke, wie das des Hrn. Professors Eisenmann: Kriegsgeschichte der Bayern, zu erwähnen, lohnt kaum der Mühe. Wer so die Geschichte unserer Tage schreiben kann, wie der Hr. Verf. im 2. B. S. 264 das Treffen bey Ebelsberg erzählt, sollte billig die Feder niederlegen. Wir bothen daher alle Kräfte auf, um mehrere strittige Puncte in der Geschichte dieses Treffens zu erörtern, zogen viele Personen zu Rathe, die einen bedeutenden Antheil an demselben nahmen; lasen alle Berichte, die darauf Bezug haben, und alle ehrenvolle Zeugnisse, welche den Braven wegen der in demselben bewiesenen Tapferkeit ausgestellt wurden, und verglichen sie sorgfältig mit einander; ja wir besuchten in Begleitung eines talentvollen Officiers vom G. St. zwey Mahl das Schlachtfeld, um uns von dem Örtlichen eine genaue Kenntniß zu verschaffen. Sollten sich indeß dennoch einige Unrichtigkeiten in der Erzählung finden, so ersuchen wir alle besser Unterrichtete, uns zu belehren. Jede Zurechtweisung soll mit Dank angenommen, und in der Folge gewiß benützt werden.
Seit dem Rückzuge des österreichischen Heeres nach Böhmen beruhten alle Hoffnungen, durch einen neuen Angriffskrieg den Feind vom Herzen der Monarchie abzuhalten, auf der Vereinigung des Erzherzogs mit dem General Hiller. Durch die Donau getrennt, näherten sich auch beyde Feldherrn diesem Strome, und Linz war der nächste Vereinigungspunct. Zwar vermochte der Feind jene Stadt weit früher, als der Erzherzog zu erreichen; allein man hielt den General Hiller für stark genug, um in einem verschanzten Lager, wozu die dortige Gegend viele Vortheile darboth, bis zur Ankunft des Erzherzogs dem Feinde Schach zu biethen, und Linz und die dortige Brücke zu decken. Allein obgleich der Bau dieses verschanztes Lagers schon beym Vorrücken des Heeres nach Bayern befohlen wurde, so waren bey der Ankunft des Generals Hiller in Linz (2. May gegen Mittag) gerade die wichtigsten Schanzen noch gar nicht angefangen, die andern hingegen kaum zur Hälfte vollendet. Die Erörterung, durch wessen Schuld sie unvollendet geblieben, bleibt daher noch immer der Gegenstand strenger Untersuchungen.
Der Mangel eines Brückenkopfs an der Donau in der Gegend von Linz wurde bey den jetzigen Verhältnissen der österreichischen Heere doppelt gefühlt. Lange vor Ausbruch des Krieges hatte zwar einer der geschicktesten Officier des G. St., Oberstlieutenant Fallon, den Vorschlag gemacht, einen Brückenkopf zu Wallsee zu bauen; allein der Bau selbst unterblieb, obschon der Platz dazu mit großer Einsicht gewählt war, und erst bey dem Bau des doppelten Brückenkopfs zu Gran fand Fallon die Gelegenheit, sowohl seine Kenntnisse in der Kriegsbaukunst, als auch das große Talent zu erproben, auch mit geringen Hülfsmitteln etwas Vollkommenes auszuführen.
Bey dieser Lage der Dinge blieb dem General Hiller die Wechselwahl, entweder bey Linz über die Donau, oder bey Ebelsberg über die Traun zu setzen, und bey Mauthausen oder bey Krems sich an das linke Donauufer zurückzuziehen. Das erste Unternehmen hielt er im Angesichte eines kühnen entschlossenen Feindes, der bereits Nachmittags den General Bianchi von Efferdingen zurückgedrängt, und jede Bewegung über die Donaubrücke wahrnehmen konnte, für zu gewagt; auch die Abtheilung unter dem General Radezky, welcher Linz nicht mehr erreichen konnte, zu sehr bedroht; er entschloß sich daher den Marsch nach Ebelsberg fortzusetzen, und dem Feinde den Übergang über die Traun durch einige Tage zu verwehren; an die Generale Radetzky, Bianchi und Schustek erging der Befehl ihren Marsch dahin einzurichten; den letztern indeß hielt man bereits für verloren.
Der Monarch von Hillers Entschluß zu Strengberg benachrichtigt, machte in seiner Antwort, 3. May, den General auf das Schwere, ja Unausführbare dieses Entwurfes aufmerksam, "da seine Streitkräfte nicht hinreichten, dem Feind gleichfalls bey Lambach den Übergang über die Traun mit eben dem Nachdruck, so wie bey Ebelsberg zu verwehren;" und zu eben der Zeit, als der Kaiser dieses Schreiben in die Feder sagte, hatte der Marschall Lannes die Traun bey Lambach bereits überschritten, und rückte mit der Division Gudin und einiger leichten Reiterey unaufhaltsam auf Kremsmünster los, da General Nordmann mit seiner wenigen Mannschaft ihm nirgends Schach biethen konnte. Hillers Entschluß blieb den Truppen einstweilen noch ein Geheimniß; allein mehrere Bürger erfuhren ihn Abends durch Civilbeamte, und verbreiteten diese Neuigkeit erst allgemein. Bey der Menge feindlicher Kundschafter, die sich unter den verschiedensten Verkleidungen in Linz eingeschlichen, konnte der Plan des österreichischen Feldherrn für die französischen Marschälle kein Geheimniß mehr bleiben, und das Übereinstimmen ihrer Maßregeln am folgenden Tage beweiset auch hinreichend, wie genau sie von dessen Absichten unterrichtet gewesen sind.
Die mit dem Entschlusse des Feldherrn vertrauten Officier erwarteten nun, daß Hiller noch am späten Abend den Rückzug antreten würde, um unter Begünstigung der Nacht dem Feinde einen weiten Vorsprung abzugewinnen; allein dieser beschloß noch zuvor, die Kühnheit der feindlichen Abtheilung, welche von Efferdingen bis nahe an Linz vorgedrungen war, in einem nächtlichen Überfall zu bestrafen, durch diese entschlossene That dem Feinde Ehrfurcht zu gebiethen, sich selbst aber einen desto ruhigern Rückzug zu erkämpfen; alle Anstalten waren bereits getroffen, als einer der heftigsten Orkane, der sich im Mitternacht erhob, diese Unternehmung wieder vereitelte, und das Heer trat erst um 4 Uhr Morgens den Rückzug nach Ebelsberg an. Sechs kostbare Stunden waren verloren, und Augenblicke entscheiden so oft das Schicksal mächtiger Staaten!
Die Traun, hinter die sich das österreichische Heer zurückzog, entspringt am südlichen Abhang der Gebirge, deren nackte Kalkspitzen die Marken zwischen Österreich und der westlichen Steyermark bilden Am Fuße des Rinnenkogels, eines der großen Gränzsteine der Natur, liegt in einem engen düstern Waldthale der Wildsee, die Geburtsstätte der westlichen Traun, der durch Waldbäche verstärkt in den Altenausseersee abfließt. In der Tiefe der schwarzen Gewässer dieses Sees spiegelt sich das Haupt des Hallstädter Gletschers, Morgens und Abends von der Sonne vergoldet, während tiefe Finsterniß in den Thälern herrscht. Nördlich vom Dorfe Altenaussee, dessen Hütten zwischen Wiesen und Gärten am linken Ufer des Sees zerstreut liegen, verbirgt ein Hügel einen der grössern Salzstöcke, welche der Natur in Zeiten uns unbekannter Revolutionen in dieser Gegend so reichlich niedergelegt hat. Rauschend entflieht die junge Nymphe dem zweyten mütterlichen Schooße, und eilt, mit dem Ramsaubach vereint, der Schwester entgegen. Diese, die mittlere Traun, am Fuße des Predigtstuhls, der Rabensteins und anderer Kogel, durch den Töpplitzbach, dem Wasser des Langgang- und Kammersees, und einige Wildbäche gebildet, stürzt sich in den tiefen, schwarzen Töpplitzsee, und aus diesem nach kurzem Laufe in den Grundelsee, den am linken Ufer ein steiles Waldgebirg, der Scheibling, vom Altenausseersee scheidet. Das düstere Thal mahnet an Schottlands Gebirge und den schwermüthigen Barden Ossian. In wilden Sprüngen ereilt die mittlere Traun noch vor dem Markte Aussee den westlichen Arm und südlich dem Sudhause erreicht der Nessenbach, der von Osten her aus dem von düstern Waldgebirgen eingeschlossenen öden See fließet, die vereinigten Schwestern. So verstärkt grub sich die Traun zwischen dem Sarstein und der hohen Koppen ein grausenvollen Bett über eine Welt von Ruinen; bald küßt die Tochter Steyermarks Österreichs Gränze, und stürzt sich bey Traundorf, vor Josephs Duldungsgesetz der heimliche Zufluchtsort stiller, häuslicher Protestanten, in den Hallstädter See.
In diesem düstern, von hohen Felsenwänden eingeschlossenen Kessel, mit dichten Nebeln häufig bedeckt, wohin durch dritthalb Monde kein Sonnenstrahl fällt, wo der Schmarotzende Spatz ein Fremdling ist, ruft der Reisende mit Tacitus aus: "Wer wollte in diesem Thale wohnen, dem es nicht Vaterland ist?" Genügsame Bergleute bauten sich am Abhange des westlichen Waldgebirgs ihre Wohnungen, den Markt Hallstadt; hoch über ihn ragt der ehrwürdige Rudolphsthurm hervor, den Albrecht I. erbaute, und dessen Wittwe bewohnte; tiefer in das Gebirg hinein liegt der Salzberg, der Nährer der ganzen Gegend.
Außer der Traun und vielen unterirdischen Quellen erhält der Hallstädter See, der 4260 Klafter lang, 1130 breit, und an manchen Stellen 75 tief ist, einen bedeutenden Zufluß durch einen Waldbach, den in einem engen, einsamen Thale am westlichen Ende des Sees die prachtvollen Wasserfälle, des Strub-, Spratter- und Staubbaches bilden, und durch den Gosabach, der hinter dem hohen Schratten durch zwey romantische Seen wild hervorrauscht, das freundliche Gosathal ruhig durchströmt, da, wo es wieder sich einengt, tosend über Felsen hinwegschäumt, und unter dem Gosazwang, Spillbüchlers Werk, in den See sich stürzt; ein schmahler Fußsteig führet von hier in den Markt, senkrecht Felsenwände unterbrechen am rechten Ufer den Pfad.
Von der Gosamühle bis zum Steg am nördlichen Ende wird der See allmählig seichter, für Wasserpflanzen ein fruchtbarer Boden. Durch ein anmuthiges Thal voll Wiesen und Wäldchen grub sich die Traun ihr weiteres Bett; ein Kreutz auf einem bemoosten Felsen im Flusse erinnert die Schiffer an den wilden Laufen und zur Andacht; pfeilschnell schießet der eingeengte Strom über Felsen herab, dem schönen erweiterten Thale entgegen, wo ihm die schiffbare Ischel aus dem schönsten aller österreichischen Seen, dem Abersee, das Wasser zuführt. Weiter in dem anmuthigen Thale nimmt sie von Westen den Weissenbach, von Osten das Wasser aus dem hintern und vordern Offensee auf, und stürzt sich bey Ebensee, nicht fern von der Mündung des Lambathbaches, der das Wasser seiner beyden Seen durch ein enges Waldthal herbeyführt, in den Traunsee.
Diesen zweyten Wasserbehälter der Traun erheben zu einem der schönsten und merkwürdigsten Seen Deutschlands eben so sehr seine Größe (6310 Kl. lang und 1570 breit), und das Leben, das durch die vielen mit Segeln bespannten Schiffe auf ihm herrscht, als seine reitzenden Umgebungen. Am östlichen Ufer starren die kahlen Kalkgipfel senkrechter Berge gegen Himmel empor; die Felsenpyramide des Traunsteins bildet den Schlußstein des hohen Gebirges; wo ein schmahles Ufer sich hier und da bildet, baute die Armuth eine Fischerhütte oder Mühle hin. Dem Rettelsteine gegenüber ist die letzte Felsenwand am westlichen Ufer; auf diesem waldigten Vorgebirge, das weit in den See hineinspringt, prangt Traunkirchen als die Beherrscherinn des Sees; von hier ziehen sich nur noch sanfte Hügel mit Feldern, prachtvollen Auen und schönen Dörfern hin; aus der See erhebt sich das Schloß Ort, am nördlichen Vordergrunde das freundliche Gmünden.
Durch die geöffnete Klause schließet aus dem See pfeilschnell die Traun, die in der Breccia des Mittelgebirgs einen tiefen Rinnsal sich grub. 7218 Klafter unterhalb Gmünden stürzt sie im engen Felsthal 6 Klafter tief über zerschellte Klippen, und weithin tönet das Tosen des schäumenden Flusses; neben dem schauerlichen Abgrund baute der unsterbliche Seeauer den berühmten Fallcanal, auf dem in einer Strecke von 200 Klaftern die Schiffe pfeilschnell eine Höhe von 10 Klaftern hinabstiegen; Bey dem Stifte Lambach empfängt die Traun durch die Ager das Wasser des Mond- und Attersees, des österr. Meeres, und bald darauf das des schiffbaren Baches, der aus dem schönen Albensee am nördlichen Abhang der Ausseer-Alpen hervorströmt. Nahe bey jener stolzen Abtey tritt sie in die Ebene hervor, ihr Bett wird breiter, ihr Lauf minder reissend als bisher; bey heftigen Regengüssen oder beym Schmelzen des Schnees in den höhern Gebirgen bleibt jedoch in der Welser Heide ein freyer Spielraum ihrer Ungestüm; das rechte Ufer ist etwas höher, und behält diesen Charakter bey Ebelsberg, wo die breite Traun die Krems aufnimmt, stets neue kleine Inseln bildet, und nach dem Laufe einer halben Stunde ihre meergrünen Fluthen in die Donau wälzt.
Obschon die Traun alle Gewässer der beyden Kammergüter empfängt, so ist ihr Lauf doch viel zu kurz, um ihre Wassermasse mit der des mächtigen Inn, oder auch nur der Enns zu vergleichen. In ihren großen Wasserbehältern zu Hallstadt und Gmünden muß daher das Wasser immer erst anschwellen, ehe die Klause geöffnet, und der Fluß Trotz des Baues künstlicher Pölster und Wehren für die schweren Salzschiffe fahrbar gemacht werden kann. Diese geringe Wassermasse, die in der Ebene bey erweitertem Bette dieses noch seichter macht, und der schiefe, nordöstliche Lauf erschweren die Vertheidigung dieses Flusses; er ist daher mehr durch seine Lage an den großen Salzbergen Österreichs für die Staatswirthschaft wichtig, als dem vordringenden Feinde gefährlich. Im hohen Gebirgsland ist er bey der Hallstädter Klause (am Steg), bey Laufen, Ischl, und Ebensee; im Mittelgebirge bey der Klause zu Gmünden und unterhalb dem Traunfall; in der Ebene an den Poststraßen aus Salzburg und Bayern bey Lambach, Wels und Ebelsberg überbrückt.
