Von Bastille bis Waterloo. Wiki
Advertisement

Schlacht bei Hanau.[]

[1]
Hanau (Schlacht bei), den 30sten Oct. 1813.

Bayern hatte sich den 8ten Oct. mit Oesterreich gegen Napoleon verbunden, und Wrede marschirte an der Spitze eines bayrisch-österreichischen Heeres von Landshut über Neuburg an der Donau, Nördlingen und Anspach nach Würzburg, welche Stadt General Turreau mit 5000 Mann besetzt hielt. Wrede, dessen Marsch bestimmt war, dem nach der leipziger Schlacht mit 80,000 Mann Mainz und dem Rheine zufliehenden Napoleon den Weg zu verlegen, berennte Würzburg den 24sten October. Nach einem Bombardement, in welchem 500 Gebäude beschädigt wurden, mußte Wrede, um nicht mehr Zeit zu verlieren, die Uebergabe der Stadt am 26sten October ohne die Citadelle Marienberg, in welche sich der französische General zurückzog, annehmen. Hierauf marschirte er über Aschaffenburg auf Hanau. Dieser Paß beherrscht die Straßen von Frankfurt; daher suchte ihn Napoleon mit seinem auf 70,000 Mann geschmolzenen, unablässig verfolgten Heere zu erreichen; aber zu gleicher Zeit mit den Franzosen kamen die Bayern und Oesterreicher, zu welchen russische Truppen unter Platow, Orlow-Denissow und Czernitscheff, gestoßen waren, daselbst an. Hanau fiel mit 1200 Mann französischer Besatzung in die Gewalt der Verbündeten. Beide Theile kämpften hierauf den 28sten Oct. um den Besitz der Kinzigbrücke, nördlich vor Hanaus Thoren. Wrede nahm hier eine feste Stellung und besetzte die Ausgänge der beiden Straßen im Walde, welcher sich um die Stadt herzieht. Allein der wertheimer Engpaß, zwischen Schlüchtern und Gelnhausen, wo im tiefen schroffen Thale die Kinzig strömt, blieb unbesetzt, und dieser Umstand rettete Napoleon. Als nun am 29sten 4000 Franzosen aus dem Walde hervorbrachen, wurde ein vorgerückter bayerscher Harst, der die Straßen sperren sollte, von der Uebermacht auf Rücklingen zurückgeworfen. Hier ließ ihn Napoleon den 30sten früh angreifen. So begann die Schlacht, in der das französische Heer seinen Untergang finden konnte. Wrede, durch die nach Frankfurt entsandten Truppen geschwächt, hatte nur 40,000 Mann, gegen welche der Feind mit 48,000 Mann Fußvolk und 12,000 Reitern losbrach; allein die Stellung der Verbündeten bot große Vortheile dar, nur war ihr rechter Flügel mit dem Mitteltreffen durch eine hölzerne Brücke schwach verbunden. Von 10 Uhr Morgens bis 3 Uhr Nachmittags griffen die französischen Heersäulen wiederholt Wrede's Mitteltreffen an; endlich warfen sich Napoleons Reitergarden in drei schnell gebildeten Linien zugleich auf die Reiterei und auf das Fußvolk der Verbündeten, während letzteres im Rücken von einer französischen Zwölfpfünder-Batterie beschossen wurde. So gerieth das Fußvolk in Unordnung, und im Sturmangriff rannte die Reitergarde Napoleons die Reiterei der Verbündeten im Mittelpunkte nieder. Sie wich, und nun floh auch das Fußvolk der Verbündeten, von dem feindlichen Fußvolk angegriffen, auf dem linken Flügel über die Kinzigbrücke nach Hanau hinein. Der Feind folgte auf dem Fuß, und beschoß die Stadt mit Haubitzen. Das Mitteltreffen ward auf den rechten Flügel geworfen; da brach das schwache Geländer der hölzernen Brücke, und viele brave Deutsche ertranken in der Kinzig; ein Bataillon des österreichischen Regiments Jordis ward abgeschnitten und gefangen. Nun zog sich der rechte Flügel, durch Czernitscheffs Reiter gedeckt, auf die aschaffenburger Straße zurück. Die Franzosen waren im Besitz der Straße nördlich von Hanau, und gewannen nach Wegnahme der Lamboybrücke auch die andere. Den 31sten früh räumten die Verbündeten Hanau, das die Nacht hindurch beschossen worden war. Sie nahmen jetzt eine Stellung südlich von der Stadt zu beiden Seiten der aschaffenburger Straße. Der französische Kaiser griff hier mit Tagesanbruch den rechte Flügel an, um seinen Rückzug zu decken, der dadurch ungestört an der Kinzig nördlichen Ufern nach Frankfurt ausgeführt werden konnte. Napoleon folgte selbst dahin um 3 Uhr Nachmittags. Indeß stürmten die Verbündeten das noch von zwei französischen Regimentern besetzte Hanau; allein es gelang ihnen nicht, die von einer französischen Batterie hartnäckig vertheidigte Kinzigbrücke zu nehmen, und dadurch den französischen Nachtrab abzuschneiden.

Wien Museum

Endlich stellte sich Wrede selbst an die Spitze der stürmenden Haufen, um jene Batterie zu nehmen. Da fiel er, von einer Flintenkugel gefährlich in den Leib verwundet. An seiner Stelle führte den Oberbefehl der österreichische F. M. L. von Fresnel. Jetzt stürmten die Bayern mit doppelten Wuth, österreichische Husaren setzten durch den Fluß und kamen den Franzosen in die Flanke. Diese zündeten daher die Brücke an, und beschossen das unglücklich Hanau noch heftiger mit Haubitzgranaten. So führte endlich Mortier, von Platoff und Haddick verfolgt, den französischen Nachtrab, 14,00 Mann stark, über Gelnhausen in der Nacht nach Frankfurt. Napoleon prahlte frech mit einem große Siege, den er aus Menschlichkeit nicht verfolgt habe! Auch die Verbündeten schrieben sich den Sieg zu, weil sie den Rückzug des Feindes sehr erschwert hatten. Sie gaben ihren Verlust auf 7000 Mann an. Der Feind soll in den Gefechten in und bei Hanau 12,000 Todte und 15,000 Gefangene, worunter 200 Offiziere nebst zwei Generalen, verloren haben. Zwei badensche Cavallerie-Regimenter waren zu den Verbündeten übergegangen. Dies war die letzte Schlacht, welche Napoleon in Deutschland liefern mußte, um über den Rhein zu fliehen. Wrede war zu schwach, um ihn aufzuhalten; aber was er zum Nachtheil der französischen Armee leisten konnte, hat er tapfer gethan. Der Verf. des Umr. der Begebenheiten auf dem festen Lande, in den Jahren 1813 und 1814 (Weimar 1814), wirft jedoch (S. 224) die Frage auf: "Warum setzte Wrede sich nicht vor das Defilé von Gelnhausen? Warum entsandte er Truppen nach Frankfurt? Warum concentrirte er sich nicht am linken Ufer des Mains und machte den Uebergang streitig durch Vor- und Seitenmärsche, Ueberfälle und auf alle Arten, wie der Krieg von Parthern gegen den fliehenden Feind geführt wurde?"


Biblioteka Narodowa w Warszawie.


Manuscrit de mil huit cent treize.[]

[2]
Schlacht von Hanau. -- Die französische Armee kommt am Rhein an.

Am 25sten bricht man von Erfurt auf, und bringt bei diesem ersten Marsch nicht über Gotha vor; am 26sten tritt man in die Engpässe von Thüringen; kommt durch Eisenach, und übernachtet zu Vach. Am 27sten langt man zu Hünefeld, und am 28sten zu Schlüchtern an. Durch Fulda wird ohne Aufenthalt gezogen.

