Sieg der Alliirten bey Culm.[]
[1]
Der dreyßigste August 1813.
Die Franzosen waren von Königsstein und Pirna auf der Chaussee von Peterswalde nach Töplitz vorgedrungen, und hatten bereits Culm, zwo Meilen von Töplitz, erreicht. Hier wurden sie von 6000 Russen und 12000 Oesterreichern, unter dem General Miloradowitsch, dann dem Grafen Colloredo und General Bianchi angegriffen. Das Dorf Culm liegt am Fuß einer Kette von Gebirgen, die eine schwer zu überschreitende Grenzlinie zwischen Sachsen und Böhmen bildet. unmittelbar vor Culm unterhielten die Franzosen, die der General Vandamme kommandirte, ein fürchterliches Artilleriefeuer auf die Russen. Indeß sich die Russen und Oesterreicher zweckmäßig zur Rechten und Linken bewegten, fiel das Korps des preussischen Generals Kleist, das noch in den Gebirgen war, dem Feind in den Rücken. Die Oesterreicher umgiengen den linken Flügel desselben, auf dem rechten nahm der russische General alle Punkte weg, die die Franzosen vertheidigen wollten. Eine Menge Kanonen, Pulverwagen, Gepäcke und selbst die ganze Equipage des Generals Vandamme fiel den Russen in die Hände. Geschlagen auf allen Seiten und abgeschnitten im Rücken, warfen die Franzosen die Waffen weg, hörten auf, sich zu vertheidigen und flüchteten in die Wälder. Der General Vandamme nebst sechs Generälen und mehrern tausend Officieren und Gemeinen, Fahnen, Kanonen und Munitionswagen wurden den Siegern zur Beute, indeß die Fliehenden von den Kosacken verfolgt und eine große Zahl getödtet wurden.
Schlacht bei Culm.[]
[2]
Culm (Schlacht bei), den 29sten und 30sten August 1813.
Als die Hauptarmee der Verbündeten den 25sten August auf dem linken Elbufer bis Dresden vorgerückt war, zog Napoleon aus Schlesien in Eilmärschen heran, um den Mittelpunkt seiner Stellung an der Elbe zu behaupten. Schon in Stolpen entwarf er den Schlachtplan zu den Tagen des 26sten und 27sten August (s. Dresden). Von dort befahl er den 25sten Abends dem General Vandamme, mit dem ersten Armeecorps, 32 Bataillone und 5000 Pferde stark, bei Königstein über die Elbe zu gehen, und den rechten Flügel der Verbündeten von der Straße nach Peterswalda abzuschneiden, hierauf in Böhmen einzudringen, und dem zurückweichenden Feinde in den Rücken und die Seite zu fallen. Dieses Vorrücken Vandamme's über Pirna gegen Böhmen entschied am 27sten August den Rückzug der Verbündeten von den Anhöhen bei Dresden in ihre alten Stellungen bei Töplitz. [Bild:PortretGrafOstermannGL720 BNW.jpg|thumb|link=Alexander Iwanowitsch Ostermann-Tolstoi]]
Nun warf sich Vandamme den 28sten bei Geissing, zwischen Altenberg und Peterswalda, auf die Russen unter Ostermann. Nach hartem Kampfe wich diese kleine Schaar nach Böhmen zurück. Vandamme, den Marschallstab im Auge, stürzte ungestüm nach, und über den hohen Gebirgskamm von Nollendorf in den Kessel hinab, wo Ostermann bei dem Dorfe Culm mit einer Division russischer Garden vereinigt, eine Stunde von Töplitz die Stirn aufs neue dem verwegenen Sieger bot. Es galt den Rückzug des von Dippoldiswalde her mit Gepäck und Geschütz im hohen Erzgebirge verwickelten Hauptheeres der Verbündeten nach Böhmen. Schon glaubte der wilde Vandamme das Häuflein von 8000 Russen mit seinem 30,000 Mann zu überrennen, und Töplitz zu plündern, da brach seine Wuth den 29sten an der Felsmauer russischer Tapferkeit. Unter Ostermann, Yermaloff, Knorring, Prinz Gallizin und dem Großfürsten Constantin vertheidigte die kleine Schaar jeden Schritt des Bodens mit spartanischem Heldenmuthe; doch hätte sie der Uebermacht unterliegen müssen, wäre nicht der König von Preußen aus Töplitz herbeigeeilt, der, die Gefahr richtig beurtheilend, sofort mit scharfem Blick und schneller Geistesgegenwart die wirksamsten Gegenanstalten traf, um in diesem Thermopylä Böhmen und die deutsche Freiheit zu retten. Denn, so wie auf des Königs begeisternden Ruf der Oberste Sück mit dem