Nebst den drey letztern ist die Brücke zu Ischl die wichtigste, weil durch diesen Markt eine Hauptstraße aus Salzburg über den Pötschen in das Ausseer Kammergut, und von da in das Ennsthal führt. -- Von Linz nach Kleinmünchen erstreckt sich eine Ebene eine kleine Stunde lang; südlich derselben ziehet sich der Wald von Thar gegen die Traun und ihre breiten Auen hin. Diese werden von zwey Mühlbächen durchschnitten, welche bey Kleinmünchen aus dem Flusse geleitet, und an der Poststraße 7 Klafter breit überbrückt sind. In einer bedeutenden Entfernung von dem zweyten strömet die Traun, welche durch Regengüsse im Gebirge in der Nacht vom 2. May sehr angeschwollen war. Eine Jochbrücke, 294 Klafter lang, führet über dieselbe durch ein Thor, das nur für einen Wagen gangbar ist, in den Markt Ebelsberg. Gleich links am Thore erhebt sich zwischen zwey Mauern ein steiler Fußweg, 4 Schritt breit und 176 lang, in das alte Schloß. Diese in der Geschichte Österreichs denkwürdige Burg, im spanischen Erbfolgkriege selbst noch als ein bedeutender Posten geachtet, liegt auf einer Anhöhe, die 18 - 20 Klafter über die Brücke erhaben, an vielen Stellen senkrecht, sich längs dem Flusse in einiger Entfernung vom Ufer bis an den Schildenberg hinzieht, und gegen die Landseite zu einer Fläche bildet. Auf dieser Seite wird das Schloß sowohl durch eine doppelte gothische Mauer, als auch durch zwey trockene Gräben, die 5 - 8 Klafter tief, sich gegen die Brücke hinabziehen, geschützt; über beyde sind Brücken geschlagen, von welchen die eine 12, die andere 14 Klafter lang ist. Der innere Hof bildet ein beynahe regelmäßiges Viereck, dessen größere Seite 44 Schritt lang ist; die Gemäuer waren alt, und die Dächer mit Schindeln gedeckt. Außer den beyden großen Eingängen, dem Wasser- und Landthor, führte auch noch aus dem Zwinger ein bedeckter hölzerner Gang in das Wirthshaus zum Stern auf dem Marktplatz. Dieser ist 150 Schritt lang und 60 breit, und macht den grössern Theil des Marktes aus, da ihn nur kleine und schmale Gassen vom Brücken und Ennserthor trennen. Durch dieses geht in gerader Richtung der Weg in der Vormarkt, der zwischen einer sanften Anhöhe und der Krems, aus welcher ein breiter Mühlbach sich im Markte nahe der großen Brücke in die Traun ergießt, lieget, links in einer schiefen Wendung zieht sich hart am Fuße des Schlosses, in das auch hier einige Stufen hinaufführen, die Poststraße durch einen Hohlweg, der 270 Schritt lang und nur für einen Lastwagen breit ist; in der Mitte desselben fällt ein zweyter schmahlerer, der sich hinter dem Leichenacker herzieht, quer in denselben hinein. Zwischen dem Leichenacker und der Fahrstrasse nach dem Schlosse erreicht die Poststraße das Flachfeld, und zieht sich eine halbe Stunde weit in einer sanften Anhöhe über den Schildenberg, der die ganze Gegend von Ebelsberg in einem Halbzirkel von einer starken Stunde umfaßt, da dessen beyde Spitzen die Traun und den Kremsbach berühren; eine vortreffliche Stellung, um dem Feind einige Zeit aufzuhalten, wenn sie nicht von Wells und Lambach her umgangen werden könnte. Nun geht die Poststraße über mehrere waldigte Hügel, doch schon vor Asten, durch welches Dorf sich die Strasse von Enns nach Wells zieht, beginnt wieder das Flachfeld, und zieht sich bis zu den sanften Hügeln hin, welche von Steyer bis Enns beynahe bis zu ihrer Mündung am linken Ufer begleiten.
Um neun Uhr verließen die letzten österreichischen Truppen Linz, und um dieselbe Zeit wurden auch die fünf nächsten Joche der Donaubrücke abgebrannt; zum großen Leidwesen einiger Civilbeamten, die in allem Ernste die Erhaltung dieser Brücke wegen der beträchtlichen Summe wünschten, die ihre Wiederherstellung kosten würde. -- Dieser Männer geitzten mit hölzernen Brücken, und die Monarchie war in Gefahr!
Die ganze Gegend, die Lage des Heeres, und andere Erscheinungen, die sich ihrem beobachtenden Blicke aufdrangen, erinnerten viele Officiere an den heftigen Kampf, den das Heer vor 14 Tagen bey Landshut bestanden; ein rascher Andrang des Feindes drohte auch an der Traun die Scenen an der Isar zu erneuern. Ein großer Zug von Packwägen und Unterstützungsgeschütz, der Willkühr der Führer überlassen, übernachtete in Kleinmünchen, anstatt noch Abends über die Traun zu gehen. Hauptmann Wircker vom G. St., der zum Lager ausstecken von Linz vorausgeschickt wurde, erstaunte nicht wenig, eine so große Menge von Wägen noch am linken Ufer, und um drey Uhr des Morgens noch keinen bespannt zu finden, und donnerte die Führer zum schleunigen Marsche auf; allein Trotz dem Eifer dieses braven Officiers hatte doch nur ein Theil des Zuges die Brücke zurückgelegt, als der Vortrab des Heeres um halb fünf Uhr anlangte, und die Ankunft neuer Wägen den Marsch der Truppen verzögerte; mit vieler Mühe arbeitete sich die zweyte Unterstützungsschar durch, und stellte sich bey Asten nahe bey Enns auf; dieser folgten, stets mit denselben Hindernissen kämpfend, die Brigaden Weissenwolf und Fröhauf, die drei ersten Bataillons der Wiener-Freywilligen, und die Abtheilung unter dem General Dedovich; die Truppen setzten laufend über die Brücke, lagerten sich in 12 bis 13 Linien hinter dem Schlosse und Hohlwege, ohne jedoch die nöthige Ordnung zu beobachten, und schickten sich dann zum Abkochen an, da sie auch an die Möglichkeit eines Kampfes nicht dachten; nur wenige Bataillons lagerten sich nach dem Plan des Feldherrn auf dem Schildenberg; General Vincent erhielt den Auftrag, mit den leichten Reitern von Rosenberg und der Brigade Hofmeister den Rückzug der verschiedenen Abtheilungen, die man noch erwartete, sammt der Straße von Linz zu decken.
Die Regimenter Benjovsky und Spleny, welchen man dieses ehrenvolle Geschäft übertrug, gehören zu den Kern des österreichischen Heeres. Ihr Werbbezirk in Siebenbürgen, dem östlichen Tyrol der Monarchie, liefert in den Sachsen und ernsten Wallachen einen derben festen Menschenschlag, seit der Geburt an jedes Ungemach der Witterung, als Knabe schon an die härtesten Arbeiten gewöhnt; voll Gefühl für Nationallehre, die ein Wort, ein Zuruf schnell erweckt, lieben diese Völker den Krieg als ein Mittel, ihren Muth, ihre Überlegenheit der Kräfte, Vorzüge des Mannes, zu zeigen. Seit ihrer Errichtung (Spleny 1702 und Benjovsky 1741) prangen auch die Nahmen dieser beyden Heldenscharen in den größten Schlachten Österreichs, und beyde trugen bey Kolin wesentlich zur Entscheidung bey; nach der Schlacht zählte das Regiment Spleny (damahls Stephan Giulay) nur noch 40 dienstfähige Krieger, welche von diesem Tage an einen doppelten Sold erhielten. Theresia wünschte einige dieser Helden zu sprechen, und über die benarbten Wangen der ergrauten Krieger stürzten Freudenthränen herab, als sie vor der geliebten Königinn, ihrer guten Mutter, knieten, welche ihre eigenen Thränen vergebens zu verbergen suchte. "Für Theresia" wurde das Feldgeschrey dieser Heldenschaar seit dieser unvergeßlichen Stunde, und das Andenken an jenen rührenden Auftritt erhält sich bey diesem Regiment auch noch in unsern Tagen. Im Laufe des franz. Krieges bezeichnen viele Orte die Thaten der Braven Spleny; vorzüglich aber zeichnete sich dieses Regiment in der Riviera von Genua 1800 aus, und wurde wegen seines kriegerischen Ungestüms von den Franzosen die Höllenhorde (Legion infernale) genannt, allein in dem Treffen bey Montebello, wo es fast mit der ganzen französischen Abtheilung unter dem General Lannes einige Stunden um den Sieg mit der höchsten Erbitterung rang, wurde es beynahe aufgerieben; doch zum zweyten Mahl pflanzte sich der kriegerische Geist weniger Veteranen auf die Neulinge fort. Das harte Loos vieler ihrer Brüder, die als Kriegsgefangene 1797 nach Spanien verkauft, theils vom gelben Fieber hingerafft, theils in den afrikanischen Festungen ihr Leben hinschmachteten, blieb ihnen nicht unbekannt, und heiße Schwüre wurden beym Ausmarsch 1809 gelobt, den Tod und die Leiden ihrer Brüder furchtbar zu rächen. Doch hier an der Traun galt es nicht sowohl Rache den Todten, als Rettung den lebenden Brüdern, und die Braven, obschon sie erst vor 14 Tagen in einem ähnlichen Kampfe bey Landshut einen beteutenden Verlust erlitten, täuschten dennoch die Hoffnungen des Feldherrn nicht.
Von den erwarteten Generalen langte zuerst der General Radetzky an. Den Befehl nach Kleinmünchen aufzubrechen, und auf der Welser Straße den Nachtrab des Hauptheeres zu decken, erhielt er vor Wels um Mitternacht. "Seyn Sie auf ihre Sicherheit bedacht, schrieb ihm General Hiller; können Sie indeß noch etwas zur Rettung des Generals Schustek beytragen, so wird ihr Verdienst um so grösser seyn. Da ich gar keine Nachricht von ihm erhalten, so fürchte ich, daß er mit seiner Abtheilung bereits gefangen ist." Radetzky sendet sogleich an Schustek einen entschlossenen treuen Uhlanen ab; und verspricht ihm 50 Ducaten und die silberne Tapferkeitsmünze, wenn er den General von Hillers Maßregeln benachrichtigen würde; er selbst bricht sogleich auf; die Gradiskaner ziehen längs der Traun, die Uhlanen mit ihrer Batterie auf der Ebene fort, und decken die Seite der Waffenbrüder; sie erhalten die Weisung auf dem ersten Anruf: Qui vit, sogleich loszubrechen, und den Fragenden mit Säbel und Lanze die Antwort zu bringen; allein ohne auf eine feindliche Streifwache gestossen zu seyn, erreicht Radetzky gegen 7 Uhr Morgens Kleinmünchen, und stellt hier seine Truppen zur Beobachtung der Welser Straße auf; gegen 10 Uhr kam auch General Bianchi mit dem Nachtrab des Hauptheeres von Wilhering an, ohne vom Feinde stark gedrängt worden zu seyn, und zog sich sogleich über die Brücke zurück; nur Schustek fehlte noch.
Schon sah man feindliche Massen auf der Welser und Linzer Straße heranziehen; schon kündigte das Kanonen- und Musketenfeuer den Kampf der Vorposten vor Scharlintz und Kleinmünchen an, als General Hiller bey der erprobten Kühnheit des Feindes einen Angriff für möglich hielt, und einige Anstalten zur Vertheidigung der Brücke traf. Im Schloßgraben wurde eine Batterie von sechs, auf der Anhöhe rechts neben dem Schlosse eine andere von acht sechspfündigen Kanonen aufgeführt, das Schloß durch drey Compagnien des dritten Bataillons von Lindenau unter dem Oberstlieutenant Pflüger, der Markt durch das wallachisch-illyrische Regiment unter dem Obersten Gratze besetzt, einige Schützen in das Wirthshaus oberhalb der Brücke gelegt, allein der Thurm des Brückenthors selbst unbesetzt gelassen, den Hauptmann Abele vom Pioniercorps das Abbrennen der Brücke aufgetragen, und der größere Theil der in Waffen noch ungeübten Landwehrbataillons nach Enns zurückgeschickt, um Gedränge und Verwirrung zu vermeiden; in der verworrenen Stellung der Truppen jedoch keine Änderung vorgenommen, ja der Mannschaft nicht einmahl das Abkochen untersagt; ein Beweis, daß man auf einen ernstlichen Angriff der Feinde doch nicht zählte.
Die feindlichen Massen näherten sich ihren Vorposten sehr schnell; Marschall Massena drang mit seiner Abtheilung auf der Linzer-, der Marschall Bessieres mit zwey Divisionen Kürassier, einigen Brigaden leichter Reiter und der Schar des General Oudinot auf der Welser Straße vor. Vincent und Radetzky hielten den General Schustek, der sich zwischen den beyden französischen Heerabtheilungen befand, für verloren, und waren auf ihren eigenen Rückzug bedacht, als die Hussaren von Kienmayer unter Schustecks Anführung aus dem Dorfe Oberhard hervorbrachen.
Ohne die glänzenden Vorpostengefechte, welche die braven Uhlanen unter dem unerschrockenen Radetzky am 2. May bestanden, wäre General Schustek wahrscheinlich umgangen und abgeschnitten worden; seine ausgeschickten Streifpartheyen stießen schon in allen Richtungen auf feindliche Posten; den Rückzug seines Waffenbruders nach Wels erfuhr er spät Abends zu Grieskirchen, und brach um Mitternacht nach Maria Scharten auf, um nach Linz zu rücken, wo er die Hauptabtheilungen des Heeres noch anzutreffen hofft; allein da seine Vorposten auch dieses Dorf vom Feinde besetzt fanden, schlug er in der Richtung nach Leondingen Seitenwege ein, die, beynahe ungangbar, durch französische Streifparteyen unsicher waren; ohne Unfälle erreichte er indeß gegen Anbruch des Tages diesen Ort, gegen halb 11 Uhr Oberhard, warf sogleich mit seinen Hussaren und einer leichten Batterie die vordringenden Feinde zurück, und verschaffte dadurch seinem Fußvolk (der Brigade Hohenfeld) Zeit, die Traunbrücke zu erreichen; nur der Major Jamez verweilte mit einem sehr schwachen Bataillon von Klebek zwecklos in den Auen zwischen den Mühlbächen, wurde von feindlichen Reitern umringt, und dieselben braven Truppen, die in dem Treffen bey Neumark mit dem Bajonet die feindlichen Reiter geworfen, die noch vor 2 Tagen bey Riedau sich aufs neue mit Ruhm bedeckt, mußten hier die Waffen strecken. Zwar zeigten einzelne Brave, was der Befehlshaber mit dem Bataillon zu unternehmen habe; mit dem Bajonet bahnten sie sich durch die feindlichen Reiter den Weg zum Flusse, und stürzten sich in denselben. Doch wozu nützen erhabene Beyspiele demjenigen, aus dem die Gottheit nicht von innen spricht?
Noch kämpften mit unerschüttertem Muthe Hussaren und Uhlanen auf der Straße von Wels; eine französische Brigade leichter Reiter bricht aus dem Walde von Thar hervor, und will ihre rechte Seite umgehen, der Oberst Klebelsberg wirft sie mit einer Escadron in wilder Unordnung bis an den Fuß der Anhöhe bey Oberhard zurück. Vergebliche Anstrengungen der Tapfern! Während hier der Feind aufgehalten wird, dringt Massena's Vortrab gegen die große Brücke vor, General Vincent läßt nun die leichten Reiter von Rosenberg zuerst darüber ziehen, und Benjowsky und Spleny einen lebenden Brückenkopf bilden; die Truppen vor Klein-München, in Gefahr abgeschnitten zu werden, ziehen sich bis auf einzelne Scharen, die mit dem Feinde im Handgemenge sind, gleichfalls zurück; doch der Abmarsch wird durch das Abfallen der Mannschaft am Brückenthor wesentlich verzögert, und nur der Heldenmuth der Truppen vergütet einigermaßen die Nachtheile, welche die Gegend der zurückziehenden Schar entgegen setzt.