Die Verbündeten folgen uns nur in der Ferne; sie scheinen den Kosaken das Geschäft zu überlassen, ihre errungenen Vortheile zu ernten. Diese begleiten uns auf der Seite unsere Kolonnen, und ziehen diesen manchmal voran. Auf unserer rechten Flanke befinden sich Czernitscheff's Kosaken; auf der linken die Kosaken Platow's und Olow-Denisow's. Sie fügen uns vielen Schaden zu; aber ihre Nähe hat wenigstens das Gute, denjenigen von unsern Leuten, welche versucht seyn könnten, sich zu entfernen oder zurückzubleiben, eine beständige Gefahr vor die Augen zu stellen, der nachlassenden Mannszucht aufzuhelfen, und einen noch bedeutendern Verlust zu verhüten. Man wird immer in Athem erhalten; schläft nur mit Einem Auge, marschirt schneller; die Noth gibt den Schwächsten Kraft, und diese Masse von Soldaten, die ihre Armeekorps und ihre Officiere verloren hat, drängt sich wenigstens mit einigem Scheine von Ordnung vorwärts, mitten unter den schwachen Stämmen, welche die Spitze und den Nachzug unserer Kolonnen bilden.

Am 28sten hört man zu Schlüchtern, daß sich ein abgeschicktes Korps Baiern von 5- bis 6000 Mann vor uns auf dem linken Ufer der Kintzig zeigt. Sie kommen von Aschaffenburg; unsere Avantgarde, unter dem Befehle des Generals Excelmans, traf ihre Plänkler in dem Engpaß von Gelnhausen, und verdrängte sie daraus.

Am 29sten zog der Kaiser von Schlüchtern gegen Hanau fort, als die wieder zurückkommenden Soldaten melden, daß die Baiern die Stadt Hanau mit Macht besezt hielten, die Straße versperrten und gegen uns vorrückten. Man stößt in der That auch bald auf ihre Avantgarde, und die Armee vollendet ihren Tagmarsch, und wirft sich bis zu dem Dorfe Rückingen zurück.

Der Kaiser läßt sein Hauptquartier nach Langenselbold, dem Schlosse des Fürsten von Ysenburg, verlegen. Dort erhält er Nachrichten, welche keinen eitern Zweifel über die Besetzung von Hanau Raum geben. Zweimal gelang es am Morgen einigen Kolonnen, welche vor unserer Avantgarde zogen, den weitern Weg zu erzwingen. Hier aber hatten sie es nur mit einigen Plänklern zu thun. Das bairische Armeekorps kam Nachmittags an. Es hatte sich mit den Kosaken vereinigt; und sich so aufgestellt, um uns den Weg zu versperren. . . . Man muß sich daher zum Kampf rüsten.*)

*) Oesterreichisch-bairische Armee, unter dem Befehle des Grafen von Wrede.
Baiern. Drei Divisionen Infanterie: Rechberg, Becker und Lamotte 30,000
Eine Kavalleriedivision 10,000
Oesterreicher. Zwei Divisionen Infanterie, Fresnel und Bach 16,000
Eine Division Kavallerie, Spleny 6,000
- - - - -
62,000
Anmerkung. Dabei sind mitgerechnet: 1) eine Division, die General Wrede nach Frankfurt abgeschickt hat; 2) eine andere Division, die er zur Belagerung der Citadelle von Würzburg zurückgelassen hat.

Die Straße geht durch einen dicken Wald, welcher die Nähe von Hanau verhüllt. Diesseits des Waldes bildet die Kintzig eine Beugung, welche den Weg durch den Wald verengt. Man sieht die Stadt auf dem entgegengesezten Ufer. Dem Laufe der Straße nach läßt man sie links, und folgt den Wendungen des Flusses gegen die Heerstraße von Frankfurt. Der Durchgang durch diesen langen Engpaß ist nun zu erzwingen. Der Kaiser trifft während der Nacht seine Anstalten. Seine erste Sorge ist, den langen Zug der Wagen zu vermindern: Alles Gepäck wird daher rechts eingeleitet, in der Richtung von Koblenz. Die Kavallerie von Lefevre-Desnouettes und General Milhaud sollen diese Bewegung beschützen; sie werden zugleich die rechte Seite des Schlachtfeldes auskundschaften.

Am 30sten Morgens kann der Kaiser nur erst über die Infanterie des Herzogs von Tarent und die des Herzogs von Belluno verfügen, welche im Ganzen kaum 5000 Bajonnette darbieten. Er wirft sie als Tirailleurs in den Wald, und läßt sie durch Sebastiani's Kavallerie unterstützen. Der Herzog von Tarent nimmt den Befehl dieser ersten Linie. Einige Kartätschenschüsse und ein Kavallerieangriff zerstreuten sogleich die feindliche Avantgarde, die beim Eingang des Waldes aufgestellt war. Unsere Tirailleurs folgen den Baiern auf dem Fuße nach; und treiben sie von Baum zu Baum. Man sieht in der Ferne im Dunkel des Waldes die Feuerblitze einer lebhaften Fusillade, und die Schlacht beginnt wie eine große Jagdparthie. General Dubreton leitet unsere Angriffe auf dem linken Flügel, General Charpentier auf dem rechten, und Sebastiani's Kavallerie benützt jede freie Stelle zu einem Angriff auf den Feind.

Wir gelangen in kurzer Zeit an den Ausgang des Waldes; hier aber erblicken wir eine Linie von 40,000 Mann, bei deren Erscheinen unsere Tirailleurs stillhalten. Die feindliche Armee ist durch 80 Kanonen gedeckt.

Hr. v. Wrede ist überzeugt, daß die französische Armee, seit Leipzig, von der großen Armee der Verbündeten immer auf den Fersen auf's Aeußerste verfolgt wurde; er stellt sich vor, das man vor durchbrochenen abgematteten erschöpften Truppen nur sich zu zeigen braucht, um sie zu veranlassen, die Waffen zu strecken; daher rückte er in seinem Eifer, mit Vernachlässigung aller Klugheit, bis an den Saum des Waldes, um uns daselbst, seine Rücken dem Flusse zugewendet, zu erwarten.

Wären die dem Kaiser folgenden Franzosen in diesem Augenblicke in Bataillone, Divisionen und Armeekorps getheilt gewesen, so würde Hr. v. Wrede seine Kühnheit theuer bezahlt haben. Es bedurfte nur einer kräftigen Bewegung auf unserm linken Flügel, um ihn von der Brücke von Lamboy abzuschneiden, auf der er allein seinen Rückzug hatte, und so diese ganze Armee unserer Willkühr zu übergeben. Die Kraft unserer Armee kann aber nicht mehr nach ihrer Zahl beurtheilt werden. Ueberdieß sind der General Bertrand und der Herzog von Ragusa noch weit entfernt, und die Arriergarde des Herzogs von Treviso ist erst zu Hünefeld eingetroffen. Der Kaiser kann in der That nur über die Tapfern bei der Avantgarde verfügen; ihre Zahl beträgt höchstens 10,000 Mann; dieß ist aber hinreichend, um den Durchgang zu erzwingen.

DetailSchlachtHanau

Schlacht bei Hanau von Vernet.

