Der Rückzug des Generals Mesko nach der Schlacht bey Raab.[]
- Von J. W. Ridler.
(S. die 4. Karte des Lipßkyschen Atlasses von Ungern.)
Eine schöne Nachlese des am begeisternden Jahrestage von Marengo und Friedland (14. Juny 1809) schwer errungenen Sieges von Raab, verschob der Chef vom Generalstab des Vicekönigs, General Charpentier, auf den nächsten Tag. G. M. Baron Mesko stand noch mit seiner Abtheilung, völlig abgeschnitten vom Hauptheere, in den Verschanzungen am linken Ufer der Raab. Überzeugt, daß der österreichische General der Gefangenschaft nicht entgehen könne, hatten auch einige Franzosen den Insurgenten, welche die Jochbrücke über die Raab eilfertig abtrugen, spottend eine gute Nacht zugerufen, und ein Rendez-vous *) auf den nächsten Morgen verheißen; allein, im Kriege ist nichts gethan, so lange noch etwas zu thun übrig bleibt; während der Feind die schmeichelnde Hoffnung hegte, am nächsten Tage durch die Gefangennehmung einer großen Abtheilung der Insurrektionstruppen, und durch die Eroberung ihres Geschützes seinen Sieg zu krönen, wurden auch schon alle Anstalten getroffen, ihm diesen Lorber von der Stirne zu reißen.
- *) Der Doppelsinn des französischen Rendez-vous ist im Deutschen unübersetzbar.
Den Plan zu dieser kühnen That entwarf ein österreichisches Soldatenkind von gutem Nahmen, Ferdinand Freyherr von Voith, Major im Generalstab Sein Vater Johann war als Artillerie-Lieutenant einer der Braven, welche unter dem Major Stein vom Regiment Brechainville durch die heldenmüthige Vertheidigung der veteranischen Höhle im August 1788 sich die Achtung der Feinde errungen und die Aufmerksamkeit von Europa auf sich gezogen hatten. Von dem österreichischen Heere im Bannat abgeschnitten, schlugen diese Helden neunzehn Stürme ab, bohrten neunzehn türkische Czaiken in Grund, wiesen fünf Aufforderungen des Großveziers zurück, und behaupteten sich 21 Tage auf ihrem Posten, ungeachtet die Mannschaft den drückendsten Mangel an Lebensmitteln litt, und jeder Einzelne die letzten 11 Tage täglich auf Ein Pfund Mehl, aus dem man sich in der heißen Asche eine Art von Zwieback röstete, beschränkt war. Als aber durch mancherley faulenden Stoff, den die Türken durch eine Öffnung im Gipfel des Berges hineingeworfen, die Luft in der Höhle verpestet, der größere Theil der Besatzung von einer Seuche ergriffen, zuletzt nur noch für einen Angriff Schußbedarf vorhanden war; -- da glaubte Major Stein der Ehre des österreichischen Waffenruhms und dem Andenken des Helden, von dem die Höhle den Nahmen trägt, Genüge gethan zu haben; das Leben so vieler Braven schonen, und die neue Aufforderung des Großveziers, welche der Besatzung einen freyen Abzug ohne Waffen verhieß, annehmen zu müssen. Leichen und Gespenstern ähnlich, verließ die Mannschaft die Höhle, und die Türken standen beschämt, als sie die kleine Schaar erblickten, die so viele Tausende braver Osmanen getödtet und ihrem ganzen Heere im Vorrücken einen so kräftigen Stillstand gebothen hatte. Voll Ehrfurcht empfing der Großvezier die Österreicher, sprach freundlich mit ihrem Befehlshaber, und nach diesem zog unter den übrigen Officieren keiner seine Aufmerksamkeit so sehr auf sich, als der Artillerie-Lieutenant Voith. Der Sohn dieses Helden, ein Jüngling von 16 Jahren, stand um dieselbe Zeit, als der Monarch die Tapferkeit des Vaters durch das Theresien-Kreutz und die Ernennung zum Oberlieutenant belohnte, als Artilleriecadet bereits beym Heere, wohnte der Belagerung von Belgrad, als Artillerie-Lieutenant der von Czettin, und seit 1792 bis zum Frieden von Luneville allen Feldzügen am Rheine bey. Beym Wiederausbruche des Krieges 1805 trat er, damahls Hauptmann bey der Artillerie, mit gleichem Range zu dem Generalstab über und half am 15. October durch schnelles Verrammeln des Frauenthors *) Ulm vor dem Eindringen der Feinde retten, -- um drey Tage später Zeuge von dessen Übergabe zu seyn Als das österreichische Heer von den peinlichsten Gefühlen gefoltert aus der Stadt zog, und Hohn und Spott in den Gesichtszügen der übermüthigen Sieger sich mahlte, gelobte eine Schaar österreichische Krieger, den Schimpf dieses Tages einst blutig zu verwischen. Schrecklich mußte daher für Voith der Gedanke seyn, jene kränkende Auftritte im Kleinen wieder erneuert zu sehen; er both daher alle Kräfte auf, um dieses neue Unglück zu verhindern.
- *) S. Archiv 1811. Nro. 36.
