Schleswig.[]
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Schlesswig, Hauptstadt im Herzogthum dieses Namens, liegt in einer anmuthigen Gegend an der Schley. Sie besteht aus der Altstadt, dem Lollfus und Friedrichsberg, hat 1200 Häuser, 6518 bürgerliche Einwohner nach der Zählung im J. 1803, das Militär betrug 1343 und die Fremden 356 Seelen. Die Häuser sind meist gut gebaut, vorzüglich zeichnet sich das Rathhaus aus. In dem Dom oder der St. Peterskirche besieht man vornehmlich den künstlichen Altar, die fürstliche Gruft und übrigen Monumente. Dabey ist auch eine gute latein. Schule. Unter den milden Stiftungen zeichnen sich das Graue Kloster, das Waisenhaus und Arbeitshaus vor den übrigen aus. Auf dem Holm, zu welchem man vermittelst der Schiffbrücke gelangt, befindet sich das adeliche Johanneskloster mit einer Priorin und 9 Fräulein. Diese Stadt ist der Sitz des Statthalters der Herzogthümer Schleßwig und Holstein, der höchsten Landesgerichte, des Generalsuperintendenten und des General-Kriegscommissairs. Die Schiffahrt ist ziemlich lebhaft, da man die versandete Schleymündung durch einen Kanal fahrbar gemacht hat; und die Zuckersiederey, Strumpfweberey und Fayence-Fabrik haben guten Absatz. Zur Garnison liegen hier zwey Escadrons Reiter und ein Regiment Infanterie. Nahe an der Stadt liegt das berühmte Schloß Gottorp. Die Lebensart zu Schleßwig rühmt man als angenehm und gesellschaftlich.
Schleswig..[]
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Schleswig, die Hauptstadt des Herzogthums und ehemalige Residenz der Herzoge liegt auf der Poststraße zwischen Kopenhagen und Hamburg in Form eines Halbmondes um das westliche Ende des Schleimeerbusens. Station für ordentliche und Extrapost. Entfernung von Altona 16¼, Ahrensburg 16¾, Bramstedt 10¾, Elmshorn 13, Eutin 12½, Glückstadt 11¾, Hamburg 16¾, Heide 8½, Heiligenhafen 14¾, Itzehoe 9¾, Kellinghusen 11½, Kiel 6½, Lübek 15½, Lütgenburg 10½, Lunden 6½, Meldorf 10, Neumünster 8¼, Neustadt 14½, Nortorf 6¼, Oldenburg 13½, Oldeslohe 13¾, Pinneberg 15¼, Ploen 10½, Preetz 8½, Rendsburg 3¾, Segeberg 11¾, Sonderburg 9½, Tondern 10½, Tönning 7½, Ulzburg 12¾, Wandsbek 17¼ Me. Königliche Zollstäte. Die Länge vom St. Johanniskloster bis an das D. Bustorf beträgt ¾ Me. Zum Weichbilde der Stadt gehören 1300 Tonnen Landes, den Pachthof Klapschau einbegriffen. In der Lml. steht die Stadt zu 120 Pfl. und besteht aus 3 Theilen, der Altstadt, dem Lollfus und Friedrichsberg. Letztere beide machen jedes 1 Quartier aus; die Altstadt ist in 6 Quartiere getheilt und kontribuirt für 60 Pfl. Friedrichsberg, ehemals Kratzenberg, hat seinen Namen vom Herzog Friedrich IV, zu dessen Zeiten Hofbediente und Andere sich daselbst zuerst anbaueten. Durch den Gottorferdamm hängt er mit dem Lollfus, einer langen Gasse, zusammen, die sich an der Altstadt endigt. An die östliche Seite der letztern schließt sich der Holm, eine Insel, durch die Schiffbrücke an 1711 wurden die vormals zum A. Gottorf gehörigen, gegen Osten und Süden des Schlosses gelegenen Ortschaften Lollhus und Friedrichsberg mit der Stadt vereinigt, welche dafür jährlich an die königliche Kasse Erdhäuer bezahlt. Ausser den Buden hat die Stadt jetzt 1200 Häuser. 