So wie die Artillerie der Garde eintrifft, stellt sie auch General Drouot in Batterien auf. Er fängt die Kanonade mit 15 Feuerschlünden an; seine Linie nimmt aber jeden Augenblick zu, und bietet am Ende 50 Feuerschlünde dar. Sie rückt hierauf vor, ohne daß irgend weitere Truppen hinter ihr wären. Hinter dem dicken Rauche aber, der vor ihr aufsteigt, glaubt der Feind in dem dunkel des Waldes die ganze französische Armee verborgen. Dieser Zauber traf die Baiern mit panischem Schrecken, der den höchsten Grad dadurch erreicht, als sie die Bärenmützen der alten Garde erblicken. General Curial rückt an der Spitze einiger Bataillone mit dem Bajonnette vor. Die Baiern bedenken sich einen Augenblick, und entschließen sich endlich, ihre Kavallerie gegen unsere Kanonen abzuschicken, so daß unsere Batterien bald von einer Wolke von Reitern umgeben sind. Unsere Kanoniere ergreifen ihre Karabiner, und bleiben unerschüttert hinter ihren Lafetten. General Drouot geht ihnen mit dem Beispiele voran; er faßt seine Degen, und sezt dem Sturme die ruhigste Haltung entgegen. Auch bleibt die Hülfe nicht lange aus. Die Kavallerie der Garde rückt heran. Nansouty ist an ihrer Spitze; in einem Augenblicke ist dieser Theil des Schlachtfeldes aufgeräumt. *) Die Dragoner unter General Letort, die Grenadiere unter Laterière-Levêque, die alten Kürassiere des Generals Saint-Germain stürzen sich auf die Vierecke, durchbrechen diejenigen, welche Widerstand leisten, und zerstreuen Alles unter ihren Säbeln. Die bairische Linie ist schnell in Unordnung gebracht. . . . Wrede befindet sich in einer höchst kritischen Lage; es bleibt ihm der einzige Ausweg übrig, alle Bemühungen auf seinen rechten Flügel zu reichten, um den linken dadurch frei zu machen, und für seine Schlachtlinie Zeit zu gewinnen, die Brücke zu erreichen.

*) Dieser Augenblick der Schlacht wurde von Horaz Vernet in einem Gemälde dargestellt. Die Schöpfung ziert einen der Säle des Schlosses von Neuilly.

Unsere Truppen kamen indessen fortwährend an; sie häuften sich mitten im Walde, wo Napoleon nahe an der Biegung der Straße selbst still hielt. Er war von einer unruhigen Masse umgeben. Dabei ging er der Länge und der Breite nach auf der Straße her, ertheilte Befehle und sprach mit dem Herzog von Vicenza. Eine Haubitze fällt neben ihm in den Graben an der Straße nieder; der Herzog von Vicenza stellt sich sogleich zwischen Napoleon und die Gefahr, und ihre Unterredung dauert fort, als ab nichts vorgefallen wäre. In ihrer Umgebung hatte man kaum Muth zu athmen! Glücklicherweise wühlte sich die Haubitze in die Erde ein, ohne zu zerspringen.

Der Wald wurde von dem Kanonendonner erschüttert, der in vielfachem Wiederhall ertönte. Die Kugeln zischten zwischen den Aesten, und von allen Seiten stürzten abgerissene Zweige mit Geprassel herab. Vergebens suchte das Auge die Tiefe des Waldes zu ermessen; man konnte kaum das augenblickliche Aufblitzen des Artilleriefeuers an einzelnen Stellen bemerken. In dieser Lage schien die Schlacht von langer Dauer zu werden! Auf einmal nähert sich das Flintenfeuer unserer linken Flanke; der Gipfel der Bäume erhält durch die Kugeln heftigere Stöße, und man vernimmt das Geschrei der Kämpfenden: hier erfolgt der verzweifelte Angriff, den Wrede auf seinem rechten Flügel versucht. Der Kaiser schickt die Grenadiere der alten Garde nach jener Stelle. Er gibt dem General Friant den Auftrag, sie zu führen, und bald ist nun auch dieses lezte Hinderniß besiegt. Von diesem Augenblicke an ist uns die Straße nach Frankfurt geöffnet. Wrede sucht nun nur noch, die Straße nach Aschaffenburg zu finden, und der Sieg der Garde ist vollständig.

Sebastiani's Kavallerie dringt sogleich gegen Frankfurt voran. Einige Kolonnen folgen derselben; der größte Theil der Armee bringt aber die Nacht in dem Walde zu, wo auch der Kaiser im Bivouak bleibt. *)

*) Der Kaiser war in der auf die Schlacht folgenden Nacht im Walde geblieben. Am andern Morgen kam eine Deputation von der Stadt Hanau zu ihm. Er saß auf einem Feldstuhl von rothem Saffian vor einem großen Feuer, von mehreren Marschälle und Generalen umgeben. Napoleon fragte sie Mehreres über die österreichischen und bairische Armee. Der Herzog von Vicenza machte den Dolmetscher für die Fragen und Antworten. Die Deputation bat bei ihrem Abschiede den Herzog von Vicenza, die Stadt dem Wohlwollen Sr. kaiserlichen Majestät zu empfehlen, und dieser General antwortete ihnen auf die verbindlichste Art. (Auszug aus preußischen Zeitungen.)

Mit Tages Anbruch zieht die ganze Armee heraus, und läßt Hanau links liegen; man ließ diese Stadt blos durch eine Abtheilung besetzen, die während der Nacht daselbst einrückte.

Der Kaiser hat kaum einige Stunden zurückgelegt, als man ihm berichtet, daß die Schlacht hinter ihm von Neuem beginnt. Da die Baiern sahen, daß wir mehr beeifert sind, den Rhein zu erreichen, als sie zu verfolgen, so faßten sie wieder neues Vertrauen, und kehrten zurück. General Bertrand aber und der Herzog von Ragusa kommen nun in Hanau an, und sind im Stande sie zu empfangen.

Die Vorfälle in unserem Rücken machen daher keinen Aufenthalt in dem Marsch der Armee nach Frankfurt. Die in dieser Stadt befindliche bairische Division zieht sich vor den Quartiermachern des Kaisers zurück, und Napoleon kommt kurz darauf in einem, dem Banquier Bethmann gehörigen, Hause in der Vorstadt an.

Am Abend trifft der Bericht über die zweite Schlacht ein, der alle Besorgnisse zerstreut. Man ließ Wrede noch einmal diesseits der Kintzig zum Kampfe kommen, und die von unsern Bajonnetten empfangenen Spitzen seiner Kolonnen wurden geworfen; Wrede selbst wurde von einer Kugel getroffen, sein Tochtermann, der Fürst von Oettingen, getödtet: die feindliche Armee steht nun unter dem Befehle des österreichischen Generals Fresnel. Sein erstes Geschäft war, den Rückzug zu befehlen. Von nun an ist die Ruhe unsers Marsches gesichert.

Man bricht von Frankfurt am 1sten November auf. Der Kaiser übernachtet vom 1sten auf den 2ten zu Höchst. Endlich erblickt unsere Avantgarde die röthlichen Thürme von Mainz! . . . Der Kaiser kommt am 2ten Morgens in dieser Festung an, hält sich sechs Tage daselbst auf, um die lezten Befehle zu ertheilen, welche die Lage der Armee erfordert, und reist am 7ten November, um 10 Uhr Nachts nach Paris ab.


Französischer Bericht.[]

[3]
(Wir fügen eine treue Uebersetzung des Französische Amtsberichtes bei, in der Voraussetzung, daß solche unsern Lesern nicht unwillkommen seyn werde.)

Der Kaiser hat am 25. Oktbr. Erfurt verlassen. Unsere Armee setzte ihren Marsch nach dem Main ungehindert fort. Als man in Gelnhausen ankam, gewahrte man ein feindliches Korps 4 bis 5000 Mann stark, welches nach der Aussage der gemachten Gefangenen die Avantgarde der Oesterreichisch-Baierischen Armee war. Diese Avantgarde wurde gedrängt und zum Rückzuge genöthigt. Eine vom Feinde zerstörte Brücke wurde aufs schleunigste wieder hergestellt. Man hatte ferner durch die Gefangenen erfahren, daß die Oesterreichisch-Baierische Armee, deren Stärke auf 60 bis 70,000 Mann angegeben wurde von Braunau nach Hanau sich bewegt hatte, in der Absicht der Französischen Armee den Weg abzuschneiden.