österreichischen Dragonerregimente Erzherzog Johann von Dux her in die erste Linie der russischen Reiterei bei Culm eingerückt war, behauptete Ostermann seine Stellung bei Arbisau. Bald trafen, vom Oberfeldherrn Schwarzenberg entsandt, noch mehr russische Kerntruppen ein, und Vandamme wurde am Abend dieses Tages mit Verlust nach Karwitz hin- und von Töplitz weggedrängt. Er konnte sich in der Nacht auf das Gebirge, von dem er herabgestiegen war, zurückziehen; allein Verstärkungen erwartend, blieb er bei Karwitz stehen. Mortier sollte nämlich von Pirna her mit drei Divisionen der jungen Garde am 30sten zu ihm stoßen, allein Napoleon - wie man erzählt, durch Uebelbefinden aufgehalten - brach nicht zu rechten Zeit von Dresden auf, um dem Corps unter Mortier zu folgen. Als er nun auch die Nachricht erhielt von Macdonalds Niederlage an der Katzbach in Schlesien, so rief er Mortier zurück. Dagegen griff den General Vandamme am 30sten früh am 9 Uhr Barclay de Tolly mit frischen Truppen an, während die österreichischen Divisionen Colleredo und Bianchi, nebst der russischen Brigade Knorring, die Höhen des feindlichen Flügels erstürmten, und die Franzosen aus Parchwitz und Neudorf vertrieben. Noch stand die Schlacht, als um 11Uhr der zweite preußische Heerhaufe unter dem General von Kleist von der nollendorfer Höhe herab den Franzosen in den Rücken kam. Kleist hatte nämlich auf seinem Rückzuge durch die Bergschluchten bei Glashütte den 29sten Abends auf Seitenwegen Fürstenwalde auf dem höchsten Punkte des Gebirges erreicht. Hier faßte er den kühnen Entschluß, da alle übrigen Wege gestopft waren, in dem Rücken des Feindes über den nollendorfer Paß nach der töplitzer Straße durchzudringen *). Er meldete dies Schwarzenberg, der bereits von Töplitz aus den Angriff am 30sten früh angeordnet hatte. Kleist mußte eilen, denn es war möglich, daß Mortier, der bei Pirna stand, ihm in den Rücken fiel.
Jetzt sah sich Vandamme in dem Kessel bei Culm eingeschlossen. Mit Verzweiflung kämpfend, wollte er bei Nollendorf sich durchschlagen. Die französische Reiterei warf sich auf die Preußen, und das Fußvolk folgte in geschlossenen Vierecken. Schon hatten sie die preußischen Landwehr-Bataillons auf dem linken Flügel getrennt; ein schlesisches Bataillon widerstand. Da stürzte sich, weder von Sumpf noch Feldmauern aufgehalten, das österreichische Dragonerregiment Johann auf die französischen Vierecke, und zertrümmerte sie, so schnell sie auch die zerrissenen Glieder wieder ordneten, gänzlich. Die Reiterei entrann in wilder Flucht; der bei Culm noch fechtende Theil des französischen Heeres aber war nun völlig umzingelt. So fiel Vandamme selbst mit drei Generalen und dem ganzen Generalstabe, nebst 8000 Mann mit 80 Kanonen, zwei Adlern und zwei Fahnen in die Hände des Siegers. Er wurde als Gefangener nach Moskau in den Kreml abgeführt. Unter den Todten fand man die Generale Prinz Reuß, Montesquiou-Fepensac und Dumonceau. Das erste französische Armeecorps war vernichtet. Nur 6000 Mann hatten sich in völliger Auflösung über das Gebirge gerettet. Am 1sten Sept. feierte das preußische Heer das Siegesfest mit Gottesdienst auf freiem Felde bei Culm. In tiefer Andacht warf sich der König auf die Knie in den Staub, und alle seine Krieger thaten das Nämliche. Ungehindert zog das verbündete Heer von dem Gebirge herab. Also entschied der Sieg bei Culm, nebst den fast gleichzeitigen Siegen an der Katzbach und bei Großbeeren (s. d. Art.) den Erfolg des ganzen Feldzugs. Der preußische General heißt von diesem Tage Graf Kleist von Nollendorf. Am 30. Aug 1817 wurde das Denkmal, das der König von Preußen seinen in der Schlacht bei Culm gefallenen Kriegern, in der Gegend von Arbesau, an der dresdner Straße hat errichten lassen, unter großen Feierlichkeiten eröffnet. Dasselbe besteht aus einer aus gegossenem Erz verfertigten 28 Fuß hohen Standsäule in Pyramidalform.
