Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Robert Banks Jenkinson, Hawkesbury.[]


PortraitRobertBanksJenkinson500

The Rt. Hon. Robert Banks Jenkinson, Earl of Liverpool, K. G. xc.

Hawkesbury (Robert Banks Jenkinson) [1] Sohn des Grafen von Liverpool, eines der Chefs von der Douanenverwaltung. Er wurde den 7. Juny 1770 geboren, fing seine Studien im Kollegium von Chastenhouse an, wo er sich in der lateinischen und griechischen Sprache vervollkommnete, und beendete sie in dem Christuskollegium zu Oxford, aus dem er mit den gründlichsten Handlungs-Manufactur- und Finanz-Kenntnissen trat. Als er hierauf nach Frankreich gegangen war, wurde er Augenzeuge von der Einnahme der Bastille und überschickte dem englischen Ministerium eine charakteristische Schilderung der berühmtesten Personen des französischen Hofes und derer, die sich um diese Zeit einen gewissen Nahmen machten. Nach seiner Rückkehr in sein Vaterland wurde er 1790 von dem Flecken Rye in der Grafschaft Sussex zum Mitglied des Parlaments gewählt; da er aber noch nicht 21 Jahre hatte, erst im folgenden Jahre in dem Unterhause zugelassen. In derselben Zeit erhielt er eine Sendung zu den Brüdern Ludwigs XVI. nach Koblenz. Im folgenden Jahre griff die Oppositionsparthey, das Ministerium wegen einer Zurüstung gegen Rußland an, und Whitbread machte den Antrag, die Minister des Mißbrauchs ihrer Gewalt schuldig zu erklären; diesen Antrag bestritt Jenkinson mit so starken Vernunftgründen und einer fliessenden Beredsamkeit, welche ahnden liessen, daß er einst einer der ausgezeichnetesten Parlamentsredner werden würde. 1796 trat er durch die Wahl der Mark Rye wieder in das Parlament und wurde Aufseher der Münze, Mitglied der königlichen Geheimenraths und einer der Lords von dem Handlungs- und Kolonie-Ausschuße. Den 28. Februar 1800 gestand er im Parlament, daß der Zweck des Königs keinesweges die Wiederherstellung des Hauses Bourbon, sondern die Sicherheit und Vertheidigung von Großbritannien wäre. Den folgenden 25. April sprach er gegen die Entlassung des Parlaments, welche Grey vorgeschlagen, und den 30. bestritt er Jones Vorschlag zum Frieden, der, meinte er, sich nicht eher abschliessen liesse, als bis die Beschaffenheit der französischen Regierung Europa seine Ruhe zusichern könnte. Den 17. Februar 1801 wurde er zum Staatssekretär für die auswärtigen Angelegenheiten ernannt, wo seine Kenntnisse von Pitt erhoben wurden, und er an den Streitigkeiten über Irland, über die innern Unruhen in England, so wie an den, diesen folgenden, Maaßregeln, als der Vereinigung Irlands mit England und der einstweiligen Aufhebung der habeas corpus Acte Theil nahm. Im Dezember 1802 vertheidigte er den Wiener Hof, dem Grenville vorwarf, zu wenig treu seinen Verbindlichkeiten geblieben zu seyn. Zur selben Zeit erhielt er von dem ersten Konsul Bonaparte ein sehr kostbares Porzellanservice. Im September 1803 wurde er zur Würde eines Pairs von Großbritannien erhoben. Die verschiedenen Revolutionen, die seit dem in dem englischen Ministerium statt hatten, änderten nichts in seiner Lage; er blieb Minister mit Addington, wie mit Pitt. Gegen Ende 1804 erließ er an die Gesandten der verschiedenen europäischen Mächte am Londner Hofe eine äusserst heftige Antwort auf die Anschuldigungen Frankreichs gegen das englische Ministerium, die in die Pariser Blätter eingerückt wurde. Im Dez. 1805 beklagte er sich in einem Kreisschreiben an die Magistrate des Königreichs über den wenigen Eifer der Nation zur Stellung der Rekruten. So bewandert er auch in der Gesetzgebung und den Geheimnissen der Diplomatik ist, so ausgezeichnete Kenntnisse er hauptsächlich über den Handel und die Manufacturen besitzt, so hat er doch die hohe Meinung, welche seine erste Harangue von seinem rednerischen Talente schuf, nicht gerechtfertigt. 1802 wurde er beauftragt, mit Herrn Otto die Grundlagen des Vertrags von Amiens festzusetzen, und erhielt hierauf das Departement der auswärtigen Angelegenheiten. Nach Pitts Tode im Januar 1806 wurde er zum Gouverneur der fünf Hafen ernannt, eine äusserst einträgliche Stelle, die keine Verantwortlichkeit nach sich zieht, und im May 1807 ward er wieder Minister der innern Angelegenheiten.


