Von Reisende.[]
Ralph Fell.[]
- [1800]
Der Torf, bekanntlich das einige Brennmaterial in Holland, findet sich in diesem Lande überall und bis auf eine beträchtliche Tiefe herab. Er wird vermittelst eines Spatens in Form kleiner Parallelepipeda gestochen. Da diese Anfangs sehr feucht sind, so lässt man sie an der Luft ausdünsten und erhärten; hierauf werden sie in die Scheuern gebracht und stückweise verkauft. Das Stück kostet ohngefähr einen Heller. Kommt man beim Torfgraben auf das Ende des Torfs, so stösst man auf eine dicke Lage von Thon. Die auf diese Art entstandenen Gruben füllen sich dann bald mit Wasser an und werden Teiche. Vermittelst Wassermühlen, die vom Winde getrieben werden, schafft man nachher gewöhnlich das Wasser in die Kanäle und verwandelt so wieder die Teiche in fruchtbare Felder.
Von Reisende.
Caspar Heinrich Freiherr von Sierstorpff.[]
- [1803]
Die Gegend zwischen Rotterdam und dem Haag ist sehr tief, und man kann daselbst vorzüglich die Industrie und den anhaltenden Fleiss nicht genug bewundern, womit die Bewohner derselben jeden Platz zu entwässern und zu benutzen bemühet sind; denn im natürlichen Zustande würde der grösste Theil von Holland überschwemmt, und diese Gegend an vielen Stellen vielleicht 30 Fuss tief unter Wasser stehen, und eine grosse mit Schilf und Rohr durchwachsene Landsee bilden. Natürlich sind also die obern Erdlagen des Grund und Bodens Moorerde und Torf, der aus den Wasserkräutern entstanden ist, und die tieferen Erdlagen angeschwemmter Seesand.
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Wird aber die dort allenthalben stehende Moor- und Torflage zum hiesigen allgemeinen Brandmaterial bis auf den Sandgrund abgenommen; so wird derselbe zum Ackerbau benutzt, und wo, wie mit dem Torfstich nach und nach fortgefahren, und der Ort zur öconomischen Anlage nach mehren Jahren hinlänglich gross ist, wird er eingedämmt, und auf die oben beschriebene Weise entwässert. Auch hiezu wird vom Gouvernement nach einmal angenommenen, aufs Allgemeine Beziehung habenden Grundsätzen, ein gewisses Terrain ausgewiesen, das dann dadurch, und zwar zuerst durch den Gewinn des Torfs, und hernach durch vortheilhafte öconomische Benutzung einen weit höhern Werth erhält. Niemand darf aber ohne solche Erlaubniss einen Torfstich oder andere nachtheilige Veränderungen vornehmen. Auch der Torfstich hat in dieser Gegend einige sehr auffallende Eigenheiten, die theils aus der tiefen Lage des Terrains, theils aus der Eigenschaft des Torfs selbst entstehen; denn jenes liegt oft ganz unter Wasser, und weil die Torflage an vielen Orten auf 20 und mehr Fuss hoch steht, so kann man sich vorstellen, wie beschwerlich derselbe gestochen werden muss, wenn man ihn bis auf den Sandgrund abnehmen will. Der Torf selbst ist schwammig, äusserst fein, und hat nicht die vielen noch unbemerkten Schilf- und andern Wurzeln, wie der weit schlechtere Lüneburgische Torf. Im Anfange des Mais wird diese Arbeit angefangen, und grösstentheils von ausländischen Arbeitern, die aus dem Westphälischen dazu hinkommen, und dort unter dem Namen von Holländergehern bekannt sind, in Verding betrieben. Zu dieser Zeit ist denn das Terrain so weit entwässert, dass die Oberfläche jedoch nur bis auf 1 oder 2 Fuss tief, trocken zu seyn pflegt. Wenn diese abgestochen ist; so wird die Arbeit unter dem Wasser fortgesetzt, wobey mit eigenen, mit langen Stielen dazu versehenen Steckeisen der Torf in grosse cubische Stücke, mit dazu eingerichteten Haken drehend abgelöset, und durch andere Haken, welche die Leute an Riemen um den Leib tragen, aus der Tiefe herauf gehoben wird. Diese grossen Stücke werden nachher auf einem dazu geebneten Platze zertreten, und, wenn eine solche zur Schicklichen Höhe abgeglichene Lage hinlänglich trocken ist, so werden daraus die eigentlichen Brandtörfe abgestochen. Die ganze Arbeit dauert nur gewöhnlich bis Anfangs Julius, damit Zeit zum völlig Trockenwerden übrig bleibt; dann gehen die Torfstecher zu andern Arbeiten, als zu den beständigen Damm und Polders-Arbeiten, und zur Heu- und Kornerndte, so, dass sie im Herbst zu den Ihrigen mit beträchtlichem Geldgewinn, aber nach der übertriebenen Arbeit, wobey es ihnen an gehöriger Nahrung und Pflege mangelt, oft mit siechem Körper zurückkommen. Wenn man diese Menschen bey den verdungenen Arbeiten so unmässig quälen sieht, so fühlt man erst mit vollem Unwillen, wie nachtheilig es für die armen Westphälinger und das Land selbst ist, dass die dortigen Landesregierungen diess jährliche Auswandern der arbeitenden Menschen durch zu befördernde Indüstrie im eigenen Lande nicht verhindern, und nur, weil es mehr klingendes Geld hereinschafft und die Steuereinnahme erleichtert, oft noch gar begünstigen. Die unordentliche Lebensart der Menschen, das allgemeine starke Branteweintrinken, und mehre üble Dinge in diesem noch so vernachlässigtem Lande sind grösstentheils eine Folge jener damit ganz im Contrast stehenden Häuslichen Wirthschaften, wobey Ueberfluss und Wohlleben mit Armuth und Hunger, die strengste anhaltende Arbeit mit Faulheit und Nichtsthun nach den Jahrszeiten abwechseln. Denn, wenn der Holländergeher nach Hause kömmt, so fehlts ihm gewöhnlich an Arbeit und Lust dazu; und zu dem kleinen häuslichen Gewerbe taugt er gar nichts.