Standhaft widerstehen die Braven dem Andrang der Feinde, und von Kleinmünchen bis weit unterhalb der Traunbrücke wüthet der Kampf; am heftigsten in der Nähe der Brücke; um diesen großen Preis ringen mit Erbitterung beyde Parteyen; das ganze Feuer des feindlichen Geschützes wird auf ihre Vertheidiger gerichtet, und in wenigen Minuten zählen die Regimenter Spleny und Benjowsky 12 todte und verwundete Officier und 215 todte und 390 verwundete Gemeine; doch widerstehen sie der Übermacht, und nur dann, als mehrere Scharen von Uhlanen, Hussaren und Gradiscanern sich in Hast auf die stürzen, werden ihre Glieder durchbrochen; der Feind benützt den Augenblick, keilförmig gestellt dringen die unerschrockenen Scharfschützenbataillons vom Po und aus Corsika im Sturmmarsch auf die verworrene Masse, dringen pfeilschnell auf die Brücke vor, und vollenden dadurch die allgemeine Verwirrung; nur durch Ehrgefühl und Heldenmuth wurden noch die Fahnen gerettet. Der Corporal Theodor Moldavan von Spleny hauet sich durch die Feinde und rettet die Fahne seines Bataillons *). Der Corporal Franz Szabo übergibt die seinige dem Hauptmann, und vertheidigt sich nun mit seinem Waffenbruder Michael Szekran gegen eindringende Feinde, bis der Hauptmann die gerettet. Der General Hofmeister stürzt mit dem Pferde, und ist in Gefahr von feindlichen Rossen zertreten zu werden; Szekran wirft sich auf die Feinde, und rettet im entscheidenden Augenblick den General. Der Corporal Muntyan, der Fahnenträger des ersten Bataillons von Benjowsky, sinkt von einer feindlichen Kugel getroffen zu Boden, die Feinde stürzen auf ihn. Mit dem Tode ringend ist die Rettung der Fahne Muntyans einziger Gedanke; im Fallen hebt er sie hoch empor: "Brüder," ruft er aus allen Kräften, "rettet eure Fahne!" Der Feldwebel Caspar Feuchtner kehrt schnell zurück, reißt die Fahne aus der Hand des Gefallenen, und bahnt sich zu seinen Waffenbrüdern den Weg; die Feinde dringen ihm nach, er hauet mit dem Säbel die Stange entzwey, die Fahne verschwindet, der Feind wird im Verfolgen irre, und Feuchtner erreicht die Brück. Auf die Fahne des zweyten Bataillons macht der Feind besonders Jagd. Der Fahnenträger, Corporal Anton Bogdan, zieht sich bis an das Ufer der Traun fechtend zurück, stürzt sich in die Fluthen des reissenden Stroms, und schwimmt mit dem heiligen Unterpfand an das jenseitige Ufer; mehrere folgen dem heldenmüthigen Beyspiel, ohne mit ihm ein gleiches Schicksal zu theilen.
- *) Der Brave erhielt die silberne Tapferkeitsmünze.
Noch kämpfen die Österreicher mit den Franzosen unter einander geworfen in einzelnen Scharen fort, und einige Brave verherrlichen durch ihren Heldensinn diesen ruhmvollen Tag. Rittmeister Gavenda sprengt mit 17 Reitern von Rosenberg durch Kleinmünchen. "Wir sich abgeschnitten." ruft einer der Seinigen; "wir hauen uns durch, nur nicht ergeben, mir nach, Brüder!" Durch einen Schuß vom Pferde gestürzt wird der Held von den Rossen zertreten, dreyzehn Reiter fallen mit ihm im rühmlichen Kampfe; drey mit ihrem Wachtmeister bahnen sich durch die Feinde den Weg; heftig verfolgt stürzen sie sich in die Traun, und erreichen glücklich das jenseitige Ufer. Der Corporal Alexander Zubow zieht sich mit einer halben Escadron Uhlanen von Kleinmünchen zurück, als er in der Ferne einen Trupp Gradiscaner mit der Fahne der Brücke zueilen sieht. Brüder, die seit Eröffnung des Feldzugs alle Gefahren redlich getheilt, können sich heute unmöglich verlassen; Zubow sprengt mit seiner Mannschaft den Gradiscaner entgegen, sein Zuruf bringt sie zu Stehen, und ein wirksames Musketenfeuer und die drohenden Lanzen der Uhlanen dämpfen die Hitze der verfolgenden Feinde. Doch der Kampf ist zu ungleich, und die Brück bereits vom Feinde besetzt. "Wenigstens soll die Fahne, das Heiligthum der Waffenbrüder, gerettet werden." Der Corporal Franz Hera ergreift sie, die Uhlanen sprengen in den Strom, auf Zubows Geheiß hält sich an jedes Pferd ein Gradiscaner an, und schwimmend erreichen sie das andere Ufer; mitten unter den feindlichen Kugeln kehren Zubow und Hera mit mehreren Uhlanen zurück, und entreissen aufs neue einige ihrer Waffenbrüder der Gefangenschaft; so lange die Gradiscaner sich halten, wird auch das Hin- und Herschwimmen fortgesetzt, und 107 Mann jubeln ihren unerschrockenen Rettern entgegen. Am folgenden Tage läßt der Befehlshaber der Gradiscaner den Helden für die gerettete Fahnen und Mannschaft feyerlich danken, und heilige Schwüre werden von den braven Croaten gelobt, keinen Uhlanen in der Gefahr zu verlassen. -- In dem allgemeinen Gewirre wurde der Rittmeister Ewik von Kienmayer Hussaren sein Pferd getödtet, er selbst von der Traunbrücke nahe am Ufer ins Wasser gestürzt; einige zersprengte Hussaren und Uhlanen vom Feinde verfolgt sprengen in die Traun; doch kaum erblickt der Corporal Peter Jenyei (von der ersten Escadron der ersten Majorsdivision) seinen Rittmeister hülflos am Ufer, als er mitten im reissenden Strome zurückschwimmt, und ihm im Angesichte des vordringenden Feindes sein Pferd zuführt. Ewik schwingt sich darauf, der Corporal hält sich an dasselbe fest, und unter dem größten Kugelregen durchschwimmen beyde den ersten breiten Arm des Flusses; auf einer kleinen Insel macht sich auch der brave Jenyei durch ein aufgefangenes Pferd wieder beritten, und erreicht sammt seinem Rittmeister das rechte Ufer der Traun.
Das Gefecht nahe an der Brücke artet zuletzt ganz in ein Handgemenge mit Kolben und Bajonetten aus, und nach einem Kampfe der Verzweiflung wird der Rest der beyden Regimenter, gegen 500 Mann, in einzelnen Scharen gefangen. Ein gleiches Loos trifft auch eine Schar Gradiscaner, den Oberstlieutenant Bubna von den Hussaren und den Rittmeister Hohenegg von den Uhlanen mit einigen Getreuen, die sich von den Anführern nicht trennten; einige von der Mannschaft flüchten sich auf nahe Inseln, andere unter die Jochbrücke, und harren dort auf den Ausgang des Treffens.
Rasch dringen indeß die unerschrockenen Scharfschützenbataillons vom Po und aus Corsika auf der Brücke vor; die Vordersten halten sich fest an den Achseln und Patrontaschen der Österreicher; mit Kolben und Bajoneten schlagen und stossen diese zurück; die Franzosen weichen, und ein bedeutender Raum trennet beyde Parteyen; doch schnell drängen sich einige französische Officier an die Spitze, und eifern durch Worte und Beyspiel die Mannschaft zum Kampf, die nachdrückenden Massen dringen mit Gewalt vorwärts, und zum zweyten Mahle schließen sich die Franzosen fest an die weichenden Österreicher an; immer heftiger wird der Andrang, immer furchtbarer das Gewühl, Reiter und Fußgänger sind untereinander gemengt, und mitten in den Reihen der Franzosen werden gefangene Österreicher mit fortgerissen. Der Uhlane Joseph Uhlanicky hieb sich bis auf die Brücke durch; auch hier erblickt er schon Feinde vor sich; von seinen Verfolgern heftig gedrängt, springt er in die reissende Traun, und schwimmt an das andere Ufer. Der Uhlane Tereskiewicz biethet einem Major vom Generalstab, dessen Pferd erschossen war, in Kleinmünchen sein eigenes an; doch sein Edelmuth stürzt ihn in dieselbe Gefahr, aus der er den Officier gerissen; durch sein Dienstkleid zu kenntlich, wirft er schnell den Mantel um sich, welchen der General Radetzky ihm zur Aufbewahrung gegeben, setzt den Czako eines getödteten Franzosen auf, und dringt, den Säbel in der Faust, mitten unter den feindlichen Truppen unerkannt im Sturmmarsch über die Brücke. Was dieser durch Schlauheit bewirkt, erringt Stephan Paltso, einer der letzten Plenkler von Kienmayer, durch Muth; als er die Brücke erreicht, ist sie vom Feinde besetzt. "Lieber sterben, als sich ergeben," ist Paltso's festen Entschluß, mitten zwischen den Feinden sprengt er über die Brücke, stürzt mehrere in den Fluß, und erreicht seine Waffenbrüder, die ihn mit Jubel empfangen. Viele brave Österreicher und Franzosen durch den Schwall hinabgedrängt, finden in den Fluthen ihr Grab, und um den schmahlen Weg frey zu erhalten, werden Verwundete und Todte in den Fluß geschleudert. General Claparede folgt seinem Vortrab im Sturmmarsch mit dem Rest seiner Division; das Feuer vom Schloßberg schadet nur wenig wegen der Höhe der Batterie, die nur Bogenschüsse erlaubte. Eine halbe Compagnie von Benjowsky zur Vertheidigung des Wasserthors aufgestellt, wird vom Schwall über den Haufen geworfen, die Besatzung im Markte und die Mehrzahl der Kanonierer bey der Batterie im Schloßgraben mit fortgerissen, und nur ein Theil der Kanonen gerettet; bey der allgemeinen Flucht verlassen auch die Scharfschützen ihren Posten. Noch immer fest an die weichenden Österreicher geschlossen stürmen die Franzosen mit Ungestüm durch das Wasserthor über den Marktplatz bis in den Hohlweg, und drohen das Schloß und die dortige Batterie im Rücken zu fassen; ein Theil wendet sich rechts, um durch den Seitenweg den Hohlweg zu umgehen; schon ist der ganze Vormarkt, schon der Leichenacker von ihnen besetzt, das Flachfeld gewonnen und das Schwerste errungen; die Eroberung des Schlosses, die Vertreibung der Österreicher vom Schildenberge schien nur noch eine geringe Anstrengung zu fordern, und ihre Entschlossenheit durch einen vollkommenen Sieg zu krönen; -- da stossen sie plötzlich auf die zweyte Abtheilung der Wiener-Freywilligen, und ein ganz neues Treffen entzündet sich.
Das vierte, fünfte und sechste Bataillon der Wiener Freywilligen waren am 1. May bey Wels über die Traun zurückgegangen, und am 2. nach Ebelsberg geeilt, da der Kanonendonner, den man von vielen Seiten vernahm, die Nähe der kämpfenden Parteyen ankündigte, und den Oberstlieutenant Küffel für die dortige Brücke besorgt machte. Eingedenk der wichtigen Lehre des Iphicrates stellte er daher das vierte Bataillon zur Vertheidigung der Brücke, das fünfte und sechste zu dessen Unterstützung am linken Ufer auf, zog aber die ganze Mannschaft nach Ebelsberg zurück, als gegen Abend ein großer Zug von Packwägen und Geschütz mit einer Bedeckung zu Kleinmünchen ankam, von der er vernahm: General Hiller stehe noch mit dem grössern Theile des Heeres bey Linz. Mit Anbruch des Tages wählte er sich seinen Posten hinter dem Leichenacker, die Stirn gegen Ebelsberg blieb den Bataillonen die Landstraße rechts, die Gewehre in Pyramiden gestellt, ruhte die Mannschaft aus, und sah, während die zurückziehenden Truppen in Eile vorbeyzogen, dem Abbrennen der Brücke mit Neugierde entgegen.
Es war gegen halb zwölf Uhr, die Landwehrmänner hatten eben ihr Mittagbrod und den letzten Rest ihres Weines verzehrt, als der Kanonendonner von der Batterie neben dem Schloß die vorrückenden Feinde ankündigte. Die Bataillons, ohne Verhaltungsbefehle, treten aus Vorsicht ins Gewehr; das vierte stand in der Mitte, links das fünfte und das sechste rechts. Plötzlich stürzt der Nachtrab der Österreicher in wilder Eile aus dem Hohlweg, und französische Scharfschützen werfen sich scharenweis in den Leichenacker und in die nächsten Gärten. Der Oberst Vecsey greift den feindlichen Vortrab mit dem Hussaren von Kienmayer an, wird aber durch das heftige Musketenfeuer zurückgeworfen. Küssel und Salis errathen das Geschehene und den gefährlichen Plan der Feinde: den Schildenberg zu umgehen, und das österreichische Heer gegen die Donau zu aufzurollen; ihre lebhafte Einbildungskraft mahlt ihnen den Verlust des ganzen Gepäcks, das Zersprengen des Heeres. Die hohe Gefahr heischt einen schnellen Entschluß, das Einhohlen der Befehle kostet zu viel Zeit, der Feind verstärkt sich indeß, und der günstige Augenblick geht verloren; auch ist es ja würdig der Freywilligen Wiens, freywillig den Angriff zu wagen. Beyde Befehlshaber von der Wahrheit durchdrungen: nur durch einen schnellen Angriff könne man jetzt den feindlichen Plan noch im Keime ersticken, wagen durch ein seltenes Übereinstimmen des Geistes jeder für sich den Kampf, ohne den Entschluß des Andern zu kennen. Salis ermuntert durch wenige, dock kraftvolle Worte, seine Mannschaft zum Streit, und führt sie im Sturmmarsch gegen die rechte Seite der Feinde. "Landwehrmänner," ruft Küffel den Seinigen zu, "jetzt gilt es Ehre und Vaterland, wir kämpfen für die gerechteste Sache, Gott mit uns!" und unter klingendem Spiele, mit wehrender Fahne führt er sein Bataillon im Sturmschritt gegen den Feind. Mit einem Kugelregen empfangen stürzen viele Landwehrmänner verwundet oder todt nieder, und durch dieß neue Schauspiel überrascht, sprengt das ganze Bataillon in wilder Eile auseinander; vergebens ist das Bitten und Mahnen, Drohen und Fluchen der Officier, ihre Stimme verhallt bey dem großen Lärm *). Küffel, heftig erschüttert, wünscht sich den Tod. Er läßt die Fahne außerhalb der Schußweite zurücktragen, und stellt dann, vom Grafen Felix Woyna, Rittmeister bey Erzherzog Carl Uhlanen, der freywillig herbeysprengte, auf das thätigste unterstützt, das Bataillon wieder in Ordnung. "Kein Wiener Freywilliger," ruft er dann, so laut er vermag, "nur ein Meineidiger kann seine Fahne verlassen. Fahnenträger vorwärts!" Hart hinter ihm reitet Küffel, der Sturmmarsch ertönt, und zum zweyten Mahl rückt das Bataillon gegen den Feind. In der Schußweite angelangt, erschallt sogleich das Commandowort: Feuer, und schnell zum zweyten Mahl; ganze Reihen Franzosen stürzen **); noch krachen einige Flinten, als schon wieder der Sturmmarsch ertönt; in demselben Augenblick knallt das Musketenfeuer hinter dem Leichenacker her. "Ha, unsere Brüder unter Salis, nun haben wir sie in der Mitte, vorwärts, vorwärts!" rufen alle, und von einem neuen Geiste beseelt, stürzen sie sich wüthend auf den Feind. "Landwehrmänner!" donnert ihnen Küffel zu, "es gilt eure Weiber und Kinder!" Unwiderstehlich ist ihr Angriff mit dem Bajonet, gräßlich das Gemetzel. Der tapfere Hauptmann Schluderer vom vierten Bataillon durchbricht mit seiner Compagnie die feindlichen Reihen, der Leichenacker von beyden Bataillons in der Stirne und im Rücken angegriffen, wird schnell erstürmt, und in wilder Flucht werfen sich die Feinde in den Hohlweg. Während Küffel diese verfolgt, rückt Salis im Sturmmarsch auf den Vormarkt los.
- *) Wir schreiben keine Lobrede, sondern die Geschichte der Wiener Freywilligen. Diesen Fehler hat das vierte Bataillon noch in derselben Stunde reichlich vergütet.
- **) Keine Ausgabe trug reichlichere Zinsen, als die für das Scheibenschießen der Soldaten, welche auf Befehl des Generalissimus darin geübt wurden.