90 der größten sind privilegirt und bis auf Kirchen- und Polizeiabgaben frei. Bei der 1803 vorgenommenen Volkszählung fanden sich 1309 Familien; Civilpersonen 6518, Militärpersonen 1343, Fremde 356; zusammen mit Gottorf, wo man 98 Personen zählte, 8315. Dagegen waren bei der Zählung 1769 nur 5629 vom Civilstande. Der Stadtmagistrat besteht seit 1808 aus Einem Bürgermeister, 4 Rathsherren und eine~ Stadtsecretair. Der seit 1809 angestellte Polizeymeister ist zugleich Rathsverwandter, besorgt durch einen substituirten Auctionsverwalter die vorfallenden Auctionen, das Einquartirungswesen und die Polizey in erster Instanz. Er hat als Polizeymeister seine eigene Instruction, und hält, so oft die Geschäfte es erfordern, mit dem ältesten Rathsverwandten und dem Stadtsecretair ein Polizeygericht. Von diesem findet die Appellation an den Oberdirector Statt, der im Jahre 1808 allerhöchst der Stadt gegeben worden. Der Oberdirector ist zugleich Amtmann von Gottorf, und hat den Vorsitz im Magistrats- und Deputirten-Collegio. Er verwaltet sein Amt nach einer besonders ihm ertheilten Allerhöchsten Instruction vom Jahre 1808. In seinem und des Magistrats Namen werden alle Ausfertigungen besorgt, doch hat er in Justizsachen kein votum. Er besorgt mit dem Magistrat und 12 Deputirten die Oekonomie der Stadt, die ihren besondern Stadtcassirer hat. Beim Einquartirungswesen macht die Altstadt mit dem Holm ⅗, der Lollfuß ⅕, und der Friedrichsberg ⅕ aus. Die ganze Stadt ist in spätern Jahren neugepflastert und wird in dunkeln Winternächten erleuchtet. Lombard seit 1740. Ausser mehrern ansehnlichen Privatgebäuden sind von öffentlichen folgende zu merken. Das 1794 neuerbauete Rathhaus, mit einem durch zwei Stockwerke gehenden Saal. Die Domkirche (Pr. Gottorf) ein altes Gebäude, in welchem sich der von Hans Brüggemann künstlich geschnitzte und 1666 von Bordesholm hieher versetzte Altar befindet. Begraben sind hier unter andern König Friedrich I. und seine Gemahlin Sophie, auch mehrere fürstliche Personen. Den Pastor, welcher zugleich Probst im A. Gottorf ist, ernennt der König; zur Wahl des Diakonus präsentiren Amtmann und Magistrat, die Gemeine wählt, der König confirmirt. Die Gemeine der Domkirche machen die Bewohner der Altstadt aus. Die Michaeliskirche (Pr Gottorf), deren Prediger vom Könige ernannt wird, liegt auf der Norderseite der Altstadt. E. Lossfus, St. Jürgen, Husbye, Rosacker, Silberstedt, Jübek, Gammellund, Ahrenholz, Lürschau, Schaubye, Idstedt, Neukrug, Ruhkrug. Die Friedrichsbergerkirche, als die Pfarrkirche des dritten Theils der Stadt, gehört zur Pr. Hütten. Den Prediger, welcher zugleich Probst der ebengenannten Probstei ist, ernennt der König. Die Kirche ward 1650 von einer Wittwe Beling aus eigenen Mitteln für die Einwohner im Friedrichsberge erbauet. Ausser dem ansehnlichen du Crosischen Legat für Theologie Studirende finden sich mehrere milde Stiftungen bei dieser Kirche. Das adeliche St. Johanniskloster liegt auf dem Holm, soll 1194 gestiftet und mit Benediktinernonnen besetzt seyn. Es hat alle Rechte der holsteinischen Klöster, und unterscheidet sich nur dadurch von ihnen, daß die 9 Konventualinen nicht gerade aus den