Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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T. M. Latour-Corret.[]

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Latour-Corret (T. M.) mit dem Zunahmen D'Auvergne, erster Grenadier der französischen Armee, geboren zu Carhaix in der Niederbretagne den 23. Oktober 1743, fühlte bey guter Zeit Hang zum Kriegsdienst, und trat 1767 als Unterlieutenant in die zweyte Kompagnie der Musketiere, ging sodann in spanische Dienste und befand sich bey der Belagerung von Mahon, wo er Proben der größten Tapferkeit ablegte. 1782 wurde er auf Befehl des Hofes nach Frankreich zurückberufen. Der König von Spanien, der seine Verdienste erfahren hatte, wollte ihn belohnen; Latour nahm das angebotene Ehrenzeichen an, schlug aber die Pension aus, welche damit verbunden war, und sah es als eine Gunst an, daß seine Weigerung angenommen wurde. Mit dem Anfange der Revolution erklärte sich Latour für dieselbe und machte die Kriege mit; anfangs bey der Westpyrenäen-Armee, wo er alle Kompagnien der Grenadiere, welche die Avantgarde bildeten, und die höllische Kolonne genannt wurde, kommandirte. Seine Muße widmete er dem Nachdenken und man fand immer ein Buch zur Seite seines Degens. Zwanzigmal war sein Hut und sein Mantel, den er stets im Kampfe auf dem linken Arme hielt, durchlöchert und er niemals verwundet worden. "Unser Hauptmann, sagten die Grenadiere, versteht die Kugeln zu behexen. Er wurde zu jedem Kriegsrathe berufen und that bey dieser Armee immer Generalsdienste, ohne es werden zu wollen. 1793 schlug er den Feldmarschalls-Grad aus. Nach dem Frieden mit Spanien hatte er sich auf ein französisches Fahrzeug eingeschifft, um sich nach der Bretagne zu begeben, fiel aber den Engländern in die Hände und blieb lange als Gefangener in England. Nach seiner Auswechslung kam er nach Paris, die Ruhe zu geniessen, die er sich durch so viele Anstrengungen erkauft hatte. Hier erfuhr er, daß sein alter Freund Lebrigaud, ein 80jähriger Greis, dem er seine Liebe zur Litteratur und den Studien zu danken hatte, durch Requisition von seinem einzigen Sohne, der ihn unterstützte, getrennt worden war; er stellte sich bey dem Direktorium, erhielt die Erlaubniß, den jungen Soldaten abzulösen, begab sich zur Armee am Rhein und schickte den jungen Menschen seinem Vater zurück. Schon mit grauen Haaren bedeckt, aber noch eben so feurig als in seiner ersten Jugend machte er den Feldzug in der Schweiz von 1799 unter Massena mit. Als er nach dem 18. Brümaire in den gesetzgebenden Körper berufen wurde, schlug er den Sitz darin aus: "Ich verstehe keine Gesetze zu machen, sagte er den Konsuln, aber vertheidigen kann ich sie; schicken sie mich zur Armee." Und wirklich ging er zur Rheinarmee ab, und hier war es, wo er durch einen Beschluß des ersten Konsuls im April 1800 zum ersten Grenadier der französischen Armee ernannt wurde. Mit diesem ehrenvollen Titel wohnte er dem letzten Feldzuge bey und fiel den 28. Juny 1800 vor Neuburg, wo er von einem Lanzenstoß ins Herz getroffen wurde.


Latour d'Auvergne fällt in der Schlacht bey Neuburg an der Donau.[]

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Der sieben und zwanzigste Junius 1800.

Dieser aus fürstlichem Geblüt abstammende Kriegsheld wurde in seinem 23ten Jahr (1767) Soldat, ein Jahr darauf Unterlieutenant und 1792 Grenadier-Hauptmann; mehr wollte er nicht werden. Er studirte im Frieden die Kriegskunst, Geschichte und andere Wissenschaften. Im amerikanischen Krieg, der 1778 ausbrach, gieng er als Freywilliger mit nach Mahon und erwarb sich durch Talente und Bravour überall Achtung. Seit dem 14ten Julius 1789 war er der französischen Revolution innigst ergeben. Im Savoyischen Feldzug theilte er jede Gefahr, Beschwerde und Mühseligkeit mit seinen Grenadieren, gab das erste Beyspiel von Subordination, so wie für Achtung des Menschen und sein Eigenthum. Im Pyrenäenkrieg, als der grausame Befehl gegeben wurde, keines Spaniers zu schonen, rettete er durch Klugheit und Menschlichkeit Unzähligen das Leben. Bey seinen Soldaten hatte er so großes Vertrauen, daß sie sich, wenn sie nur seine Stimme hörten, muthig in den Tod stürzten. Nach dem Frieden mit Spanien genoß Latour d'Auvergne eine Weile der Ruhe, als aber bey einem neuen Aufgebot sein alter Freund, der 80jährige Lebrigant, den fünften Sohn ins Feld stellen sollte, gieng er als gemeiner Soldat für denselben zur italienischen Armee, dann zur helvetischen. Im Jahr 1799 erhielt er den Ehrensäbel und Bonaparte ernannte ihn zum ersten Grenadier der Republik, welchen Ehrentitel er nicht annehmen wollte, weil er sagte: "unter Grenadieren sey niemand der erste:" Er gab zwar nach, war aber nicht zu bewegen, den damit verbundenen ansehnlichen Sold anzunehmen, eben so wenig als er einmal 2400 Livres annahm, die ihm der Kriegsminister geben wollte. Er nahm nur 120 Franks und sagte: wenn ich wieder etwas bedarf, werde ich wieder kommen.

Moreaus wieder eröfneter Feldzug an der Donau im Jahr 1800 rieß ihn mit unwiderstehlicher Gewalt aufs neue zu den Waffen und er ließ sich dadurch nichts davon abhalten, obwohl alle seine Freunde ihn mit Bitten bestürmten und er selbst sich einer Ahnung von seinem nahen Tod nicht erwehren konnte. Sechs Tage nach seiner Ankunft bey der Rheinarmee gieng er in die Schlacht bey Neuburg und focht an der Spitze der Grenadiere der 46ten Halbbrigade auf der Anhöhe hinter Oberhausen mit seiner gewohnten Tapferkeit. Ein Uhlan stach ihm die Lanze durchs Herz und er war nicht mehr. Die Grenadiere erschütterte sein Fall, sie wankten, -- sie wollten weichen. Einer von ihnen wurde gewahr, daß der Todte umgekehrt lag, und sogleich richtete er sein Gesicht gegen die Seite der Oesterreicher, mit den Worten: "So muß er liegen, immer Fronte machend gegen den Feind." -- Dieses Wort begeisterte die Grenadiere; mit Wuth stürzten sie auf die Oesterreicher und siegten.


Quellen.[]

  1. Moderne Biographien, oder kurze Nachrichten von dem Leben und den Thaten der berühmtesten Menschen, von Karl Reichard. Leipzig, 1811. In Commission bey Peter Hammer.
  2. Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
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