An dieses Bataillon schließt sich jetzt ein Plenkler von Kienmayer, Iro, an. "Herr Major!" ruft er ihm zu, "in dieser Richtung stossen sie auf ein Hohlweg, der von Feinde stark besetzt ist; ziehen Sie sich mehr links, so umgehen Sie ihn, und kommen dem Feinde in den Rücken." Salis erkennt und befolgt den verständigen Rath *). Iro, stets an der Spitze des Bataillons, ermuntert durch Worte und Beyspiel: "Brüder, fürchtet euch nicht, nur muthig vorwärts." In diesem Geiste spricht und handelt auch der Corporal Tiller. "Gedenkt," rief er seinen Waffenbrüdern zu, "daß ihr Wiener-Freywillige seyd, nur als brave Kriegsmänner dürfen wir uns unsern Mitbürgern wieder zeigen; für Weiber und Kinder kämpfen wir hier." Iro stürzt sich der erste unter die Feinde, Corporal Tiller kämpft an der Spitze der Compagnie, und auch hier werfen die Freywilligen mit dem Bajonet die Feinde zurück. Iro hat sieben, sein Pferd fünf Wunden, größtentheils Bajonetstiche erhalten; man ermahnet, man bittet ihn, sich verbinden zu lassen. "Wer wird heute," sagte der Brave, "so wackere Waffenbrüder verlassen?" Erst dann, als er sich durch den Blutverlust völlig entkräftet fühlt, zieht er sich von Kampfplatz zurück. Den Corporal Tiller streift eine Musketenkugel am rechten Schlaf rückwärts, und dringt in die Knochen ein; besinnungslos sinkt er zu Boden, nach einigen Minuten erhält er sein Bewußtseyn wieder. "Ist mein Gewehr gerettet?" fragt er, so ächt spartanisch, mit Hast; ein Waffenbruder reicht es ihm, und Tiller eilt wieder in den Kampf. "Meine Wunde hat nichts zu bedeuten," antwortet er den besorgten Freunden, vorwärts Brüder!" Doch die Natur fordert ihre Rechte, Tiller sinkt ohnmächtig zu Boden, und wird in ein Haus zum Verbinden getragen, ohne an dem Gefecht fernern Antheil nehmen zu können **).
- *) Und bezeugte auch dieß dem braven Iro.
- **) Die ferneren Schicksale dieses Patrioten gehören nicht in die Geschichte dieses Treffens. S. Archiv J. 1811. S. 201.
Durch den breiten Mühlbach verhindert, rückwärts durch die kleinen Gässen in den Markt selbst und gegen die Brücke vorzudringen, stürmt Salis auf der Strasse von Ansfelden rasch gegen den Vormarkt, und greift die Feinde im Rücken an, welche Küffel von der Anhöhe herabstürzt. Auf allen Seitenwegen beginnt ein mörderisches Gefecht, und das Bajonet bleibt beynahe die einzige Waffe, mit wilder Erbitterung erstürmen die Freywilligen Häuser und Gärten, die Gemeinen Joseph Damianitsch, Philipp Kister und Leopold Janusch vom vierten Bataillon kämpfen gleich den versuchtesten Veteranen; Friedrich Nagel nimmt mit vier seiner Waffenbrüder 10 Feinde gefangen, die er durch angezündetes Stroh aus einem Keller zu weichen zwingt; wer von den Feinden nicht schnell die Waffen wegwirft, wird ohne Erbarmen niedergestossen, mehr als 600 Mann, theils Franzosen, theils Badner, die sich des Plünderns wegen in die Häuser geworfen, werden von den Freywilligen gefangen, und von der Mannschaft des vierten Bataillons drey Lagerfahnen (Guidons) erbeutet.
Bey einem dieser Angriffe fiel auch Leo von Seckendorf, Krieger und Sänger gleich vielen alten Hellenen; Frohsinn und Heiterkeit flohen den Jüngling, seit dem er die Freyheit seines Vaterlandes bedroht sah; für dieses ergriff er die Waffen, für dieses starb er in der Blüthe der Jahre. Sanft ruhe die Asche des deutschen Jünglings!
In den Franzosen ihre Feinde zu erblicken, waren die Wiener gewohnt; doch gegen Deutsche kämpfen zu müssen, that ihrem Gefühle sehr wehe. Sie erinnerten sich früherer Zeiten, da sie in brüderlicher Eintracht mit den Schwaben und Bayern gelebt, und im hitzigsten Kampfe hörte man Freywillige den Badnern zurufen: "Seyd ihr Deutsche? Unsere Brüder? Ihr könnt gegen uns kämpfen? *) Doch von welchen martervollen Gefühlen mußte erst die Brust des biedern Breisgauers zerrissen werden, als er sich in den unnatürlichsten Kampf geschleppt sag: in den Kampf gegen seinen vorigen Landesfürsten, von dem er nur mit blutendem Herzen losgerissen ward. –
- *) Dasselbe riefen in der Schlacht bey Aspern die Regimenter Erzherzog Rainer und Vogelsang u. a. den Badnern und Darmstädtern; in der Schlacht bey Wagram die Regimentern Reuss-Plauen und Collowrath den Sachsen zu.
Trotz der glänzenden Vortheile, welche die Wiener Freywilligen errungen, waren die Braven in der größten Gefahr, auf der Hauptstraße umgangen zu werden, und der Übermacht der Feinde zu erliegen; ihre Tapferkeit hätte dann Tollkühnheit, die Flucht der Überlebenden schändliche Feigheit geheissen, und der erste mißlungene große Kampf das Vorurtheil der Menge von der Unbrauchbarkeit der neuen Milizen kräftig bestätiget. Doch der Schutzgeist Österreichs wachte, die Vortrefflichkeit der Landwehr sollte erprobt, kommenden Geschlechtern in ihr das kraftvollste Mittel zur Rettung des Vaterlandes aufgestellt werden, und -- der dritte Hauptheld dieses Tages trat auf den blutigen Kampfplatz auf.
Zu eben der Zeit, als Küffel zum zweyten Mahle sein Bataillon gegen die Feinde führt, und General Hiller und der Oberstlieutenant Radoshevich thätig beschäftiget sind, einen Theil des Heeres längs dem Schildenberge in Schlachtordnung zu stellen, sprengt der Major Baumgarten, Adjutant der sechsten Heerabtheilung, ein junger Officier, voll Muth, Ehrgeitz und Vaterlandsliebe *) aus eigenem Antrieb herbey, und befiehlt, um in dem entscheidenden Augenblick durch Einwürfe keine Verzögerung herbeyzuführen, im Nahmen des Generals dem zweyten Bataillon von Lindenau sogleich gegen den Feind vorzurücken, er selbst werde es auf den Kampfplatz begleiten. Hauptmann Kral, damahls Befehlshaber dieses Bataillons, mahnet die Truppen an frühere Thaten: "Erinnert euch," ruft er ihnen zu, "Das unser Regiment Loudon geheissen, und dieses Ehrennahmens in allen Schlachten sich würdig gezeigt; der verklärte Held sieht auf unsern Kampf, und freuet sich seiner braven Söhne." In gleichem Geiste spricht auch der Major Baumgarten, und spornt zugleich ihren Muth durch Erweckung der Nationalehre. Noch befanden sich unter diesem Regiment mehrere alte Krieger, die den großen Helden gekannt, unter ihm die Wälle von Belgrad erstürmt, und durch Erzählungen von dem Vater des österreichischen Heeres den horchenden Neulingen oft Thränen ausgepreßt. Bey Loudons Nahmen wird das ganze Bataillon wie durch einen electrischen Schlag erschüttert; ein Blick der alten Krieger erinnert die jüngern an ihre Pflicht, und der Geist des verklärten Helden führet seine Krieger aufs neue zum Siege; im Sturmmarsch rücken sie auf der Hauptstraße vor, brechen in den Hohlweg nächst dem Schlosse, und jagen die Feinde mit dem Bajonett vor sich her; der Hohlweg wird mit Leichen gefüllt, und der Rest der feindlichen Scharen flieht in wilder Eile durch das Ennserthor zurück. Nicht weit davon vereiniget sich das Bataillon von Lindenau mit den Wiener Freywilligen, und der erste Lohn dieser Tapfern ist das laute unparteyische Lob ihrer Waffenbrüder. Die Angriffe dieser drey Bataillons waren höchst mörderisch, aber entscheidend.
- *) Derselbe, der als Oberst jezt bey dem Heere in Innerösterreich dienet, und bereits einige Mahle in den öffentlichen Blättern ruhmvoll erwähnt wurde. -- Der bey demselben Heere rühmlich bekannte und unerschrockene Major Gavenda ist ein Bruder desjenigen, der bey Ebelsberg den Heldentod starb.
Während das zweyte Bataillon von Lindenau siegreich vordringt, bewährt sich die Besatzung im Schlosse als würdige Brüder der Helden. Der Feind stürmet die Burg von mehreren Seiten; der Fahrweg vom Wasserthor her ist bald mit Leichen bedeckt, und neue Scharen dringen nur vor, um mit ihren gefallenen Brüdern schnell ein gleiches Schicksal zu theilen; doch unbemerkt ersteigen die Feinde die gedeckte Treppe aus dem Wirthshaus zum Stern; schon ist ein bedeutende Schar im Zwinger des Schlosses, als der Feldwebel Werthheim unter dem Zuruf: Loudon! Loudon! mit 30 Braven sich den Feinden entgegenwirft, und sie in den Graben hinabstürzt; ein zweyter Angriff wird gleichfalls abgeschlagen, und die Ansicht des Feindes auch auf diesem Puncte vereitelt *).
- *) W. erhielt die silberne Tapferkeitsmünze, und wurde bald darauf zum Officier befördert.
Eine andere feindliche Schar dringet indeß durch den äußeren Schloßgraben vor, um die Anhöhe zu gewinnen; doch kaum bemerkt der Hauptmann Heinrich v. Sigler, Befehlshaber einiger Ergänzungscompagnien von Carl Schröder, die drohende Gefahr, als er ohne erhaltenen Befehl aus der zweyten Linie im Sturmmarsch auf die Feinde rückt, und unter dem Zuruf: "Nur mir nach Brüder!" der Erste in den Graben springt. Die Mannschaft, größtentheils in Gallizien und Mähren erst neu geworben, folgt unerschrocken dem Beyspiele des muthigen Anführers, dringt mit gefälltem Bajonett auf die Feinde ein, und wirft sie eine bedeutende Strecke zurück
Während man auch hier mit der größten Erbitterung kämpft, erklimmet eine andere feindliche Abtheilung die Anhöhe von der Wasserseite her; eine Compagnie von wallachisch-illyrischen Regiment feuert ein Mahl auf sie, und zieht sich dann schnell gegen den Wald zurück; die Feinde, ohne zu feuern, dringen in Eile zur vorwärts, ihre Zahl mehret sich mit jedem Augenblick, und die Batterie der acht Kanonen, die Besatzung im Schlosse, die Mannschaft im Graben sind in Gefahr, im Rücken genommen zu werden; -- doch durch die Schuld einiger Wenigen sollten die Thaten so vieler Braven nicht verloren gehen, und im Augenblicke der höchsten Gefahr eilet auch hier der Retter herbey.
Als durch das schnelle Vorbrechen der Feinde das Abbrennen der Brücke vereitelt ward, erbath sich der Hauptmann Simbschen vom Generalstabe eine Batterie vom General Hiller, um wenigstens dem Feinde das Vordringen über die Brücke zu erschweren. Nach erhaltener Erlaubniß befiehlt er der Mannschaft von drey leichten Kanonen, auf die er zuerst stoßt, und bald darauf dem Oberlieutenant Stoinek vom 4 Artillerieregiment, ihm mit seiner Batterie zu folgen; er selbst eilet voraus, um den vortheilhaftesten Punct zur Aufführung des Geschützes zu wählen. Da sieht er die fliehenden Wallachen und den auf der Anhöhe vordringenden Feind; sogleich sprengt er zu dem nächsten Regiment, Joseph Mitrovsky, und befiehlt, um jede Zögerung zu heben, im Nahmen des Erzherzogs Ludwig, dem Oberstlieutenant Salins, sogleich im Sturmmarsch vorzurücken: "Der Feind müsse über die Anhöhe hinabgeworfen werden " Er selbst eilt auf den rechten Flügel des Regiments, wo der Feind bereits die Seite gewonnen, und bis auf 40 Schritte sich genähert hat; schon stürzen Officier, mit welchen sich Simbschen bespricht, durch feindliche Kugeln todt oder verwundet zur Erde, als auf seinem Befehl der Sturmmarsch ertönt; das dritte Bataillon stürmt des tapfern Salins Anführung mit gefälltem Bajonett auf den Feind, während das zweyte zur Unterstützung folgt, wirft ihn über die Anhöhe hinab, und verfolgt ihn bis in die Nähe der Brücke; nun gelingt es auch Siglern bis dahin vorzudringen, und das lebhafte Musketenfeuer beyder Abtheilungen erschweret nicht wenig den Übergang der feindlichen Truppen. Auch in diesen beyden Gefechten wurden einige hundert Gefangene gemacht. Bis zur Brücke selbst vorgedrungen, hinderte eine Verrammlung, die der Feind in Eile gemacht, nun mit Verzweiflung vertheidigte.
So brach sich der Ungestüm der siegtrunkenen Franzosen an der Brust von fünf Helden; entflammt von dem Muthe, der in der Stunde der Gefahr starke Seelen über sich selbst erhebt, schlugen die Braven den wüthenden Anfall des weit stärkeren Feindes zurück, retteten durch ihr beynahe gleichzeitiges Zusammenwirken das Heer, und belebten aufs neue den Kampf. Baumgarten führte zwey Kanonen, Küffel drey Compagnien vom 6ten Bataillon der Wiener Freywilligen auf den Kampfplatz vor, während der Major Managetta, ganz den Wünschen der drey andern Compagnien entgegen, auf der Anhöhe ruhig auf den Ausgang des Treffens harrte; das dritte Bataillon von Stuart, eins von Jordis, der Rest vom dritten Bataillon von Lindenau, gehorsam ihrem innern Drange, betraten die Ehrenbahn ihrer Waffenbrüder, und stellten ein größeres Gleichgewicht in den Streitkräften der kämpfenden Theile her; der F. M. L. Dedovich forderte mehrere Truppen auf, dem Beyspiele ihrer braven Waffenbrüder zu folgen, und eilten dann selbst in den Vormarkt hin; allmählig rückten Abtheilungen von Klebek und Stain, Kerpen und Deutschmeister nach, und in einem Halbzirkel um Ebelsberg entzündete sich der wüthendste Kampf, in welchem Freywillige und Veteranen den edelsten Wetteifer erprobten. Johann Zaunmüller, Oberlieutenant vom 6ten Bataillon der Wiener Landwehr, forderte Freywillige hervor. "Wir alle folgen ihnen, führen Sie uns nur gut an," war die Antwort von drey Zügen. "Wenn ich weiche, so stoßet mich nieder." erwiederte Zaunmüller, und stellte sich an die Spitze der Braven. -- Im Gedränge des Rückzuges blieben zwey österreichische Kanonen in einer Gasse von Ebelsberg stehen; jetzt sammelt Philipp Szluha, Feldwebel von Benyovsky, 70 Mann von verschiedenen Regimentern, spricht ihnen Muth zu, und dringt in den Markt ein, um die verlornen Kanonen wieder zu erobern; er wirft eine Abtheilung französischer Grenadier mit dem Bajonett in so großer Unordnung zurück, daß er nicht nur dem überlegenen Feind seine geringen Streitkräfte verbirgt und die Kanonen erobert, sondern auch noch 260 Kriegsgefangene macht und zwey Fahnen erbeutet. -- Den Österreichern war ihr Selbstgefühl wieder gegeben, den Franzosen dagegen der Muth merklich gesunken; von fünf Seiten zurückgeworfen eilten sie gegen das Brückenthor zurück, als gerade eine neue Abtheilung durch dasselbe vordrang, und einen undurchdringlichen Damm für die Weichenden bildete. Durch ihre eigenen Waffenbrüder in der Flucht aufgehalten, kehrten sie aus Verzweiflung in den Kampf zurück.
Dieß war der günstige Augenblick, der mit Einsicht und Kraft benützt, das Treffen für die Österreicher hätte ruhmvoll entscheiden können, auch übersahen ihn mehrere Officier vom Generalstabe nicht; die bestürmten den General Hiller mit Bitten, jetzt, nachdem der Kampf sich so glänzend erneuert, von mehreren Puncten aus den Markt zu stürmen, und bothen sich zu Führern der verschiedenen Abtheilungen an. "Nur bis zur Brücke dürfte man vordringen; diese schnell zerstört lasse allen Feinden am rechten Ufer die Wechselwahl, sich zu ergeben oder in die Traun sich zu stürzen; nahe sich auch auf dem rechten Ufer von Wels her eine feindliche Schar, so müsse der Sturm, werde er mit Ungestüm begonnen und mit Nachdruck fortgesetzt, bis zu ihrer Ankunft schon lange entschieden seyn, und dann stehe ihr ein Heer entgegen, das in dem ersten Siege den sichern Bürgen für den zweyten erblicke; der Feind verliere einige Tage durch die Wiederherstellung der Brücke, ein unschätzbarer Gewinn zugleich für den Erzherzog."
