Speyer.[]
[1]
Speyer, ehemalige Reichsstadt, im Bißthum gleiches Namens, am Rhein, wo sich der kleine Bach Speyer oder Speyerbach hinein stürzt. Sie ist von den Franzosen, 1689 völlig zerstört und seit dem ryswickischen Frieden 1697 wieder von neuem aufgebaut worden. Der Rath und die meisten Bürger sind lutherisch; kaum 30 Bürger sind Katholiken. Die Zahl der Reformirten ist auch nicht groß. Die Zahl der Bürger im J. 1789 war 650. Die ganze Bevölkerung schätzte man gegen 5000 Seelen. Da aber die Stadt während des Revolutionskriegs sehr viel gelitten hat, so fanden sich bey der letzten Französ. Zählung im J. 1802 nur 3744 Einwohner, von welchen die größere Hälfte Lutheraner sind; die Zahl der Katholiken beträgt 926, der Reformirten 463. Die Domkirche, welche große Einkünfte hatte, ist nur dem Chore nach wieder hergestellt: aber die vormaligen marmornen Grabmäler, silbernen Särge und die Gebeine verschiedener alter Kaiser und Kaiserinnen sind in der französischen Verwüstung zum Theil verderbt und zerstreuet worden. Ausserdem findet man 15 katholische Kirchen und Klöster in Speyer, worunter das Collegium der vormaligen Jesuiten sich besonders ausnimmt. Ferner 2 lutherische Kirchen und das dazu gehörige Gymnasium, welches jezt in eine Secundärschule verwandelt ist. In ältern Zeiten haben die Kaiser viele Reichstage zu Speyer gehalten. Es war auch das kaiserl. Reichskammergericht bis 1689 hier. In der Gegend dieser Stadt findet man viele Mandelbäume. Ihr Matricularanschlag war monathlich 24 fl. und zu einem Kammerziel gab sie 118 Thlr. 34 Kr. Ihr Wappen ist eine rothe Kirche mit 3 Thürmen, blauen Dächern und Fenstern, im silbernen Felde. Sie ist nun der Hauptort eines Bezirks, welcher im J. 1801. 132,812 Menschen enthielt, im französ. Departem. des Donnersbergs. Die 10 dazu gehörigen Cantons sind: Dürkheim, Edenkoben, Frankenthal, Germersheim, Grünstadt, Mutterstadt, Neustadt, Pfeddersheim, Speyer, Worms.
Zeitungsnachrichten.[]
1793.[]
Speyer, vom 3. April. [2]
Am 30ten Merz entstand bey uns ein grosser Lärm, und haufenweis sahen wir die Franzosen zum Wormserthor hereineilen und gleich darauf die völlige Retirade der französis. Armee aus Worms und Frankenthal im Anzug, welches Tag u. Nacht fortdauerte. Mit Anbruch des heil. Osterfestes wurde bekannt gemacht, daß die Bürger sich in der Zehendscheuer u. im Herrmanroth einfinde' sollen, um die französis. Heu- und Stroh-Magazine herausschaffen zu helffen. Ehe eine Stunde vergieng würde man sie in Brand stecken. Alles was nun konnte lief herbey und half arbeiten. Die in Garnison liegenden Soldaten liefen zusammen und machten sich marschfertig. Die Commissarien bedroheten die Arbeitenden alle Augenblicke mit der Anzündung des Magazins. Man warf das Heu und Stroh über die Mauren in den Stadt graben, und die französische Soldaten fiengen auch alsobald an, einen Theil davon in Brand zu stecken. Allein um halb 9. Uhr warfen die Commissarien zündbare Materie zuerst in das Hermanroth und gleich darauf auch in die Zehentscheuer, und beyde Gebäude standen augenblicklich in völligem Brande. Nun lief alles um Wasser herbey zu schaffen, und unter Gottes Beystand hatte es auch die Thätigkeit unserer rechtschaffenen Bürger, und der hiesigen Handwerkspursche dahin gebracht, daß der Brand nur die eine