recipirten adelichen Familien seyn dürfen. Die Inskription kostet 54 Rthlr. Spec. und für ein Fräulein aus einer nicht recipirten Familie noch einmal soviel. Eine Priörin wählen sich die Konventualinnen aus ihrer Mitte, einen Probst aus der Schleswigholsteinischen Ritterschaft; auch hängt die Wahl des Klosterpredigers von ihnen ab. Die Besitzungen des Klosters sind in der Einleitung angegeben. Die Domschule hat 4 Lehrer, einen Rektor, Konrektor, Subrektor und Collaborator. Im Friedrichsberge sind gut eingerichtete Bürgerschulen. Der Etatsrath und Bürgermeister Bruyn veranlaßte 1794 die Stiftung einer Bürgerschule, deren Lehrer der Konrektor der Domschule ist. Das 1719 auf Betrieb des Dompredigers Mercatus gestiftete Waisenhaus ist zum Domschulgebäude dem König überlassen worden, worin zugleich der Conrector und der Collaborator ihre Wohnungen haben, und es ist eine Waisenanstalt seit 1807 vorhanden. Es werden in dieser 30 Kinder, welche unter der Aufsicht von Pflegern, die ansässige Bürger sind, in die Kost gethan, und genießen freien Unterricht in den Bürgerschulen. Die Schule des vormaligen Waisenhauses, welche in dem abgetretenen vormaligen Domschulgebäude gehalten wird, ist mit 2 Lehrern besetzt. Ausserdem gibt es in der Stadt noch 6 Trivialschulen. In einem sehr angemessenen Lokale im Friedrichsberge ist das vom Prof. Pfingsten errichtete Schlesw. Holst. Taubstummeninstitut mit etwa 70 taubstummen Zöglingen. Das Präsidentenkloster im Lollfus ist von dem Regierungspräsidenten und herzoglichen Minister Joh. Ad. Kielmann von Kielmannsegge gestiftet. 5 arme Männer und ebensoviel Frauen geniessen darin ausser freier Wohnung jeder jährlich 26 Rthlr. In der Kapelle desselben predigt der Pastor an der Michaeliskirch. Das Grauekloster ehemals für Minoriten gestiftet, wurde nachdem die Bürger 1528 die Mönche verjagt hatten, vom Könige der Verpflegung armer Bürger, ihrer Wittwen und Kinder gewidmet. Der sogenannte Verbitter oder Oberaufseher desselben ist der Amtmann zu Gottorf, welcher auch in Verbindung mit dem Magistrat die 22 Präbenden vergibt. Es besitzt in mehrern Dörfern zerstreuet wohnende Lansten (s. Die Einleitung), worüber der Klosterverwalter und das klösterliche Ding unter Vorsitz des Amtmanns die Jurisdiktion üben. Lml. 10 Pfl. Jede Präbende beträgt jährlich mit dem in Natur gereichten Brodt, Butter, Speck und Grütze ohngefähr 100 Mk. Den Gottesdienst in der Klosterkapelle versieht der Diakonus an der Domkirche. Das bei Vermählung des Königs Friedrich VI. 1790 gegründete, und nach seiner Gemahlin genannte Marienhospital kann 50 Arme aufnehmen, die aus den Armenfonds wöchentlich 12 bis 24 Schillinge erhalten. Das neue Armenhaus am Stadtwege ist 1802 erbauet. Die Freimäurer schenkten dazu Ländereien am Werth 10000 Mk. und die beiden Deputirten Bürger Nielsen und Tychsen jeder 3000 Mk. Unten ist Platz zu 26 Armen. Das zweite Stockwerk ist vorläufig zu Arbeitsstuben, und für Kranke, die einer besondern Pflege bedürfen, auch für verlassene Wöchnerinnen eingerichtet. Das Friedrichsberger Armenhaus wurde von der Wittwe Beling zugleich mit der Kirche gegründet 12 alte Bürgerfrauen haben in demselben, ausser freier Wohnung und Feurung jährlich 