Von Bastille bis Waterloo. Wiki

Zeitungsnachrichten.[]

1793.[]

Schreiben aus Brüssel, vom 24 May. [1]

So eben läuft hier die angenehme Nachricht ein, daß die K. K. Armee am gestrigen Tage einen ausgezeichneten Vortheil über den Feind erhalten, sie haben das ganze Lager von Famars verlassen müssen, 15 Kanonen wurden erobert, und in diesem Augenblick heißt es, daß die Kaiserlichen auch das Lager von Ansin besezt haben.

Frankfurt, vom 27. May.

Ein heute aus den Niederlanden hier eingetroffener Kourier, der nach nicht langem Verweilen seine weitere Reise nach Wien fortsezte, überbringt die wichtige Nachricht, daß am 23 die Franzosen bey Famars die Kays. Kön. Armee angegriffen, leztere aber mit solcher Tapferkeit gefochte', daß die Franzosen 1000. Mann u. viele Kanonen verlohren u in der Eile das ganze Lager verlassen haben. Die ganze französische Armee hat sich in die allda befindliche Vestungen geflüchtet. Die Kaiserlichen haben einige hundert Mann verlohren, worunter sich auch viele Officiers befinden sollen. Die nähere Umstände werden nächstens nachgetragen werden.

Haupt-Quartier Curgies, vom 24. May. [2]

Um 6. Uhr Morgens. Nach einem vorgestern gehaltenen Kriegs-Rath beschloß der Hr. F. M. Prinz von Sachsen-Coburg, Generalissimus der allirrten Armee, die in dem fürchterlichen Lager zu Famars, welches zu Anfange dieses Jahrhunderts unter dem Marechal von Villars die Vormauer von Franckreich war, und jezt die einzige Hoffnung der Jacobiner seit ihrer so gählingen Verdrängung aus den Niederlanden ausmachte, anzugreifen. Zu dem Ende sezte die alliirte Kriegs-Macht sich in der Nacht vom 22ten auf den 23ten in Bewegung. Das unter den Befehlen des Obristen, Freyherrn von Mylius, stehende Corps brach von Ypern auf, und marschirte durch Neunkirchen nach der Stadt Armentieres. Die holländische Armee, welche zu Orq und Marquain gelagert war, bemächtigte sich der Städte Lannoi, Türcoin, Roubaix, Vervik und Comines. Die Engelländer, Preussen und Hannoveraner giengen über Baisieux bis nach dem Dorfe Sebourg vor. Der Graf von Latur brach aus seinem Lager vor Maubeuge auf, und näherte sich über Bavai der Strasse von Valenciennes auf Quesnoi. Der General Graf Clerfait gieng durch das Gehölz von Raimes um Valenciennes herum, und der Prinz Coburg selbst marschirte gerade vorwärts gegen das feindliche Lager. Dieses Lager lehnte sich mit seinem rechten Flügel an die Schelde, mit dem linken an die Ronelle. Seine Fronte war mit einer ungeheuern Artillerie und einer Kette von Schanzen gedeckt, und hatte noch ein Lager und drey starke Redouten vor sich.

Gestern, den 23ten, bey Tages Anbruch griff General Otto mit der Avantgarde des Prinzen von Coburg das vordere Lager der Franzosen an, überwältigte dasselbe, eroberte zwey Redouten und 7. Kanonen, tödtete viele Feinde und machte einige Gefangene. Die lezte Redoute ward erst nach dem hartnäckigsten Widerstande erstiegen. Um 6. Uhr Abends ware' bereits 16 Kanone' erobert. Indessen wurde die Schlacht allgemein und mit aller erdencklichen Erbitterung fortgesezt. Die alliirten Truppen giengen über den Fluß Ronelle. Als Prinz von Coburg um 8. Uhr sahe, daß der Sieg sich auf die Seite der Alliirten lenckte, so ließ er das Haupt-Quartier von Quiverain vorwärts nach Corgies verlegen. Um 9. Uhr war das feindliche Lager überwältiget, und die Flüchtigen wurden die ganze Nacht verfolgt.

Um 5. Uhr Morgens wurde die lezte Redoute mit dem Degen in der Faust weggenohmen, und die Franzosen, welche aus einem unüberwindlichen Lager verdrängt waren, flüchteten über Hals und Kopf nach Valenciennes und Bouchain. Ihr Verlust war sehr beträchtlich. Sie verlohren in der Nacht 15. Kanonen, und alles läßt vermuthen, daß sie deren in allem über 30. eingebüßt haben, worunter verschiedene von schwerem Caliber sind. Unter den über sie gemachte' Gefangenen zählt man den Generalmajor von Verges. Es ist unmöglich bis diesen Augenblick noch alle Umstände dieses glorreichen und entscheidenden Tages genau zu entziffern. Nur so viel kan man mit Gewißheit sagen, daß die Oesterreicher, die Preussen, die Holländer alles gethan haben, was man von Krieger an Tapferkeit und H_ldenmuth nur erwarten kan. Heute wird man die Verschanzungen von Ansin angreifen, und alles bürgt dafür, daß sie fallen werden. Dann steht Valenciennes sowohl als Conde ganz von den unsrigen umzingelt, und kan den Siegern weiter keinen wircksamen Widerstand leisten.

