Rügen.[]
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Rügen ist ein Fürstenthum und eine Insel in der Ostsee, zu dem an Preußen jetzt abgetretenen Schwedisch-Pommern gehörig, wovon es durch das kaum eine Viertelmeile breite Binnenwasser getrennt wird. Diese Insel ist sieben Meilen lang und eben so breit, hat einen Flächenraum von 16 QM. und zwei Städte, von denen Bergen, welches 1500 Einwohner hat, als die Hauptstadt, Garz aber als eine ehemals berühmte wendische Handelsstadt, die jedoch jetzt höchst unbedeutend ist, bemerkbar sind. Außerdem enthält Rügen 2 Flecken, 536 Dörfer und Landgüter und 27 bis 28,000 Einwohner. Auch hat die jetzige fürstliche Familie Putbus hier ein Schloß gleiches Namens nebst vielen Gütern. Durch einige tiefe Einschnitte der See wird die Halbinsel Jasmund, die mit Rügen selbst durch eine schmale Bergreihe, Prora genannt, verbunden ist, ferner die mit Jasmund durch Sanddünen zusammenhängende Halbinsel Wittow, so wie auch die Halbinsel Mönchgut gebildet. Wittow ist der fruchtbarste Theil Rügens, und auf Jasmund ist ein Buchenwald, worin noch die Denkmale der ehemaligen heidnischen Verehrung der Göttin Hertha zu sehen sind. Die Insel wird in die vier Präposituren Bergen, Poseritz, Jasmund und Gingst eingetheilt, kam 1648 an Schweden, wurde 1715 von den damals gegen Schweden Alliirten erobert und an Dänemark überlassen, von letzterem aber wieder an Schweden (1720) abgetreten. 1815 kam sie endlich mit Schwedisch-Pommern an Preußen. Der ergiebige Getraidebau nährt die Einwohner hauptsächlich. Zu dem Fürstenthum Rügen gehören noch andere umherliegende kleine Inseln, als Hiddensee, Rüden, Ummanz und Vilm. Rügen enthält viele Sehens- und Denkwürdigkeiten, z. B. das große bemerkenswerthe Kreidvorgebirge, die Stubbenkammer genannt, auf Jasmund, und das nördlichste Vorgebirge Deutschlands, Arkona. Zu Sagard, gleichfalls auf Jasmund, ist eine Heilquelle, die als Bad gebraucht wird. Rügens Bewohner sind, wie alle Norddeutschen, sehr gastfrei.
Von Reisende.[]
Johann Friedrich Zöllner.[]
- [1795]
Mitten in Betrachtungen dieser Art erreichten wir die Insel und bewillkommten uns am Ufer, als hätten wir uns zu einer großen vollendeten Unternehmung Glück zu wünschen. Das Ufer der Insel ragt an manchen Stellen etwa zwanzig an andern mehr oder weniger Fuß über der Meeresfläche hervor. Wir bestiegen die höchste Anhöhe bei dem Fährhause, und genossen noch einmal den Anblick von Stralsund, das im Meere zu schwimmen schien, und überall von kleinern und größern Fahrzeugen umkränzt war.
Unsere Gesellschaft gleicht nun einer kleinen Karavane, wenigstens nehmen wir drei Wagen ein, worunter eine viersitzige Kutsche und eine halbbedeckte Kalesche, nach Art der Hamburger Stuhlwagen ist. Eine Zeitlang geht der Weg auf der Insel immer bergan; aber sehr allmählich; dann hebt und senkt sich der Boden nach allerlei Richtungen. Die erste Merkwürdigkeit, die wir auf der Insel fanden, waren in der Nähe von dem Dorfe Rambin sieben kleine Hügel, die an ihrem Fuße mit Dornsträuchen bewachsen sind, und fast in einer geraden Linie stehn. Ohne Zweifel sind es uralte Begräbnishügel, von denen jedoch weder die Überlieferung noch die Geschichte eine bestimmte Auskunft gibt.
Im Ganzen ist das Erdreich fruchtbar, wie der fast üppige Wuchs des Weizens, der Gerste und des Hafers beweiset. Hie und da erheben sich jedoch über der lehmigten Fläche auch Stellen, die wegen ihres undankbaren Sandes gar nicht angebaut werden, so daß Wachholder und andere Sträuche nach Gefallen darauf wuchern können. An andern Orten ist ein armseliger Torfgrund mit Moos nnd Heidekraut überwachsen. Indessen werden auch diese Striche immer mehr in nutzbaren Acker verwandelt, zumal in der Nähe des Ufers, wo der Dünger aus Stralsund der Zeugungskraft des Bodens zu Hilfe kommt.