- *) Kleist hatte eigentlich den Auftrag, durch die Pässe von Geiersberg Böhmen zu gewinnen. Allein diese waren so verstopft von Artillerie, Bagage, Truppen, die aus Sachsen zurückkamen, daß an kein Durchkommen zu denken war, und er nahm den Vorschlag des Generals Grollmann an, von Glashütte, wo er stand, auf einem Nebenwege gerade nach Nollendorf zu gehen, um hier die erste Straße nach Böhmen zu gewinnen, und dem Vandamme, der dieselbe Straße gezogen, in den Rücken zu kommen. - Wie im Kriege große Begebenheiten oft von kleinen Umständen abhängen! Diese Nebenwege wußte Niemand. Allein Grollmann (der Chef des Generalstabes unter Kleist) erinnerte sich, in dem Prozesse des General Finck gelesen zu haben, daß er nicht nöthig gehabt, in Maren zu capituliren, weil noch ein Weg da sey, auf dem man abziehen könne. Dieser Weg wurde nun aufgesucht und des Morgens gegen 10 Uhr kam das kleistsche Corps die nollendorfer Straße herunter, und stieg bei Culm ins Thal. (Aus einem Brief von Benzenberg im westphäl. Anzeiger.)
Bericht in der Wiener Hofzeitung.[]
Töplitz, den 31sten August 1813.
Der Feind hatte sich über die Ursachen unserer rückgängigen Bewegungen getäuscht, und unternahm es, uns einzelne Korps aus den Defileen des Erzgebirges nach Böhmen nachzusenden.
General Vandamme, Befehlshaber des ersten Armeekorps, mußte mit 52 Bataillons, und 4 bis 5000 Pferden von Königstein über Peterswalde vorrücken. Ihm entgegen stand nichts als das kaum 8000 Mann starke Korps des tapfern russischen Generals Ostermann, welches mit dem ausgezeignetesten Muthe jeden Fußbreit Landes streitig machte.
Den 29sten gegen Mittag trafen nach einem der beschwerlichsten Märsche die russisch-kaiserlichen Garden zur Unterstützung ein; auch sandte der kommandirende General en Chef eine russische Grenadier-Brigade von Eichwald aus zur Verstärkung; sie griffen den Feind mit Löwenmuth an, und warfen ihn nach ungeheuren Anstrengungen bis gegen Karwitz. Das Gefecht war durch diese glückliche Haltung der Russen hergestellt, und die Ausführung der Disposition zum Angriff des Feindes für den folgenden Tag möglich.
Der kommandirende General-Feldmarschall, Fürst Schwarzenberg, ertheilte dem General Barclay de Tolly den Auftrag zum Angriff, den dieser General mit jener Geschicklichkeit ausführte, die man von ihm erwarten durfte. Die Divisionen Kolloredo und Bianchi, nebst der russischen Brigade des Gen. Knorring, umgingen am 30sten Morgens den Feind in seiner linken Flanke, während die Russen seinen rechten Flügel beschäftigten, General Kleist aber im Rücken des Feindes auf den Paß von Nollendorf marschirte, und ihm dadurch jeden Rückzug unmöglich machte. General Knorring stürmte mit seiner vortrefflichen Kavallerie die erste Batterie des Feindes, und nahm 3 Kanonen.