Schon am Tage vor der Schlacht bey Raab hatte er das Gefährliche, mit einer bedeutenden Schaar in dem verschanzten Lager noch länger zu verweilen, dem F. M. L. Gomez, Generalquartiermeister des Insurrektionsheeres vorgestellt, und die Absicht der Feinde, den linken Flügel der Österreicher zu umgehen, deutlich auseinandergesetzt. Nach während des Treffens schickte er auf Befehl des Erzherzogs Palatin zwey Divisionen von den Eisenburger Husaren unter dem Fürsten Bathyani dem kämpfenden Heere zur Verstärkung, und besichtigte sogleich, als die Schlacht entschieden war, die Stellung des Feindes. Als er von diesem die Straße nach Gönyö bereits besetzt sah, ließ er die Majordivision von den Pressburger Husaren, die vortrefflich beritten war, mit verhängtem Zügel durch die feindlichen Abtheilungen jagen, und an den Nachtrab des österreichischen Heeres sich anschließen; er selbst eilte zu der Jochbrücke zurück, die durch einige Mannschaft mit Geschütz besetzt war, befahl sie sogleich abzutragen, und besprach sich dann mit dem General Mesko über die weitern Maßregeln in der jetzigen bedenklichen Lage. Dieser war mit dem Vorschlage des Majors völlig einverstanden, welchem auch der General Keglevich und die beyden Artillerie-Officiere, Hauptmann Schuster und Lieutenant Mohr, beytraten. Abends um 10 Uhr wurde ein Kriegsrath zusammenberufen, welchem die meisten Stabs- und Oberofficier dieser Heerschaar beywohnten. Major Voith, der das Wort führte, forderte die Versammlung auf, eher das Äußerste zu wagen, als vor den Augen der Welt dem größten Schimpfe für Krieger sich zu unterziehen. Begünstige sie auch das Schicksal nicht, so sey es doch rühmlicher, und würdiger der Ehre des ungrischen Volkes, mit den Waffen in der Hand zu Grunde zu gehen, als vor dem Feinde die Waffen niederzulegen. Alle Anwesende erklärten einmüthig, und im Nahmen ihrer abwesenden Waffenbrüder, für deren Beystimmung und thätigste Mitwirkung sie sich verbürgten: "Sie wären bereit, lieber im Kampfe zu fallen, als ihrer Nation den Schandfleck aufzubürden, daß eine so große Abtheilung der ungrischen Insurrektion vor dem Feinde die Waffen gestreckt." Drey Wege kämen nun hier in Betrachtung, bemerkte Major Voith; allein der Rückzug auf dem ersten, nach der kleinen Schütt, sey höchst gefahrvoll, die einzige vorhandene Plette reiche nicht hin, den ganzen Heerhaufen bis Tagesanbruch zu übersetzen, auch könne die feindliche Abtheilung, die sich Abends bey Ujfalu und Patahaza gezeigt, und deren Stärke unbekannt sey, leicht einen Theil der gelandeten Truppen entdecken, und durch ihr Feuer dem Vicekönig den Rückzug der Österreicher verrathen. Nehme man indessen auch an, daß der Übergang glücklich bewerkstelligt, und die feindliche Abtheilung sogar aufgerieben würde, so ließe sich doch von der Thätigkeit der Gegner erwarten, daß sie sogleich einen überlegenen Heerhaufen nachsenden würden, um die Österreicher, ehe sie noch Mittel gefunden, nach der großen Schütt überzusetzen, zu erreichen und in die Donau zu sprengen. -- Noch gefahrvoller sey der Rückzug auf dem zweyten Wege, auf der Straße nach Wien. Alle feindliche Schaaren, die im Anzüge wären, müßten zurückgeworfen, alle Truppen, die ihnen der Vicekönig nachschicken würde, müßten abgehalten, endlich auch die große Heerabtheilung, welche den Brückenkopf von Preßburg einschließe, besiegt werden, um sich mit der Besatzung desselben zu vereinigen; ein Wagestück, dem auch die größte Entschlossenheit und Kühnheit noch keinen glücklichen Ausgang versprechen, und nur im Verzweiflungsfalle würde er dazu rathen. -- Der dritte Weg führe sie über Leswar gegen den Plattensee in den Rücken der Feinde. Er erklärte sich für diesen um so mehr, da die Vorposten bey jenem Orte bis jetzt noch nichts von einer Annäherung der Feinde gemeldet; man könne daher mit Grund vermuthen, daß General Charpentier mit dem heutigen Siege zufrieden, die Gefangennehmung dieser ganzen Truppen, welche durch das feindliche Hauptheer und durch eine Abtheilung bey Hochstraß eingeschlossen sey, für unfehlbar halte; allein der Gegend unkündig, auf diesen Ausweg nicht denke. Um das erste und größte Hinderniß auf diesem Wege, die Überschreitung des sumpfigen und 5 Klafter breiten Grabens bey Leswar, zu besiegen, biethe das Holz von der abgetragenen Jochbrücke hinreichende Hülfsmittel dar; und schon habe er die Befehle zur Verfertigung einer Laufbrücke ertheilt. Das Kostbarste im Kriege sey die Zeit; was die heutige Nacht noch begünstigtet, könne unmöglich am kommenden Morgen ausgeführt werden; fern, fern von der Feste müsse dieser sie treffen; jede feindliche Truppen, der man begegne, müsse man ohne Rücksicht auf ihre Waffen, oder Stärke, sogleich angreifen; der überraschte Feind sey stets zur Hälfte besiegt. Bey dieser Unternehmung zähle er vorzüglich auf die thätigste Mitwirkung der Artillerie und ihrer beyden Befehlshaber, die auch in diesen Tagen der Gefahr erproben würden, daß sie die Auszeichnung verdienen, Mitglieder dieses vortrefflichen Corps zu seyn."
Kaum hatte der Major seine feurige Rede geendigt, als General Mesko ihn herzlich umarmte, und ihm im Nahmen der ganzen Heerabtheilung dankte, für deren Rettung er sich so thätig bezeige; Händedrückte der übrigen Waffenbrüder löhnten noch mehr den Sprecher, der seinem Grundsatze getreu, sogleich forteilte, um die Verfertigung der Laufbrücke zu beschleunigen. In derselben Stunde wurde auch der Oberlieutenant Graf Stephan von Szechenyi von einem des Stromes kündigen Schiffer in einem Nachen geführt, an den Erzherzog Palatin abgeschickt; der Bericht war an einen Stein gebunden, um das Geheimniß in den Fluthen der Donau zu begraben, im Fall der Kahn vom Feinde aufgefangen würde. Szechenyi langte nach Mitternacht zu Nema an, ritt von hier nach Comorn, und schon am 15. des Morgens war der Erzherzog Palatin von dem Entschlusse der abgeschnittenen Truppen benachrichtiget, und über ihr Schicksal einigermaßen beruhiget. -- Der Oberstlieutenant Ertel vom Generalstab, der den Bau der Verschanzungen bisher geleitet, begab sich aus dem Lager nach der Festung zurück.