12 Rthlr. Cour einige Mahlzeiten und kleine Geldunterstützungen aus Legaten, und wie alle Armen der Stadt freien Arzt in Krankheitsfällen. Zwischen der Stadt und dem Dorfe St. Jürgen ist ein Platz zur Erbauung eines Zuchthauses für beide Herzogthümer angekauft. -- Wegen der Entfernung der Stadt von der Ostsee, und der schon vor einigen Jahrhunderten geschehenen Verstopfung der Schleymündung ist der Handel unbedeutender. Doch hat die Schiffahrt durch die Grabung eines Kanals bei der Schleymündung so zugenommen, daß jährlich gegen 500 Schiffe diesen Kanal passiren, und gegen 200 von 10 bis 40 Lasten bis an die Stadt kommen. Manufakturen und Fabriken haben bis dahin in Schleswig nicht recht gedeihen wollen; doch gibt Flachsspinnen und Strumpfweberei manchem Bedürftigen Gelegenheit zum Verdienst. 1 Zuckersiederei. 1 Möbelmagazin. Gärberei von weissem elastischen Leder. 2 Apotheken. 1 Buchdruckerei. 2 Buchhandlungen. Der Dommarkt, welcher im Schwaal, einem bedeckten Gange an der Norderseite der Domkirche gehalten wird, beginnt mit dem Schlusse des Kieler Umschlags am 2ten Febr. und endigt sich am Sonnabend nach Fastnachten. Der Egidienmarkt dauert 8 Tage. 2 Pferdemärkte. 3 Schlachtviehmärkte im Herbste. Ueber 40 Familien treiben die Fischerei. Mpfl. die Altstadt bei der alten und neuen Mühle, welche die Stadt auf 100 Jahre gepachtet hat; Lollfus und Friedrichsberg bei der Gottorfer Erbpachtsmühle. In Schleswig wohnen die Amtmänner und Offizialen zweier Aemter, der Generalsuperintendent beider Herzogthümer und 2 Pröbste. Die Garnison besteht aus einem Regiment Infanterie und 2 Eskadrons Kavallerie. Nahe bei der Stadt westlich zwischen dem Lollfus und Friedrichsberg liegt das Schloß Gottorf, die Residenz des Statthalters beider Herzogthümer, der Sitz des Ober- und Landgerichts, wie auch des Oberkonsistoriums des Herzogthums Schleswig, und der Versammlungsort der schleswigholsteinischen Landkommission. Im Schlosse ist eine Kapelle, worin der Generalsuperintendent predigt. Neben dem Schlosse ist ein Getraidespeicher und die Reitbahn, 2 Stallgebäude, und das Komödienhaus. Prospekt und Grundris der Stadt Schleswig aufgenommen von Egid v. Lobedanz. -- Vergl. Niemanns Handbuch Seite 681.
Von Reisenden.[]
Emanuel Bozenhard.[]
Hamburg, den 16. Julii 1794
Schleswig fällt wegen seiner sonderbaren Bauart auf. Die ganze Stadt bestehet beynahe nur aus einer einzigen, aber ungeheuern langen und äusserst unregelmäßigen Straße, eine Unbequemlichkeit, die den Einwohnern sehr zur Last fallen muß. Indessen sind hier viele schöne Häuser, und das Schleswig die Residenz des Prinzen Carl von Hessen, als Statthalter der Herzogthümer ist, und die Collegien des Landes daselbst ihren Sitz haben, so ist es der Aufenthalt vieler vermöglichen Leute, die hier auf einem sehr angenehmen Tone leben.
Johan Meerman.[]
Schleswig.
- (Julius 1797.)
Das einfache Wirthshaus auf der langen Station von Schleswig, wo man gewöhnlich verweilt, enthielt eine Merkwürdigkeit, die man an solchen Orten gewiß nicht täglich antrifft, eine Bauerwirthinn, die eine Bibliothek von 700 Bänder zu besitzen vorgab, und deren Gespräche es verriethen, daß sie dieselben nicht ohne Nutzen gelesen habe.
