Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Roveredo.[]

SectieTrient

Charte vom Königreiche Bayern nach seiner neuesten Eintheilung vom Jahre 1808.

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Roveredo, deutsch Rovereit, gutgebaute Stadt und Schloß, am Flüßchen Leno, in dem von ihr benannten Bezirk, in den wälschen Confinien, in Tyrol. Ihr Bezirk begreift die Gemeinen von Lizzano, Sacco, Volano, Marco, Noriglia, Trenbeleno, Terragnolo und Vallarsa. Diese Stadt und dieser Bezirk ergab sich 1509 freywillig an K. Maximilian I., der damals wider die Republik Venedig, (die vorhin die Herrschaft darüber hatte,) Krieg führte. Daher rühren die Privilegien, welche die Einwohner selbst brauchen, wie auch die Befugniß gehört, 3 Personen vorzuschlagen, aus denen der Landesherr eine zum Prätor, als der höchsten obrigkeitlichen Stelle, wählte. Sonderbar ist es daß niemand aus Roveredo fähig war, hierzu vorgeschlagen zu werden. Ein Prätor verwaltete diese Stelle 3 Jahre, wurde aber gemeiniglich, nach Verlauf derselben, auf nochmalige 3 Jahre darinnen bestätigt, woferne die Stadt und die Gemeinen nichts dawider einwendeten. Der Stadtmagistrat bestund aus 4 Proveditoren, und die Obrigkeiten der Landgemeinen hießen Geschworne. Diese Stadt hat einen sehr beträchtlichen Seidenhandel, wozu ungefähr 1520 der Grund gelegt wurde. Er vergrößerte sich sehr, im 17ten Jahrh. durch viele fremde Kaufleute, die Häuser und Handlungen zu Roveredo errichteten, und dadurch wuchs auch die Volksmenge, welche noch im 18ten Jahrh. sich verdoppelte. Denn zu Anfang dessen zählte man 7270 Personen, und im Jahr 1766 fanden sich 15002. Im Jahr 1763 wurden 201,621 Pf. Wiener Gewicht, fabricirte Seide ausgeführt. Im Jahr 1740 waren in der Stadt Roveredo und ihrer Vorstadt St. Thomas 12 Seidenhändler oder Seidengewölbe; im Jahr 1766 zählte man deren 25 und in leztbemeldetem Jahre belief sich die Zahl aller Personen im Bezirk von Roveredo, die mit Verfertigung der Seide zu thun hatten, auf 4992. In der Stadt selbst ist fast jedermann mit dieser Arbeit beschäftigt, die übrigen Künstler und Handwerksleute sind Deutsche oder Italiäner; selbst das Gesinde ist aus fremden Orten. Es wird viel rohe Seide aus dem Venetianischen nach Roveredo gebracht und daselbst zubereitet. Die Seidenfärberey dieser Stadt hat den Vorzug vor der zu Verona und an andern Venezianischen Orten. Von der ausgeführten Seide ziehet der Landesherr jährlich im Durchschnitt 14,000 fl. Doch ist dieser wichtige Artikel der Seidenbearbeitung und Färberey in neuern Zeiten wieder gesunken, und man zählt daher gegenwärtig nur etwas über 8000 Einwohn. in der Stadt. Ausser diesem Hauptartikel hat Roveredo auch Handel mit Tabak, wovon ohngefähr 360. Centner gebaut werden; ferner mit Schinken und gesalzenem Fleische, wozu man gemästete Schweine aus dem Königreich Italien kommen läßt; u. endlich mit Häuten, die aus dem Venezianischen und Türkischem Gebiete gebracht und in Roveredo zubereitet werden. Diese Handelsstadt wurde auch berühmt durch die K. K. Akademie der Bedächtlichen, (degli Agiati,) welche 1750. errichtet, und den 7. Dec. 1753. mit Statuten versehen wurde. Sie war seit 1806 der Sitz eines Bairischen Landesgerichts, zu welchem ausser dem oben angegebenen Bezirke noch die ehemaligen Gerichte Folgaria und Castelcorno, dann die Patrimonial- oder adelichen Gerichte Pesens, Pietra, Nomi, Castellano, Castelnuouvo, Mori, Ala und Avio gehörten. Es enthält auf 10 QM. 3,945 unmittelbare und 39,776 mittelbare Einwohner und gehörte zum Etschkreise. Seit 1810 ist aber Roveredo der Hauptort eines Bezirks im Königr. Italien, Depart. der Ober-Etsch.


Von Reisende.[]

Elisa von der Recke.[]

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Roveredo den 22. Septb. Morgens nach 11 Uhr. [1804]

Das Städtchen Roveredo ist klein, aber schön gebaut, und hat ein heiteres Ansehn. Die Häuser sind von weißem und rothem Marmor, die Straßen breit und gerade. Die Einwohner haben in ihrem Betragen einen Ausdruck der Fröhlichkeit. -- Von Trient fuhren wir eine ganze Stunde zwischen Gärten und Landhäusern, die Wohlstand ankündigten. Ein Theil dieser Anlagen war durch Bergströme mit Steinen überdeckt, und ein anderer durch den Krieg verheert. So erschütternd schon der Anblick solcher Verheerungen ist, so fühlt sich das Gemüth durch die Erzählung, mit welcher Kaltblütigkeit die südlichen Vandalen dies schöne Land verwüsteten, und die Einwohner beraubten, nach schmerzlicher empört. Die Wunden, welche solche Grausamkeiten dem Herzen schlagen, heilen nicht, wenn auch die ergiebige Natur unter diesem gesegneten Himmel die Verwüstungen des Krieges in den wenigen Friedensjahren schon ziemlich vergütet hat. Hier gedeiht der Stamm des Weines zur Dicke eines starken Armes; in reichen Laub- und Fruchtgehängen winden die Aeste sich von einem Stamme zum andern. Das weite Thal ist ein Garten voll Maulbeer- und Feigenbäume, um welche sich Weinreben schlingen. Marmorgebirge umschließen das Fruchtthal; auch die Höhen sind reizend mit Gärten, Kirchen und Villen bedeckt. Die nördliche Seite der Südberge zeigt größtentheils nur kahle Marmorfelsen; doch kurz vor Roveredo sind selbst diese mit Landhäusern und Gärten geschmückt. Wir begegneten einer Menge Frachtwagen mit roher Seide, welche in der Gegend gewonnen wird; daher es nicht zum Luxus gerechnet werden kann, daß hier Leute aus der ärmern Volksklasse seiden Strümpfe tragen. Auf der Hälfte unsers Weges bemerkten wir Ueberbleibsel der Mauer, die in der allerältesten Zeiten das Venezianische Gebiet von Tyrol trennte. Traurig zeigte unser Postillon auf die Mauer hin, und sagte: Wie diese Mauer, so ist die Venezianische Macht zertrümmert!


Quellen.[]

  1. Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor der Geschichte zu Landshut. Landshut, bei Philipp Krüll, Universitätsbuchhändler. 1811.
  2. Tagebuch einer Reise durch einen Theil Deutschlands und durch Italien, in den Jahren 1804 bis 1806. Von Elisa von der Recke, gebornen Reichsgräfin von Medem. Herausgegeben vom Hofrath Böttiger. Berlin, 1815. In der Nicolaischen Buchhandlung.
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