Riga.[]
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Riga (lettisch: Righo, esthnisch: Riolin), die alte, um das Jahr 1200 erbaute Hauptstadt des Herzogthums und des jetzigen Gouvernements Livland, liegt unter 41* 40' 30" d. L. 56* 56' 20" N. Br., am rechten Ufer der Düna, über welche eine Schiffsbrücke führt, 2 Meilen oberhalb dem Eintritte dieses Flusses in den rigischen Meerbusen, gegen 80 Meilen von St. Petersburg, ist befestigt, hat einen Haven, eine Citadelle, 8 griechische, 6 teutsch-lutherische, 1 reformirte, 1 katholische Kirche, 131 Speicher, 4 Gefängnisse, 389 Kaufmannsgewölbe und Krambuden, 407 Schenken, 20 Brauereien, und außer den übrigen öffentlichen Gebäuden 1236 Wohnhäuser, worunter ungefähr 800 steinerne, und ohne die Garnison ungefähr 30,000 Einwohner. Die Stadt ist ansehnlich und hat viele schöne und prächtige Gebäude. Innerhalb der Stadtmauern sind alle Häuser von Backstein, nur in den Vorstädten müssen sie von Holz erbaut werden, damit man sie, im Falle einer Belagerung, desto schneller wegschaffen kann. Unter den Gebäuden der Stadt zeichnen sich besonders aus: Das prächtige Rathhaus mit seinem zierlichen Thurme; der kaiserliche Pallast, worin die Statthalterschaftsgerichte ihren Sitz haben; das alte Schloß, die Residenz des General-Gouverneurs; das große, prächtige Ritterhaus der livländischen Ritterschaft, der hohe und schöne Thurm der St. Petri-Kirche u. s. w. Es sind hier 14 Schulen, darunter 2 Gymnasien, nämlich das Lyceum und die Domschule; ferner ist hier ein von den Freimaurern gestiftetes Erziehungs-Institut, ein See-Hospital, ein Waisenhaus, nebst mehreren anderen wohlthätigen Anstalten, eine Stadtbibliothek, ein Schauspiel- und Redoutenhaus, ein Museum, eine literarisch-patriotische Bürger-Gesellschaft (seit 1803) u. s. w. Die Einwohner sind großen Theils Teusche oder teutsche Abkömmlinge; es herrscht viel Reichthum, guter Ton und seine Lebensart unter denselben. -- Außer den gewöhnlichen Kunstgewerben und Handwerken findet man hier eine Zuckersiederei, eine Puder- und Stärkefabrik, ein Gießhaus, eine Spielkarten-, eine Spiegelfabrik, eine kleine Strumpfmanufaktur, zwei Buchdruckereien, mit Schriftgießereien, und zwei Buchhandlungen. (In dem Kreise sind noch 2 Papiermühlen, eine Puder- und Stärkefabrik, eine Nägelfabrik, 2 Kupferhämmer, 2 Glashütten und 7 Sägemühlen.) -- Besonders lebhaft und wichtig ist aber der hiesige See- und Landhandel, der zum Theil auch im Transito- und Kommissions-Handel besteht. Der Aus- und Einfuhrhandel belief sich in den neuesten Zeiten jährlich auf ungefähr 16 Millionen Rubel. Die Haupt-Ausfuhr-Artikel sind die bekannten russischen Produkte. In den hiesigen Haven, den man vergebens zu vergrößern und zu verbessern gesucht hat, laufen jährlich 600 bis 1000 größere und kleinere Schiffe ein. -- Jährlich werden hier zwei ziemlich stark besuchte Jahrmärkte gehalten. -- Die Gegend um die Stadt ist angenehm, und hat schöne Gärten, Lusthäuser und Spaziergänge.