Die Kolonne des F. M. L. Graf Kolloredo stürmte auf die ausgezeichneteste Weise die Höhen des feindlichen linken Flügels, und vertrieb ihn aus Parchwitz und Neudorf; nach der tapfersten Gegenwehr wurde der Paß von Nollendorf durch den General Kleist forcirt. Dem Feinde blieb nichts als die Wuth der Verzweiflung; von allen Seiten umgangen, in der Fronte aber unausgesetzt von den Russen nach den Defileen gedrängt, glückte es nur einem kleinen Rest der feindlichen Kavallerie sich durchzuschlagen; alles Übrige ward niedergemacht oder gefangen. Das Schlachtfeld ist mit Todten bedeckt, gegen 8000 Gefangene sind bis jetzt eingebracht, der Überrest wird in den Wäldern aufgesucht, und jeden Augenblick vermehrt sich ihre Zahl. 81 Kanonen, 2 Adler und 2 Fahnen fielen in unsere Hände; auch nicht ein Geschütz des Feindes entkam. General Vandamme, der Divisions-Genie-General Haxo, die Brigade-Generale Guiot und Haimbrodt sind gefangen. Die Divisionsgeneräle Dumonceau, Montesquiou-Fezensac und Prinz Reuß blieben auf dem Platz, alle übrigen sind zerstreut und blessirt. Das 1ste Armeekorps des Generals Vandamme hat aufgehört zu seyn.
Bericht im Moniteur.[]
Am 29sten August ging der Gen. Vandamme mit 8 oder 10 Bataillons über den Rücken der großen Gebirgskette, und rückte nach Kulm. Hier stieß er auf den Feind, der 8 bis 10,000 Mann stark war; er begann ein Gefecht, und ließ, da er sich nicht stark genug fand, das ganze Armeekorps herabkommen. Nun warf er zwar bald den Feind; allein statt zurückzukehren und sich wieder auf die Höhe zu stellen, blieb er bei Kulm aufgestellt, ohne den Berg besetzt zu halten; dieser Berg beherrscht die einzige Chaussee, und ist hoch. Der Marschall St. Cyr und der Herzog von Ragusa trafen erst am 30sten Abends an dem Passe, der ins Töplitzer Thal führt, ein. General Vandamme dachte nur an Ein Resultat: dem Feinde den Weg zu versperren und Alles gefangen zu machen. "Einer fliehenden Armee muß man eine goldene Brücke bauen oder eine stählernen Schlagbaum entgegenstellen;" er war nicht stark genug, um diesen stählernen Schlagbaum zu bilden. Unterdessen sah der Feind, daß dieses Armeekorps von 18,000 Mann das einzige in Böhmen war; von dem Überreste durch hohe Berge getrennt, welcher Überrest noch am disseitigen Fuße des Gebirgs stand. Er fühlte dabei, daß er verloren war, wenn er es nicht schlug, und faßte die Hofnung, es mit Erfolg angreifen zu können, da dessen Stellung schlecht war. Die russischen Garden marschirten an der Spitze der sich zurückziehenden Armee; man gab ihnen zwei frische östreichische Divisionen zu, und die übrigen feindliche Armee vereinigte sich mit ihnen, so wie sie, von den französischen Korps Nro. 2, 6 und 14 verfolgt, von den Gebirgen ins Thal herabkam. Diese Truppen überflügelten das 1ste Korps. Der General Vandamme hielt sich gut, trieb alle Angriffe zurück, durchbrach Alles was sich sehen ließ, und bedeckte das Schlachtfeld mit Todten. Die feindliche Armee fing an in Unordnung zu gerathen, und man sah mit Verwunderung, was eine kleine Anzahl Tapferer gegen einen großen Haufen vermag, dessen Muth geschwächt ist. Allein um 2 Uhr Nachmittags debouchirte die preussische Kolonne unter dem General Kleist, welche auf ihrem Rückzuge abgeschnitten war, über Peterswalde, um wo möglich hier nach Böhmen durchzukommen; sie stieß auf keinen Feind, langte ohne Widerstand auf der Höhe des Berges an, stellte sich dort auf, und war Zuschauerin des Gefechts im Thale. Die Wirkung dieser Kolonne auf den Rücken der Armee entschied über den