Am 29. des Abends wurden die Tirailleurs der feindlichen Avantgarde bis jenseits des Dorfs Langenselbold zurückgeworfen und um 7 Uhr kam der Kaiser mit seinem Hauptquartier daselbst an und stieg in dem Schlosse des Fürsten von Isenburg ab.

Am folgenden Tage den 30. Morgens um 9 Uhr setzte sich der Kaiser zu Pferde. Der Herzog von Tarent ging mit 3000 Tirailleurs vom General Charpentier befehligt vorwärts; ihm folgten die Kavallerie des Generals Sebastiani, die vom General Friant kommandirte Division der Garde und die Kavallerie der alten Garde; der Rest der Armee befand sich noch um einen Tagmarsch rückwärts. Der Feind hatte sechs Bataillons bei dem Dorfe Rückingen aufgestellt, um so alle nach dem Rhein führende Straßen abzuscheiden. Einige Kartätschenschüsse und eine Kavalleriecharge reichten hin, um diese Bataillons zum schnellen Rückzuge zu bringen.

Als man die Grenze des Waldes zwei Stunden von Hanau erreicht hatte, begannen die Tirailleurs das Gefecht. Der Feind wurde bis zu dem Punkte zurückgedrängt wo die alte Straße sich mit der neuen verbindet. Da er der Ueberlegenheit unserer Infanterie nichts zu widersetzen vermochte, so versuchte er die Bedeutenheit seiner Masse zu seinem Vortheil zu benutzen und dehnte sein Feuer mehr auf den rechten Flügel aus. Eine Brigade von 2000 Tirailleurs vom 2ten Korps, unter Anführung des Generals Dubreton, mußte ihn zurückhalten und der General Sebastiani ließ in den lichteren Stellen des Waldes auf die feindlichen Tirailleurs mehrere folgenreiche Chargen machen. So hielten 5000 Mann von unsern Tirailleurs die ganze feindliche Armee zurück bis um 3 Uhr Nachmittags.

Die Artillerie war angekommen. Der Kaiser befahl dem General Curial mit 2 Jägerbataillons der alten Garde eine Charge auf den Feind zu machen und ihn über den Ausgang des Waldes hinauszuwerfen. General Drouot mußte auf der Stelle mit 50 Kanonen vorrücken. General Nansouty erhielt den Befehl zu einem lebhaften Angriff in der Ebene mit dem Korps des Generals Sebastiani und der Kavallerie der alten Garde. Alle diese Dispositionen wurden pünktlich vollführt. General Curial warf mehrere feindliche Bataillons. Beim bloßen Anblick der alten Garde flohen die Oesterreicher und Baiern. General Drouot ließ fünfzehn Kanonen, die er nach und nach bis auf die Zahl von fünfzig vermehrte in Batterien auffahren, mit der ganzen Thätigkeit und der kaltblütigen Unerschrockenheit, welche diesen General auszeichnen.

General Nansouty eilte auf den rechten Flügel dieser Batterien und ließ 10,000 Mann feindlicher Kavallerie durch den General Leveque, Major der alten Garde, durch die Kürassierdivision St. Germain und nach und nach durch die Grenadiere und Dragoner der alten Garde-Kavallerie angreifen. Alle diese Angriffe hatten den glücklichsten Erfolg. Die feindliche Kavallerie wurde geworfen und zusammengehauen; mehrere Infanterie-Quarrees wurden durchbrochen. Das Oesterreichische Regiment Jordis und die Uhlanen des Fürsten von Schwarzenberg sind gänzlich aufgerieben. Der Feind verließ die Frankfurterstraße, auf welcher er sich postirt und den ganzen Strich den er mit seinem linken Flügel eingenommen hatte; er trat seinen Rückzug an, der bald in gänzliche Flucht ausartete.

Es war 5 Uhr, die Feinde machten einen Versuch auf ihrem rechten Flügel, um dem linken Luft zu machen, und ihm Zeit zu lassen sich wieder zu sammeln. Der General Friant schickte 2 Bataillons von der alten Garde nach einem Vorwerk auf der alten Straße von Hanau. Der Feind wurde bald daraus vertrieben, und sein rechter Flügel genöthigt den Rückzug anzutreten. Noch vor 6 Uhr Abends, ging er in Unordnung über den Kinzigfluß zurück.

Der Sieg war vollständig.

Der Feind, welcher sich überall setzen wollte, wurde genöthiget, die Frankfurter und Hanauer Straße zu verlassen.

Wir haben 6000 Gefangene gemacht und mehrere Kanonen genommen. Der Feind hatte sechs todte oder verwundete Generäle. Sein Verlust mag sich ungefähr auf 10,000 Todte, Blessirte und Gefangene belaufen. Der unsrige beträgt nicht über 400 bis 500 an Todten und Blessirten. Von unserer Seite waren nur 5000 Tirailleurs, 4 Bataillons von der alten Garde, ungefähr 80 Eskadrons Kavallerie und 120 Kanonen im Gefecht.

Den 31. Morgens zog sich der Feind gegen Aschaffenburg zurück. Der Kaiser setzte seine Bewegungen fort und um 3 Uhr Nachmittags waren Se. Majestät in Frankfurt.

Die in dieser Schlacht und in den von Wachau und Leipzig genommenen Fahnen, wurden nach Paris abgeschickt.

Die Kürassiere, die Grenadiere zu Pferde, die Dragoner haben glänzende Angriffe gemacht. Zwei Eskadrons von der Ehrengarde des 3. Regiments unter der Anführung des Majors Salüces, haben sich vorzüglich ausgezeichnet, und geben die schönsten Hoffnungen für das, was sich im nächsten Frühjahr von diesem Korps erwarten läßt, wenn es vollkommen organisirt und geübt seyn wird.

Der Artillerie-General Nourrit, und der General Devaux, Major von der Artillerie-Garde, verdienen genannt zu werden. Dem General Letort, Major von den Dragonern der Garde wurde, da er an der Spitze seines Regiments den Angriff machte, das Pferd unter dem Leibe getödtet.

Den 31. Abends war das große Hauptquartier in Frankfurt. Der Herzog von Treviso war mit 2 Divisionen der jungen Garde und dem ersten Kavalleriekorps zu Gelnhausen. Der Herzog von Reggio war in Frankfurt. Der Graf Bertrand und der Herzog von Ragusa waren in Hanau. Der General Sebastiani stand an der Nidda.


Amtlicher Bericht S. E. des Herrn Generals Grafen von Wrede.[]


(Münchner politische Zeitung vom 7ten November 1813.) [4]

Am 26. Okt. marschierte die vereinigte Armee mit Zurücklassung eines Blokadekorps, von Würzburg über Aschaffenburg in zwei Märschen gegen Hanau.

Nachdem am 27. die 3te Inf. Div. unter dem Kommando des Baier. Generals von Lamotte die Stadt Aschaffenburg besetzt, und die Kavalleriebrigade des Generalmajors Baron Viereck sich in Dettingen militärisch aufgestellt hatte, beorderte der General der Kavallerie Graf v. Wrede am 28. in der Frühe das 1. Chevauxlegersregiment, die Stadt Hanau zu überfallen.

Gegen 10 Uhr in der Frühe rückte dieses Regiment daselbst ein, ohne einigen Widerstand getroffen zu haben; einzelne zerstreute Feinde, unter welchen sich der General St. André befand, wurden eingebracht. Bisher hatte die eingeholten Nachrichten den von Gelnhausen anrückenden Feind auf eine Kolonne von 20,000 Mann angegeben, welche einen Theil der großen Französischen Armee bildete.