Die Stadt Schleswig ist außer dem Schlosse Gottorp an und für sich in drey Theile abgetheilt, und einer der unregelmäßigsten Orte, die man sich denken kann. An der westlichen Seite wird sie durch urbar gemachte, mit Gebüsch überwachsene Berge umringt, und bildet wenigstens während einer halben Stunde einen halben Mond um einen Meerbusen. Von der Rendsburgischen Seite kömmt man zuerst durch Friedrichsberg, das nur aus einer einzigen, sich krümmenden Straße besteht, die ungewöhnlich gut gebaut und hier und dort sogar mit schönen modernen Häusern besetzt ist. Sie endigt in eine dunkle Allee am Wasser, die sich nach der alten oder mittelsten Stadt hinzieht, und um das Schloß läuft, das man zur Linken liegen läßt; von der Altstadt geht wieder eine lange Straße, die unter dem Namen Lollfuß den dritten Theil von Schleswig bildet, gerade aufs Schloß. Die Altstadt, die sich weder durch die Geradheit ihrer Straßen, noch die Schönheit ihrer Gebäude unterscheidet, schien mir doch blühend und volkreich zu seyn. -- Das Aeußere des Doms ist sehr einfach, doch das Innere hat alle Ansprüche auf die Aufmerksamkeit eines Reisenden. Im Chor vor dem Altar befindet sich auch das Begräbniß Friedrichs I. Auf einem hohen schwarzen, unten mit einigen alabasternen Figuren verzierten Sarkophage erhebt sich das weiße Marmorbild des Königs, das nicht ohne Kunst gearbeitet ist, und den Charakter seines Originals genau ausdrückt. In der Nähe dieses Monuments stehen auf einer Art von erhöhtem Fußgestelle zwey kleine schlechte Statuen von Christian dem Zweyten und seiner Gemahlinn. Zu ihrer Zeit war der Altar, gewiß ein merkwürdiges Kunstwerk des sechszehnten Jahrhunderts, verfertigt. Wenn man zwey große Thüren geöffnet hat, so erblickt man die ganze Leidensgeschichte, nebst andern biblischen Historien und päpstlichen Legenden, von oben bis unten in Holz in erhabener Arbeit dargestellt. Es ist wahr, daß viel verzeichnet ist, und man muß weder Ordnung noch Perspective in einem Stücke erwarten, wo z. B. Christus an einem Ende seine gewöhnliche Stelle einnimmt und den Johannes am Busen hat, während er am andern Ende dem Petrus die Füße wäscht; doch wird man eine Menge Beweise von Kunst und die unermüdete Geduld des Bildhauers, dem das Werk Jahre gekostet haben muß, dabey nicht übersehen. -- Hier sind auch die Gräber der Herzoge von Schleswig, so wie mehrere andere herrliche Grabmähler, unter denen sich besonders die Ruhestätte der Grafen von Reventlow auszeichnet.
Das Innere des großen Rathhauses verdient nicht einmal flüchtig besehen zu werden. In dieser Gegend der Stadt befindet sich auch ein Fräuleinkloster, das aus zehn Bewohnerinnen mit der Priorinn besteht.
Das Schloß Gottorp, bis ins dreyzehnte Jahr des verflossenen Jahrhunderts, da Friedrich IV. sich das Herzogthum unterwarf, ein Fürstensitz, und jetzt der Aufenthalt der Dänischen Statthalter und hohen Landesgerichte, ist ein großes länglicht-viereckiges Gebäude, nicht ohne Symmetrie, das auf einer Erhöhung liegt. Das Innere enthält keine Merkwürdigkeiten. Der Schwager des Königs und Schwiegervater des Kronprinzen von Dänemark, der Prinz von Hessen, der Gouverneur von Schleswig und Hollstein ist, wohnt abwechselnd in diesem Schlosse, und auf einem zwey Meilen von hier befindlichen Landgute. Hinter demselben erhebt sich ein langer, doch im alten Geschmacke angelegter Garten, der ein einer ziemlich steilen Richtung bergauf geht. So wohl das Terrain als die Aussicht von oben machen ihn großer Verschönerungen fähig, besonders wenn auch hier das nahe gelegene Gebüsch hinein gezogen würde.
Uebrigens muß man Schleswig mehr als die Hauptstadt einer Provinz, wo viele Adelige ihren Aufenthalt haben, als wie eine Handelsstadt betrachten. Zu dem letztern ist ihre Lage, obgleich das Meer sehr nahe ist, nicht geeignet. Es fehlt ihr inzwischen nicht an Fabriken von verschiedener Art. Die Zahl der Einwohner beläuft sich auf 6000.
Carl Gottlob Küttner.[]
Kopenhagen im Juny 1798.