Hälfte der Zehentscheuer und das Hermanroth verzehrte, alle daranstossende Häuser aber gänzlich gerettet wurden. Während dieser Zeit erschienen die Commissarien und ein Commando Gensd'armes zum zweytenmahl auf der Brandstätte, und verlangten, daß sie aufhören sollten, das Feuer zu löschen, man würde sonst noch mehrere Pläze in Brand stecken. Sie droheten mit Niederhauen und Niederschiessen, aber man lehrte sich an ihr Geschrey nicht, und fuhr vielmehr mit doppeltem Eifer zu löschen fort. Die Soldaten zogen nun aus der Stadt während des Brandes hinaus, und bis gegen 10. Uhr war sie ganz von Franzosen leer. Was sie fortbringen konnten, schafften sie fort. Das Heu und Stroh verbrannten sie ganz, und den Habervorrath, der in dem Franziskanerkloster sich befand, überliessen sie dem gemeinen Wesen auf Abrechnung der Schulden, die sie gemacht hatten. Hätte man ihnen den Haber nicht an Zahlungsstatt abgenohmen, so hätten sie auch jenes Kloster angezündet, und dann wäre ganz Speyer ohne alle Rettung verlohren gewesen. Der Exmaire und Kommissair Petersen, der immerhin als ein grosser Schwärmer davon schwezte, wie die unüberwindliche Franken-Armee Speyer und sein Gebiet vor allen Anfällen der Deutschen beschüzen würde, hatte sich am 30ten Abends zwischen Licht und Dunkel als ein Sch-- aus dem Staube gemacht. Ihn begleitet die Verachtung der Stadt!!
Von der Mittagszeit an erwarteten wir nun mit banger Sehnsucht, was aus uns werden würde. Bald kam die Nachricht ein, die Franzosen kämen wieder; bald hieß es die Kayserl. seyen schon über den Rhein herüber zu sehen. Auf einmahl lief alles zusammen, und siehe, gegen 3. Uhr zogen würcklich die ersten Kayserl. zum Kühthore herein. Der Jubel des Volckes war unbeschreiblich. Bald darauf kam ein Bataillon und dann ein ganzes Regiment zum Wurmser Thor herein, und so gieng es nun den ganzen Abend fort. Unsere Freude wurde immer lebhafter; man eilte den tapfern Kriegern unsers geliebten Franz mit Speisen und Getränken an den Rhein entgegen, und man bemerkte mit herzlichen Vergnügen, wie die Kayserl. Armee von Stund zu Stund zahlreicher wurde. Die Freyheitsbäume wurden noch vor Sonnenuntergang niedergehauen, die uns aufgedrungene Munizipalität nahm ein Ende. Der Klub wurde auseinander gescheucht, und die Freunde der Freyheit und Gleichheit verkrochen sich jämmerlich. Am Ostermontag giengen wir zur Kirche und beteten da wieder zum erstenmahl für unsern guten Kayser und für das Wohl des ganzen deutschen Reichs. Nun fiengen die Kayserlichen Husaren an, die Franzosen aufzusuchen und brachten auch würcklich am nemlichen Tage noch gefangene und verwundete hieher. Ueber den Rhein schlug man eine Brücke bey Ketsch, um den Uebermarsch über denselben zu beschleunigen. Am Osterdienstag Morgens um 8. Uhr kamen die ersten Hessen bey uns an. Die französische Armee soll sich seit heute Morgens in der Gegend von Kloster Hambach unter Anführung des Generals Cüstine zusammen ziehen. Diese Nacht hörte man eine lebhafte Kanonade, deren Schall sich von jener Gegend zu uns verbreitet. Wahrscheinlich sind die Kayserl. und Franzosen schon hinter einander. Se. Durchl. der Hr. Landgraf von Hessendarmstadt ist nun auch selbst hier angekommen. Von den ausgewanderten Geistlichen findet sich einer nach dem andern wieder bey uns ein.