Anders dachte General Hiller. Unter den Waffen ergraut, stürmte in seiner Brust nicht mehr das jugendliche Feuer, das die Gelegenheit im Fluge ergreift; durch Alter und Erfahrung bedachtsam, mißtraute er vorzüglich heute dem Glücke; er würdigte den mörderischen Kampf, den die Eroberung des Marktes noch kosten werde; und in Ungewißheit, wann und welche Streitkräfte der Feind bey Wels über die Traun gesendet, fürchtete er stets in einem zweyten Kampf verwickelt zu werden, ehe der erste noch geendiget sey; ein übereilter Rückzug oder ein allgemeines Treffen war dann schwerlich zu vermeiden; als Veteran mit dem Wechsel des Glückes in Schlachten bekannt, zitterte er, Trotz der errungenen Vortheile, bey der Überlegenheit des Feindes für den Ausgang des heutigen Tages; fortdauern sollte daher der Kampf noch einige Zeit, um den Feind auf den Markt zu beschränken, und dem Gepäcke einen weiten Vorsprung zu verschaffen; doch den grössern Theil seines Fußvolks zum Sturm auf Ebelsberg vorzuführen, wagte er nicht; die Hoffnung des Erzherzogs beruhte auf der Vereinigung mit seinem Heere; dessen Erhaltung mußte daher sein Hauptzweck seyn, und diesem das Erringen jedes andern Vortheils untergeordnet bleiben. So schwand also für den Feldherrn und das Heer die schmeichelnde Hoffnung dahin, an einem Tage einen doppelten Sieg dem Siege von Neumarkt anzureihen; ja vielleicht der hohe Ruhm, daß selbst Napoleon an diesem Tage vor ihnen gewichen sey.
Dieser war eben auf dem Marsche von Wels nach Kleinmünchen, als ein Eilbothe ihn traf, und über den hartnäckigen Kampf in Ebelsberg belehrte. Da es jetzt zweifelhaft blieb, ob Massena auf diesem Puncte doch noch vordringen werde, so kehrte Napoleon mit der Division Nansouty (Kürassier) und Molitor sogleich nach Wels wieder zurück, eilte von da über die hergestellte Traunbrücke, von der man aus mißverstandener Sparsamkeit auch nur einige Joche abgetragen hatte, nach Weiskirchen, um durch einen Angriff auf die linke Seite das österreichische Heer zum Weichen zu bringen. Doch ehe die Truppen diesen weiten Weg zurücklegen konnten, war auch in Ebelsberg das Treffen bereits entschieden.
Der Besitz des Marktes mußte hier das Schicksal des Tages entscheiden; mit Hartnäckigkeit und Wuth kämpft man daher um das Ennserthor; eine französische Masse stellte sich auf dem Marktplatze auf, zwey Kanonen wurden auf den Eingang des Thors gerichtet; an jedem Fenster, an jeder Hausthür, ja selbst an den Öffnungen der Keller lauerten französische Schützen, und alle Seitengassen wurden verrammelt oder durch aufgeworfene Brustwehren geschützt; die österreichischen Bataillons sammelten sich nach und nach vor dem Ennserthor, und kleinere Scharen drangen voll Heldenmuth durch dasselbe dem Feinde entgegen; ein Kugelregen schmetterte sie nieder, und nur Wenige kehrten zurück. -- Baumgarten erkennt die nutzlosen Opfer einzelner Helden, von allen Truppen vereint muß der Angriff, soll er andrrs gelingen, unternommen werden; er eilt gegen das Thor, und fordert die Mannschaft auf, ihm muthig zu folgen. In demselben Augenblick sprengt auch Salis aus dem Vormarkte herbey, und drängt sich durch die enggeschlossene Masse: "Mir nach, Brüder," ruft er den Kriegern zu. "Vorwärts! Vorwärts!" schrien alle; allein nur eine kleine Schar folgt ihm nach. Alle feindliche Gewehre sind auf das Thor gerichtet; doch muthvoll setzen Salis und Baumgarten über die Leichen hinweg, und dringen in die Gasse vor, ein mörderisches Kartätschen- und Musketenfeuer hagelt auf sie; Baumgartens linker Arm wird zerschmettert, an Salis Seite stürzt sein Adjutant, Joseph Schwendi, ein hoffnungsvoller Jüngling, todt zur Erde, und der größere Theil der Stürmenden theilet mit ihm dasselbe Loos; der Oberlieutenant du Mont vom 4ten Bataillon eilt mit 60 Mann herbey, mit drey Kriegern kehrt er zurück; Georg Schäfer, Zimmermann vom 6ten Bataillon, wirft einen Fahnenträger zu Boden, entwaffnet ihn, und zeigt sich jubelnd mit der erbeuteten Fahne seinen Waffenbrüdern wieder; noch stehet Salis nächst dem Thore, und bittet und mahnet ihm zu folgen; allein die Kräfte der meisten Truppen, welche an dem erneuerten Kampfe Antheil genommen, sind erschöpft; sie selbst, zufrieden mit den errungenen Vortheilen, keiner höhern Begeisterung, um den Lorber zu erringen, in dieser Stunde mehr fähig; nach fruchtlosen Harren kehrt auch Salis voll Unmuth zurück: "Hätte nur mein Bataillon," rief er schmerzvoll aus, "durch die verworrene Masse sich durchdrängen können, meine Braven wären gewiß mir gefolgt."
Eben so fruchtlos, als die Angriffe der Österreicher auf das Ennserthor, waren auch die Stürme der Franzosen auf den Vormarkt und das Schloß; ganze Massen, welche die Anhöhe zu ersteigen suchten, wurden niedergeschmettert, und jede Abtheilung, die in den Vormarkt drang, mit dem Bajonett zurückgeworfen; die französischen Obersten Cardeneau und Landy starben den Heldentod; dem General Cohorne, dessen Nahme, Narben und sprechende Gesichtszüge an die Helden erinnern, die im 17. Jahrhundert in Hollands und Flanderns Ebenen Lehrer der neuern Kriegskunst geworden, wurde ein Pferd unter dem Leibe getödtet, und der Oberst der Scharfschützen vom Po, Alexander Clairmont, vom Hauptmann Schluderer gefangen; dieser brave Officier spaltet einem Fahnenträger den Kopf, und erobert die Fahne; an seiner Seite ficht, als treuer Gefährte in der Gefahr, sein Feldwebel Johann Wagner, tödtet im einzelnen Kampfe mehrere Feinde, und nimmt einige, unter diesen einen Officier, gefangen. Durch einen Kolbenschlag stürzt er besinnungslos zu Boden; doch kaum hat er sein Bewußtseyn wieder erhalten, als er aufs neue in den Kampf eilt, und einen Officier und zwey Gemeine sich zu ergeben zwingt. Unter den Gefangenen waren mehrere mit dem Legionskreutze geschmückt, doch keinem wurde dieß Ehrenzeichen von den Wiener Freywilligen geraubt. Diese ehrten die Feinde im Unglück, und bewiesen den edlen Sinn, der die Tapferkeit zur schönsten männlichen Tugend erhebt.
Durch das plötzliche Aufflammen des Muthes bey einzelnen Scharen erhält der Kampf stets neue Nahrung; doch ohne Plan und Ordnung, ohne dem Zusammenwirken größerer Massen kann kein Angriff gelingen, und die Tapferkeit, bloß von blinder Wuth geleitet, verschwendet fruchtlos ihre Kräfte; beyde Parteyen wechseln häufig die Rollen, und die Angegriffenen gehen schnell zum Angriff über, um bald darauf wieder auf ihre Vertheidigung sich beschränken zu müssen; Leichenhügel thürmen sich auf dem engen Kampfplatze vor dem Ennserthor und auf dem Fußsteige zum Schlosse, und trennen die erbitterten Feinde. Vergebens! die Wuth, die mit der Dauer des Kampfes nur zu wachsen scheint, führt sie auf neuen Wegen wieder gegeneinander; es ist kein Gefecht mehr, es ist ein regelloses Gemetzel. Gegen drey Stunden wüthet auf diese Weise der Kampf; beträchtlich ist der Verlust der Österreicher, allein die ganze Division Claparede, die 7000 Mann gewählter Kerntruppen stark war, beynahe aufgerieben, und ihr Anführer selbst schwer verwundet; dennoch blieb die Schlacht noch immer unentschieden.
Während in Ebelsberg der Kampf fortgesetzt wird, trifft ein österreichischer Officier vom Generalstabe die zweckmässigsten Anstalten, um den Franzosen noch am Abende des Tages den Sieg zu entreissen. Diese hatten bis jetzt durch ihr Geschütz am linken Ufer nur wenig geschadet; allein nun führten sie dort mehrere Batterien auf, und beschossen daraus die Truppen, die gegen den Schildenberg zu standen, sehr heftig; hier fiel der Major Radubitzky von Kienmayer Hussaren, ein ausgezeichnetet Officier, von allen seinen Waffenbrüdern innig bedauert. Um das feindliche kanonenfeuer minder schädlich zu machen, sprengt der Hauptmann Wirker herbey, und gibt mehreren Bataillons eine veränderte Stellung, wodurch die Schüsse der feindlichen Kanonirer bey dem höhern rechten Ufer völlig unsicher wurden. Ohne besondern Auftrag findet dieser thätige Officier *) überall seinen Ehrenposten, wo Gefahr seinen Waffenbrüdern droht. Er eilt zu den drey ersten Bataillons der Wiener Freywilligen, die hinter dem Schlosse aufgestellt waren, und das feindliche Feuer, Trotz mehrerer Kugeln, die in ihren Reihen gewüthet, standhaft ertrugen. Bey ihrem Anblick erinnert sich Wirker an die Heldenthaten der Bataillons Küffel und Salis; von dem Gedanken plötzlich ergriffen, mit frischen Truppen Ebelsberg aufs neue zu stürmen, fordert er sie auf, den Kampf, den ihre unerschrockenen Waffenbrüder so ruhmvoll begonnen, gleich ruhmvoll enden zu helfen, der schönste Lorber werde dann heute den Wiener Freywilligen zu Theil. Mit hohem Jubel wird sein Vorschlag aufgenommen, und er verläßt die Braven bloß, um noch mehrere Truppen für denselben Zweck zu begeistern. Doch während er, vom patriotischen Feuer getrieben, von Bataillon zu Bataillon sprengt, die Mannschaft an Ehre und Vaterland erinnert, überall gleichgestimmte Gemüther findet, und im Geiste den Lorber schon errungen sieht, -- geht der Sieg unwiederbringlich für die Österreicher verloren.
- *) Als Major vom Pioniercorps leitet er jetzt den Bau der Verschanzungen zu Tulln.
Alle Bataillons, die an dem erneuerten Kampfe Antheil genommen, waren beträchtlich geschwächt, durch das Wegtragen der Verwundeten die Streiter selbst noch gemindert, die Kräfte der Soldaten durch den langen Kampf gänzlich erschöpft, und die Truppen zuletzt auch noch ohne Patronen; der F. M. L. Fürst Reuss befahl daher dem Regimente Beaulieu, dem noch andere Truppen nachfolgen sollten, die Besatzung im Schlosse und Vormarkte abzulösen. Als einige Officier die Ursache der anrückenden Waffenbrüder erfuhren, und den Befehl zum Rückzug ertheilten, riefen Hunderte laut: "Der Rückzug sey befohlen." Der größere Theil der Truppen kehrte sich auf dieses Geschrey schnell um, stürzte in den Vormarkt und Hohlweg, und riß das Regiment Beaulieu mit sich fort; furchtbar war das Gedränge und die Verwirrung, und die Mannschaft aller Bataillons untereinander geworfen; kein Commandowort wurde gehört, kein Befehlshaber geachtet; und da zu eben der Zeit, als sie das Flachfeld erreichten, ein Bataillon von Kerpen, das am Rande des Waldes stand, gegen die Poststraße sich zog, so hielten sie auch diese zufällige Bewegung für einen neuen Beweis des angeordneten Rückzugs, eilten dem Walde zu, und erst hinter dem Schildenberge gelang es einigen Officiers, ihre Mannschaft wieder in Ordnung zu stellen. Vom Schrecken betäubt sah Wirker starr und blaß die abziehenden Truppen, von den schmerzlichsten Gefühlen gefoltert ritt auch er zuletzt dem Walde zu. Der F. M. L. Dedovich stürzte über einen Leichenhügel mit dem Pferde, wurde eine Strecke weit geschleppt, und am Kopf und Fuße beschädigt; ein Zimmermann von Kerpen hilft ihm wieder auf, und führt ihn, vom Oberlieutenant Carl Pölzl vom 4. Bataillon unterstützt, bis auf das Flachfeld fort; hier stossen sie auf den Hauptmann Dragolovich von Stuart, der nur noch 15 Mann mit der Fahne bey sich hatte. Diese nahmen den General in die Mitte, und brachten ihn vom Schlachtfelde zurück.
Diese unvermuthete rückgängige Bewegung der österreichischen Bataillons in Ebelsberg gewährte nun nach einem dreystündigen fruchtlosen Gefecht den Franzosen den großen Vortheil, ihre Übermacht entwickeln zu können; dem österreichischen Heere dagegen drohte jetzt dieselbe Gefahr, aus der es der schnelle, muthvolle Angriff der Wiener Freywilligen schon ein Mahl gerissen. In diesem gefahrvollen Augenblick geboth die dringende Noth auch die härteste Maßregel, und Ebelsberg, ehe das Schloß und der Vormarkt von den Österreichern noch gänzlich geräumt waren, wurde in Brand gesteckt, um die feindliche Reiterey sammt dem Geschütze in ihrem Vorrücken wieder aufzuhalten. Johann Gabella, ein Veteran vom 4. Artillerieregiment, ein Böhme, unternahm das große Wagestück. Mit einem Bund brennender Lichteln in der Hand rannte er bis auf den Markt, warf den Brennstoff selbst in Häuser, die nahe an der Brücke lagen, und kehrte, trotz des Kartätschenhagels aus zwey Kanonen, und der Kugel, die aus allen Fenstern auf ihn abgefeuert wurden, unverletzt wieder zurück *). Das Feuer griff in dem Markte, der von Holz erbauet war, mit Wuth um sich, erreichte auch das Schloß, und von 87 Häusern brannten 60 mit der Kirche ab; die Verwundeten starben den jammervollen Tod in den Flammen, und binnen einer Stunde war Ebelsberg ein rauchender Schutthaufe, der mit der Menge halbverbrannter, gerösteter Leichen den gräßlichsten Anblick darboth. Ein Theil der Einwohner hatte sich gleich beym Anfange des Treffens in die nahen Wälder geflüchtet, der andere hielt sich in Kellern und Gewölben verborgen; doch von allen 590 wurden nur vier verwundet, von welchen nur Einer an seinen Wunden starb.
- *) Seine kais. Hoheit der Erzherzog Ludwig schenkte ihm 300 Gulden.