Durch die Thätigkeit der Artillerie-Mannschaft, angefeuert vom Lieutenant Mohr, wurde die Laufbrücke um halb drey Uhr fertig; nun war auch kein Augenblick zur Ausführung ihres Entschlusses gegönnt. Nachdem auch die Brücke über die Rabnitz bey Abda abgebrochen war, um den Feind, der von Hochstraß heranzog, im Verfolgen aufzuhalten, trat man den Marsch an. Den Vortrab bildete eine Division von den Pressburger Husaren unter dem Obersten Grafen von Esterhazy; ihm folgte die ganze Infanterie nebst der halben Eskadron der Jazyger Husaren; die Division der Bacser Husaren unter dem Obersten Garnika bildete die Nachhut unter der Oberleitung des Generals Keglevich, dem der Hauptmann Sirchich vom Generalstab an die Seite gegeben war *). Der Graben bey Leswar wurde mit Hülfe der Laufbrücke schnell über schritten, diese dann abgetragen, das Hold in die Gesträuche zerstreut, und der weitere Marsch gegen Bagyok angetreten; das Dorf Kony blieb den Abziehenden rechts; zur Linken erblickten sie die allmählig erlöschenden Wachtfeuer der Feinde, welche, durch die Raab von ihnen getrennt, nur eine kleine Stunde entfernt gelagert waren. Ein feindliches Bataillon, mit zwey Kanonen hinter dem Graben bey Leswar aufgestellt, hätte das Unternehmen furchtbar erschwert, oder durch die frühe Theilnahme des feindlichen Hauptheeres gänzlich vereitelt. Rasch schritt die Mannschaft nun vorwärts, eine weite Strecke mußte zurückgelegt seyn, ehe die Morgensonne die Nebel an der Raab und Rabnitz zertheilte, und dem Feinde das leere Lager verrathe; allein alle Vorsicht der Österreicher, ihren Abzug zu verbergen, war dennoch vergeblich. Ein französischer Capitain *), der in dem Dorfe Csanak übernachtete, entdeckte die in der Morgensonne blinkenden Bajonette des Fußvolkes, und meldete dieß sogleich seinem General. Es sind unsere Waffenbrüder, die wir von Hochstraß erwarten, erwiederte dieser, und Niemand bekümmerte sich weiter darum. -- Darf man den Krieger tadeln, wenn er ähnliche Erscheinungen wiederhohlt erfahrend, zuletzt an ein unwiderrufliches Schicksal zu glauben beginnt?
- *) In der Folge Adjutant des Generals Grafen Narbonne.
Drey Verbindungsstraßen durchschneiden den Weg, auf dem der General Mesko seinen Rückzug antrat. Ein Feldweg führt von Wieselburg über St. Peter am Neusiedlersee und über Maglocza nach Bagyok, und wird von einem andern durchschnitten, der von Kapuwar über Czorna nach Kony geht. In dieser Richtung nahmen die ausgeschickten Streifwachen des Vortrabs gegen acht Uhr Morgens den Adjutanten des Generals Lasalle sammt einem Officier und Gemeinen gefangen. In demselben Augenblick, als der Wagen angehalten wurde, verschluckte der Adjutant ein seines zusammengerolltes Papierchen. "Meine Person, sagte er zum General Mesko, haben sie zwar; allein mein Geheimniß erfahren sie doch nicht." Indeß entdeckte man gar bald, daß dieser Officier vom Vicekönig nach Hochstraß abgeschickt, den Marsch der dortigen Truppen beschleunigen sollte, um dann das verschanzte Lager der Österreicher bey Raab von allen Seiten anzugreifen. -- "Die Sonne ist heute noch nicht untergegangen", rief der Gefangene aus, als er wieder in den Wagen stieg, um die Wanderung mit den Insurgenten anzutreten. Bald darauf fingen die Streifwachen noch zwey andere Eilbothen nach Wien auf; bey diesen fand man außer vielen Privatbriefen auch noch einige Berichte an den Fürsten von Neufchatel, in welchen er über den Marsch der Generale Ignatz Giulay und Chasteler benachrichtet wurde *).
- *) Diese Berichte wurden in der Folge beyden Generalen zu ihrer Einsicht zugeschickt.
Bis Egyed rückte General Mesko ohne weitere Störung fort; erst hier, als die Truppen die zweyte Verbindungsstraße betraten, welche von Ödenburg über Kapuwar, Csanak nach Moritzida führt, erfuhr er: das 19te französische Dragoner Regiment, ungefähr 600 Mann stark und mit einigem Geschütze versehen, sey vor einer Stunde durch Egyed gezogen, und gegen Szany gerückt; Csanak selbst sey noch von einigen hundert Mann feindlicher Truppen besetzt **). General Mesko ließ diese durch eine Eskadron von den Pressburger Husaren sogleich überfallen, und alle Feinde, welche die Insurgenten erreichten, wurden niedergehauen. Um dieselbe Zeit zeigten sich auch bey Szill Sarkany gegen 200 feindliche Reiter; allein auch diese wurden durch das österreichische Kanonenfeuer bald auseinander gesprengt, von den Bacser Husaren eine bedeutende Strecke verfolgt, und einige Feinde gefangen; der Verlust der Insurgenten bestand bloß in einigen verwundeten Husaren und Pferden.
- **) Dieses Csanak ist von dem früher genannten, das am rechten Ufer der Raab liegt, wohl zu unterscheiden.