Durch die weitern Rekognoszirungen überzeugte man sich aber, daß man es mit der großen Franz. Armee zu thun habe, welche, um schneller fortzukommen, bisher in getrennten Kolonnen marschirt war, nun aber sich in eine Masse gesammelt hatte, um die Straße nach Frankfurt zu gewinnen. Schon gegen Mittag am 28. zeigten sich mehrere starke Haufen feindlicher Kavallerie, die sich immer vermehrten, und am Ende das 1. Chevauxlegersregiment nöthigten, die Stadt zu räumen.

Auf die von allen Seiten einstimmig einlaufenden Nachrichten, Kaiser Napoleon komme über Gelnhausen anmarschirt, befehligte der Graf von Wrede die 1. leichte Kavalleriebrigade, Hanau zu passiren, und dem Feinde auf der Straße von Gelnhausen entgegen zu gehen; -- als diese bei dem ersten Chevauxlegersregimente vor der Stadt Hanau eintraf, griff man sogleich den Feind an, der inzwischen Hanau besetzt hatte, nahm die Stadt in Besitz, und warf den Feind auf der Straße nach Gelnhausen zurück. Gegen 3 Uhr Nachmittags zeigte derselbe ungefähr 4 - 5000 M. Infanterie, 5 Eskadrons Kavallerie und 8 Kanonen, und rückte damit gegen die diesseitige 1. Kavalleriebrigade an; er versuchte es mehrmal, sich der Stadt Hanau zu bemeistern, doch vergebens.

Da indessen die dritte Infanteriedivision, die um 12 Uhr Mittags von Achaffenburg gegen Hanau aufgebrochen war, erst gegen 8 Uhr Abends eintreffen konnte, und die Kavallerie durch das feindliche Artillerie- und Tirailleurfeuer bedeutend gelitten hatte, so wurde es nöthig, bis zur Ankunft der Infanterie, Hanau zu räumen, und rückwärts der Stadt eine Position zu nehmen. Dieses wurde bewerkstelligt, ohne daß der Feind den Rückzug sehr beunruhigte. Erst nachdem die Stadt geräumt war, besetzte der Feind dieselbe.

Gegen 8 Uhr traf die Avantgarde der Baierischen Infanterie, aus 4 Schützenkompagnien bestehend, vor Hanau ein.

Die Stadt wurde sogleich dem Feinde wieder abgenommen, und dieser in die Vorstadt auf das rechte Kinzigufer zurückgetrieben. Endlich um halb 10 Uhr Abends kam die ganze dritte Division vor Hanau an, die zweite Infanteriebrigade unter Generalmajor Grafen Deroi erhielt den Befehl, auch die jenseits der Kinzig gelegene Vorstadt vom Feinde zu reinigen, und vor derselben auf der Straße gegen Gelnhausen Position zu nehmen.

Dieses wurde schnell vollzogen. Man machte 20 Offiziere und gegen 800 Soldaten zu Gefangenen.

Der diesseitige Verlust bestand in 1 todten (Lieutenant Grau vom 7. Chevauxlegersregiment), 2 blessirten Offizieren (Rittmeister Prinz Waldeck vom 1. Chevauxlegersregiment und Lieutenant Baron Staader vom 7. Chevauxlegersregiment) und 25 bis 30 Chevauxlegers.

Die Nacht über blieb Alles ruhig. Am 29. in der Frühe gegen 8 Uhr zeigte der Feind einige Kolonnen Infanterie und Kavallerie am Debouchée des Waldes auf der Gelnhäuserstraße.

Die feindliche Infanterie fing an zu deployren, und griff die zweite Infanteriebrigade in ihrer Stellung an; einige sehr wirksame Kanonenschüsse machten den Feind wanken. Die Baierische Infanterie warf sich mit Ungestüm auf die feindlichen Kolonnen und brachten sie in Unordnung. Es wurden zwei Kanonen erobert und viele Gefangene gemacht. Das 2. Chevauxleg. Reg. (Prinz Taxis) verfolgte den fliehenden Feind, und vereinigte sich eine kleine Stunde von Hanau mit dem leichten Korps des Kosakengenerals Kaisarow. Gegen Mittag hatte sich die ganze Armee mit Ausnahme der detaschirten Abtheilungen in und um Hanau versammelt.

Der kommandirende General hatte die 1. Division unter dem Divisionsgeneral Graf Rechberg von Aschaffenburg über Seligenstadt und Offenbach nach Sachsenhausen marschieren und Frankfurt besetzen lassen. Die Brigade des k. k. österr. Generals Volkmann detachirte derselbe von Aschaffenburg gegen Gelnhausen, um den Feind in die Flanke zu nehmen. Diese hatte daselbst heftigen Widerstand gefunden. Sie wurde gegen die Baierischen Vorposten bei Rückingen zurückgedrängt, und rückte in der Nacht in der Linie der Armee wieder ein. Am Ende des Tages belief sich die Zahl der eingebrachten Gefangenen auf mehr als 100 Offiziere und zwischen 4 und 5000 Soldaten.

Die in der Nacht vom 29. auf den 30. eingelaufenen Nachrichten stimmten darin überein, daß der Feind mit seiner ganzen Macht gegen Hanau im Anzug wäre.

Da die Position von Hanau der diesseitigen Kavallerie ein schönes Feld darbot, um einige Chargen mit Wirkung ausführen zu können, auch dem Feinde bei seinem Debouchiren aus dem Walde durch die Artillerie schon ein wesentlicher Schaden konnte zugefügt werden, so befahl der Graf von Wrede bei einem Angriffe auf die Vorposten, daß diese sich in die Hauptposition vor Hanau zurückziehen sollten.

Dieser Angriff erfolgte wirklich am 30. gegen 8 Uhr in der Frühe. Mit ungefähr 2000 Mann Kavallerie und 2 Kanonen attakirte der Feind die Avantgarde, konnte dieselbe aber, aller Anstrengungen ungeachtet, nicht zum Weichen bringen. Es war bloß die Schützenkompagnie des 3ten Linienregiments (Prinz Karl), ein Zug von Szeklerhusaren und eine halbe Eskadron des 2ten Chevauxlegersregiments, welche die heftigen Angriffe des Feindes bis gegen 10 Uhr mit vieler Standhaftigkeit zurückwiesen. Um diese Zeit entwickelte sich der Feind mit ungefähr 4000 Mann Kavallerie, 6000 Mann Infanterie und 6 Kanonen auf den Höhen hinter Rückingen und unterstützte damit die erneuerten Angriffe auf die diesseitigen durch ein Bataillon des 8. Linieninfanterie-Regiments verstärkten Vorposten. Der Rückzug gegen Hanau wurde angetreten, und mit ausgezeichneter Ordnung und Standhaftigkeit von der 2ten Infanteriebrigade der 3ten Division und dem 2ten Chevauxlegersrefgiment Prinz Taxis vollendet. Um 12 Uhr Mittags war die Avantgarde in der Linie, welche sich mit dem rechten Flügel an die Kinzig bei dem Forsthause, mit dem linken an die Straße, die nach Kassel führt, anlehnte, wieder eingerückt und der Feind versuchte es auf der Gelnhäuserstraße, aus dem Walde gegen das aus Kavallerie bestehende Zentrum zu debouchiren. Ein fürchterliches Kanonenfeuer aus 60 Feuerschlünden verhinderte ihn daran. Er versuchte einen Angriff mit seiner Infanterie auf den diesseitigen rechten Flügel, allein auch dieser wurde durch beharrliche Tapferkeit zurückgewiesen. Auf allen Punkten erneuerte Angriffe hatten gleiche nachtheilige Folgen für den Feind.