Den Vormarkt, den Schauplatz so vieler herrlichen Thaten, verließen die letzten Österreicher nicht, ohne selbst beym Rückzuge dem Feinde Ehrfurcht zu gebiethen. Eine Kanone stand ohne Bespannung, die Kanonierer und die Pferde lagen erschossen herum. Die Wiener Freywilligen knirrschten vor Unmuth, dem Feinde dieß Siegeszeichen zu überlassen. Da springt der Oberlieutenant Zaunmüller hervor: "Mir nach, Brüder, die Feinde sollen die Kanone nicht bekommen." Andreas Pfeffer vom 4. Bataillon spannt sich mit mehreren Freywilligen vor sie, und bringt sie zu dem österreichischen Heere jubelnd zurück Mit einer andern Schar Freywilliger eilt Zaunmüller gegen das Ennserthor, und schützt eine geraume Zeit die abziehenden Brüder. Durch eine Kugel und einen Bajonettstich verwundet sinkt der Wackere entkräftet zu Boden; ein fünfzigjähriger Mann vom 6ten Bataillon erblickt ihn hülflos, wird dessen Stütze und Schutz, und theilet von nun an mit ihm jede Gefahr und Beschwerde. -- Um das schnelle Vordringen der Franzosen noch mehr zu erschweren, hielt man für zweckmäßig die Straße von Ebelsberg zu verrammeln. Der Feldwebel Anton Schenk von Carl Schröder deckte mit einigen Freywilligen die Arbeiter. Voll Muth und Entschlossenheit ging er dem vorrückenden Feinde entgegen, und löste seinen kleinen Trupp in Plenkler auf, die so wirksam feuerten, daß die Feinde so lange aufgehalten wurden, bis die Straße gesperrt war. -- Die Wiener Freywilligen zogen sich durch den Vormarkt gegen den Wald; der Gemeine Franz Eiserlein vom 4. Bataillon kehrt vom Hasse getrieben noch ein Mahl zurück, erschießt einen feindliche Fahnenträger und erbeutet die Fahne. Ein Franzose will ihm dieses Siegeszeichen entreissen, doch Eiserlein stoßt mit dem Bajonett seinen Gegner zu Boden, und kehrt mit der Fahne zu seinen Waffenbrüdern jubelnd zurück.
Das Feuer im Markte drohte auch die Brücke zu ergreifen, aus Vorsicht trug daher der Feind zwey Joche ab; allein der Ingenieurhauptmann Cressac schlug sogleich eine Laufbrücke, welche von der Traunbrücke an das Ufer unter dem Schlosse führte. Der Divisionsgeneral Legrand rückte dann mit dem 25. leichten und dem 18. Linienregimente vor, besetzte mit einem Theile den Markt, erstieg mit dem andern den Berg, ließ durch die Sappeurs die Thore des Schlosses einhauen, und begann ein Gefecht mit dem Nachtrab der Besatzung, wobey er einige Gefangene machte.
In voller Erwartung ein fliehendes Heer vor sich zu sehen, drangen zwey französische Scharen, ungefähr 4000 Mann stark, links und rechts von Ebelsberg auf das Flachfeld vor, allein sie waren nicht wenig bestürzt, das österreichische Heer in Schlachtordnung zu finden; das Fußvolk stand in einem Halbzirkel, dessen beyde Spitzen beynahe die Traun und den Kremsbach berührten, rückwärts waren einige Bataillons zur Unterstützung aufgestellt, und am Rande des Waldes auf beyden Seiten der Straße hielt die Reiterey. Mit Kartätschen- und Musketenfeuer empfangen wagten die Franzosen nicht weiter vorzudringen, bildeten ein Viereck, und beschränkten sich bloß auf ihre Vertheidigung. Hier wurde der Oberst von Deutschmeister, Freyherr von Engelhardt, schwer verwundet; minder gefährlich Georg Buchetich, Hauptmann von Kerpen, der ohne sich verbinden zu lassen bey der Truppe blieb; das mährische Landwehrbataillon Woraschizky stand gleich den geübtesten und entschlossensten Truppen dem Feinde gegenüber; der Erzherzog Ludwig zeigte viel persönlichen Muth; schon früher durch eine Kugel am Fuße gestreift, harrte er bis ans Ende des Treffens aus, und mahnte durch Worte und Beyspiel die Truppen. Schon wankten die Franzosen aufs neue, als General Hiller die bestimmte Nachricht erhielt: eine Abtheilung feindlicher Reiter, der in einiger Entfernung Infanteriemassen folgten, nähere sich von Weiskirchen her; er ertheilte daher sogleich den Befehl zum Rückzug. Die österreichische Reiterey verließ zuerst ihre Stellung, und die Hussaren von Kienmayer und die Uhlanen von Erzherzog Carl stellten sich hinter dem Schildenberge auf, um den Rückzug des Fußvolks zu decken. Dieses zog in geschlossenen Massen und in größter Ordnung ab. Vier Escadrons von Lichtenstein Hussaren, welche auf Hillers Befehl General Nordmannn während seines Rückzugs nach Steyer zum Heer abgeschickt hatte, schlossen sich an die leichte Reiterey an. Die Brigade Bianchi wurde rechts an der Poststraße aufgestellt, um den Nachtrab zu bilden. Als Beweise ihrer Tapferkeit führten die Österreicher drey Adler und 1400 Gefangene mit sich fort. Die Franzosen dagegen rühmen sich 2 Fahnen und 4 Kanonen erbeutet zu haben.
Das unerschrockene Betragen eines österreichischen Kanonierers bey diesem Rückzuge darf nicht mit Stillschweigen übergangen werden. Durch sein wohlgerichtetes Feuer hielt er zuerst den Feind am Ennserthor, dann am Ende des Hohlwegs, und zum dritten Mahle nahe am Schildenberg auf; er setzte gleichsam für sich allein das Treffen fort; doch hier wurde er verwundet und gefangen; allein schon nach wenigen Tagen ist er wieder in Freyheit, mischt sich in Bauernkleidung unter die Arbeiter des Brückenkopfs zu Ebelsberg, nimmt alle Verschanzungen auf, und entkommt glücklich mit seinen Zeichnungen an das linke Ufer der Donau *). Tausende wußten um dieß Geheimniß, und dennoch blieb es unentdeckt; kein unbedeutender Beweis von dem Biedersinne des Volkes ob der Enns.
- *) Wir geben noch nicht die Hoffnung auf, den Nahmen dieses Braven zu erfahren.
Die letzte Schar, welche den Kampfplatz verließ, war ein Bataillon von Kerpen, 4 Compagnien stark, unter dem Oberstlieutenant O'Brien. Um den Rückzug in Ordnung antreten zu können, mußte die feindliche Masse, die gegen das Bataillon vordrang, zurückgeschlagen werden. Drey Mahl griff es der Feind an, und drey Mahl wurde er mit dem Bajonett zurückgeworfen; nun zog sich O'Brien quer über das Flachfeld gegen den Wald, und deckte die rechte Seite des abziehenden Fußvolks; am Eingange eines Hohlwegs ward sein Pferd erschossen; er stürzt, doch besonnen befiehlt er, daß das erste Glied des reihenweis marschirenden Bataillons die Anhöhe des Hohlwegs besetze; die feindlichen Plenkler werden nun abgehalten, das Bataillon erreicht den Feldweg, der links zur Straße nach Enns führt, und decket auf dem weitern Marsche die rechte Seite des Heeres.
Nun trat auch die Brigade Bianchi ihren Rückzug an; den Nachtrab bildete eine Division von Ignaz Giulay, welche der Feind in der Seite angriff. Der Befehlshaber der Division schickte den Corporal Johann Pinter, einen unerschrockenen Krieger, mit 12 Mann den feindlichen Plenklern entgegen. Dieser vertheilte die Mannschaft sehr zweckmäßig, benützte alle Vortheile, welche die Landschaft ihm darboth, und hielt den Feind durch sein wohlgerichtetes Feuer in großer Entfernung; er wird mit fünf der Seinigen verwundet: "Wer wird heute," antwortete er allen, die ihn auf seine Wunde aufmerksam machen, "um einer solchen Kleinigkeit willen seinen Posten verlassen!" Die Division setzte indeß ruhig ihren Marsch fort.
Die Wegenge vom Schildenberge bis in die Nähe von Asten dauerte beynahe eine Stunde; beym Ausgange aus derselben stand ein Bataillon von Joseph Mitrovsky unter dem Major Graf Kinsky; mit Ungestüm angegriffen vertheidigte es sich mit Heldenmuth, behauptete seinen Posten, und folgte dann dem Heere nach. Dieses hatte an Todten, Verwundeten und Gefangenen 116 Officier und 4379 Mann vom Feldwebel abwärts verloren; die Wiener Freywilligen zählten allein 5 Officier und mehr als 300 Gemeine, die auf dem Schlachtfelde den Heldentod starben.
Die zweyte Unterstützungsschar, verstärkt durch die leichten Reiter von Rosenberg, deckte bey Asten den ferneren Rückzug des Heeres. Einige französische Bataillons, vereint mit zwey Regimentern leichter Reiterey, welche unter dem General Durosnel von Weiskirchen herbeygeeilt waren, rückten gegen dasselbe an; General Kienmayer schickte ihnen die Regimenter Knesevich (Dragoner) und Rosenberg in der Ebene von Asten entgegen, während das Grenadierbataillon Kirchbetter gegen St. Florian sich zog, um dem Feinde in seine rechte Seite zu fallen; zwey Grenadiercompagnien von Vukassovich drangen mit Ungestüm vor, und warfen den Feind zurück, der schon die ersten Häuser von St. Florian erreicht hatte; der Oberlieutenant Graf Gatterburg zeichnete sich bey diesem Angriff besonders aus, der den Grenadieren einige 50 Mann kostete; der Feind, der nebst einer weit größeren Anzahl an Todten auch noch viele Gefangene verlor, zog sich in Eile auf den Schildenberg zurück. Man merkte deutlich, wie kräftig der tapfere Widerstand der Österreicher auf den Geist der französischen Soldaten gewirkt hatte.
Das Treffen war geendigt, doch der Kampf dauerte zwischen einzelnen Streifparteyen noch fort. Eine Schar französischer Nachzügler, die Pest des Heeres, ergoß sich über die nächsten Dörfer, und verübte alle Gräuelthaten der Raubsucht und Zügellosigkeit. Das Regiment Jordis, das in dieser Gegend seinen Werbbezirk hat, konnte sich rühmen, heute den Herd der Väter vertheidigt zu haben, und war mit schwerem Herzen von dem Schauplatze der frohen Jugend gewichen. Noch standen die Grenadier dieses Regiments vor Asten, als plötzlich flüchtige Kinder unter die Krieger sich stürzen, und bey den ältern Brüdern Hülfe für sich und die mißhandelten Ältern suchen. Beym Anblick der weinenden und blutenden Kleinen erwachen mächtig die Gefühle des Sohns. „Wer folgt mir," rufen mehrere zugleich mit blitzenden Augen; aller Stege vollkommen kundig dringt jeder von treuen Waffenbrüdern begleitet durch den Garten in das väterliche Haus, und überfällt die zügellose Bande: „Seyd ihr Soldaten," donnert er die Erschrockenen an; mit Kolbenstößen bestraft wegen der Mißhandlungen, die sie an den geliebten Ältern und Geschwistern verübt, wird keiner der Elenden getödtet, damit nachkommende Feinde nicht blutige Rache an den schuldlosen Ältern nehmen; mit gebundenen Händen werden die Räuber als Gefangene abgeführt, und noch einige Mahle befreyte kindliche Liebe an diesem Abend die nächsten Dörfer um St. Florian von dem Auswurfe der Menschheit.
Gegen 10 Uhr Abends trat auch General Kienmayer seinen Rückzug nach Enns ab; auf den Donner des Tages folgte jetzt eine tiefe Stille, die nur das Feldgeschrey der Wachen zuweilen unterbrach; die Einwohner brachten schlaflos diese Nacht im Freyen zu. -- Gegen zwey Uhr Morgens röthete sich plötzlich der Himmel, der östliche Horizont schien ein Flammenmeer zu seyn; bald errieth man die Ursache dieser Erscheinung. Oberstlieutenant Klopstein von Deutschmeister vollzog seinen Auftrag, brannte die Brücke über die Enns ab, und erwarb sich durch sein tapferes und kluges Betragen am kommenden Tage das Theresienkreuz und den sprechenden Beynahmen von Ennsbruck. „Nun sind wir ganz von unsern Brüdern geschieden; ganz in den Händen des übermüthigen Feindes!" klagten in Verzweiflung die bangen Einwohner. „Was wird unser künftiges Schicksal seyn? war der Gedanke, der einem jeden dieser guten Menschen schwer auf der Brust lag. Ihr tiefer Schmerz löste sich endlich in Thränen auf; weinend stürzten sie zur Erde, hoben die zitternden Hände zum Himmel empor: „Herr der Heerscharen!" betheten sie, „Laß Österreich in diesem schrecklichen Kampfe nicht sinken!"
Fünftes Bülletin von der Französischen Armee in Deutschland.[]
Aus dem Hauptquartier zu Enns, den 4. May.
Nachdem der General Oudinot am 1. May 1100 Gefangene gemacht hatte, drang er bis über Ried vor, wo er noch 400 Gefangene macht; so hat er an diesem Tage 1500 Mann, ohne einen Flintenschuß zu thun, gefangen genommen.
Die Stadt Braunau war ein fester Platz von ziemlich grosser Bedeutenheit, weil sie die Oesterreicher zu Herren einer Brücke über den Fluß machte, welche Osterreichs Gränze bildet. Durch einen Schwindelgeist, der dieses schwachen Kabinets würdig ist, hat es eine, auf einer Gränzposizion gelegene Festung, die ihm von grossem Nutzen seyn konnte, zerstört, um zu Comorn, mitten in Ungarn, eine andere zu erbauen. Schwerlich wird die Nachwelt an diese ausschweifende Inkonsequenz und Narrheit glauben können.
Der Kaiser kam zu Ried den 2. May um 1 Uhr Morgens, und zu Lambach am nämlichen Tage um 1 Uhr Nachmittags an.
Zu Ried fand man eine eingerichtete Feldbäckerey von 8 Oefen, Magazine von 20,000 Zentnern Mehl.
Die Brücke zu Lambach über die Traun war vom Feinde abgeschnitten, sie wurde an diesem Tage wieder hergestellt.
Der Herzog von Istrien, Kommandant der Kavallerie, und der Herzog von Montebello mit den Korps des Generals Oudinot rückten den nämlichen Tag zu Wels ein. In dieser Stadt fand man eine Feldbäckerey, 12 bis 15,000 Zentner Mehl, und Magazine von Wein und Branntwein.
Der Herzog von Danzig, welcher am 30. April zu Salzburg angekommen war, ließ auf der Stelle eine Brigade gegen Kufstein, und eine andere auf Rastadt, in der Richtung der Wege auf Italien, marschiren. Sein Vortrab verfolgte den General Jellachich, und überwältigte denselben in der Posizion zu Colling.
Den 1. May war das Hauptquartier des Marschalls Herzogs von Rivoli zu Schärding. Der Adjutant-Kommandant Trinqualye, welcher den Vortrab der Division St. Cyr führte, stieß zu Riedau auf der Strasse nach Neumark auf den feindlichen Vortrab; die Würtembergischen Chevauxlegers, die Badischen Dragoner, und 3 Kompagnien Voltigeurs vom 4. Französ. Linienregiment gewahrten kaum den Feind, so griffen sie ihn an, und verfolgten ihn bis Neumark. Sie tödteten ihm 50 Mann, und machten 500 Gefangene.
Die Badischen Dragoner haben brav in ein halbes Bataillon vom Regiment Jordis eingehauen, und es gezwungen, das Gewehr zu strecken. Den Oberstlieutenant von Emmerade, der sie anführte, war sein Pferd mit Bajonetstichen durchbohrt. Der Major St. Croix eroberte mit eigener Hand eine feindliche Fahne. Unser Verlust besteht in 3 Todten und 50 Verwundeten.
Der Herzog von Rivoli setzte am 2. seinen Marsch fort, und kam am 3. zu Linz an. Der Erzherzog Ludwig und der General Hiller hatten die Trümmer ihrer Korps durch eine Grenadier-Reserve und durch alles dasjenige, was das Land stellen konnte, verstärkt, und standen mit 35,000 Mann vor der Traun; aber bedroht, vom Herzog von Montebello umgangen zu werden, zogen sie sich nach Ebersberg, um dort über den Fluß zu setzen.