Um dem gegen Szany vorgerückten feindlichen Dragoner-Regiment auszuweichen, richtete der General Mesko den Marsch von Csanak aus gegen Vagh; die ganze Truppe war geschlossen und schlachtfertig, das Geschütz vertheilt, das Fußvolk bildete eine Masse, und erhielt den Befehl, den anrückenden Feind sogleich mit dem Bajonet anzugreifen; eine Eskadron Husaren wurde gegen Szany vorgeschickt, um sowohl den Feind zu beobachten, als auch auf dem Marsche die linke Seite und den Rücken der Truppen zu decken. So erreichten die Insurgenten, bloß von einigen feindlichen Plenklern in der Ferne begleitet, ungestört Vagh, und rückten hier über die Raab-Brücke, welche dann der Major Voith sogleich abbrechen ließ.
Dieß war die Arbeit des ersten Tages; die Mannschaft war von halb drey Uhr Morgens bis 9 Uhr Abends bey drückender Hitze ununterbrochen marschirt; und hatte sechs starke Meilen zurückgelegt Mann und Roß sehnten sich nach Ruhe und bedurften ihrer; neue Anstrengungen und neue Gefahren standen ihnen am nächsten Tage bevor; die Truppe lagerte sich in dem Walde zwischen St. Peter und Csonkas, und erhielt zur Erquickung so viel Wein, als man nur immer aufzubringen vermochte; mit Brot und Futter, das sie aus den Magazinen zu Raab gefaßt, war sie bis zum 17. versehen.
Sobald der neue Morgen zu grauen begann, ertheilte auch schon General Mesko den Befehl zum schleunigen Aufbruch; Major Voith ersuchte ihn noch vor dem Abmarsch einen Kriegsrath zusammen zu berufen. Hier rollte er seine Karte auf, zeigte auf Csonkas und dann auf Papa: in diesem offenen Orte, setzte er hinzu, befänden sich nach den einstimmigen Nachrichten zuverlässiger Kundschafter, das schwere Geschütz, alle Kriegsvorräthe und Kassen sammt dem Gepäcke und Verpflegungsamte des feindlichen Heeres; da lägen gegen 4000 Verwundete, und ungefähr 2500 österreichische Kriegsgefangene würden dort bewacht; und dieser Ort sey nur drey Stunden von ihrem Nachtlager entfernt; ein schneller Entschluß, ein rascher Marsch, und die schwache französische Besatzung könne zum Theil noch im Schlafe überfallen werden. Ihnen bleibe dann der Ruhm, zum zweyten Mahle dem Feinde die schönsten Lorbern seines Sieges entrissen, durch die Wegnahme des schweren Geschützes, und der feindlichen Kriegsvorräthe, vielleicht Raab gerettet, ja Folgen herbeygeführt zu haben, die jetzt noch nicht zu berechnen wären. Auch werde ihre Abtheilung durch die Befreyung so vieler Waffenbrüder aus den bravsten Regimentern so nahmhaft verstärkt, daß sie die Rollen dann wechseln, die herumziehenden feindlichen Schaaren angreifen, ja selbst dem Hauptheere vor Raab Besorgnisse einflössen könnten.
Ein tiefes Stillschweigen erfolgte, und jeder sah seinen Nachbar zweifelnd an; aufgefordert ihre Meinung zu sagen, erklärten alle Stabsofficier einmüthig: "Rühmlich und schön sey der Vorschlag, günstig die Gelegenheit, doch unzureichend das Mittel ihn auszuführen; was man von Linientruppen zu fordern berechtiget sey, genaue Ordnung und strengen Gehorsam, nothwendige Bürgen des Sieges, könne man nicht von ihrer jüngst erworbenen, noch ungeübten Mannschaft erwarten, die vom gestrigen Marsch ermüdet, schlecht genährt, zu einer kühnen raschen That wenig geeignet sey. Noch habe sie sich in einem ernsten und hartnäckigen Gefechte mit dem Feinde nicht gemessen; und der mißlungene Versuch könne gar leicht den Untergang der ganzen Abtheilung nach sich ziehen. General Mesko fand diese Gründe sehr triftig, nur um ein Husarenregiment oder zwey Linien-Bataillons stärker, würde er sogleich nach Papa aufbrechen; doch mit diesen ungeübten Truppen allein sey dieß Unternehmen viel zu gewagt." -- Der Marsch nach Kis-Czell und Janoshaza wurde nun angetreten.
Um auf dem Marsche das Nachzügeln zu verhindern, vermied G. Mesko alle Dörfer, und zog ununterbrochen durch Waldungen fort, bis der Vortrab noch einem Marsche von sechs Stunden Kis-Czell erreichte. Hier betrat die Truppen die dritte Verbindungsstraße der Feinde, welche von Steinamanger über Sarvar und Merse nach Papa führt. In den meisten Ortschaften dieser Gegend lagen feindliche Schaaren; die Insurgenten wurden daher in kurzer Zeit von feindlichen Plenklern umschwärmt, und auf allen Seiten geneckt. Bereits auf dem Marsche durch den Vicegespann Waida, der von Sarvar nach Papa reiste, belehrt, eine feindliche Abtheilung, ungefähr 5000 Mann stark, werde zu Sarvar, von Kis-Czell nur zwey starke Stunden entfernt, stündlich erwartet, und zu ihrer Verpflegung jede Anstalt getroffen; ließ der General die Truppen zwischen Kis-Czell und Sag halten, um durch einige Ruhe sich Kräfte zu dem bevorstehenden Kampfe zu sammeln, das Geschütz auf die vortheilhaftesten Puncte vertheilen und die grössern feindlichen Schaaren durch die Husaren zerstreuen.