Gegen 3 Uhr Nachmittags waren alle Streitkräfte des Feindes angelangt. Sie bestanden aus der ganzen kaiserl. Garde, 60,000 Mann Infanterie, 12,000 M. Kavallerie, meistens Kürassiers und Karabiniers, dann den alten aus Spanien gekommenen Dragonerregimentern und gegen 140 Kanonen. Das Ganze wurde vom Kaiser Napoleon in Person kommandirt. Nun erneuerten sich die Angriffe mit aller Hartnäckigkeit. Verzweifung beseelte den Muth des Feindes, den Unsrigen die Liebe für die gerechte Sache. Gleiche Erbitterung war auf beiden Seiten, gleiche Tapferkeit. So stunden die Sachen bis 4 Uhr Nachmittags.

Der Feind warf nun seine ganze Infanterie auf den diesseitigen rechten Flügel, konnte ihn aber nicht zum Weichen bringen, und debouchirte mit seiner ganzen Kavallerie, unter dem Schutze seiner zahlreichen Artillerie, gegen das Zentrum, welches, da sich die diesseitige Artillerie ganz verfeuert hatte, nicht verhindert werden konnte. Er griff die diesseitige Kavallerie mehrmals an, wurde aber jedesmal mit großem Verluste zurückgeworfen; nur die Nacht machte dem Kampfe ein Ende.

Da die Kavallerie durch das feindliche Artilleriefeuer viel gelitten hatte, auch bei allen Batterien die Munition, weil die Reserve bei den starken Märschen und den unbeschreiblich schlechten Wegen nicht nachfolgen konnte, gänzlich mangelte, so beschloß der kommandirende General, während der Nacht sich auf das linke Kinzig-Ufer zurückzuziehen und nur die Stadt Hanau besetzt zu halten.

Am 31. gegen 3 Uhr in der Frühe fing der Feind an, die Stadt zu bombardiren. Um dieselbe nicht der Verwüstung Preis zu geben, ließ der Graf von Wrede nun auch diese räumen. Während der Nacht war die kaiserliche Garde defilirt, und das 4te Armeekorps hatte sie Stellung derselben übernommen; dieses griff gegen 8 Uhr Morgens den diesseitigen rechten Flügel bei dem Forsthause mit vieler Entschlossenheit an, und wollte sich der daselbst über die Kinzig führenden Brücke bemächtigen; allein umsonst, die Angriffe dauerten den ganzen Tag fort, jedoch ohne Erfolg.

Der wiederholten Angriffe müde, beschloß der kommandirende General gegen 4 Uhr Nachmittags, die Stadt zu stürmen, um dadurch Allem ein Ende zu machen. Er setzte sich an die Spitze eines kaiserlich königl. österreichischen Grenadier- und eines Jäger-Bataillons und nahm die Stadt mit seltener Tapferkeit mit dem Bajonette. Schon war derselbe bis auf die Kinzigbrücke gekommen, als eine unglückliche feindliche Kugel ihn in den Unterleib traf, und er schwer verwundet zurückgebracht werden mußte.

Die Stadt war in unsern Händen und wurde gegen alle folgende heftige Angriffe standhaft vertheidiget. Zwei Generale, mehrere Staabs- und Oberoffiziere und viele Soldaten fielen dabei in unsere Hände.

Der kaiserl. österreichische Feldmarschall-Lieutenant Graf Fresnel übernahm nun das Oberkommando über die Armee. Unser Verlust war bedeutend, jener des Feindes überwog ihn mehr als doppelt.

Unter den Todten befinden sich: Der Obrist von Flachenfeld von kaiserl. österr. Kürassier-Regiment Fürst Lichtenstein. Der Major Graf Hegneberg vvm 7. Chevauxlegers-Regiment Prinz Karl. Der Major Abélé vom 1. leichten Infanteriebataillon. Der Major Prinz Oettingen-Wallerstein vom 3. Chev. Leg. Regiment (Kronprinz). Der Adjutant des kommandirenden Generals, Rittmeister Prinz Oettingen-Spielberg vom 4. Chev. Leg. Regim. (König). Der Oberlieutenant Graf Fugger Gloett vom 4. Chev. Leg. Regim. Unter den Verwundeten außer dem kommandirenden General, der General Janson van der Stockh, schwer. Der General Graf Pappenheim, leicht. Der kaiserl. österreich. Feldmarschall-Lieutenant Baron Trautenberg. Der kaiserl. österreich. General Klenau. Der kaiserl. österreich. General Dimars. Der Oberst Palm vom 6. Infant. Reg. (Herzog Wilhelm). Der Oberst Forremps von 4. Infant. Regim. (Sachs. Hildburgh.). Der Major Fuchs vom 6. Inf. Regim. (Herzog Wilhelm). Die ausführlichen Verzeichnisse des Verlustes, und die namentlichen Ausweise der Offiziers werden nachgetragen werden.

Es ist schwer zu bestimmen, wer sich an diesen merkwürdigen Tagen bei den beiden vereinigten Korps am meisten ausgezeichnet habe. Jeder wetteiferte mit den andern um den Ruhm, am meisten gethan zu haben. Einer hat den andern übertroffen.

So beunruhigend die ersten Nachrichten über die Verwundung des kommandirenden Generals waren, so sehr haben wir jetzt gegründete Hoffnung, daß derselbe bald wieder im Stande seyn werde, sich an die Spitze dieser tapfern Armee zu stellen, und den neuen Ruhm mit derselben zu theilen.

Am 3. November trafen der kaiserl. königl. Oberst Fürst Wenzel Lichtenstein, und der kais. königl. österr. Rittmeister Graf Clam, Adjutant des Feldmarschalls Fürsten Schwarzenberg aus dem großen Hauptquartier bei dem General Grafen von Wrede in Hanau ein, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen, und demselben die Dekorationen des Marien-Theresien- und Alexander-Newsky-Ordens zu überbringen, nachdem er bereits das Großkreutz des Leopold-Ordens erhalten hatte.

Schon am 2. war die Armee weiter nach Frankreich aufgebrochen, und die Früchte dieses, mehrere Tage fortgesetzten Kampfes, in welchem die vereinigte baierisch-österreichische Armee mit dem doppelt überlegenen Feinde zu streiten hatte, dessen Kerntruppen unter dem persönlichen Kommando des Kaisers Napoleon vereinigt waren, sind die Behauptung des Schlachtfeldes, die Erschweeung des Rückzuges, die Abnahme von 10,000 Gefangenen, unter welchen 5 Generale und 150 Staabs- und Oberoffiziere sich befinden, nebst zwei Kanonen und ein dem Feinde zugefügter jene Zahl noch übersteigender Verlust an Todten und Verwundeten.


Verwundung des königl. bayrischen Generals Grafen von Wreden bey den Sturm von Hanau.


Amtlicher Bericht S. E. des Herrn Feldmarschall-Lieutenants, Grafen von Fresnel.[]

[5]
( Oesterreichischer Beobachter vom 10. November 1813.)

Nach der Einnahme von Würzburg rückte die vereinigte Oesterreichisch-Baierische Armee nach Hanau, der großen Französischen entgegen, welche dahin ihren Rückzug nahm. Unsere Avantgarde stieß am 29. Okt. zwischen Rothenbach und Gelnhausen auf den Feind, und der Kön. Baieris. Divisionsgeneral Delamotte nahm demselben, nach einen hitzigen Gefechte, 2 Kanonen und 4000 Gefangene ab, unter welchen sich 2 Generäle mit 150 Stabs- und Oberoffizieren befanden.

