Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Ueber Schweden, in militärischer Rücksicht.[]

[1]
Von F. Herrmann.

Die Beharrlichkeit des Königs von Schweden bei dem angenommenen politischen Systeme zieht die Augen des ganzen Europa auf sich. Die Gefahr nähert sich von zwei Seiten her immer mehr. Ein zahlreiches Russisches Heer ist in Finnland eingerückt und Französische und Spanische Truppen ziehen in Menge in die Staaten ihres Alliirten, des Königs von Dännemark, um vereinigt mit ihm eine Invasion in die fruchtbaren südwestlichen Theile Schwedens zu bewerkstelligen. Gespannt blickt ein jeder auf den Norden hin, und ob man gleich weiß, daß ein von Natur tapferes und an Beschwerden gewöhntes Volk unter einer langen Reihe Königlicher Helden zum Kriege abgehartet wurde, und durch seine Eroberungen lange die Welt in Erstaunen setzte: so bemerkt man doch seine gegenwärtige Krise nicht ohne Ahnung des zu erwartenden Erfolgs.

Fast kein Land in Europa -- die Schweiz macht eine besondere Ausnahme -- ist übler zum Kriegsführen als Finnland, dieses Europäische Canada. Früher, harter Winter, Unfruchtbarkeit der Gegenden, Seen und unzählige Moräste, Felsen, schlechte Wege und das üble Terrain überhaupt setzen den Operationen unendliche Schwierigkeiten in de Weg.

(Den Beschluß nächstens.)


Kriegsoperationen der Nordischen Mächte.[]

[2]

[1808]

Nicht um den Lesern etwas Neues zu sagen, folgt nachstehender Aufsatz, sondern in der Absicht, ihnen von allen was bisher vorgefallen, was sie gehört und gelesen haben, eine richtige Uebersicht zu verschaffen, sollen die Hauptbegebenheiten im Norden hier kürzlich bemerkt werden.

Der Rußische Hof hat unterm 10ten Februar eine Kriegserklärung gegen Schweden ergehen lassen, darin er sich auf die 1780 und 1800 geschlossenen Traktaten bezieht, welche ausdrücklich festsetzen, daß die Ostsee als ein geschlossenes Meer anzusehen, und dessen Küsten vor allen Gewaltthätigkeiten beschützt werden sollten. Schweden wurde, wie England sich die Gewaltthätigkeit gegen Dännemark erlaubt hatte, an diese Traktaten von Seiten Rußlands erinnert, und der König von Schweden konnte auch seine Verpflichtungen nicht abläugnen, demohngeachtet verweigerte er seine Mitwirkung gegen England so lange, bis die Französischen Armeen sich von den Küsten der Ostsee entfernen und die Häfen Deutschlands dem Englischen Handel offen seyn würden.

Nicht nur, daß dadurch Schweden seine Partheilichkeit für England bewieß, sondern Rußland erfuhr nun auch die mit dem Londner Hof aufs neue geschlossene Allianz, daher der Kaiser dem Könige von Schweden den Krieg erklärt, und wenn man anders unpartheiisch urtheilt, so konnte auch keine andre Erklärung erfolgen, da unter diesen Umständen es nicht möglich war, Schweden neutral zu lassen, welches ohnedieß schon Englands Parthei ergriffen hatte.

Was man erwarten mußte ist geschehen, und die Rußischen Truppen sind am 21sten Februar in Finnland, auf drei verschiedenen Stellen, eingerückt, und bereits bis Abo vorgedrungen, so, daß diese ganze Provinz sich nun in ihrer Gewalt befindet.

Daß der König von Schweden auf diese erhaltene Nachricht, den Russischen Gesandten arretiren lassen, ist eine so widerrechtliche als unerhörte Handlung, die den deutlichsten Beweis abgiebt, daß der König nie nach Grundsätzen der Vernunft und des Völkerrechts, sondern nur nach Launen handle, und höchst wahrscheinlich wird dieses Unternehmen seine Sache verschlimmern.