Schleswig ist eine allerliebste Stadt, und von einer so sonderbaren Art, als ich kaum irgendwo eine gesehen habe. Am meisten gleicht sie den Hauptorten der demokratischen Cantons der Schweiz. In gewissen Strichen derselben glaubt man, nicht sowohl eine Stadt, als Gruppen von Landhäusern zu sehen, die nahe an einander gebaut sind. Mit diesen wechselt etwa eine Allee ab, die nur auf der einen Seite mit Häusern besetzt ist, während daß man auf der andern die Aussicht in die freye und schöne Natur hat. Einmahl ist auch die Gasse ganz unterbrochen, und man sieht gar keine Häuser, weder rechts noch links. Indessen hat sie doch eine lange Hauptgasse, und in der That besteht der größte Theil der Stadt bloß aus dieser; aber selbst hier sind viele Häuser von allen andern getrennt, und haben ihren eigenen Hof oder Garten zur Grenze. Auch sehen die Häuser selbst sehr ländlich aus, und sind fast durchgehends klein; manche haben bloß ein Bodengeschoß; die meisten nur ein Stockwerk; die, welche zwey haben, sind äußerst selten. Die mehresten sind von Holz, haben aber ein so heiteres, reinliches und freundliches Ansehen, sind so sorgfältig angestrichen, und die Fenster so glänzend rein, daß ich bald in England, bald in Holland zu seyn glaubte. Den kleinen Städten des letztern Landes gleicht jedoch Schleswig am meisten, denn etwas Großes und Ansehnliches muß man hier nicht suchen, wiewohl es eine Menge hübscher, guter und angenehm in das Auge fallender Häuser gibt.
Die Reinlichkeit der Einwohner ist hier so groß, daß ich kaum glaube, ein von außen schmutziges Haus, oder unreine Fenster gesehen zu haben, das Schloß ausgenommen, wovon ich nachher reden werde. -- Büsching sagt, die ganze Länge von Schleswig sey eine halbe Meile; ich setze hinzu, daß sie wenigstens so viel beträgt. Darum ist es aber nichts weniger, als eine stark bevölkerte, je nicht einmahl eine große Stadt, weil sie gar keine Tiefe hat, und in vielen Theilen bloß aus einer einzigen Gasse besteht. Sie zieht sich um den ganz obern Theil des langen Meerbusens herum, den man die Schley nennt, und macht von der Wasserseite her, oder auch, wenn man sie von einer Anhöhe sieht, eine große Figur, da denn alle bessern und ansehnlichern Häuser in die Augen fallen. Diese letztern gehören mehrentheils dem Adel, der hier sehr zahlreich ist, und der im Winter aus allen Theilen des Herzogthums und von den Inseln hierher kommt. Da nun der Ort auch der Sitz des Statthalters ist, und einen Hof hat, so können Sie ihn wirklich als eine Haupt- und Residenzstadt betrachten. Sie hat aber fast keinen Handel, und ihr großer und sicherer Hafen nutzt ihr nichts, weil er an der Mündung gegen das Meer zu keine Tiefe hat, auch andere Ursachen da sind, warum Flensburg die Hauptstadt für den Handel des Landes geworden ist. –
Ich gab hier einen Brief nach England auf die Post, den man über Amsterdam schicken wollte: woraus ich denn schloß, entweder daß der Postbediente sehr neu und sehr unwissend seyn mußte, oder daß seit mehr als drey Jahren kein Brief nach England auf der hiesigen Post abgegeben worden ist. –
Nachdem wir den größern Theil der Stadt in ihrer Länge durchwandert hatten, kamen wir an den Dom, der, obschon sehr alt und unansehnlich, für den Beobachter wirklich interessant ist, weil er gewisser Massen die Geschichte der Kunst und des Geschmacks in diesen Gegenden durch einige Jahrhunderte hindurch enthält. Kaum habe ich eine Gebäude dieser Art gesehen, das so mit Denkmählern überladen ist, und zwar mit Denkmählern, die den Reichthum und den Pomp der Familien zeigen, die hier begraben liegen. Alle Pfeiler sind mit Büsten, Statuen, Gemählden u. s. w. behangen, mehrere Familien haben große Begräbnißcapellen, wo die Todten in ungeheuern Särgen von Marmor, von Bleu, von Kupfer zu Tage ausgestellt sind. In einer dieser Capellen ruhen die alten Herzoge von Schleswig, und an der Wand stehen ihre Brustbilder von weißem Marmor. Auch sind hier die Grabstätten mehrerer Bischöfe. König Friedrich I von Dänemark, der 1534 starb, hat hier ein großes, marmornes Begräbniß, mit einer Menge Statuen von weißem Marmor, die wirklich nicht schlecht sind. Die mehresten übrigen Kunstwerke sind, wie es sich erwarten läßt, theils mittelmäßig, theils schlecht, einige auch sehr schlecht. –
Vorzüglich merkwürdig war mir ein Altar von alter Deutscher Kunst, dergleichen ich wenige im Innern von Deutschland, wohl aber mehrere in Süden und Norden gesehen habe. Die Figuren sind von Holz und fast unzählich, und stellen ganze biblische Geschichten vor. Sie sind überaus reich vergoldet, wodurch die Arbeit etwas versteckt wird, und von ihrer Schärfe verliert. Und doch bemerkte ich mehrere Figuren und Gruppen, die ihr Verdienst hatten, ziemlich gut gezeichnet, und nicht schlecht geschnitten waren.