Am 3. zog der Herzog von Istrien und der General Oudinot auf Ebersberg, und vereinigten sich mit dem Herzog von Rivoli. Vor Ebersberg stiessen sie auf den Oesterreichischen Nachtrab. Die unerschrockenen Tirailleur-Bataillone von Po und aus Korsika verfolgten den Feind, der über die Brücke passirte, warfen die Kanonen, die Wägen, 8 bis 900 Mann in den Fluß, und nahmen in der Stadt 3 bis 4000 Mann gefangen, die der Feind daselbst zu ihrer Vertheidigung zurückgelassen hatte. Der General Claparede, von dessen Korps diese Bataillone der Vortrab waren, folgte ihnen; er rückte über Ebersberg, und fand 30,000 Oesterreicher, die eine vortheilhafte Posizion inne hatten. Der Marschall Herzog von Istrien ging mit seiner Kavallerie über die Brücke, um die Division zu unterstützen, und der Herzog von Rivoli veranstaltete, daß sein Vortrab von dem Armeekorps unterstützt wurde. Die Ueberreste vom Korps des Prinzen Ludwig und des Generals Hiller waren unvermeidlich verloren. In dieser äussersten Gefahr legte der Feind Feuer an die Stadt, die von Holz erbaut ist. In einem Augenblick verbreitete das Feuer sich überall, die Brücke war bald unbrauchbar, der Brand ging sogar bis an die ersten Jochspannungen, die man abschneiden mußte, um sie zu erhalten. Kavallerie, Infanterie, nichts konnte debouchiren, und die Division Claparede, allein, bloß mit 4 Kanonen, kämpfte 3 Stunden lang gegen 30,000 Feinde. Dieses Gefecht bey Ebersberg ist eine der schönsten Waffenthaten, deren Andenken die Geschichte aufbewahren kann.
Als der Feind sah, das die Division Claparede ohne Verbindung war, rückte er dreymal gegen sie an, und wurde allezeit mit den Bajonetten zurückgehalten und empfangen. Endlich, nach dreystündiger Arbeit, gelang es, die Flammen abzuwenden, und eine Passage zu öffnen. Der Divisionsgeneral Legrand mit dem 25. leichten Infanterie- und dem 18. Linien-Regimente begab sich nach dem Schlosse, was der Feind mit 800 Mann hatte besetzen lassen. Die Sapeurs schlugen die Thore ein, und, da der Brand das Schloß schon ergriffen hatte, so kam alles um, was in demselben eingeschlossen war. Nun zog der General Legrand der Division Claparede zu Hilfe. Der General Dürosnel, der über das rechte Ufer mit 100 Reitern ankam, schloß sich an ihn an, und der Feind mußte sich in aller eile auf den Rückzug machen. Auf die erste Nachricht von diesen Vorfällen marschirte der Kaiser selbst mit den Divisionen Nansouty und Molitor auf dem rechten Ufer. In größter Hast sich zurückziehend kam der Feind in der Nacht zu Enns an, brannte die Brücke ab, und setzte seine Flucht auf der Strasse nach Wien fort. Er hatte 12,000 Mann, wovon 7500 gefangen sind, 4 Kanonen und 2 Fahnen verloren.
Die Division Claparede, welche eine Theil der Oudinotschen Grenadiere ausmacht, hat sich mit Ruhm bedeckt; sie hatte 300 Todte und 600 Verwundete. Der Ungestüm der Tirailleurbataillone vom Po und aus Korsika hat die Aufmerksamkeit der ganzen Armee auf sich gezogen. Die Brücke, die Stadt und die Stellung von Ebersberg werden bleibende Denkmäler ihres Muthes seyn. Der Wanderer wird stehen bleiben und sagen: Hier, aus dieser prächtigen Stellung, von dieser so langen Brücke, aus diesem durch seine Lage so festen Schlosse wurden eine Armee von 35,000 Oesterreichern durch 7000 Franzosen verjagt.
Dem Brigade-General Coherne, einem besonders unerschrockenen Offizier, wurde ein Pferd unter dem Leibe getödtet.
Die Second-Obersten Cardenau und Lendy wurden getödtet.
Eine Kompagnie von Korsen-Bataillon setzte dem Feind in ein Gehölze nach, und machte für sich allein 700 Gefangene.
Während dem Gefechte bey Ebersberg kam der Herzog von Montebello zu Steyer an, wo er die vom Feinde abgeschnittene Brücke hatte wiederherstellen lassen.
Heute schläft der Kaiser zu Ens im Schlosse des Fürsten Auersberg; dem morgenden Tag wird man zur Wiederherstellung der Brücke anwenden.
Die Deputirten der Oberösterreichischen Stände sind Sr. Majestät bey Ihrem Bivouac zu Ebersberg vorgestellt worden.
Die Bürger aus allen Klassen und Provinzen erkennen, daß der Kaiser Franz II. der Angreifende gewesen ist; sie gestehen ein, daß das Haus Oesterreich sein ganzes Unglück verdient habe. Sogar öffentlich sagen sie, der schwache Charakter ihres Souveräns sey Schuld an ihren Leiden; alle äussern sie den tiefsten Dank für den Edelmuth, den der Kaiser im letzten Kriege die Hauptstadt und die von ihm eroberten Länder gebrauchte; mit dem ganzen Europa wissen sie, daß Kaiser Franz II. gewisse Empfindlichkeit unaufhörlich gegen eine Nazion beybehalten und genährt habe, die so groß, so edelmüthig gegen ihn gewesen war. So ist, selbst nach der Meinung der Unterthanen unsers Feindes, der Sieg auf der Seite des Rechtes.
Berichtigung.[]
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Posselt wurde häufig einer Vorliebe für Frankreich beschuldigt; den Hauptbeweis dieser Anklage wollte man vorzüglich in seiner partheyischen Kriegsgeschichte unserer Zeiten finden. Allein zur Ehre seines Andenkens sey es gesagt: Nie vergaß er die Quellen anzugeben, aus welchen er geschöpft; gar oft setzte er auch noch hinzu: Die Berichte der andern Partey müsse man erst erwarten, um über diese oder jene Begebenheit ein richtiges Urtheil fällen zu können. -- Ganz dem Geiste der strengen geschichtlichen Kritik entgegen handeln jedoch mehrere deutsche Schriftsteller, welche die französische Bulletins -- wir wissen nicht, ob aus Bequemlichkeit oder aus Sclavensinn -- für unfehlbar wahr anerkennen. Da in vielen geschichtlichen Werken das Treffen bey Ebelsberg genau nach dem französischen Berichte erzählt wird, da dieser selbst mehrere geachtete Schriftsteller irre geleitet hat, so erlaube man uns, das 5te französische Bulletin durch einige Anmerkungen zu berichtigen.
„Der Herzog von Rivoli setzte am 2. May seinen Marsch fort, und kam an 3. zu Linz an. Der Erzherzog Ludwig und der General Hiller hatten die Trümmer ihrer Corps durch eine Grenadier-Reserve und durch alles dasjenige, was das Land stellen konnte, verstärkt, und standen mit 35,000 Mann vor der Traun; aber bedroht, vom Herzog von Montebello umgangen zu werden, zogen sie sich nach Ebelsberg, um dort über den Fluß zu setzen."
Die Grenadier-Reserve unter dem General Kienmayer rückte schon im Aprill mit dem übrigen Heere nach Bayern vor, war bey dem Gefechte von Landshut und dem Treffen bey Neumarkt zugegen, und zog sich mit der fünften und sechsten Heerabtheilung wieder nach Österreich zurück. Außer einigen Landwehrbataillons und Ergänzungstruppen, welche, auf dem Marsche zu dem großen Heere, von den sich zurückziehenden Heerabtheilungen aufgenommen wurden, erhielt das Heer unter dem General Hiller keine neue Verstärkung; wohl aber entbehrte es: die Division Lindenau, welche in Bayern zu dem großen Heer gezogen wurde; die Heerschar unter dem General Jellachich, der sich von München nach Salzburg zog, und die unter dem General Nordmann, der die Straße nach Steyer einschlug; es war daher nach diesem Anzuge und dem Verluste in den vorhergehenden Schlachten höchstens 28,000 Mann stark.
„Am 3. zog der Herzog von Istrien und der General Oudinot auf Ebelsberg, und vereinigten sich mit dem Herzog von Rivoli. Vor Ebelsberg stießen sie auf den österreichischen Nachtrab. Die unerschrockenen Tirailleur-Bataillone vom Po und aus Corsika verfolgten den Feind, der über die Brücke ging, warfen die Kanone, die Wägen, 8 bis 900 Mann in den Fluß, und nahmen in der Stadt 3 bis 4,000 Mann gefangen, die der Feind daselbst zu ihrer Vertheidigung zurückgelassen hatte."
Der über die Brücke stürmende Feind schloß sich nur fest an die weichenden Österreicher an; Wägen gab es damahls keine mehr auf der Brücke; allein durch das große Gedränge wurden sowohl mehrere Österreicher als auch Franzosen in die Traun gestürzt; doch wäre die Zahl von 800 selbst für beyde Parteyen sehr übertrieben; in der Folge warfen die Franzosen Todte und Schwerverwundete in den Fluß; die Besatzung im Markte wurde vom Schwalle mit fortgerissen, und nicht gefangen genommen, da ein Theil desselben Regiments (das wallachisch-illyrische) in der Folge einen andern Posten, eben nicht mit großer Tapferkeit, vertheidigte.
„Der General Claparede, von dessen Corps diese Bataillone der Vortrab waren, folgte ihnen; er rückte über Ebelsberg, und fand 30,000 Österreicher, die eine vortheilhafte Position inne hatten. Der Marschall Herzog von Istrien ging mit seiner Cavallerie über die Brücke (erst am andern Tage), um die Division zu unterstützen, und der Herzog von Rivoli veranstaltete, daß sein Vortrab von dem Armeecorps unterstütz wurde. Die Überreste vom Corps des Prinzen Ludwig und des Generals Hiller waren unvermeidlich verloren. In dieser äußersten Gefahr legte der Feind Feuer an die Stadt, die von Holz erbaut ist. In einem Augenblick verbreitete das Feuer sich überall, die Brücke ward bald unbrauchbar, der Brand ging sogar bis an die ersten Jochspannungen, die man abschneiden mußte, um sie zu erhalten."
Diese Stelle ist es, die dem Treffen eine andere Ansicht gibt, und Trotz ihrer auffallenden Unwahrscheinlichkeit den Freyherrn von Valentini, und nach der Äußerung einiger Officier, welche den 2. Band von Stutterheims Werk gelesen, auch diesen scharfsinnigen General irre geleitet hat. Nicht im Anfange des Kampfes, sondern erst gegen 3 Uhr Nachmittags, als der Rückzug der Österreicher begann, wurde Ebelsberg angezündet. Wie wäre es auch möglich gewesen, daß sich 7000 Franzosen in dem kleinen brennenden Markte, der von Holz erbaut war, beynahe durch drey Stunden hätten halten können.
„Cavallerie, Infanterie, nichts konnte vorrücken, und die Division Claparede allein, bloß mit 4 Kanonen, kämpfte drey Stunden lang gegen 30,000 Feinde."
Nicht die Flammen, die erst drey Stunden später ausbrachen, sondern die auf fünf Puncten zurückgeworfenen Franzosen, welche auf dem Marktplatz beschränkt waren, verhinderten einige Zeit das Vorrücken der nachziehenden Truppen, so wie diese wieder die Flucht der Kämpfenden. Auch waren es nicht 30,000 Österreicher, sondern nur wenige Bataillons, an Zahl der Mannschaft den Franzosen kaum gleich, gegen welche sich die Division Claparede über drey Stunden wehren mußte. Der wohlerworbene Ruhm dieser braven Division wird nur vermindert, wenn man ihn durch Unwahrheiten zu erheben sucht.
„Dieses Gefecht bey Ebelsberg ist eine der schönsten Waffenthaten, deren Andenken die Geschichte aufbewahren kann."
Sehr wahr; allein es bleibt für beyde Theile gleich ehrenvoll.
„Als der Feind sah, daß die Division Claparede ohne Verbindung war, rückte er drey Mahl gegen sie an, und wurde alle Zeit mit den Bajonetten zurückgehalten und empfangen."
Als Salis, Küffel und Baumgarten auf die vordringenden Feinde losstürmten, war die Verbindung der Division Claparede mit dem linken Ufer völlig offen; in der Folge wurde sie zwar durch das Vordringen der Truppen unter Sigler und Salins erschwert, doch keineswegs ganz unterbrochen.
„Endlich nach dreystündiger Arbeit gelang es, die Flammen abzuwenden, und eine Passage zu öffnen."
Sollte heißen: "Nach mehr als dreystündiger, blutiger Arbeit wurde der Markt angezündet, und auch jetzt nach dem Abzuge der Österreicher eine neue Passage zu öffnen höchst nothwendig." Wahrscheinlich verstand der Verfasser dieses Bulletins unter der neuen Passage die Laufbrücke, welche der Hauptmann Crèssac schlug.
„Der Divisionsgeneral Legrand mit dem 25. leichten Infanterie- und dem 18. Linienregimente begab sich nach dem Schlosse, was der Feind mit 800 Mann hatte besetzen lassen. Die Sappeurs schlugen die Thore ein, und da der Brand das Schloß schon ergriffen hatte, so kam alles um, was in demselben war."
Als General Legrand in das Schloß rückte, hatte die österreichische Besatzung es bereits verlassen. Die Mehrzahl der im Markte schwer verwundeten kam jammervoll in den Flammen um.
„Nun zog der General Legrand der Division Claparede zu Hülfe. Der General Durosnel, der über das rechte Ufer mit 100 (1000) Reitern ankam, schloß sich an ihn an, und der Feind mußte sich in aller Eile auf den Rückzug machen. Auf die erste Nachricht von diesen Vorfällen marschirte der Kaiser selbst mit den Divisionen Nansouty und Molitor nach dem rechten Ufer. In größter Hast sich zurückziehend kam der Feind in der Nacht zu Enns an, brannte die Brücke ab, und setzte seine Flucht auf der Straße nach Wien fort."
Die Hast, mit der sich General Hiller zurückzog, war dich nicht sehr groß, wie die spätern Nachgefechte beweisen.
„Er hatte 12,000 Mann, wovon 7,500 gefangen sind, 4 Kanonen und 2 Fahnen verloren."
Der Verlust der Österreicher betrug an Todten, Verwundeten und Gefangenen 4,379 Mann vom Feldwebel abwärts, und 116 Officier.
„Die Division Claparede, welche einen Theil der Oudinotschen Grenadiere ausmacht, hat sich mit Ruhm bedeckt; sie hatte 300 Todte und 600 Verwundete."
Man konnte diese Division beynahe als vernichtet betrachten.
„Der Ungestüm der Tirailleur-Bataillone vom Po und aus Korsika hat die Aufmerksamkeit der ganzen Armee auf sich gezogen. Die Brücke, die Stadt und die Stellung von Ebelsberg werden bleibende Denkmähler ihres Muthes seyn. Der Wanderer wird stehen bleiben und sagen: Hier aus dieser prächtigen Stellung, von dieser so langen Brücke, aus diesem durch seine Lage so festen Schlosse wurde eine Armee von 35,000 Österreichern durch 7,000 Franzosen verjagt."
Die Lobrede, welche die Division Claparede so sehr verdient, verliert durch Übertreibung ihren Werth. -- Gewiß wird der Wanderer stehen bleiben, und über die Kühnheit der Braven, die im Angesichte ihrer Feinde über diese lange Brücke vordrangen, erstaunen; aber der Österreicher wird auch mit einem erhebenden Gefühle diese Gegend betrachten, und sich zurufen: Hier war es, wo die braven Wiener Freywilligen zum ersten Mahl mit dem Feinde gekämpft, seine besten Truppen zurückgeworfen und größtentheils vernichtet haben. -- Der Fürst von Neufchatel ist der warme Lobredner der Wiener Freywilligen geworden.
„Dem Brigadegeneral Cohorne, einem besonders unerschrockenen Officier, wurde ein Pferd unter dem Leibe getödtet. Die Second-Obersten Cardenau und Landy wurden getödtet. Eine Compagnie vom Korsen-Bataillon setzte dem Feind in ein Gehölz nach, und machte für sich allein 700 Gefangene."
Wahrscheinlich versteht man darunter das Bataillon unter dem Major Jamez; ein Ereigniß, von dem freylich der österreichische Patriot mit Unwillen sich wegwenden, und mit der Reihe hochgesinnter Thaten, welche Österreichs Krieger in diesem Treffen vollzogen, sich trösten muß. Übrigens wurde dem Major Jamez durch feindliche Reiter, die von Kleinmünchen hersprengten, zuerst der Weg nach der großen Brücke abgeschnitten; ob übrigens dessen Bataillon noch 700 Mann stark war, wagen wir nicht zu behaupten.