So ist also eine der grösten und besten Provinzen Schwedens schon verloren, ehe noch der Krieg seinen Anfang genommen hat, denn selbst nach Schwedens Berichten ist der Widerstand sehr unbedeutend gewesen. Eine Provinz zu verlieren, die 92 Meilen lang und 71 breit ist, die mehr als sieben mal hundert tausend Einwohner hat, und das fruchtbarste und kornreichste Land ist, würde jedem andern Monarchen empfindlich seyn, dieser König hingegen scheint sich wenig darum zu kümmern, da seine unbegreifliche Verblendung so weit geht, sich gegen Rußland, Frankreich und ihre Bundesvölker behaupten zu wollen.

Was kann England wohl dem bedrängten Schweden für Hülfe leisten? Es verspricht 20 oder 30000 Mann Truppen. Vorausgesetzt, daß diese wirklich in Schweden landeten, würden sie wohl die Russen bezwingen können? Kein Vernünftiger kann so etwas im Ernst glauben, oder wollen die Engländer die Dänischen Inseln erobern, wenn solche mit Französischen Truppen besetzt sind? Das ist noch unwahrscheinlicher. Selbst das Aeusserste angenommen, daß es den Engländern gelänge, mit einer bedeutenden Flotte abermals durch den Sund und so in die Ostsee zu kommen, in welchen Hafen werden sie wohl einlaufen, wo einen Ankerplatz finden können? Auf dem Meere können sie nicht immer herumschwimmen, und auf dem festen Lande finden sie überall Widerstand, daher ist nicht zu begreifen, was sie eigentlich mit dieser Expedition auszurichten gedenken. Wollten sie Norwegen erobern um ihren Alliirten dadurch Luft zu machen, so könnten sie vielleicht ersteres ins Werk richten, aber sich dort zu behaupten, ist um so weniger möglich, da man annehmen muß, daß unterdessen die Franzosen und Dänen in Schweden einfallen und sehr bald proklamiren werden, daß der König zu regieren aufgehört habe. So sieht man also die Nordischen Mächte im Kriege mit einander begriffen, der Ausgang dieses Kampfs aber kann für keinen, der unpartheiisch die moralischen und physischen Kräfte des Schwedischen Königs, mit denen seiner Gegner abwägt, auch nur einen Augenblick zweifelhaft seyn.


Nordische Berichte.[]

[3]

[1808 - August]

Die Nordische Angelegenheiten sind noch immer fast in dem nämlichen Zustande, wie im Anfange dieses Jahres, und es scheint, daß der entscheidende Schlag erst im Herbste ausgeführt werden soll, aber sehr verschieden sind die Kriegsberichte gewesen, die wir bisher erhalten haben, davon viele erdichtet, die meisten aber übertrieben waren. So wurde aus Gothenburg z. B. vom 1. July gemeldet, daß zwischen der Schwedischen Flotte unter Admiral Cederström und der Russischen Flottille bei Sweaborg eine mörderische Seeschlacht vorgefallen, und den Schwedischen Berichten zufolge, sollten die Russen einen großen Verlust erlitten haben. Von dem allen hat sich gar nichts bestätigt, dagegen sind die Berichte ächt, darin es heißt, daß auf den Grenzen von Lappland Gefechte zwischen Schweden und Russen vorgefallen sind, wobei letztere verloren haben; aber groß kann dieser Verlust unmöglich seyn, das sehen wir theils aus der Schwedischen Angabe selbst, theils daraus weil es nur Vorpostengefechte waren.

Man glaubte anfangs, daß die Berichte aus Norwegen in Ansehung der über die Schweden erfochtenen Vortheile, etwas zu günstig abgefaßt worden, und es wäre auch möglich, daß manche Vorfälle in glänzendern Lichte dargestellt worden, aber soviel wissen wir doch bestimmt, selbst aus Schwedischen und Englischen Berichten, daß die Schwedische Unternehmung, Norwegen zu erobern, gänzlich mißlungen, und Prinz Christian alle Angriffe zurückgeschlagen hat, so daß sich gegenwärtig kein Schwede mehr auf Norwegischen Gebiete befindet. Armfelds Proklamationen an die Norweger blieben ohne Wirkung. Diese griffen im Gegentheil freiwillig zu den Waffen, stritten für ihren Heerd und -- siegten.

Auch die Landung bei Abo, welche die Schweden unternommen haben und wobei der König selbst gegenwärtig wer, wahrscheinlich in der Hofnung, durch seine Gegenwart vieles zum Gelingen dieser Kriegsoperation beizutragen, ist verunglückt, darüber haben wir authentische Berichte, nur was den Schwedischen Verlust betrift, kann noch nichts mit Bestimmtheit angegeben werden.