Am 30. Morgens unternahm der kommandirende General en Chef, Graf Wrede, eine Rekognoscirung des Feindes, welche die Gewißheit gab, daß er noch zwischen 60 und 80,000 Mann stark gewesen. Die vereinigte Armee hatte durch nöthig gewordene Detaschirungen in diesem Augenblicke nur bei 30,000 Mann vor Hanau, und der en Chef kommandirende General, der mit so ungleichen Streitkräften die Absicht des Feindes, die Straße nach [[Frankfurt am Main|Frankfurt] für seinen weiteren Rückzug zu gewinnen, nicht völlig zu hindern vermochte, beschloß, diesen wenigstens möglichst zu erschweren. Er stellte daher die vereinigte Armee vor Hanau, und zwar den rechten Flügel an die Kinzig, den linken en échelons auf der Straße auf, welche von Gelnhausen nach Frankfurt führt. Die Avantgarde wurde daher befehligt, sich in die Aufstellung der Armee zu repliiren, und General Delamotte bewerkstelligte dieses mit der schönsten Ordnung. Am linken Flügel der vereinigten Armee, in der Ebene zwischen der Stadt Hanau und dem Lamboywalde, waren mehrere Batterien aufgeführt, den debouchirenden Feind zu empfangen; der größte Theil der Kavallerie war dahin gestellt, die Formirung des Feindes zu erschweren.

Am 30. um 11 Uhr Vormittags rückte der Feind in dichten Kolonnen auf der Straße vor, indessen seine Tirailleurs den Wald durchgingen; 180 Kanonen sollten es gelingen machen, die alliirte Armee zum Weichen zu bringen, wozu Kaiser Napoleon alle Anstrengungen aufbot. Doch sie waren vergebens: die alliirte Armee behauptete mit einer bewunderungswürdigen Tapferkeit das Schlachtfeld bis in die Nacht. Die heftigsten Kavallerieangriffe auf dem linken, und alle Unternehmungen auf dem rechten Flügel, um durch dessen Werfung den erstern zum Rückzuge zu bringen, wurden zurückgewiesen, wozu der Kön. Baieris. General Graf Beckers mit seiner Division durch die ruhmvollste Ausdauer ganz vorzüglich mitgewirkt hat.

Der Feind hatte großen Verlust erlitten, besonders war seine alte Garde sehr mitgenommen worden; die Absicht des Kommandirenden, dem Feinde seinen Rückzug theuer zu machen, war erreicht, und er zog in der Nacht seinen linken Flügel hinter Hanau zurück, um ihn sowohl nicht ohne Nothwendigkeit mehr auszusetzen, als auch im Stande zu seyn, des andern Tages allenfalls den Kampf zu erneuern.

Der Feind begann seinen Rückzug; ihn zu decken, ließ er Hanau stürmen, welches die Oesterreichische Grenadierbrigade Dimar besetzt hielt: sein Versuch wurde mehrmalen abgewiesen, und er mußte sich damit begnügen, die Stadt mit Haubitz-Granaten zu bewerfen; doch die Brände waren in dieser Nacht nicht besonders verheerend. Damit die Stadt nicht mehr beschossen würde, zog zu ihrer Schonung der kommandirende General am 31. Okt. Morgens 8 Uhr, die Besatzung heraus. Als jedoch die Franzosen bei deren Besitznahme zu plündern anfingen und die löschenden Bürger verjagten, beschloß der kommandirende General, sie der größeren Verwüstung zu entreißen, und ließ am nämlichen Tage, Nachmittags um 2 Uhr, sie wieder nehmen. Der kommandirende General, mit dem Oesterreichischen General von Geppert, an der Spitze einer Oesterreichischen Grenadier- und Jägerkolonne, führte, von seiner Suite begleitet, persönlich den Sturm an, welcher mit Schnelligkeit und Ordnung ausgeführt wurde. Binnen einer halben Stunde war die Stadt wieder erobert, doch der kommandirende General tödtlich dabei verwundet.

Dieser für die alliirte Armee unersetzliche Verlust erzeugte eine Erbitterung, welcher nicht Einhalt gethan werden konnte; alles, was von Franzosen in der Stadt erreicht wurde, ward mit dem Bajonette getödtet; am äußern Thor, an der Kinzigbrücke, setzte sich der Feind, doch er ward seines lebhaften Widerstandes ungeachtet bald vertrieben, und am folgenden Tage Morgens, trat er vollends seinen Rückzug an, auf welchem ihm die alliirte Armee verfolgt.

Die Truppen der vereinten Armee haben die ausgezeichnetste Tapferkeit rühmlich wetteifernd erprobt. Ihr Verlust war im Verhältnisse geringer und besteht an Todten, Verwundeten und nur wenigen Vermißten, zusammen in 7000 Mann. Trophäen wurden auch nicht eine verloren; der Feind ließ dagegen 15,000 Todte und Verwundete auf dem Schlachtfelde, wovon die letzteren größtentheils im Lamboywalde umkamen, da des Feindes eiliger Rückzug ihr Fortbringen unmöglich machte. Die Straße von Hanau nach Frankfurt ist mit Leichnamen, todten Pferden und im Stich gelassenen Pulverkarren bedeckt, und bezeugt die regellose Flucht der Reste von der großen Französischen Armee. Auf allen Wegen werden Flüchtlinge aufgefangen, und außer den bereits erwähnten, sind neuerlich 15,000 Mann Gefangene eingebracht, die mit jeder Stunde sich mehren. Darunter befinden sich 280 Stabs- und Oberoffiziers und die Generäle Martell und Avesani. Hauptquartier Frankfurt, am 3. Novbr. 1813.

Fresnel, Feldmarschall-Lieutenant.


Augenzeugenbericht.[]

[6]

. . . . .

Die Franzosen mußten am ersten Tage die Stadt räumen und retiriren. Man macht unserer Seits einige Gefangene, die uns auf dem Marsche, wie schon gesagt, begegneten.

Noch in der Nacht, um 10 Uhr, verliessen wir die Stadt Hanau, und faßten ausserhalb derselben Position.

Am Morgen um 5 Uhr rükten einige französische Colonen von der Avantgarde auf uns an. Mit Kanonen feuerten sie fürchterlich auf uns los, und die erste Kugel, die in unserer Front einfiel und vom Feinde losgeschossen wurde, nahm einem Corporal von meiner Compagnie beide Füße und das Leben. Durch diese Kugel blieben noch mehrere Soldaten todt auf dem Acker des Todes. Zwischen sieben und 8 Uhr Morgens mußten sie retiriren. Sie verloren ungemein viel, wir rükten vor über Todte und Sterbende. Mir jungen noch nie ein solches Schauspiel gesehen habenden Soldaten gieng dieß ungemein zu Herzen, und die Leiden der Verwundeten, das letzte Aufraffen der Sterbenden gegen den Tod, und der Anblik der zerstümmelten Leichname erfüllte mich mit namenlosen Kummer. Denselben Tage konnte ich nicht mehr recht heiter werden.

An diesem Tage, also am 29ten October wurden mehrere Gefangene gemacht. Das Treffen ward immer noch fortgesetzt, es daure bis in die sinkende Nacht; es war jedoch weiter vorgerükt, und wir blieben in einer Colone bis auf die Nacht stehen. Hier sah ich zum erstenmale Cosaken, und lernte ihnen Werth kennen.

Als fliegendes Corps den Feind zu beunruhigen, dazu sind sie völlig gemacht. Sie sind wirklich überall und nirgends, und kein Franzose durfte sich unterstehen, nur einige Schritte vom Bataillon sich zu entfernen, wenn er nicht Gefahr laufen wollte, von solchen halbwilden Menschen gefangen zu werden.

. . . . .

Wie so gesagt, blieben wir den ganzen Tag über in der Colone stehen, während vor uns die Schlacht fortgesetzt ward. Mit jedem Augenblik brachte man einen Haufen von Gefangenen.

