Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Sanssouci.[]

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Sanssouci, ein berühmtes königlich preußisches Lustschloß, welches auf einem Berge vor dem brandenburger Thore von Potsdam liegt. Das Schloß hat nur ein Stockwerk, und ist klein, aber von herrlicher Bauart, und im Innern vortrefflich ausgeziert. In dem runden Marmorsaale bewundert man die Säulen, die Mahlereien und den nach florentinischer Art mit Blumenwerk ausgelegten Fußboden. Unter den Zimmern ist eins mit Cedernholz getäfelt, mit goldnem Laubwerk bedeckt und mit einer königlichen Handbibliothek versehen. Von dem Berge aus, auf welchem Sanssouci liegt, hat man eine überaus reizende Aussicht über die Stadt und ihre Umgebungen. Vorwärts erblickt man den Weinberg mit seinen sechs Terrassen, deren jede zwölf Stufen und die besten Weinstöcke unter Glasfenstern hat. Am Fuße des Berges ist ein angenehmer Lustgarten, mit einem schönen Bassin, und zwölf marmornen Figuren und Gruppen. Die übrigen Merkwürdigkeiten sind die beiden Pavillons zur Rechten und Linken, die Orangerie und die herrliche Bildergallerie. Aus dem Lustgarten geht man in den Park, wo ein japanisches Haus zur Linken der Hauptallee steht. Zu beiden Seiten der steinernen Brücke sind schöne Tempel, deren einer die kostbare königliche Sammlung von geschnittenen Steinen und Alterthümern aus den Verlassenschaften des Barons von Stosch und des Cardinals Polignac enthält. Das neue Schloß oder neue Palast, welchen Friedrich II. nach dem hubertsburger Frieden erbauen und auszieren ließ, ist äußerst schön, prächtig und geschmackvoll. An dem ganzen Gebäude sind keine andere, als Fensterthüren, die mit den übrigen Fenstern einerlei Gestalt haben, so daß die Eingänge und Treppen nicht ins Auge fallen. König Friedrich Wilhelm II. erbaute noch das Marmorhaus, und ließ einen schönen englischen Garten anlegen, in welchem die vortreffliche Colonnade aufgerichtet ist, die vorher im Cavalierhause stand.


Von Reisende.[]

Jean-Philippe Graffenauer.

[1807]

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Wenn man zum Brandenburger Thore herausgeht, führt eine herrliche Allee nach Sans-Souci. Man kommt beym Eingange in den dazu gehörigen Garten an einem großen Obelisk vorbey, der aus Sandsteinen gehauen, und mit Hieroglyphen versehen ist. Das Schloß lehnt sich an einen Hügel. Nach Beendigung des siebenjährigen Krieges, ließ es Friedrich der Große nach seinem eigenen Plan erbauen. Es zeichnet sich durch edle Simplicität aus, und besteht nur aus einem Erdgeschoß, in dessen Mitte sich eine Rotunde mit einer Kuppel befindet. Die Façade, welche nach dem Garten führt, wird von Karyathiden getragen.

Von dem Hügel, worauf Sans-Souci liegt, hat man eine sehr weite Aussicht. Um ihr mehr Mannichfaltigkeit zu geben, ließ Friedrich der Große auf einer Anhöhe gegen Nordwesten, Sans-Souci gegenüber, ein großes Wasserbecken, von römischen Ruinen umgeben, anlegen, das einen herrlichen Anblick gewährt.

Mit der tiefsten Ehrfurcht betrat ich die Wohnzimmer des großen Monarchen, seine Bibliothek, das Kabinet, wo er gewöhnlich zu arbeiten pflegte, und vorzüglich das Zimmer, worin er starb. Der Lehnstuhl, in dem er den Geist aufgab, der so viel umfaßte, steht noch an der alten Stelle. Ich erinnerte mich der Beschreibung, die der berühmte Zimmermann von der letzten Krankheit des großen Königs geliefert hat, und es war mir, als ob ich seinen Unterredungen mit dem Monarchen beywohnte. Friedrich starb, wie er gelebt hatte, in der Ausübung seiner Regenten-Pflichten, völlig angekleidet und den Hut auf dem Kopfe.

Von der Plateform des Schlosses steigt man auf Terrassen in den weitläuftigen Garten herunter. Hier findet man zuerst die Grabmähler eines Reitpferdes, und der Lieblings-Hunde Friedrichs, deren Namen in Grabsteinen gehauen sind, z. B. Alkmene, Phyllis, Thisbe, Pax, Diane, Amourette, Biche, Süperbe, Hasenfuß u. s. w. Diese Gräber sind Beweise der Humanität des großen Königs. Er liebte seine Hunde, weil er sah, daß sie Anhänglichkeit an ihn als Menschen hatten, da die ihn umgebenden menschlichen Wesen immer nur den König in ihm sahen. Man erzählt, daß jeden Mittag sein Lieblings-Hund mit der Pfote an die Thür seines Zimmers geklopft habe, um ihm anzuzeigen, daß das Essen aufgetragen sey; man bemerkte, daß Friedrich immer mit sehr heiterer Miene heraus trat. --

Weiterhin kommt man an ein großes Bassin von weißem Marmor, um welches herrliche marmorne Statuen und Gruppen stehen. Unter jenen war eine, die für ein Meisterstück der Kunst gelten konnte. Sie stellte ein Fischerin vor, die ein mit Fischen angefülltes Netz in der Hand hält. Das Ganze war aus einem Marmorblocke gehauen. Unglücklicher Weise ist dieses Kunstwerk im letzten Kriege beschädigt, und das meisterhaft gearbeitete Netz zerbrochen worden.

In demselben Garten findet man noch das japanische Haus, den Antiken-Tempel, und den Tempel der Freundschaft. Der letzte ist von weißem Marmor und offen; sechs kannelirte korinthische Säulen tragen die darüber schwebende Kuppel. In diesen Tempel hat Friedrich die Statue seiner zärtlich geliebten Schwester, der Markgräfin von Baireuth, setzen lassen. Sie ist sitzend abgebildet, den Kopf auf die linke Hand gestützt; in der rechten hält sie ein Buch, und unter dem Arme einen kleinen Hund. Die Säulen sind mit Medaillons verziert, die innig befreundete Helden des Alterthums, Herkules und Philoktet, Orestes und Pylades, Theseus und Pirithous, Nisus und Euryalus, Aeneas und Achates vorstellen.

Eine große herrliche Allee führt, durch den Garten, nach dem neuen Palais, einem prächtigen Schlosse, das Friedrich der Große gleichfalls nach Beendigung des siebenjährigen Krieges erbaute.


Quellen.[]

  1. Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
  2. Meine Berufsreise durch Deutschland, Preußen und das Herzogthum Warschau, in den Jahren 1805, 1806, 1807 und 1808. Von J. P. Graffenauer, Doktor der Arzneygelahrtheit, vormaligem Arzte bey der großen französischen Armee, mehrerer gelehrten Gesellschaften Mitgliede. Chemnitz, bey Carl Maucke. 1811.
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