Ausgang. Der General Vandamme rückte ihr zwar augenblicklich entgegen, und trieb sie zurück; aber er war dadurch genöthigt gewesen in dem entscheidendsten Augenblicke seine Linie zu schwächen. Das Kriegsglück wechselte. Indessen gelang es ihm, die Kolonne des Generals Kleist zu werfen, welcher selbst todt blieb; die preussischen Soldaten warfen ihre Waffen weg, und stürzten sich über die Gräben und Büsche. In dieser Verwirrung verschwand der General Vandamme; man hält ihn für tödlich getroffen. Die Generale Korbineau, Dumonceau und Philippon entschlossen sich den Augenblick zu benutzen, und sich theils auf der Hauptstraße, theils auf Nebenwegen, mit ihrer Division zurückzuziehen, wobei sie ihr ganzes Materiale, aus 30 Kanonen und 300 Wagen aller Art bestehend, zurückließen, jedoch die Bespannung mit fortführten. Bei der Lage, worin sich die Sachen befanden, konnten sie keine bessere Partei ergreifen. An Todten, Verwundeten und Gefangenen muß unser Verlust in diesem Treffen sich auf 6000 Mann belaufen; man glaubt, daß der feindliche nicht unter 4 bis 5000 seyn könne. Das 1ste Korps vereinigte sich eine Stunde vom Schlachtfelde mit dem 14ten. Man nimmt ein Verzeichniß des bei dieser Katastrophe erlittenen Verlustes aus, die man einem übelberechneten kriegerischen Eifer zuzuschreiben hat. Der General Vandamme verdient Bedauern; er besaß eine seltene Unerschrockenheit. Er ist auf dem Felde der Ehre gestorben; ein Tod, der für jeden Tapfern beneidenswerth seyn muß."
Augenzeugenbericht.[]
[5]
Auszug aus einem Schreiben von Hrn. B. an Mad. A. in Straßburg.
Im Lager vor Dresden den 3. September 1813.
Ich weiß nicht, meine Liebe Freundinn ob du mein aus Dresden, vom 1. dieses Monats datirtes Schreiben erhalten haben wirst, worin ich dich von der schrecklichen Catastrophe benachrichtigte, die uns 12 Stunden von hier, in Böhmen betroffen hat. Unser Armeekorps, das der General Vandamme befehligte, ist durch die Schuld dieses Generals, der uns tief in ungeheuere hohe Gebirge geführt hat, welche dem Feinde die Mittel und Wege uns zu umzingeln erleichterten, fast ganz aufgerieben worden; wir haben viel Leute verloren; der oberst ist gefangen, eben so wie viele Offiziere, die getödtet oder verwundet in der Gewalt des Feindes blieben; Capitain Cochereau ist mit darunter. Ich habe mich, wie alle, die davon gekommen sind, nur dadurch gerettet, daß ich unter dem Feuer eines Kugelregen in das Gehölz kroch und einen Berg erkletterte, den man vielmehr einen Felsen nennen sollte. Kurz, ich habe das Glück gehabt, noch einmahl davon zu kommen, und dieß war einzig und allein durch eine neue Wohlthat, jenes Wesens möglich, das unser Schicksal lenkt, und das mich ohne Zweifel meiner vielgeliebten, guten, kleinen Hyacinthe hat erhalten wollen.
Der Kaiser, der sich hier befindet, hat uns, das heißt die Reste des Armeekorps, gestern die Revüe passiren lassen. Er hat uns gesagt, daß er uns einige Tage hier behalten wolle, und daß wir dann wieder zurückgehen und uns rächen sollten.
Ich befinde mich recht wohl, aber in der nämlichen Lage, wie damahls, als ich von Moskau zurückkam, das heißt, ich habe nichts, als was ich am Leibe trage, und um das Unglück voll zu machen, bezahlt man uns nicht, was uns gebührt. Ich gestehe, mein gutes Mütterchen, daß diese Lage, den Kummer, der mich zu Boden drückt, noch vermehret; inzwischen ist die Hoffnung immer noch meine Stütze; möge sie auch die Deinige seyn und mögen vor allen diese unglücklichen Details nicht zu sehr dein reitzbares Wesen angreifen.