Mit dem Abend bezogen wir rechts von der Strasse ein Lager. Und obgleich die Canonen schwiegen, so war diese Nacht, so wie die vorige, dennoch nicht ruhig, denn der Feind war uns zunahe. Die ganze Nacht hindurch stand die Hälfte der Mannschaft abwechslungsweise unterm Gewehre, die andere Hälfte davon konnte sich an den Feuern wärmen. Morgens 3 Uhr durfte die Colone durch kein Auseinander gehen mehr gebrochen werden. Um 5 Uhr ließ sich die erste Canone hören. Die Schlacht begann wieder vom Neuen. Wir standen im 2ten Treffen. Bis gegen 9 Uhr Morgens hielten sich unsere Truppen. Bald darauf mußten wir 100, bald 300 bald 1000 Schritte retiriren, die Franzosen verstehen sich in den Wald hineinzuziehen. Dieser Wald liegt an der Strasse nach Gelnhausen, rechts von Hanau, und beginnt eine kleine Viertelstunde außerhalb der Stadt. Wären wir nicht retirirt, so wären sie uns in die Flanke gekommen.

Gegen 11 Uhr waren wir an die Mauern von Hanau gelehnt, während das erste Treffen sich am Saume des Waldes schlug. Das 2te Treffen war jedoch dem ersten so nahe, daß durch kleine Kugeln mehrere todtgeschossen und mehrere verwundet wurden. Die Kanonen aber spieen schon meistentheils über uns hinaus. Der Feind hatte eine vortheilhafte Stellung im Walde, und dieß machte ein fürchterliches Kanonenfeuer unserer Seits nöthig, während indeß die französischen Kanonen unaufhörlich in ungeheuerer Zahl fortdonnerten.

Alte Soldaten, die den preussischen, russischen und die östreich'schen Feldzüge mitgemacht haben, versichern, daß das kleine Gewehrfeuer hier am stärksten war, und mit einer ungeheuren Menge von Kanonen ward ohnedem das P'loton Feuer von beiden Seiten über zwey Stunden lang gemacht.

Es ist mir nicht möglich, Ihnen eine Beschreibung der Schrecken zu machen; wo man nur einen Blick hinwarf, begegneten einem nichts als Stellen des Jammers.

Gegen 4 Uhr Abends rükte das zweite Treffen vor; französische Cuirassire sprengten wüthend aus dem Walde, und wir formirten auf der Stelle das Carrée.

Jetzt verschlimmerte unsere Lage ein Umstand, den der Feind auf der Stelle zu benutzen suchte. Durch das starke Feuern war uns die Munition ausgegangen. Die hervorgesprengten Cuirassire sprengten das Carrée, und wir mußten uns, um uns aufs neue zu formiren, etliche Hundert Schritte zurükziehen. Wir gingen darauf neuerdings vorwärts und drangen vor bis zu dem Wald, ja selbst in den Wald hinein. Wir feuerten jetzt aus allen Kräften. An meiner Seite wird ein Corporal todtgeschossen; die Franzosen suchen und aber zu überflügeln, und wir müssen uns, um nicht das ganze Bataillon gefangen zu geben, zurükziehen; denn unser Bataillon war wirklich nur das einzige mehr, das noch auf dem Schlachtfelde in Ordnung stand. Und wir wären sicherlich noch in die Hände der Feinde gefallen, hätte uns nicht ein österreichisches Joseph Husaren Regiment auf unserer Retirade gedeckt. An dieser Retirade war nichts als der Mangel an Munition Schuld, obgleich die französische Macht sich bis auf 70- bis 80000 Mann belief, unsere Armee aber nicht stärker, als höchstens 30000 Mann war. Wir mußten unsere Retirade längst den östlichen Mauern der Stadt nehmen, um in die Stadt selbst zu kommen, weil neben diesen Mauern die Kinzig vorbey fließt. Dieser fatale Umstand kostete uns ungemein viele Leute, die durch den Fluß den feindlichen Kugeln, die in zahlloser Menge auf uns zuflogen, entrinnen wollten.

. . . . .

Wie gesagt also, die Kinzig und das unaufhaltsame Vordringen der Feinde war vielen hunderten zum Grabe.

Ich weiß nicht, soll ich Ihnen ein mattes Gemälde von diesem Schlachtfeld malen oder nicht?

Wer denkt sich nicht leicht eine Fläche Landes, die mit auf alle nur bedenkliche Weise verstimmelten Leichnamen wie besäet ist? Den Boden bedeckte mit Koth verdichtetes schwarzes Blut, worinn die Blessirten und Sterbenden in der Todesangst mit halb erstickten Heulen und Winseln zuckten. Die herumliegenden Trümmer aller Arten von Kriegsgeräthen, und das Geschrey der Streitenden und der Donner der Kanonen geben dem Ganzen eine nur noch gräßlichere Gestalt.

Eine Gruppe kann ich Ihnen nicht verschweigen, die ich auf dieser Retirade wahrnahm. Längst den Ufern der Kinzig, an dem wir retirirten, läuft ein Damm. Diesem verdanken mehrere das Leben. Indem wir hinter dieser Schutzmauer retiriren, sah ich einen Joseph Husaren am Wasser, der ruhig und mit unveränderter Miene sein Pfeifchen schmauchte, während ihm sein Kamerad den Fuß verband, welches durch eine größere Kugel ganz zerschmettert war. Ich lobe mir die Gleichgültigkeit des erstern gegen den Schmerz und die brüderliche Liebe des zweiten, den der unaufhörliche Kugelregen nicht abhalten konnte, seinem verunglückten Kameraden die nöthige Hülfe in einem solchen Momente zu leisten.

Wir retirirten durch die Stadt. Die Brücke, die die Gelnhauser Strasse mit der Stadt verbindet, war bereits bei unserer Ankunft mit östreichischen Grenadieren besetzt. Auf der Strasse nach Aschaffenburg, eine Stunde von Hanau, schlugen wir unser Lager auf. Die Nacht über war es so ruhig, als Ruhe in einer solchen Lage zu denken ist. Am andern Tage verkündete der Donner der Kanonen die Fortsetzung der Schlacht. Wir blieben den ganzen Tag im Lager. Die Franzosen habens an diesem Tage dreymal versucht, die Stadt mit Sturm zu erhalten, es war ihnen aber unmöglich. Hiebey wird der Commandirende Herr General Graf Wrede blessirt, den man nicht einmal mitten in den Kugelregen hineinreiten sah. Bey diesen dreymaligen Stürmen gieng die ganze Vorstadt zu Grunde. Abends 8 Uhr mußten wir die Stadt besetzen. Die übelste Witterung von der Welt machte dieses Geschäft doppelt beschwerlich. Denn wir standen die ganze Nacht ohne Feuer und Stroh in dem tiefsten Kothe auf dem Parade-Platze, während uns Regen und Schnee untereinander beständig von obenher belästigte, und ein Haus um das andere durch eingeworfene Granaten in Feuer aufging. Es war eine höchst schauderliche Nacht. Doch kam mir in meinem Leben bis auf den heutigen Tag noch kein Anblick so schaudernd vor, als der bey der Besetzung der Brücke bey Hanau. Diese geschah am andern Morgen am 1ten November. . . . . [>>>]


Quellen.[]

  1. Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
  2. Manuscript von Achtzehn hundert und dreizehn oder kurze Darstellung der Begebenheiten dieses Jahres; ein Beitrag zur Geschichte des Kaisers Napoleon von Baron Fain, damaligen Kabinetssekretär. Stuttgart und Tübingen, in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung. 1825.
  3. Geschichtliche Darstellung der Schlacht bei Hanau am 30. Oktober 1813. Von einem Augenzeugen. Hanau, 1813.
  4. Geschichtliche Darstellung der Schlacht bei Hanau am 30. Oktober 1813. Von einem Augenzeugen. Hanau, 1813.
  5. Geschichtliche Darstellung der Schlacht bei Hanau am 30. Oktober 1813. Von einem Augenzeugen. Hanau, 1813.
  6. Briefe von der baier'schen Armee. Geschrieben im französischen Feldzuge von einem baier'schen Officiere an seinen Oheim A. P. in A. Speyer, bey Jakob Christian Kolb 1814.


Karten.[]

Advertisement