Portrait des Grafen von Liverpool.[]


[2] Se. Herrlichkeit, das Haupt des gegenwärtigen Ministeriums, ward vom Schicksale besonders begünstigt, um seines hohen Amtes fähig zu werden.

Zwei der ersten Staatsmänner unseres Zeitalters wurden ihm Lehrer und Beispiel, und nachdem er unter ihrer Anleitung erzogen war, ward er auch noch unter ihnen thätig.

Der verstorbene Graf Liverpool war ein Mann von großer Gelehrsamkeit und Talenten, dabei ein gründlicher Staatsmann und von aufrichtigen, ehrwürdigen Grundsätzen, ohne von den unsichern und schiefen Ansichten befangen zu seyn, die so oft den Charakter der geschicktesten Politiker verzerren.

Mr. Pitt war der andre, mir dem Se. Herrlichkeit innig verbunden war. Die Weisheit jenes großen Ministers wird noch jetzt mit jedem Tage sichtbarer. Nie hatte ein Minister einem solchen Strom zu widerstehn, dessen moralische und physische Gewalt gegen die Regierung dieses Landes gerichtet war, und nie leistete ein Minister der Welt solche Dienste.

Wir sprechen zuweilen von der düstern Zeit, die dem Sturze des römischen Reichs folgte, wir dürfen eben so von der düstern, unseligen Zeit sprechen, die dem Sturze des Französischen Thrones folgte, als die ganze civilisirte Welt zuerst von einer zerstörenden Anarchie und dann von dem schrecklichsten Despotismus bedroht ward.

Pitt widerstand diesem Sturme, als die übrige Welt schon verzweifelte, und als selbst unter uns viele von den Gutunterrichteten, eben sowohl als die Unwissenden glaubten, er bemühe sich vergeblich. Das unbegrenzte Vertrauen in Herrn Pitt's Rechtlichkeit und große Geschicklichkeit verschafften ihm Unterstützung, als kaum noch ein Strahl von Hoffnung sichtbar war; und obgleich dieser große vortreffliche Mann es nicht erlebte, das glorreiche Ende seiner Arbeiten zu sehn, so lebte er doch lange genug, es sicher zu stellen, und seiner Verwaltung haben wir es nach Gott zu danken, daß unser Land gerettet ward.

Die erste Gefahr entstand aus einem irrigen, trüglichen aber gefährlichen politischen System; die zweite entstand aus der unermeßlichen Macht, zu der Frankreich gelangt war, der Kraft seiner Waffen und der Unterjochung des Kontinents. Brittanien hatte keine Wahl, es mußte sich entweder unterwerfen oder den Krieg fortsetzen. Nach Pitt's Tode ward der Krieg aus Nothwendigkeit unterhalten, welches bis dahin aus Politik geschehen war.

Seine unmittelbaren Nachfolger versuchten den Plan zu ändern. Sie thaten Alles, was Menschen thun konnten, Brittanien zu Grunde zu richten, und wir verdanken seine Rettung bloß dem Ehrgeiz, der Halsstarrigkeit und der Thorheit unseres Feindes.

Nach einem Jahre von Mißgriffen und demüthigenden Versuchen, die Erlaubniß zu erhalten, zu dem Range anderer Nationen hinabzusinken, ward diese verderbliche Verwaltung in Ungnade entlassen, und die ehemaligen Gehülfen Pitt's folgten ihr, als es kein Mittel oder unwirksames Anerbieten mehr gab, uns vor dem hochmüthigen Feinde zu demüthigen. Brittanien nahm nun wieder seine eigenthümliche Stellung an, und trotz aller Versuche, die Nation zu überreden, der Krieg gewähre keine Hoffnung, haben wir einen größern Glückswandel gesehen, als das feurigste Gemüth je hoffen konnte. Unser Feind war bethört. Das Herz Pharao's ward verhärtet, es ist von dem Unheil, das sein Wahnsinn über ihn herbeizog, überwältigt worden.

