Von Bastille bis Waterloo. Wiki
Advertisement

Dargun, Dragun, Amt, Flecken und Schloß in der Herrschaft Rostock, im Mecklenburgischen.


Von Reisende.[]

Jean-Philippe Graffenauer.

Dargun im März 1807.

Das Schloß Dargun liegt in einer angenehmen Gegend, bey einem großen Flecken desselben Namens, und an einem See von beträchtlichem Umfange. Es ist eine Meile von Demmin, und ungefähr sieben von Stralsund entfernt. Ursprünglich war dieses Schloß ein Benediktiner-Kloster, welches bereits 1149 gestiftet wurde. In der Folge ließ der Herzog von Mecklenburg hier ein Schloß erbauen, und wies es einer Prinzessin seines Hauses zum Wohnsitz an. Bey unserer Ankunft ward es von einem Beamten bewohnt, zu dessen Bezirk außer dem Flecken Dargun, funfzehn Dörfer, zehn Pachterhöfe, und drey Mühlen gehörten.

Das hiesige Schloß ist sehr geräumig. Eine lange Allee von Roßkastanien-Bäumen führt in den vordern Hof, wo man die Wohnung des Beamten, und ein altes, im Jahr 1585 errichtetes Gebäude antrifft, in welchem jetzt eine Brauerey befindlich ist. Rechts liegt der Garten, und gerade aus das Schloß, welches eine schöne Façade von drey Stockwerk bildet, und auf jeder Seite ein Thürmchen hat. Es schließt einen weiten viereckigen Platz, und eine große Kirche ein.

Dargun besteht eigentlich aus drey Theilen: dem Schlosse, von welchem ich eben geredet habe, nebst einigen Häusern, die es umgeben, dem Flecken, den man auch den Neubau nennt, und dem Dorfe Röcknitz. Dieses alles macht so zu sagen nur eine Straße aus, die ungefähr eine gute Viertelmeile lang ist, und einem großen See entlang läuft, der sich von dem Schlosse bis an das Dorf erstreckt. Dieser See ist sehr fischreich. Auf dem andern Ufer wird er von einer herrlichen Waldung bekränzt, wo man die angenehmsten Spatziergänge findet. Es giebt hier auch einen Ueberfluß an Wildprett. Das Schloß hängt mit dem Neubau durch die treffliche Kastanien-Allee zusammen, deren ich schon vorhin erwähnt habe. Im Neubau findet man viele recht hübsche Häuser; sie sind fast alle kleine, und haben nur ein Stockwerk, manche bestehen sogar bloß aus dem Erdgeschoß; vor jedem aber findet man einen kleinen Garten. Diese Gärten gränzen von einer Seite an den See, von der andern an Getreidefelder. In dem Dorfe Röcknitz sieht man noch viele mit Stroh gedeckte Häuser und elende Hütten.

Die Prediger-Wohnung hat eine reizende Lage unweit der Dorf-Kirche, und stößt von hinter an den See. Ein kleiner Wasserdamm führt aus dem Garten des Predigers nach dem auf dem jenseitigen Ufer liegenden Park. Der Prediger, Namens Hempel, ist ein wohl unterrichteter liebenswürdiger Mann. Er ist auch Dichter und hat ein Bändchen sehr gelungener Poesien unter dem Titel: Gedichte von einem Mecklenburger, Greifswalde 1793 herausgegeben.

Der Aufenthalt in Dargun ist, vorzüglich im Sommer, sehr angenehm. Man macht von hier aus häufig kleine Lustreisen in die Nachbarschaft, wo mehrere Familien von Stande wohnen, in deren Häusern der beste Ton herrscht, und wo man beständig gute Gesellschaft antrifft.


Quellen und Literatur.[]

  • Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor zu Altdorf. Neu bearbeitet von Konrad Mannert, Königl. Bairischen Hofrath und Professor der Geschichte und Geographie zu Würzburg. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1805.
  • Meine Berufsreise durch Deutschland, Preußen und das Herzogthum Warschau, in den Jahren 1805, 1806, 1807 und 1808. Von J. P. Graffenauer, Doktor der Arzneygelahrtheit, vormaligem Arzte bey der großen französischen Armee, mehrerer gelehrten Gesellschaften Mitgliede. Chemnitz, bey Carl Maucke. 1811.
Advertisement