Alle seine Aufmerksamkeit auf Sarvar gerichtet, erhielt G. Mesko die Nachricht: der Feind sey von dort her im Anzuge, und suche die Insurgenten auf beyden Seiten zu überflügeln. Dem G. Keglevich wurde daher sogleich durch einen Rittmeister der schriftliche Befehl zugeschickt, mit dem Nachtrab, den die feindlichen Plenkler immer lebhafter angriffen, rasch der Hauptabtheilung zu folgen. Als aber der Nachtrab nach einer Stunde noch immer nicht ankam, der Kanonendonner gegen Kis-Czell zu immer stärker ward, ließ G. Mesko, von Besorgnissen gefoltert, seine Abtheilung noch ein Mahl halten, und eilte, vom Major Voith und einigen Ordonanzen begleitet, zum Nachtrab zurück. Noch hatte er denselben nicht erreicht, als er außerhalb Sag auf eine feindliche Abtheilung von 500 - 600 Mann stieß, welche vom Dorfe Tokores anrückte, Dömölk, von der Straße nur einige hundert Schritte entfernt, bereits erreichte, und den Nachtrab, der über ihren Angriff außer Fassung gebracht, seine Richtung vergaß, gegen Merse, gerade der feindlichen Hauptmacht entgegen, zurückdrängte. Ohne Verweilen jagte nun Mesko mit seinem Gefolge mitten durch den feindlichen Kugelregen über die Straße, stellte sich an die Spitze der Bacser Husaren, rückte dem Feinde entgegen, und warf ihn auf dem ersten Anprall zurück; stellte darauf die Ordnung bey dem gedrängten Fußvolk wieder her, und führte die Truppen über einen kleinen Umweg nach Sag zurück.
Kaum hatte der General durch seine Entschlossenheit den Nachtrab der Gefangenschaft entrissen, als ihn der Kanonendonner zu dem Vortrab rief, der vor Sag gegen Miske zu aufgestellt war. Trotz seiner Eile fand er bey seiner Ankunft das Gefecht bereits entschieden. Ein feindliches Bataillon mit einigen hundert Reitern begleitete einen großen Zug Gepäckes, der von Miske nach Papa ging, und stieß hier unvermuthet auf den österreichischen Vortrab; der Feind wurde mit Kartäschenschüssen empfangen, von den Pressburger Husaren unter ihrem Oberst mit Ungestüm angegriffen, in die Flucht gejagt und das ganze Gepäck erbeutet; er ließ 53 Todte, 184 Gefangene, unter diesen 6 Officier, und eine große Anzahl Verwundeter auf dem Kampfplatze zurück; der Verlust der Insurgenten bestand bloß in einigen schwerverwundeten Husaren, unter ihnen ein Unterofficier, und in einigen todten und verwundeten Pferden. -- Bald darauf zeigte sich eine andere feindliche Schaar, die einen Trupp österreichischer Kriegsgefangenen von Papa nach Sarvar führte. Mit Ungestüm angegriffen, fiel der größere Theil der Feinde unter den Säbelhieben der erbitterten Husaren, der Rest wurde gefangen, und die Befreyten umarmten herzlich und jubelnd ihre Befreyer. In diesem Gefechte zeichnete sich der Wachtmeister Joseph Sismis vom Neograder Regiment aus; mit 4 andern Insurgenten erbeutete er zwey österreichische Rüstwägen und nahm gleich darauf zehn Feinde gefangen.
Die Zahl der geretteten Österreicher belief sich auf 36 Officier, unter diesen waren 4 von der Insurrektion, auf einen Feldkaplan und einige hundert Gemeine, welche sich sogleich mit den dem Feinde abgenommenen Gewehren bewaffneten. Unter den befreyten Officieren zog vorzüglich ein alter Krieger Voiths Aufmerksamkeit auf sich; das Bewußtseyn, einen braven Waffenbruder dem Feinde entrissen zu haben, bleibt der würdigste Lohn für edle Krieger; innig freute sich Voigt über die errungenen Vortheile; doch wahrhaft beseligende Gefühle stürmten in seiner Brust, als er hörte, der würdige Greis, dem er herzlich die Hände drückte, sey der Oberstlieutenant Hummel, vom zweyten Gratzer Landwehr-Bataillon; derselbe Held, der in der Schlacht bey Raab den Meyerhof bey Kis-Meayer auf das tapferste vertheidigt, und um dessen Besitz mitt_n in den Flammen auch dann noch mit unerschüttertem Muthe gerungen, als das Schicksal des Tages schon längst entschieden war.
Die Besorgnisse wegen der Feinde bey Sarvar waren noch nicht völlig gehoben; General Mesko hielt es daher für zweckmäßig, die Truppen auf den bevorstehenden Kampf vorzubereiten. Es sey möglich, redete er sie an, daß der Feind von Sarvar nach Janoshaza gerückt, oder wenigstens dessen Reiterey dahin vorausgeeilt sey; daß Fußvolk solle daher, sobald es auf den Feind stoße, ohne einen Schuß zu thun, im Sturmmarsch mit gefälltem Bajonet ihn angreifen; er zähle auf ihre Standhaftigkeit, in dem nächsten Gefechte um so mehr, da mit der Wegnahme von Janoshaza auch die letzte Gefahr auf ihrem Rückzuge besiegt sey; bald würden sie dann mit Ruhm bedeckt an das Heer des Erzherzogs Palatin sich anschließen, von ihren Waffenbrüdern mit Jubel empfangen und achtungsvoll ausgezeichnet werden.
Diese kurze Rede erweckte eben so sehr den Ehrgeitz der Truppen, als die glücklichen Gefechte ihr Selbstvertrauen erhöhten. Voll Muth und Kampflust beschleunigten sie den Marsch, und erreichten in bester Ordnung das ersehnte Janoshaza, ohne jedoch auch nur auf eine feindliche Streifwache zu stoßen.
General Mesko hatte bereits von Sag aus einige Züge Husaren zum Ausspähen gegen Miske gesandt; eine andere Streifwache schickte er jetzt gegen Karako, um von jeder Bewegung des Feindes schnell benachrichtigt zu werden; der Heerhaufe zog durch Janoshaza, setzt seinen Marsch bis Megyer und Marzall fort, und lagerte sich spät Abends in den Wald gegen Uk jenseits des Flusses.