Das Schloß Gottorp wird nicht als ein Theil der Stadt betrachtet, und hin und wieder so beschrieben, als läge es in einiger Ferne davon. Man sagt Gottorp bey Schleswig. Es liegt aber so nahe an der Stadt, daß man es füglich als einen Theil derselben betrachten kann. Es war die ehemahlige Residenz der Herzoge, und ist ein großes, ansehnliches Gebäude, mit einem Garten, der sich an einem Hügel hinanzieht und eine reitzende Aussicht hat. Auf der Höhe befindet sich ein Lusthaus, in welchem ehemahls der berühmte Globus stand, der in der Folge nach Petersburg gekommen ist. Wir verlangten die Zimmer zu sehen, aus denen die Aussicht ebenfalls sehr hübsch ist. Uebrigens ist hier nichts, das viel Aufmerksamkeit verdient, und, etwa die Wohnzimmer ausgenommen, findet man so wenig Reinlichkeit, daß ich in den Gängen und Sälen nicht durch das Glas der Fenster sehen konnte. Jetzt befindet sich die Familie auf einem Landgute ein paar Stunden von hier; sonst aber ist dieß die gewöhnliche Residenz des Prinzen Carl von Hessen-Cassel, Statthalter von Schleswig und Holstein, Gemahl der Prinzessin Louise, Tochter des Dänischen Königs Friedrichs V, und Mutter der Kronprinzessinn dieses Landes. –
Wenn die Familie hier ist, hält sie regelmäßig Hoftage, an welchen sich, wie ich höre, öfters eine Gesellschaft einfindet, die über hundert Personen stark seyn soll.
Wir machten heute sechs und eine halbe Meile in weniger als sieben Stunden. Wenn man frühzeitig aufsteht, so ist es ungeheuer, was man in dieser Jahreszeit, unter dieser nördlichen Breite, im Verlaufe eines Tages thun kann. Wir haben alles gesehen, was wir zu sehen wünschten, und kamen in das Wirthshaus zurück, lange, ehe es anfing, dunkel zu werden. Dieses Haus (bey Haß) ist vortrefflich, und weit über alles, was ich in diesen Provinzen und auf dieser Straße erwartete.
Quellen.[]
- ↑ Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor der Geschichte zu Landshut. Landshut, bei Philipp Krüll, Universitätsbuchhändler. 1811.
- ↑ Topographie des Herzogthums Schleswig in alphabetischer Ordnung. Ein Repertorium zu der von Gollowinschen Karte dieses Herzogthums von Joh. Friedr. Aug. Dörfer, Diakonus an der Fleckenskirche in Preetz. Schleswig, bei Carl Franz Christiani. 1816.
- ↑ Bemerkungen auf einer Reise von Kopenhagen nach Wien im Jahr 1793 von E. Bozenhard Kayserl. Königl. General-Consul in Dännemark. Hamburg, bei Benjamin Gottlob Hoffmann 1795.
- ↑ J. Meerman's, Herrn von Dalem und Vuren, Reise durch den Norden und Nordosten von Europa in den Jahren 1797 bis 1800. Aus dem Holländischen übersetzt und mit Anmerkungen begleitet von Rühs. Wien, 1811. In Commission bey B. Pf. Bauer.
- ↑ Reise durch Deutschland, Dänemark, Schweden, Norwegen und einen Theil von Italien, in den Jahren 1797. 1798. 1799. Leipzig, bey Georg Joachim Göschen, 1804.