Riga..[]
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Riga, Hauptstadt in dem Gouvernement Livland, in Rußland, liegt an der Düna, über welche eine Schiffbrücke errichtet ist, in einer niedrigen Gegend. Sie hat den Namen von dem kleinen Fluß Rige, an dem sie erbauet wurde. Dieser war ein Arm der Düna, der sich nach und nach verschlammte und im gegenwärtigen Jahrhundert ganz verschüttet wurde. Sie ist mit Wällen umgeben und durch eine in der letzten Hälfte des 17ten Jahrhunderts angelegte Citadelle beschützt. Um das Jahr 1784 wurde eine den Festungswerken etwas nachtheilige Anhöhe abgetragen. Die Zahl der Einwohner in dieser Stadt beträgt 27,796 mit Inbegrif der Vorstädte und des Patrimonial-Gebieths. Man findet hier 8 russische oder griechische, 6 lutherische, 1 katholische und 1 reformirte Kirche. An Lehranstalten findet sich das Lyceum, welches unmittelbar unter dem Gouvernement stehet, und die Domschule, die unter dem Magistrat stehet, ersteres ist aber seit 1804 in ein Gymnasium von 5 Klassen und die Domschule in eine Kreisschule verwandelt worden, aus welcher die Zöglinge in das Gymnasium befördert werden. Ferner 2 kleine Kronschulen, wovon eine für die Kinder der Garnison-Soldaten, 5 kleine deutsche Stadtschulen, davon 2 in der Vorstadt stehen, eine Armenschule, worinnen die Freymaurer 15 arme Kinder unterrichten, kleiden und mit Essen und Trinken versehen lassen, und 2 lettische Schulen. Es ist ferner in der Vorstadt ein Armenhaus für russ. Leute, welches die in Riga wohnende russ, Kaufmannschaft gestiftet hat. Die Stadtbibliothek wurde 1553 gestiftet und bisher immer vermehrt. Ausser den Gouvernementsgebäuden ist auch die Kronapotheke und das Posthaus zu bemerken. In der Stadt findet man alle hier benöthigte Arten von Künstlern und Professionisten; auch 2 Buchdruckereyen und eine ansehnliche Buchhandlung. Das Hauptgewerbe ist der Seehandel oder vielmehr Commissionshandel. Es kommen jährlich zwischen 700 - 800 Schiffe an. Im Jahr 1795 betrug die Einfuhr 1 ½ Mill., die Ausfuhr aber über 11 Millionen, und während der Kriegsjahre stieg der Handel so sehr, daß man im Jahr 1804. 1,154 eingelaufene und 1,150 abseegelnde Schiffe zählte. Die Fabriken haben, wegen des theuern Arbeitlohns, keinen sonderlichen Fortgang; doch finden sich, eine Zuckerraffinerie, eine Stärke- Charten- und Papierfabrik.
Riga...[]
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Riga, die Hauptstadt des ehemaligen Herzogthums Liefland, an der Riga, einem Nebenarm der Düna. Die Stadt hatte mancherlei Schicksale. Im Anfange des 16ten Jahrhunderts gehörte sie dem deutschen Orden; gegen das Ende desselben Jahrhunderts kam sie unter polnische Oberherrschaft; 1621 eroberte sie Schwedens großer König Gustav Adolph; endlich im Anfange des 18ten Jahrhunderts kam sie nach des zwölften Carls unglücklichem Kriege unter russischen Scepter, wo sie auch seitdem geblieben. In dem Feldzuge von 1812 wurde sie von dem preußischen Corps eingeschlossen, aber durch den Rückzug der großen Armee aus Rußland wieder befreit. Im April 1814 richtete eine durch den Eisgang entstandene Ueberschwemmung in der Stadt und Gegend, an Gebäuden, Schiffen und Vorräthen einen Schaden an, der auf 30 Millionen Rubel geschätzt wurde. Riga hat über 30,000 Einwohner, ist der Sitz mehrerer Landesdicaterien und eine bedeutende Handelsstadt, da von hier aus die meisten Erzeugnisse von Litthauen, Curland, Weißrußland u. s. w. zur See verfahren werden.
Von Reisende.[]
- [1804]
Riga. Diese durch blühenden Handel wohlhabende Stadt, gewährt das seltene Schauspiel einer Verschwisterung des Kaufmannsgeistes mit Kunstsinn, seiner Lebensart und dem Hange zur edelsten Wohlthätigkeit. Man erlebt da ganz im Stillen Dinge, die, wenn sie in Deutschland geschähen, in funfzig Zeitungen und Journalen würden ausposaunt werden. Ich kann unmöglich der Begierde widerstehen, dem Leser ein paar neuere Beispiele mitzutheilen; die Nahmen bekannt zu machen habe ich keine Erlaubniß, ich verschließe sie in mein Herz.