Weit mehr als gestern bedurfte heute die Mannschaft der Ruhe; noch von den Anstrengungen des gestrigen Marsches ermüdet, legte sie, von Hunger, Durst und Hitze gequält, heute sieben Meilen zurück; viele von dem Fußvolke blieben aus Entkräftung liegen, viele sanken todt nieder, auch ertrugen nicht alle mit gleicher Standhaftigkeit die Beschwerden dieser zwey Tage. Viele von dem Eisenburger Bataillon, uneingedenk der heiligsten Pflicht und ihres Eides, gleichgültig für die Nationalehre, verließen ihre Fahne und eilten, angelockt von der nahen Heimath, nach Hause. Damit dieses böse Beyspiel keinen nachtheiligen Eindruck auf die übrige Mannschaft erzeuge, sorgte General Mesko, so viel es nur die Umstände erlaubten, für eine gute Verpflegung; er ließ aus Janoshaza 30 Eimer Wein, mehr hatte der Feind nicht übrig gelassen, in das Nachtlager abführen, und schon der ernstliche gute Wille des Generals genügte der Mannschaft, und war ihr Bürge für künftige bessere Tage. Um sie aber auch zu überzeugen, daß die Feigheit den Feigen nicht nütze, forderte Mesko in einem Schreiben den Vicegespann des Eisenburger-Comitats auf, die Eidbrüchigen sogleich zurückzusenden. Als sie einige Zeit darauf zu ihren Fahnen zurückgeführt wurden, war Spott und Verachtung der Waffenbrüder ihre wohlverdiente Strafe.
Für Freunde der Menschheit ist es beruhigend, mitten in der Erzählung von Gefechten auch bey Handlungen verweilen zu können, welche sprechend beweisen, daß auch dem rohen Krieger Trotz dem täglichen Morden die Gefühle der Bruderliebe nicht fremd sind; solche Züge, ehrenvolle Zeugen der Menschenwürde, aufzubewahren, bleibt die heiligste Pflicht des Geschichtschreibers. -- Die befreyten österreichischen Krieger waren während ihrer Gefangenschaft schwer mißhandelt, und mehreren Officieren die Uniform, ja selbst die Stiefel vom Leibe gerissen worden; noch kläglicher war der Zustand der gemeinen Soldaten, die, nachdem ihnen die Habgier der Feinde alles geraubt, kaum ihre Blöße zu bedecken vermochten, und barfuß, von ihren Treibern gedrängt, mit ihrem Blute die Straße bezeichneten. Schon beym Anblick des jammervollen Zustandes ihrer Waffenbrüder, deren Tapferkeit bey Raab eine edlere Behandlung verdiente, erbittert, gaben die Husaren dem Feinde beynahe keinen Pardon; jetzt im Besitze einer reichen Beute, eilten die Braven, sie mit den Befreyten gern und willig zu theilen, sobald ihnen der Morgen am 17. einige Ruhe vergönnte; und mancher Officier wurde für seinen Verlust hinreichend entschädigt.
Am 17. mit Anbruch des Tages wurde jede Streifwache eingezogen, die Brücke über die Marzall abgebrochen, und der Marsch über Turgye bis St. Groth an der Szalla fortgesetzt, ohne vom Feinde etwas zu bemerken. Auch hier wurden sogleich Anstalten getroffen, die Brücke abzutragen, auch einige Züge Husaren zu Turgye zurückgelassen, einige zum Ausspähen nach Szalaber gesandt; die Heerabtheilung selbst lagerte sich, die Stirn gegen Turgye gerichtet, vor St. Groth, so wie es die Beschaffenheit des Bodens erlaubte. Seit vier Tagen wurde zum ersten Mahl wieder abgekocht; Fleisch, Brot und Wein lieferte hinreichend der Landmann, und selbst der ärmste Bauer führte das Schöne in dem Entschlusse der Truppen, und brachte willig sein Schärflein den Kriegern zum Dank. Auf weiches Gras hingestreckt, durch Fleisch und Wein gestärkt und erheitert, durch den Klang einiger Pfeifen noch fröhlicher gestimmt, überließ sich die Mannschaft den frohen Gefühlen, die nach überstandener Gefahr in der Brust des Menschen erwachen. Die Waffenbrüder erinnerten sich der bestandenen Gefechte, freuten sich der gemachten Beute, und noch beym Sternenschimmer rauchten und scherzten sie mit einander, bis der Schlaf die Müden überraschte.
An eben dem Tage, als die Truppen über die glücklich bestandenen Gefahren sich freuten, verließ auch Rittmeister Olgyay von den Pressburger Husaren das verschanzte Lager bey Raab. Durch den Fehler einer Ordonanz blieb dieser Officier, unbekannt mit dem Entschlusse des Generals Mesko, auf den Vorposten mit 51 Husaren zurück. Mitten unter feindlichen Heeren war diese kleine Schaar verloren, verband sie nicht Schlauheit mit Muth. Am frühesten Morgen besetzte Olgyay sogleich die wichtigsten Posten, mit dem Reste der Mannschaft streifte er längs dem Flusse auf und ab, und täuschte auf diese Weise den Feind, der die Insurgenten im Lager für weit zahlreicher hielt, und erst den 17. mit einer Reiterschaar über die hergestellte Brücke bey Abda, und mit einem Trupp Fußvolk, das bey Rabapatona und Csecsen in Pletten über die Raab setzte, zugleich in das Lager drang. Olgyay zog in Eile alle seine Spähwachen zusammen, und sprengte in einer Vertiefung, die sich längs der Straße nach Ikrim hinzieht, durch das hohe Getreid noch mehr gedeckt, nach Rabapatona mit solcher Eile, daß er die zum Schutz der Plette zurückgelassene Wache überfiel, hier über die Raab unbemerkt setzte, und noch an demselben Tage Abends die Gegend von Takacsi erreichte. Schon wähnte er alle Gefahren überstanden zu haben, als er am nächsten Morgen bey der ersten Dämmerung (zwischen 2 - 3 Uhr) plötzlich auf eine feindliche Reiterschaar stieß, die gegen 400 Mann stark, von Papa herrückte. Olgyay denkt nicht an die Übermacht der Feinde, stellt schnell seine Husaren in eine Linie und stürzt auf den überraschten Feind mit einer solchen Gewalt, daß er ihn auf den ersten Anprall wirft. Der feindliche Anführer, dessen hohen Muth das Kreutz der Ehrenlegion bezeugt, sammelt eilig die Seinigen wieder, und entflammt sie durch Worte zum neuen Kampfe, als Olgyay auf ihn losstürmt. Ein heftiger Zweykampf beginnt, beyde Helden werden verwundet, die Zügel von Olgyays Pferde zerhauen; unvermögend sein Roß zu lenken, scheint dieser im Kampfe erliegen zu müssen, als er durch einen gewaltigen Hieb seinen Gegner vom Pferde haut. Allein sein wildes Roß reißt ihn mitten unter die Feinde, stürzt mit ihm, und feindliche Reiter voll Wuth drohen den Tod ihres Anführers zu rächen, als der Corporal Johann Laßlo mit den Gemeinen Johann Rado und Peter Harcsa herbeysprengt und nach dem heftigsten Kampfe die Feinde zurückdrängt. Kaum ist Olgyay mit Hülfe dieser Braven wieder beritten, als er aufs neue die Feinde angreift, und nun völlig in die Flacht jagt. Ein und dreyßig Reiter werden gefangen, und sieben Packwägen mit Waffen und Kleidungsstücken erbeutet; Olgyay trat nun den weitern Marsch gegen den Bakonyer Wald an, und zog sich von da auf Ofen zurück.