Heldenthaten Oesterreichischer Krieger.[]
Die Husaren vom Regimente Hessen-Homburg.[]
In der ewig denkwürdigen Schlacht bey Kulm am 30. August 1813, wo der Französische General Vandamme die verbündete Armee mit Wuth und Verzweiflung angriff, gab der Feldmarschall Fürst Schwarzenberg dem Oberst-Wachtmeister vom Husaren Regimente Hessen-Homburg, Baron Simonyi den Auftrag, mit drey Escadronen seiner tapfern Reiter dem Feinde in die Flanke bey Aussig zu fallen. Mit Ungestüm stürzten sich die Braven auf den vielmahl überlegenen Feind, warfen ihn, daß er sich eilig zurück ziehen mußte. Aber zwischen hohen für die Cavallerie unzugänglichen Felsen bey Königswald sammelte er sich wieder, und stellte sich den tapfern Husaren entgegen. Schmerzlich war es für die Braven, daß sie ihren schönen Sieg nicht rasch verfolgen, und den Feind zernichten konnten. Doch der einsichtsvolle Oberstwachtmeister, der mit seiner braven Reiterschar noch jedes Hinderniß überwunden hatte, fand auch hier Rath. Schnell ließ er eine Escadron Husaren absitzen; diese erklimmten als tapferes Fußvolk den Felsen, griffen den Feind an, brachten ihn in Unordnung, nahmen zwey Officiere, 115 Mann und 14 Pferde gefangen, und kehrten, mit Ruhm bedeckt, zu ihren Pferden zurück.
Das Dragoner-Regiment Erzherzog Johann.[]
In eben dieser Schlacht hörte das Dragoner Regiment Erzherzog Johann auf seinem Rückzuge von Dresden nach Böhmen in der Nähe von Kulm eine heftige Kanonade mit Kleingewehr-Feuer vermischt. Zu gleicher Zeit sprengte ein Preußischer Flügel-Adjutant herbey, der den Obersten des Regiments von Sück zu dem Könige von Preußen berief, welcher auf der Anhöhe von Töplitz sich befand. "Sie sehen mein lieber Oberst!" redete diesen der Monarch an, "die bedenkliche Lage unsers Heeres. Wirft der weit überlegene Feind den General Ostermann aus dem Engpasse bey Kulm, so dringt er noch heute bis Töplitz vor, und alle Truppen, die im Gränzgebirge stehen, sind sammt dem Geschütze und Gepäcke in der Gefahr. Ich ersuchte Sie daher, mit Ihrem Regimente alles beyzutragen, was dieses unglückliche Ereigniß verhindern kann."
Durch einen zehnstündigen Marsch auf grundlosen Wegen waren zwar die Pferde schon äußerst abgemattet; doch Oberst v. Sück kannte nur Pflicht und Ruhm. Er rückte sogleich gegen Kulm vor, und ließ sich vom General Ostermann Verhaltungsbefehle erbitten. "Das Regiment rückte in die erste Linie der Russischen Reiterey vor," war die Antwort des Großfürsten Constantin. Hier hielt es ein lebhaftes Kanonen-Feuer standhaft aus, das Russische Fußvolk focht mit der höchste Tapferkeit, und hinderte wie ein unzerstörbarer Wall jedes Vordringen der wüthenden Feinde. Als die Nacht dem hitzigen Kampfe ein Ende machte, zog sich die Russische Reiterey zum Abfüttern der Pferde zurück; die Dragoner von Erzherzog Johann bildeten die Vorposten-Kette, und erst gegen Morgen, als die Russen wieder in die Schlachtlinie getreten waren, konnten sie nach 34stündiger Anstrengung ihre Pferde, wiewohl nur sparsam abfüttern; die Mannschaft selbst hatte seit 24 Stunden weder Brot noch andere Nahrung.