Nie hat ein erster Minister dieses Landes in einer so glücklichen Periode gelebt, als Lord Liverpool, und es scheint, unsere Mäßigung im Glück werde unserer Standhaftigkeit in der Stunde der Gefahr und des Mißgeschicks gleich kommen.

Lord Liverpool war der Nachfolger des Herrn Perceval, und die Angelegenheiten der Nation werden mit weit weniger Störung wie zuvor besorgt *); Herr Perceval wollte alles selbst thun, und die Nation wiederhallte von den Diskussionen im Parlement und den Schwierigkeiten, mit denen die Minister stets zu kämpfen hatten.

Lord Liverpool ist ein scharfer und richtiger Denker, drückt sich würdevoll aus, und hat einen leichten Fluß von Beredsamkeit, ohne irgend etwas von jenem gebieterischen Wesen an sich zu haben, das aus dem Besitz von Macht, oder den Bewußtseyn von großen Talenten so leicht entsteht. Angespornt von demselben Geist als Pitt, ist er eben so abgemessen in seinem Betragen, aber verträglicher und nicht so unbiegsam; wir glauben auch, er hat mehr Menschenkenntniß und gleiche Rücksichten auf die Wohlfahrt seines Vaterlandes.

*) Als Pitt starb, verloren seine Gehülfen den Muth. Sie hielten sich nicht für stark genug, das Land zu regieren. Als aber die Talente +) verabschiedet wurden, traten dieselben Männer das Geschäft wieder an, und es gelang ihnen ganz wohl. Beim Tode des Herrn Perceval verloren sie zum zweiten Mal den Muth, bis man fand, daß keine neue Administration zu bilden sei; da erhob sie sich von neuem, und Alles ging besser als je. Nicht als ob wir behaupten wollten, diesen Männern allein sein Alles zu verdanken; denn der Lauf der Begebenheiten an sich hat eine andere Wendung genommen; allein wir müssen auch bekennen, daß alle Angelegenheiten, sowohl die innern als äußern, in so fern sie von ihnen abhängen, aufs Beste von Statten gehn. Da ist eben so viele Standhaftigkeit, eben so viele Unbiegsamkeit als zu Percevals Zeiten, allein weniger Parade. Wir wollen hiermit einem braven Mann, der sein Leben auf eine so traurige Weise einbüßte, nicht zu nahe treten, allein die Wahrheit nöthigt uns zu sagen, daß die Sachen jetzt ruhiger gehn, und die Staatsmaschine in ihren Bewegungen weit weniger Geräusch macht, als zu seiner Zeit.
+) So nannte man das nur kurze Zeit, im Jahre 1806, am Ruder stehende Fox-Grenvillsche Ministerium. A. d. U.


Zeitungsnachrichten.[]

[1812]

London, den 10ten Juny. [3]

Lord Liverpool scheint definitiv Premierminister zu seyn. Seine Administration wird größtentheils aus seinen alten Kollegen bestehen. Herr Vansittart erhält die Stelle eines Kanzlers der Schatzkammer.


London, den 14ten July. [4]

(Aus dem Kourier.)

Am 13ten d. hatten der Lordkanzler, der Graf Liverpool und der sicilianische Gesandte eine Audienz beym Prinzen Regenten.


Quellen.[]

  1. Moderne Biographien, oder kurze Nachrichten von dem Leben und den Thaten der berühmtesten Menschen, von Karl Reichard. Leipzig, 1811. In Commission bey Peter Hammer.
  2. Miszellen aus der neuesten ausländischen Literatur. Ein periodisches Werk in zwanglosen Heften, politischen, historischen, statistischen, geographischen und literarischen Inhalts. Leipzig, in der Expedition der Minerva. 1814.
  3. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 168. Sonnabend, den 13/25. July 1812.
  4. Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 223. Montag, den 16/28. September 1812.
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