Zu St. Groth erhielt General Mesko von der Ortsobrigkeit die sichere Nachricht: "Graf Attems stehe mit einem Bataillon der steyrischen Landwehr und mit 90 Husaren von Frimont bey Szala Apathi am rechten Ufer der Szala; und F. M. L. Chasteler rücke mit seiner Abtheilung, mit der er sich von Tyrol aus durchgeschlagen, gegen Canisa vor." Er benachrichtigte daher sogleich durch Officier beyde Befehlshaber von der Stellung und Stärke seiner Heerschaar, und brach am 18. mit dem frühesten Morgen nach Sarmellyek auf, um sich mit dem Oberst Attems zu vereinigen, und in dieser Stellung, Meister von beyden Ufern der Szala, den General Chasteler zu erwarten, dessen Abtheilung am 19. zu Kis-Komarom, und am 20. zu Keszthely am Plattensee angesagt war, und nach den Anstalten zur Verpflegung der Truppen zu schließen, gegen 8000 Mann stark seyn mußte. Diese Heerschar mit den Insurgenten unter Mesko und den Truppen des Obersten Attems verstärkt, bildeten keine unbedeutende Heerabtheilung, welche verständig geleitet, dem Feinde große Besorgnisse einflössen mußte. General Mesko, um in seinen Bewegungen desto freyer zu seyn, schickte daher alle Kriegsgefangene sammt, der befreyten Mannschaft gegen Toina, rückte am 19. nach Keszthely vor, und stellte seine Truppen auf der dortigen Anhöhe gegen Sümeg und Tapolcza auf, wo sie gleichsam den Vortrab des neuen Heeres bildeten, das sich aus verschiedenen Trümmern wieder zu bilden begann; noch in derselben Nacht erhielt er ein Schreiben vom General Chasteler, der diese Stellung sehr lobte, aber erst am 20. zu Kis-Komarom einzutreffen versprach.
Durch die frohe Hoffnung einer nahen rühmlichen Zukunft geschmeichelt, dachte General Mesko an keine Gefahr, als um Mitternacht ein treuer Kundschafter aus St. Groth ankommt, und dringend verlangt, den General sogleich zu sprechen. "Gegen 4000 Reiter, vom Vicekönig zur Verfolgung der Insurgenten abgeschickt, seyen heute Nachtmittags zu St. Groth angekommen, und nur die große Müdigkeit ihrer Pferde habe sie verhindert, noch weiter vorzurücken; ihre Vorposten ständen bey Udwarnok auf der Straße gegen Sarmellyek." So sahen sich also die Insurgenten, welche durch das Vorrücken nach Keszthely den ersten Schritt zu einem neuen Angriffskrieg thaten, nun selbst bedroht, am Ziele ihres Rückzuges den Lohn aller ihrer Anstrengungen und Beschwerden noch zu verlieren. Major Voith erklärte: "Alles liege daran, Sarmellyek noch vor dem Feinde zu erreichen, verlören sie die Straße nach Hydweg, so stände ihnen nur noch der Rückzug nach Veszprim offen; hätte aber der Feind von Acs aus auch dorthin eine starke Abtheilung gesandt, was man jetzt nicht wissen könne, so wäre zwischen zwey Feuern ihr Untergang dann gewiß. Noch habe man einige Stunden vor dem Feinde voraus; diese zu benutzen gebiethen gleich mächtig Klugheit und Pflicht; unverzüglich müsse man aufbrechen; zwar sey die Nacht ungewöhnlich finster und stürmisch; doch dieß sey kein Hinderniß für brave Soldaten." General Mesko ertheilte nun den Befehl zum schleunigen Aufbruch, erreichte mit Tagesanbruch Sarmellyek, und setzte ohne Verweilen den weiten Rückzug nach Hydweg fort. Hier stieß er auf die Vorposten des Generals Chasteler, welche, den 19. angelangt, zur Abtragung der dortigen Brücke alle Anstalten trafen. Mesko ließ zur Vertheidigung derselben sein Geschütz auf den vortheilhaftesten Puncten aufführen; er selbst zog sich auf die Heerschaar des Generals Chasteler nach Kis-Komarom zurück. Die feindliche Reiterey durch zu reichlichen Genuß des Weins mehr entkräftet, als gestärkt, brach am andern Tage von St. Groth ziemlich spät auf, kehrte aber sogleich wieder um, als sie die Nachricht von der Vereinigung der österreichischen Truppenabtheilungen erhielt. Mit Recht fürchtete sie, die Rollen tauschen zu müssen, aus Verfolgern Verfolgte zu werden, und zog sich in Eilmärschen über Sümeg und Vasarhely nach Papa zurück.