Gegen acht Uhr des Morgens eilten die Österreichischen Divisionen Colloredo und Bianchi herbey, umgingen Kulm und drangen in die linke Flanke des Feindes vor; das Regiment Erzherzog Johann schloß sich an die Division Colloredo an, um den Angriff der Russischen Cürassier zu unterstützen. Der Feind zog sich auf der Strasse von Peterswalde in der größten Ordnung und unter beständigem Kanonen-Feuer zurück, als plötzlich in seinem Rücken General Kleist mit der Preußischen Heerabtheilung von den Anhöhen von Nollendorf herabdrang. Der Feind wurde nun von vorn und im Rücken angegriffen und focht mit Verzweiflung. Ein Theil Französischer Reiterey brach durch, und ging auf das Preußische Geschütz los, während eine Masse feindliches Fußvolk auf dem halben Bergrücken zur Unterstützung der Reiterey in Eile vorrückte.
Dieß war der entscheidendste Augenblick -- Sieg oder Flucht. Da brachen die tapfern Dragoner von Erzherzog Johann durch einen Sumpf und Mühlbach, dessen Ufer mit Erlen bewachsen waren, und über niedere Mauern, zur Einfassung der Aecker von Steinen aufgeschüttet, mit Ungestüm auf die Massen des feindlichen Fußvolkes los; furchtbar war das Gemetzel, hartnäckig der Widerstand; der Feind bildete schnell kleinere Massen, und jede derselben mußte wieder einzeln durchbrochen werden; doch mit dem Siege stieg der Muth, mit dem Widerstande die Tapferkeit, und in einer Viertelstunde war die ganze feindliche Masse niedergehauen oder gefangen. Drey Kanonen, mehrere Pulverkarren wurden erbeutet, und beym weitern Vordringen aufs neue fünf Kanonen mit der ganzen Bespannung; die feindliche Reiterey, Zeuge der schrecklichen Niederlage ihres Fußvolkes gab so gleich den Angriff auf das Preußische Geschütz und Fußvolk auf, und floh mit solcher Schnelle vom Schlachtfelde, daß sie nicht mehr erreicht werden konnte. Die Dragoner von Erzherzog Johann folgten dem Feinde bis über Nollendorf, und machten noch gegen 300 Gefangene in einem Walde. Der in der Nähe von Kulm noch kämpfende Theil des Französischen Heeres war nun völlig abgeschnitten, und wurde gefangen genommen.
Diese Heldenthaten des Regiments wurden von den Verbündeten hoch geehrt und belohnt. Der Oberst von Sück erhielt von dem Könige von Preußen den Verdienst-Orden mit einem sehr schmeichelhaften Briefe; von dem Russischen Kaiser den St. Anna-Orden II. Classe. Der Rittmeister le Blanc wurde mit dem Königlich-Preußischen Verdienstorden belohnt, die Korporale Hacker und Mlasack mit dem Preußischen Ehrenzeichen II. Classe. Sr. Majestät der Kaiser von Rußland überschickten zugleich dem Oberst sechzehn militärische Ordenszeichen zur Vertheilung an die ausgezeichnete Mannschaft, und der Feldmarschall Fürst Schwarzenberg übergab dem Oberst zwey goldene und vier silberne Tapferkeitsmünzen, um sie an die bravsten Dragoner zu vertheilen, mit dem Auftrage, für die andern, welche sich an diesem glorreichen Tage ausgezeichnet, die Verdienst-Medaillen nachzusuchen.
Quellen.[]
- ↑ Neues historisches Handbuch auf alle Tage im Jahr mit besonderer Rücksicht auf die Ereignisse der neuesten Zeiten von Wagenseil Königl. baier. Kreißrath. Augsburg und Leipzig in der Jenisch und Stageschen Buchhandlung.
- ↑ Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
- ↑ Darstellung des Feldzuges der Verbündeten gegen Napoleon im Jahr 1813. 1814.
- ↑ Darstellung des Feldzuges der Verbündeten gegen Napoleon im Jahr 1813. 1814.
- ↑ Sammlung von Briefen die am 12. September zwischen Leipzig und Wurzen aufgefangen wurden. Wien, 1813. Gedruckt bey Anton Strauß.
- ↑ Vaterländische Unterhaltungen. Ein belehrendes und unterhaltendes Lesebuch für die Jugend Oesterreichs, von Leopold Cimani. Dritter Theil. Wien, 1815. Im Verlage bey Anton Doll.