Um 12. Uhr Nachmittags. Der Herzog von York und Prinz von Hohenlohe haben sich mit Ruhm bedeckt. Die Verschanzungen auf dem Berge v. Ansin sind erstiegen. Die Franzosen haben 25. Kanonen, eine grosse Anzahl Munitionswagen, Gepäcke xc. eingebüßt. Valenciennes ist jezt allenthalben beherrscht und blokirt. Die Franzosen haben auf ihrer Flucht 10000. Mann in Bouchain und Cambray geworfen. Conde ist zum leztenmahle aufgefordert worden. Die Deserteurs kommen mit ganzen Haufen zu uns.

Brüssel, vom 25. May.

Ein von dem F. M. Prinzen von Coburg gestern in der Frühe abgefertigter ausserordentlicher Kourier bringt uns folgende nähere Umstände: Wir sind Meister von den feindlichen Lagern von Famars und Anzin: Valenciennes ist gänzlich berennt, Conde aber ohne Rettungs-Mittel, und soll zum ersten und lezten mahle zur Uebergabe aufgefodert worden seyn. Das Treffen ist allgemein und sehr blutig gewesen. Der in die Flucht geschlagene Feind hat sich in gröster Unordnung hinter Bouchain geworfen, und es läßt sich nicht voraussehen, wo er sich sezen werde. Alle Truppen, insonderheit die Husaren, und unter andern die Barcoischen, thaten Wunder der Tapferkeit, und bemächtigten sich vieler Verschanzungen. Ueber 1000. Todte hat er auf dem Schlachtfelde gelassen. Wir haben 20. Kanonen von allerhand Kaliber erobert, 400. Gefangene gemacht, unter welchen ein General, 2. Oberst-Lieutenants, 1. Major, 5. Hauptleute, und 7. Lieutenants sind. Der Verlust der combinirten Armeen beträgt in allem zwischen 3. bis 400. Mann, worunter 8. Offizier; einige und 20. Offizier sind verwundet. Die Preussen haben sich aller Verschanzungen, die Hasnon d_ckten, bemeistert, und vermuthlich des Ortes selbst an gestrigem Tage. Die Holländer nahmen Orchies ein, und eroberten 3. Kanonen. Kurz die Engelländer und Hannoveraner haben sich so, wie die Preussen und Holländer, an diesem merckwürdigen Tage vielen Ruhm erworben.

Aus dem Haag, vom 26 May.

Die Generalstaaten haben ein Schreiben von dem Erbprinzen von Oranien, welcher die Holländischen Truppen in Französisch-Flandern commandiert, erhalten, aus dem Hauptquartier in Tournay vom 19ten dieses, worinn derselbe berichtet: Er sey am 18ten mit 12 Bataillons und 12. Escadrons von Courtray nach Tournay marschiert, und diese Truppen haben in dortiger Gegend nach Lille zu ein Lager errichtet; indessen das erstere Corps welches aus 8 Bataillons und 5 Escadrons bestehend, sich bereits unter dem Commando des Prinzen Friedrich von Oranien in Flandern befand, ein Lager bey Menin bezogen hatte. Am 17tern haben die Franzosen einen Versuch gemacht den Posten zu Hauthen bey Ypres zu forcieren, sie seyen aber mit Verlust an einigen Todten zurükgetrieben worden, und unsere Truppen haben sich zu Comines am linken Ufer der Lys postiert, von welcher die Franzosen bisher beyde Ufer besezt hatten. -- Einige Tage späther am 23ten dieses hat sich ein Vorfall von etwas grösserer Wichtigkeit ereignet; unsere Truppen haben nemlich sich des Postens bey Mouchin bemächtiget und v. der Stadt Orchies Besiz genommen. (Bey dieser Expedition befand sich ausser andern Truppen auch ein Bataillon v. der Schweizer Garde, und das Regiment, oder wenigstens ein Theil von dem Regiment May.) Indessen war das nur ein Theil von dem unter allen verschiedenen Corps der Allierten Armee verabredeten Projekts, welches an diesem Tag ausgeführt wurde, und welches darinn bestand die Franzosen von allen Seiten anzugreifen und sich ihres Lagers bey Famars zu bemächtigen. Dieser Angriff, bey welchem die verschiedenen Oesterreichischen, Preußischen, Englischen, Hannöverischen und Holländischen Corps gemeinschaftlich agierten, ist vollkommen gelungen, und das Lager bey Famars ist erobert worden.


Quellen.[]

  1. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 1. Brachmonat, 1793. Num. 44.
  2. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 5. Brachmonat, 1793. Num. 45.