Schon die Anstalten zum Abbrechen der Brücke zu Hydweg überzeugten den Major Voith hinreichend, daß bey dieser Vorsicht des F. M. L. Chasteler dessen Heerschaar unmöglich so stark seyn könne, als man gewähnt hatte. Doch selbst nach einer im Geiste vorgenommenen Verminderung der Truppenzahl, sah er sich bey seiner Ankunft zu Kis-Komarom dennoch getäuscht; denn der ganze Heerhaufe belief sich bloß auf 3600 Fußgänger und gegen 400 Reiter, welche neun Stück Geschütz mit sich führten. So blieb auch nach der Vereinigung der einzelnen Abtheilungen die ganze Schaar doch nur eine unbedeutende Verstärkung für das Heer bey Komorn; der glänzende Angriff, den Voiths lebhafte Einbildungskraft sich dachte, war der Traum einer schönen Sommernacht, und Raab mußte fallen, retteten es höhere Genien nicht. Zwey Tage später, als Voith seiner Lieblingsidee aufgab, schloß auch bereits der Befehlshaber von Raab, der Oberst Pechy, den Vertrag, nach welchen diese Festung den 24. um 4 Uhr Abends überliefert werden sollte.
Nach der Vereinigung der Generale Chasteler und Mesko bildeten ihre Truppen eine Heerschaar von ungefähr 9000 Mann, welche 19 Stück Geschütz mit sich führte. Major Voith schlug nun vor, zu Kis-Komarom einen Rasttag zu halten, und in Eilmärschen nach Stuhlweißenburg zu rücken; durch die Annäherung einer so bedeutenden Truppenabtheilung würden die Erpressungen der feindlichen Streifparteyen, wenn auch nicht ganz gehindert, doch nahmhaft erschwert; die Gemüther in der Hauptstadt einigermaßen beruhigt, die Verbindungen mit Komorn und dem Heere der Erzherzoge erleichtert; durch einen lebhaften kleinen Krieg die Insurgenten zu Kriegern gebildet, und Muth und Selbstvertrauen in allen erweckt.
Beyde General waren mit diesem Vorschlag einverstanden, und die Truppen den 22. bereits bis Marzally vorgerückt, als ein Befehl des Erzherzogs Johann an den General Chasteler ihnen einen Wirkungskreis in einer ganz andern Gegend anwies; sie kehrten daher noch an demselben Tage nach Nemes-Wid zurück, und langten über Sarmellyek und Keszthely den 26. zu Szalaber ab. Mesko lagerte sich hinter der Szala; Chasteler bey St. Groth und Turgye, und schickte mehrere Streifparteyen, sowohl von den Insurgenten als von den Linientruppen zusammengesetzt, theils gegen den Bakonyer-Wald, theils gegen Güns und Ödenburg; ungestraft dagegen durchzogen feindlichen Schaaren die Stuhlweißenburger Gespannschaft, und der durch die verursachte Schade wurde in kurzer Zeit auf eine halbe Million Gulden geschätzt.
Die Klagen dieser Gespannschaft über diese Erpressungen bewogen den Erzherzog Palatin, dem General Mesko zu befehlen, mit der Insurgenten-Abtheilung nach Stuhlweißenburg zu marschiren. Den 2. July brach General Mesko auf, und erreichte nach acht Eilmärschen, um das südliche Ufer des Plattensees herum, den 9. July den Ort seiner Bestimmung. Da um diese Zeit der Feind bis auf die Besatzung von Raab alle seine Truppen aus Ungern zog, um desto kraftvoller den Entscheidungsschlag auf dem Marschfelde zu führen, drang General Chasteler über Papa vor, und vereinigte sich mit dem Vortrab des Insurrektionsheeres, das unter dem Erzherzog Palatin von Komorn an die Raab vorrückte. Den 11 brach auch General Mesko von Stuhlweißenburg auf, und rückte über Csakwar, Dotis gegen Komorn. Der Erzherzog Palatin und der Erzherzog Primas kamen mit der Generalität des Insurrektionsheeres den Truppen entgegen, und empfingen sie mit Lobsprüchen, welche der gute Wille und das Ausharren dieser Braven verdiente, und in einem öffentlichen Aufruf wurde den übrigen Truppen die Entschlossenheit ihrer Waffenbrüder bekannt gemacht. Mit wehenden Fahnen, die klingendem Spiele und unter dem Jubel des Heeres rückte diese Schaar in das Lager vor Komorn an eben dem Tage, 13. July ein, als auch bey der vierten Heeres-Abtheilung vor Olmütz der geschlossene Waffenstillstand bekannt gemacht, und die Waffenruhe gebothen wurde.
Die Abtheilung unter dem General Mesko bestand aus folgenden Truppen:
- Fußvolk:
1 | Bat. | Pressburger | } |
1 | -- | Neutraer | } |
1 | -- | Neograder | } 5,050 sammt den Kanonierern. |
1 | -- | Eisenburger | } |
1 | Division | Stuhlweißenburger | } |
- Reiterey, unter dem Gen. Grafen Keglevich.
1 | Division | Pressburger Husaren | } |
1 | -- | Bacser | } 350 |
½ | Escadron | Jazyger (vom Neograder Hus. Regim.) | } |
- Geschütz.
3 | von den | siebenpfündigen Haubitzen | } |
4 | -- -- | sechspfündigen Kanonen | } sammt Karren. |
3 | -- -- | dreypfündigen Kanonen | } |
- Reserve Munition.
2 der zweyspännigen Karren mit 6pfündigem Schußbedarf.
2 der zweyspännigen Feuerwerkskästen mit Haubitzgranaten.
Quellen.[]
- ↑ Archiv 1813