Sarburg.[]
Sarburg, Sarrebourg,[1] Stadt mit 1267 Einwohn. und festes Schloß ehemals im obern Erzstift Trier an der Saar; jezt der Hauptort eines Cantons im Französ. Departem. der Saar, Bezirk Trier.
Von Reisende.[]
Franz Xaver Rigel.
- [1808]
Der wirbelnde Tambour entriß mich zu bald diesem großen Naturschauspiele und Empfindungen der Sehnsucht; der Marsch ging weiter, und wir langten Nachmittags 3 Uhr über das Fort und Städtchen Pfalzburg in
- Saarburg [2]
an, wo wir die Grenze von Lothringen und Elsaß bereits überschritten hatten. Dieses Städtchen bietet für den Reisebeschreiber nichts Merkwürdiges dar. Hier verstand man unsere Sprache noch, im nächsten Orte aber, auf der Straße nach Metz, konnte sich der Soldat den Einwohnern nur durch Zeichen verständlich machen. Bewiesen sich die Strasburger nicht gastfreundlich gegen uns, so hatten wir hier noch weniger Ursache, der Französischen Gastfreiheit eine Lobrede zu halten. Wie man anfing, unsere Sprache nicht mehr zu verstehen, hörte auch beinahe alle Zutraulichkeit zwischen den Einwohnern und uns auf; an die Stelle geselliger Erwiederung trat eine auffallende Zurückgezogenheit der Herzen, und es war ein sehr seltener Fall, wenn man einen unserer Soldaten bei seinem Wirthe am Tische mit essen sah. Die meisten mußten sich sogar ihr Mittagsmal selbst zubereiten und konnten nur mit Mühe das hierzu nöthige Küchengeräthe von der Dame des Hauses erhalten. Die Officiere schickten immer mit den Quartiermachern einen aus ihrer Mitte voraus, der für ihren Tisch sorgen mußte, und der gewöhnlich um 50 Sols bis 3 Franken mit irgend einem Gastgeber überein kam. Diese Maßregel schützte uns vor Prellereien, die sich die Französischen Wirthe bei solchen Gelegenheiten so gern erlauben, und wir kamen auf diese Art wenig oder gar nicht mit den ergrimmten Küchenfurien in Berührung. Nur der arme müde Soldat mußte öfters Alles aufbieten, um gegen diese das Schlachtfeld zu behaupten, da sie nicht selten mit Bratspießen, Feuerzangen und ähnlichen Waffen aus dem Küchenarsenale ihm zu Leibe gingen. Hier und da geschah es auch wohl, daß die geifernde, sich in ihren Küchenrechten gekränkt fühlende Dame mit ihrer berußten Servante und Kampfgefährtinn vor der Thüre so lange campiren mußte, als es dem männlichen Sieger gefiel. Unsere Leute bewiesen sich nicht sonderlich minnemuthig bei Auftritten dieser Art. Es galt die Rechtsansprüche ihres Magens!
Nur wenigen war es eingefallen, in Strasburg ihr Teutsches Geld gegen Französisches umzuwechseln; wir mußten es daher schon geschehen lassen, übervortheilt zu werden. Alles hiesigen Einwohner, Juden und Christen, glaubten gleiche Rechte zu haben, uns zu betriegen; wir verloren hier und da 3 bis 4 vom Hundert.
In diesem Städtchen wurden mehrere Wagen mit Brot beladen und unserm Regimente in's nächste Nachtlager nachgebracht. Ich war denselben mit sechs Unterofficieren zur Bedeckung beigegeben und sollte zugleich als Nachhut dienen. Ich mußte also dem Regimente unmittelbar folgen. Mehrere Stunden lang blieb ich auch demselben auf hundert Schritte angeschlossen. Jetzt hielten die Fuhrleute an einem Wirthshause in einem kleinen Dorfe. Sie wollten frühstücken; allein da zwischen mir und den Truppen kein so bedeutender Raum Statt finden durfte, so trieb ich die wälschen Bauern zur weitern Fahrt an. Auf meinen Befehl nicht achtend traten sie in die Stube und ließen sich Wein, Brot und Käse geben. Schon hatten sie sich über eine Stunde verweilt, und dennoch schien es mit diesem derben Frühstücke kein Ende nehmen zu wollen. Mit mehr Ernst erinnerte ich daher die Fuhrleute zum Aufbruche und ließ dann, als sie mir keine Folge leisteten, durch meine Leute die Wagen abfahren. Die Bauern riefen den Pferden ihr Kauderwälsch zu, und sie standen wie festgenannt. Es gab wechselseitig verschiedene Hiebe. Jene machten mit ihren ziemlich knotigen Peitschenstöcken den ersten Angriff auf meine Leute, diese suchten ihn auf gut soldatisch mit ihren Gewehrkolben abzuwehren. Der Bauern waren eilf, alle groß und stämmig; ein Schlag mit geballter Faust streckte einen meiner Unterofficiere zu Boden; er lag einige Augenblicke ganz bewußtlos, und ich würde gewiß den Kürzern gezogen haben, hätte ich länger gesäumt, ernsthafter Maßregeln zu ergreifen. Ich ließ die Gewehre laden. Nun ging es schnell vorwärts. In weiniger als einer Stunde hatten wir das Regiment erreicht, welches nach einem kurzen Halte so eben im Begriff stand, seinen Marsch weiter fort zu setzen.
Ich meldete diesen unangenehmen Vorfall meinem Obersten, welcher den Thäter sogleich einer Wache übergab, um ihn den Französischen Gerichten zu überliefern. Allein der bleidigte Unteroffizier und alle Soldaten hätten gern gesehen, wenn man den Bauer auf eine empfindlichere und schimpflichere Art bestraft hätte. Der Caporal griff schon mechanisch nach dem Stocke, und sein nerviger Arm würde durch die dünne Französische Leinwand das empfindlichste Plätzchen an einer gewissen Stelle sicher nicht verfehlt haben, hätte eine solche Genugthuung in einem befreundeten Lande genommen werden dürfen.
Quellen.[]
- ↑ Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor der Geschichte zu Landshut. Landshut, bei Philipp Krüll, Universitätsbuchhändler. 1811.
- ↑ Der siebenjährige Kampf auf der Pyrenäischen Halbinsel vom Jahre 1807 bis 1814; besonders meine eigenen Erfahrungen in diesem Kriege nebst Bemerkungen über das Spanische Volk und Land. Von Fr. Xav. Rigel, Großherzoglich-Badischem Hauptmann, des Carl-Friederich-Militär-Verdienst- und des Kaiserlich-Russischen St. Wladimir-Ordens Ritter. Rastatt 1819. Auf Kosten des Verfassers und bei ihm selbst.