Einem angesehenen, allgemein geachteten Beamten widerfuhr das Unglück, daß die öffentliche ihm anvertraute Kasse um eine ansehnliche Summe (wo ich nicht irre achttausend Rubel) bestohlen wurde. Des Morgens früh entdeckte der Mann den Diebstahl, und schon zu Mittag wurde ihm die ganze Summe wieder ins Haus geschickt, von Männern zusammen geschossen, die seine Verdienste und seinen Charakter schätzten, sonst aber in keiner weitern Verbindung mit ihm standen. Hoffentlich bedarf diese prunklose Erzählung für keinen meiner Leser eines Commentars. -- Hier ist auch die zweite Anekdote. Ein Arzt, der sich besonders um die öffentlichen Armenanstalten sehr verdient gemacht hatte, starb, von einer Krankheit angesteckt, die er sich durch eifrige Abwartung seines Berufs am Krankenbette der Armen zugezogen hatte. Sein Leichenbegängniß, durch eine treffliche, auch gedruckte, Rede des wackern Oberpastor Sonntag verherrlicht, war das rührendste Schauspiel, denn alle die zahlreichen Armen, denen er geholfen, hatten sich auf dem Kirchhofe versammelt, empfingen seinen Sarg mit Schluchzen, ihre Thränen flossen in seine Gruft, ihr Segen hallte ihm nach. Er hinterließ eine junge schwangere Wittwe und wenig Vermögen. Ein angesehener Kaufmann -- es wird mit sauer ihn nicht zu nennen -- bat sich aus, Gevatter bei dem Kinde zu stehen. Er machte seinem vor der Geburt verwaisten Pathen ein Geschenk von viertausend Albertsthalern, und fügte eine Bedingung hinzu, die seinem Kopfe eben so viel Ehre macht als seinem Herzen. Das Kapital, sprach er, soll unangerührt Zinsen von Zinsen tragen, bis Knabe so alt ist, als sein Vater war da er starb, (ich glaube etwas über vierzig Jahre) damit er, im Vertrauen auf diese Hülfe, nicht vernachlässige sich Verdienste zu erwerben, die ihm auch ohne dieselbe sein Glück zu gründen vermögen. Dann aber, wenn sein Vater schon zu Staub geworden, genieße er in demselben Alter die Früchte diese seines Vaters Tugend sammelte. Stirbt er früher, so fällt das Kapital an seine Geschwister. -- (Der letztere Fall trat leider ein.) -- Der wackere Kaufmann beschränkte seine Wohlthätigkeit noch nicht hierauf. Er hörte, die Wittwe sey gesonnen ihre Equipage abzuschaffen, er wußte, sie war an diese Bequemlichkeit gewöhnt; sogleich setzte er ihr ein Jahrgehalt von fünfhundert Thalern aus, unter der Bedingung, nach wie vor Kutsche und Pferde zu halten. –
Noch einmal, wie würden die deutschen und brittischen Zeitungsschreiber ihre Druckerpressen in Bewegung gesetzt haben, wenn sie solche Handlungen zu verkünden hätten. Ich freue mich des Vorzuges, der Erste zu seyn, der sie, einfach wie es sich gebührte (denn welche Feder könnte hier Schmuck leihen?) seinen für hohen Edelmuth empfänglichen Landsleuten mittheilte. Wen, nachdem er dies gelesen, sein Schicksal einmal nach Riga führt, der wird schon von ferne die Thürme der Stadt nicht mit jener stumpfen Neugier erblicken, die den Reisenden beim Anblick eines fremden Ortes zu ergreifen pflegt; Riga ist ihm nicht mehr fremd, er weiß, unter diesen Dächern hausen wackere Menschen, er fährt mit leichtem Herzen zum Thore hinein.
Stadplan 1802.[]
Quellen.[]
- ↑ Neueste Länder- und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Dritter Band. Europäisches und Asiatisches Rußland. 1808.
- ↑ Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor der Geschichte zu Landshut. Landshut, bei Philipp Krüll, Universitätsbuchhändler. 1811.
- ↑ Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
- ↑ Erinnerungen von einer Reise aus Liefland nach Rom und Neapel von August von Kotzebue. Berlin 1805. bei Heinrich Frölich.
- ↑ Sammlung verschiedner Liefländischer Monumente, Prospecte und dergleichen *Johann Christoph Brotze *Latvijas Universitāte