„Während dem Gefecht bey Ebelsberg kam der Herzog von Montebello zu Steyer an, wo er die vom Feinde abgeschnittene Brücke hatte wieder herstellen lassen."
Erst zu Kremsmünster und am folgenden Tage zu Steyer.
„Heute schläft der Kaiser zu Enns im Schlosse des Fürsten Auersberg; den morgenden Tag wird man zur Wiederherstellung der Brücke anwenden. Die Deputirten der oberösterreichischen Stände sind Sr. Majestät in Ihrem Bivouac zu Ebelsberg vorgestellt worden. Die Bürger aus allen Classen und Provinzen erkennen, daß der Kaiser Franz II. der Angreifende gewesen ist; sie gestehen ein, daß das Haus Österreich sein ganzes Unglück verdient habe." u. s. w. u. s. w. –
Der Kaiser Napoleon hatte kurz vorher, ehe ihm die ober-österreichischen Stände vorgestellt wurden, das Schlachtfeld von Ebelsberg besucht. Erschüttert über den gräßlichen Schauplatz und den Verlust seiner besten Truppen, rief er im Zorne den ständischen Abgeordneten entgegen: „Sehen Sie hier die traurigen Opfer von dem Friedensbruche ihres Kaisers; ich bin nicht Schuld an dem vergossenen Blut." u. s. w. Keiner der Abgeordneten wagte es, ihn in dieser Gemüthsstimmung an die wahren Ursachen des erneuerten Krieges zu erinnern. Seit den furchtbaren Auftritten in Bayonne war kein altes Regentenhaus seines Thrones mehr sicher, und vorzüglich konnte der Kaiser von Österreich sich fragen: „Welche Friedensverträge werden Mir, der Ich so lange gegen Frankreich Grundsätze gekämpft, Meine Kronen sichern, da den vorzüglichsten Bundesgenossen Frankreichs, dessen Schätze, Flotten und Heere Frankreich zu Gebothe standen, ein so hartes Loos getroffen; da der Papst, der den französ. Kaiser bey dessen Krönung gesalbt, jetzt seiner Länder beraubt, ein Gefangener Napoleons ist?" -- Freylich wäre es für das System des Cabinets von St. Cloud bequemer gewesen, wenn der Kaiser von Österreich so lange gewartet hätte, bis Spanien völlig unterjocht gewesen, um dann um so leichter Österreich zu überschwemmen; so lange es daher noch in Spanien beschäftiget war, konnte es den Krieg mit Österreich nicht wünschen; die alte Erfahrung bewähret sich daher auch hier: „Das derjenige nicht immer wirklich anfängt, der zuerst zuschlägt."
Schreckensscenen in Ebersberg an der Traun im Mai 1809.[]
Die Franzosen und Oestreicher schlugen sich in und bei Ebersberg mit der größten Erbitterung; die Letztern schossen unaufhörlich von den Dächern und aus den Häusern. Dies brachte die Franzosen in Wuth. Sie drangen in starken und geschlossenen Trupps vor; aber plötzlich stand das Städtchen, wie von einem Zauberschlage getroffen, von allen Seiten in Flammen. Niemand konnte mehr weder rück- noch vorwärts; an allen Enden wüthete Verzweiflung und ein schmählicher Tod in den Flammen; um diesen zu entrinnen, tödtete man jedes lebendige Geschöpf, was jemand in den Weg kam; aber vergebens. Sieger und Besiegte vernichtete des Feuers Allgewalt. Das Geschrei der Sterbenden ertönte gräßlich durch die Lüfte, Niemand konnte helfen oder retten. Tief fühlten wir das Schreckliche ihrer Lage; aber unser Händeringen konnten die Flammen nicht löschen. Man erblickte mehrere Menschen auf den bereits brennenden Dächern, man sah sie herumklettern, nach Hülfe winken und schreien, und dann wieder plötzlich in den Rauch und den Flammen verschwinden, bis die brennenden Häuser einstürzten und sie unter ihrem Schutte begraben wurden. Es brannte die ganze Nacht hindurch; der Mond beleuchtete die gräßliche Vernichtung; die rauhesten Krieger ergriff ein wehmüthiges Gefühl; die ganze Natur rings umher, schien mit uns zu trauern, und ihre Stille wurde nur hin und wieder durch das kriegerische Getöse und durch das Wimmern der Verwundeten unterbrochen. Den anderen Morgen war das Städtchen in einen Aschenhaufen verwandelt. Der Kaiser Napoleon wollte die Position besichtigen, aber es war nicht möglich, die Straßen der Stadt mit Pferden zu passiren. Diese wurden also auf einem Umwege um dieselbe geführt und der Kaiser gieng mit seinen Generalen und der Suite zu Fuß durch die Stadt. Meine Dienstgeschäfte erlaubten mir, mich anzuschließen; aber, gerechter Gott, welch ein Anblick war das! Die todten und halb verbrannten Leichname lagen zu Hunderten in den Straßen angehäuft, allenthalben sah man einzelne Glieder verstümmelt und verbrannt neben den Feuerbränden und Aschenhaufen der eingestürzten Häuser liegen. Der Geruch war erstickend; wir mußten uns alle mit den Schnupftüchern Mund und Nase verstopfen. Durch einen kleinen Umweg, zwischen dem Feuer und den Haufen von Todten, suchte ich in die Nähe des Kaisers zu kommen, und das Gesicht dieses Helden zu beobachten. Deutlich sprach sich auch auf diesem die Empfindung aus, die wir Alle fühlten. Er redete wenig und mit gepreßter Stimme, und blickte einige Mal mit großem bedeutendem Blicke gen Himmel. Einer seiner Generale sagte höchst gerührt und ganz laut: jamais je n'ai vu spectacle si affreux. "Nie in meinem Leben habe ich ein so entsetzliches Schauspiel gesehen!"
Der Kaiser sah ihn schnell an; mir schien eine Thräne in seinem Auge zu glänzen, und ich vernahm den Ausruf: O mon Dieu! ect., das Uebrige konnte ich nicht hören, weil er es leiser sprach. Nachdem er hindurch war, erblickte ich seitwärts am Ende des Städtchens einen Verwundeten, der schwach die Arme nach mir ausstreckte; ich näherte mich und erkannte in ihm einen Offizier von der Landwehr. Er suchte sich mir mit bebenden Lippen in französischer Sprache mit leiser Stimme verständlich, und mit seinen Armen zweimal das Hülfszeichen d. Fr. M. zu machen. Schon beim ersten Blicke hatte ich in meinem Herzen dem leidenden Menschen, dem unglücklichen Schlachtopfer des Krieges, Hülfe und Beistand versprochen, jetzt reichte ich ihm die Hand als Bruder. Er hatte drei gefährliche, aber vielleicht nicht tödtliche Wunden; sein Gesicht, die Haare, Hände und Kleider trugen Spuren von den Flammen und waren zum Theil versengt. Nach einer Viertelstunde gelang es mir, ihn vorläufig in unser Bivouac tragen und seine Wunden durch einen unserer Chirurgen untersuchen und verbinden zu lassen. Er war in den linken Schenkel geschossen und hatte am anderen Beine und an der Hüfte zwei starke Streifschüsse bekommen. Ich gab, was ich hatte, zu seiner Pflege und Erquickung, übernahm zwei Briefe zur Bestellung an seine Familie, empfahl ihn Gott, und eilte, meiner Pflicht gemäß, wieder in Kampf und Tod, bis auch mein Blut an den Ufern der Donau floß.
Von den Einwohnern von Ebersberg sind fast gar keine umgekommen, denn sie hatten sich vor Anfang des Gefechtes nach Ens geflüchtet; vermuthlich fürchteten sie schon ein ähnliches Schicksal, wie die armen Einwohner von Schärding, welches Städtchen auch ein Aschenhaufen worden ist.
Augenzeugenbericht.[]
"Aber," so erzählt ein Augenzeuge im Gefolge des Kaisers, "es war nicht möglich, die Straßen der Stadt mit Pferden zu passiren. Sie wurden auf einem Umwege um dieselbe geführt, und der Kaiser ging, mit seinen Generalen und der Suite, zu Fuße durch die Stadt. Meine Dienstgeschäfte erlaubten mir, mich anzuschließen; aber, gerechter Gott, welch ein Anblick war das! Die Todten und halbverbrannten Leichname lagen zu Hunderten in den Straßen angehäuft; allenthalben sah man einzelne Glieder verstümmelt und verbrannt neben den Feuerbränden und Aschenhaufen liegen. Der Geruch war erstickend; wir mussten uns alle mit den Taschentüchern Mund und Nase verstopfen. Durch einen kleinen Umweg, zwischen dem Feuer und den Haufen von Todten, suchte ich in die Nähe des Kaisers zu kommen, um das Gesicht dieses Helden zu beobachten. Deutlich sprach sich auf diesem unser aller Empfindung aus. Er redete wenig und mit gepreßter Stimme, und sah einige Male mit großem bedeutungsvollen Blick zum Himmel auf. Einer der Generale fagte höchst gerührt und ganz laut: "jamais je n'ai vu un spectacle si affreux!" Der Kaiser sah ihn schnell an; mir schien eine Thräne in seinem Auge zu glänzen und ich vernahm den Ausruf: "o, mon Dieu!" mehr konnte ich nicht hören, weil er das uebrige leiser sprach. Und, o gerechter Gott! rufen gewiß auch alle aus, die mit theilnehmendem Gefühle und reger Phantasie nur einem Moment bei dieser Scene verweilen. Gern trennen wir uns davon".
Züge von Heldenmuth.[]
[9]
In der Affaire von Ebersberg am 3ten Mai erhielt eine Abtheilung vom Infanterieregiment Würzburg Befehl zum Angriff eines Grabens in der Vorstadt. Bei dieser Gelegenheit wurde der Lieutenant Knopf von 50 Feinden umringt, und von seinem Trupp ganz abgeschnitten. Da stürzt sich der Korporal Schuhainsky, mit den höchsten Grad persönlicher Tapferkeit, ganz allein in diesen Haufen, erlegt fünf, blessirt mehrere, und treibt die Uebrigen in die Flucht, bevor noch ein Theil seiner Leute ihm zu Hülfe kommen konnte. Aber damit noch nicht zufrieden, verflogt er die Flüchtigen in vollem Laufe, entwaffnet mehrere, und übergiebt sie der Nachfolgenden Mannschaft. So kommt er bis an das Wasser, die Traun, worin sich eben ein feindlicher Trupp zum Angriff zu formiren sucht. Mit der größten Entschlossenheit springt Schuhainsky mitten unter sie, und bietet ihnen Pardon an. Aber während sie Miene machen, ihn anzunehmen, erhält er aus einmal drei Blessuren von hinter, und die nacheilende Mannschaft langt eben noch zu rechten Zeit an, um diesem tapfern Manne das Leben zu retten, und an dem Feind Rache zu üben. Doch mit eben so vieler Großmuth, als er vorher Tapferkeit bewiesen hatte, suchte er seine erbitterten Kameraden zu besänftigen, und es dahin zu bringen, das keinem der Gefangenen ein Leid geschehe.
Der Feldwebel Philipp Schluga vom Regiment Benjowsky Nro. 31 sammelte in der Affaire bey Ebersberg 70 Mann von verschiedenen Regimentern, die auf dem Rückzuge begriffen waren, sprach ihnen Muth zu, und führte sie zurück, um die Feinde, die den Marktflecken Ebersberg bereits besetzt hatten, zu überfallen und sie wieder zu verjagen. Er stieß zuerst auf eine Abtheilung französischer Grenadiers, welche er durch einen muthvollen Angriff zerstreute, und dadurch Verwirrung unter die im Orte befindlichen Feinde brachte. Von dieser wußte er so geschickte Nutzen zu ziehn, und seine Schwäche dergestalt zu maskiren, daß er den ihm überlegenen Feind zurücktrieb, ihm 260 Kriegsgefangene abnahm, und zwey Kanonen nebst zwey Fahnen erbeutete.
Auch der Korporal Johann Gabella, vom vierten Artillerieregiment, legte in dieser Affaire Beweise besonderer Geistesgegenwart, Unerschrockenheit und Bravour ab. Der Erzherzog Ludwig hatte den Befehl ertheilt, die Brücke über die Traun oder wenigstens die anstoßenden Häuser anzuzünden. Der genannte Korporal übernahm dieses gefährliche Geschäft. Er versah sich zu diesem Ende mit einer gefüllten Granate, vier Stück Zündlichtern, und einer brennenden Lunte, und drang durch Ebersberg in dem heftigsten beiderseitigen Kanonen- und Kleingewehrfeuer bis an die letzten Häuser an der Brücke vor, aus deren Fenstern die feindliche Infanterie lebhaft feuerte. In eines dieser Häuser warf er durch ein Fenster die Granate und zwei Zündlichter; in das gegenüberstehende Haus warf er die übrigen zwei Zündlichter. Beide geriethen schnell in Brand. Das Feuer theilte sich dem ganzen Orte mit, und setzte dadurch den Feind außer Stand, seine Kanonen und Munition hindurch zu führen und zu gebrauchen.
Bey dem Rückzuge von Linz nach Ebersberg am 3. May geriethen durch das rasche Andrängen des Feindes mehrere Abtheilungen Kavallerie sowohl als Infanterie an der Traunbrücke in ein sehr heftiges Handgemenge. Unter andern bemerkte der Korporal Alexander Zubow von Erzherzog Karl Uhlanen, als er eben über die Brücke reiten wollte, einen Trupp Gradiscaner mit einer Fahne, welche im Laufen die Brücke zu erreichen strebten. Der Feind folgte ihnen auf dem Fuße. Sogleich wenden dieser Korporal und der Gemeine Franz Hera von demselben Regimente um, und reiten ihnen entgegen; die Unerschrockenheit dieser beyden Männer bringt sie zum Stehen; sie können die Brücke nicht mehr erreichen, aber sie beschließen ihr Leben theuer zu verkaufen. Es entsteht zwischen ihnen und dem Feinde ein sehr hartnäckiges Musketenfeuer. Der Korporal Zubow sieht wohl, daß der Muth dieser Braven an der Mehrzahl der Feinde endlich scheitern muß, er sucht daher noch soviel zu retten als er kann. Der Strom ist reissend; ohne sich zu besinnen springt er mit seinem Pferde hinein, der Gemeine Hera hat die Fahne genommen und folgt ihm; einige Mannschaft hält sich an ihre Pferde, und wird glücklich an das jenseitige Ufer gebracht. Damit nicht zufrieden eilen beyde des anhaltenden heftigen Feuers ungeachtet zurück: so lange die Sporadischer sich halten, so lange wird das Hin- und Herschwimmen fortgesetzt, und so haben diese beyden Braven das Glück durch ihre Unerschrockenheit über 100 Mann aus der feindlichen Gefangenschaft zu retten. Am andern Tage läßt ihnen der Kommandant der Gradiscaner durch einen Offizier im Namen de Regiments für die Rettung dieser Mannschaft förmlich Dank sagen.
Quellen.[]
- ↑ Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
- ↑ 2
- ↑ Archiv für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst. 1813.
- ↑ Wiener-Zeitung. Verlegt von den v. Ghelenschen Erben. Nro. 44. (1809)
- ↑ Hanauer Neue Europäische Zeitung. Num. 77. (1809)
- ↑ Archiv für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst. 1813.
- ↑ Sammlung von Anekdoten und Charakterzügen auch Relationen von Schlachten und Gefechten aus den merkwürdigen Kriegen in Süd- und Nord-Deutschland in den Jahren 1805 bis 9. Leipzig, in der Baumgärtnerschen Buchhandlung.
- ↑ Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
- ↑ Beiträge zur neuesten Kriegsgeschichte in Spanien und dem Norden von Europa in den Jahren 1811, 1812 und folgenden, mit Rückblicken auf die Kriege in den Jahren 1805 bis 1810. Leipzig, in der Baumgärtnerschen Buchhandlung. 1813.
- Neue militärische Zeitschrift. Wien 1811. Gedruckt bey Anton Strauß.