So viel weiß man, daß dieser König bisher nur Unannehmlichkeiten hatte, und dahin kann man vorzüglich den Rückzug der Englischen Transportflotte rechnen, die von Gothenburg abgesegelt, ohne ihr Versprechen erfüllt und Schweden Beistand geleistet zu haben. Sehr bitter haben sich die Engländer selbst vor Aufhebung der Parlaments-Sitzungen, über dieses Benehmen gegen Schweden geäußert, die Minister aber haben wie gewöhnlich sehr kalt darauf geantwortet und sich mit den gegenwärtigen Verhältnissen entschuldigt, wodurch sie zu diesem Schritte genöthigt worden.

Am günstigsten sind die neuesten Berichte über die Dänischen Angelegenheiten ausgefallen, denn nicht nur daß die Entfernung der Englischen Flotte von Gothenburg, für die Seeländer besonders von Wichtigkeit ist, sondern auch die Dänischen Kaper sind in ihren Unternehmungen glücklich gewesen, und die Engländer bekennen selbst, man habe sich was die Dänen anlange, sehr geirrt, und erfahren, daß selbst Englische Fregatten gegen Dänische Kanonenböte nichts ausrichten können. Wie gesagt, unter allen Nordischen Berichten sind die aus Schweden am ungünstigsten für diese Regierung ausgefallen, wozu noch der Mangel an Lebensmitteln kommt, der sehr bedeutend ist und eine drückende Theurung in allen diesen Provinzen veranlaßt.


Zeitungsnachrichten.[]

[1808]

Politischen Notizen. [4]

Das Gerücht von einer in Schweden ausgebrochenen Revolution, ist zwar allgemein und man hatte solches beim Abgange der Post sogar in Kopenhagen, unterdessen hat man es auch dort für nichts weiter als Gerücht ausgegeben. In so ferne ist es nicht unwahrscheinlich, weil man bestimmt weiß, daß sowohl in der Hauptstadt als in den Provinzen, Unzufriedenheit herrscht.

Politischen Notizen. [5] [April.]

Zu Stockholm ist den 18ten März die Schwedische Kriegserklärung gegen Rußland herausgekommen, über deren Inhalt im nächsten Stücke.

Schweden. [6]

Aus Schonen, den 30. März. Es herrscht jetzt in Schweden viele kriegerische Thätigkeit. Alles wird auf Schlitten herbeygeschaft; Matrosen, Provision und Schiffsgeräthschaften. Unsere Hauptmacht zieht sich gegen Norwegen. Der König benimmt sich gegen die Bürger und Bauern sehr herablassend. Reisende, die aus Stockholm kamen, sahen ihn auf Schlitten fahren, die Bauern führten. Der Landsturm wird zahlreich werden; der Krieg gegen Dänemark ist indessen nicht populär. In Schweden ist die junge Mannschaft von 18 bis 25 Jahren aufgeboten. Das Gerücht, das schon Englische Truppen in Schweden angekommen wären, ist ungegründet. Die Schwedischen Truppen, die sich nach der Norwegischen Gränze zu sammeln, werden vom General Armfeld kommandirt.

Politische Notizen. [7] [Dezember]

Aus Kopenhagen schreibt man, was Schweden betrift, folgendes: Es ist gewiß, daß die völlige Niederlage der Armee des Königs im nördlichen und südlichen Finnland, und die bei dem Militair sowohl als bei mehrern Bürgerklassen ausgebrochene Gährung das bisherige System des Königs zum Wanken bringen, wozu vielleicht hauptsächlich noch der Umstand beiträgt, daß er gegen seine sogenannten Bundesgenossen, die Engländer, unwillig ist; wie denn auch diese ihrerseits bereits anfangen, in öffentlichen Zeitungen davon zu reden, daß man die Sache des Königs von Schweden, der sich doch am Ende nicht erhalten könne, ganz werde aufgeben müssen.


Quellen.[]

  1. Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1808.
  2. Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
  3. Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
  4. Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
  5. Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
  6. Wiener-Zeitung. Nro 35. Sonnabend den 30. April 1808.
  7. Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
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