Auch dem flüchtigsten Blicke kommen überall die Beweise einer ausgezeichneten Betriebsamkeit der Einwohner entgegen. Die Dörfer liegen wie hingesäet; Dächer, Wände und Zäune sind sorgfältig erhalten, selbst in einer ansehnlichen Entfernung vom Meere bedeckt und behängt man die Flechtzäune mit Seetang weil von diesem das Regenwasser schnell abläuft. Um von Gottes Erde so wenig als möglich ungenutzt zu lassen, macht man die Wege ungemein schmal; und wenn während der feuchten Jahreszeiten Nebenwege entstanden sind: so wissen die Landleute gegen die Rückkehr des Sommers den Reisenden bald wieder auf den kleinen Raum einzuschränken, den sie von ihrem Acker zum allgemeinen Gebrauch Preis geben müssen. Sie ziehen nämlich, statt der Quergräben, die bei uns Sitte sind, zu beiden Seiten des Weges durch die Aftergleise mit dem Pfluge tiefe Furchen, die sich in Gestalt einer Achte durcheinander schlängeln und mit dem aufgeworfenen Erdreiche so viele Erhöhungen und Vertiefungen bilden, daß es niemanden leicht gelüstete sich darüber hinweg rütteln zu lassen.
Zeitungsnachrichten.[]
1812.[]
Schwerin, den 13ten Oktober. [3]
Die Nacht vom 11ten Oktober ist verderblich für die feindlichen Flotten gewesen. Durch Reisende, die von Stralsund kommen, erfahren wir, daß 14 englische Kauffahrteyschiffe und eine Kriegsbrigg auf der nordöstlichen Küste der Insel Rügen verunglückt sind.
Verschiedene mit Menschen angefüllte Schaluppen hatten das Glück, das Land zu erreichen, wo man ihnen den Beystand geleistet hat, den ihre Lage erforderte.
Man kennt noch nicht den ganzen Umfang der Unglücksfälle. Nach der Lebhaftigkeit und der Fortdauer der Nothsignale zu urtheilen, die sich weit in der Ferne erstreckten, müssen sie beträchtlich seyn.
Hamburg, den 17ten Oktober. [4]In diesem Augenblick erhalten wir neue Details über die Katastrophe, welche die Engländer bey der Insel Rügen erlitten haben. Am 11ten, des Abends, erblickte man ziemlich nahe beym Lande, an der Spitze von Wittow, eine Konvoy von 22 Segeln, worunter man eine Fregatte und eine Brigg mit Wimpeln bemerkte. Schon setzte man sich in Vertheidigungsstand, als Kanonenschüsse die dringende Gefahr dieser Konvoy zu erkennen haben, die gänzlich gescheitert war. Als der Tag anbrach, war es der Fregatte und 5 Transportschiffen gelungen, sich wieder flott zu machen. Die Brigg und 8 Kauffahrteyschiffe waren im Feuer. Der Feind selbst hatte sie in Brand gesteckt. Die 8 andern Schiffe, die dem Lande zu nahe waren, sind von der Küstenartillerie beschützt worden. Man ist beschäftigt, sie zu löschen, und man hofft auch ebenfalls, die Schiffe zu bergen. Diese Prisen sind mit russischen Waaren beladen. Die Gefangenen schätzen den Verlust des Feindes auf mehr als 10 Millionen. Diese Konvoy gehörte zu einer weit beträchtlichern Flotte, die zerstreut worden. Der französische zu Rostock ausgerüstete Kaper le Compere Matthieu hat ein mit Zucker und Kaffee beladenes Schiff genommen und glücklich nach Warnemünde aufgebracht.
Quellen.[]
- ↑ Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
- ↑ Johann Friedrich Zöllner's Reise durch Pommern nach der Insel Rügen und einem Theile des Herzogthums Mecklenburg im Jahre 1795: In Briefen. Berlin 1797, bei Maurer.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 253. Montag, den 21. Oktober/2. November 1812.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 256. Donnerstag, den 24. Oktober/5. November 1812.