Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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La Cité.[]

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Das Quartier de la Cité besteht aus drei in der Seine liegenden Inseln: 1) aus der Isle du Palais, welches die eigentliche Cite von Alters her ist, und auch noch so heißt, 2) aus der Isle Notre Dame oder St. Louis, und 3) aus der Isle Louvier.

Die Insel Louvier ist eigentlich weiter nichts, als ein Holzmagazin, und hängt vermittelst der Brücke de Grammont mit dem Quai des Celestins im Quartier St. Paul, zusammen.

Die Insel St. Louis heißt auch Notre Dame, weil die dieser Kathedralkirche gehört. Es führen drei Brücken auf solche: Le Pont Marie, nach ihrem Erbauer also genannt. Sie ist nach der alten wunderlichen Mode mit Häusern aus beiden Seiten besetzt; doch stehen die beiden letzten Bogen frei, nachdem solche im Jahre 1658. durch die Fluth nebst den Häusern weggerissen worden. Bei Wiederaufbauung dergleichen hat man sie nicht wieder mit Gebäuden besetzt. Wenn man von dieser Brücke quer durch die Insel geht, so stößt man auf die Brücke de la Tournelle: welche so wie jene von Quadersteinen gebauet ist. Die dritte Brücke le Pont rouge führt nach der Cite, und ist nur von Holz. Die Insel ist ungefähr 300 Klaftern lang, und hat rings umher Kayen (Quais) von Quadersteinen.

Die Pfarrkirche St. Louis ist die einzige auf dieser Insel. Das Portal hat vier dorische Säulen. Sie ist in diesem Jahrhunderte sehr vergrößert worden; man trifft aber nichts merkwürdiges darinn an, ausser daß es den Musikliebhabern angenehm seyn wird, zu wissen, daß der bekannte französische Operndichter, welcher 1688. starb, hier begraben liegt. Diese Insel hat nur zwei merkwürdige Gebäude.

L'Hotel de Lambert, und de Bretonvilliers. Ersteres ist wegen verschiedener Malereien merkwürdig; unter andern sieht man eine berühmte Galerie, von le Brun gemalt. *) Sie stellt in vielen Gemälden die Thaten des Hercules und seine Vergötterung vor. Die ehemals hier befindlichen Malereien, als fünf große Bilder aus der Geschichte des Aeneas von Romanelli, sind in das Museum des Königs im Louvre gekommen. Im andern Stockwerke ist das Bad, von le Sueur gemalt. Die Architektur des Gebäudes ist von le Veau, und gut. Der Hof ist mit Gebäuden dorischer Ordnung umgeben.

*) Man hat ein besonderes Werk davon: La Galerie de Mr. le President Lambert representant l' Apothéose d' Hercule. 15 Blätter große Folio, nach Zeichnungen von Picart durch Dupius, Duflos, Surugue, xc. sehr schön gestochen.

Das Hotel de Bretonvilliers hat eine herrliche Lage an der Ecke der Insel, so daß man aus den Zimmern die Seine hinab sieht. Es ist nach den Rissen des Cerceau mit großen Kosten aufgeführt. Weil der Fluß, zumal bei hohen Fluthen, mit Gewalt auf die Ecke stößt, so kostete das Mauerwerk auf dem Grunde heraus zu führen, dem ersten Erbauer über 800,000 Livres. Auf dem linken Flügel ist eine sehr lange Galerie, darin Baurdon viele Verwandlungen Ovids vorgestellt hatte. Aber diese Malereien gehen nebst allen andern Schönheiten der Zimmer nach und nach ein, weil die Generalpächter das Hotel schon seit 1719. zu ihren verschiedenen Bureaux gemiethet haben.

Auf dieser Insel predigte 1313. der Kardinal Legat, und ermahnte mit heiligem Eifer zum Kreuzzuge ins heilige Land. Der König Philipp le Valois, seine Prinzen und König Eduard II. empfiengen das Kreuz aus seinen Händen.

Die dritte Insel dieses Quartiers l' Isle du Palais ist bei weitem die größte; hält aber doch nicht mehr, als 500 Klaftern, in der Länge, und wo sie am breitesten ist, 140 in der Breite. Sie hat sieben Brücken, wovon hernach. Auf dieser Insel ist der erste Anfang der Stadt zu suchen, und sie hat daher auch noch den Namen la Cité beibehalten. In diesem engen Raume sind gleichwohl neun Pfarrkirchen, und überhaupt 19 mit der Kathedralkirche; nur wenige darunter verdienen eine Anzeige.

Der Platz vor der Kathedralkirche heißt le Parvis de Nôtre Dame, *) er ist der deutlichste Beweis, wie sehr sich der Boden von Paris durch die Länge der Zeit verändert hat. Längs dem Parvis liefen sonst 13 Stufen hin, die man hinauf steigen mußte, um in die Kirche zu kommen; jetzt liegt die Kirche tiefer, als der Boden umher, und man hat vor 50 Jahren der Rue Neuve Notre Dame einen allmähligen Abhang gegen die Kirche geben müssen; wodurch die Häuser dieser Gasse zum Theil drei bis vier Stufen bekommen haben, anstatt das man vorher gerades Fusses hinein gieng. Im Jahre 1711. entdeckte man bei Grabung einer Gruft für die erzbischöflichen Begräbnisse verschiedene Basreliefs und römische Inschriften aus den Zeiten des Kaisers Tiber. Sie sind schlecht, verstümmelt und unerkenntlich, daher sich über ihre Bestimmung und Erklärung nicht viel gewisses sagen läßt. *)

*) In den barbarischen mittlern Zeiten hieß ein zur Promenade bestimmter Ort Paradisus, und daraus ist Parvisus, und endlich Parvis entstanden.
*) Abgebildet und etwas erklärt findet man sie im 1. B. S. 299. von des Piganiol de la Force Déscript. de Paris. Die Steine werden in einem Saale der Académie des belles Lettres im Louvre aufbewahrt.
Musée Carnavalet Paris
Musée Carnavalet Paris

Lange vor dem jetzigen Gebäude stand hier schon eine Kirche. Das jetzige ward nach einigen von König Robert, dem Sohne des Hugo Capet, gegen das Jahr 1000. angefangen; andere sagen, Pabst Alexander III. habe in der letzten Hälfte des zwölften Jahrhunderts den Grundstein dazu gelegt. Wenn die Kirche gleich den gothischen Geschmack zeigt, so ist sie doch in ihrer Art schön, und verdient wegen der kühnen fleissigen und feinen Bauart Bewunderung. Auch in Ansehung der Größe gehört sie unter die merkwürdigsten Kirchen in Frankreich. Die Länge beträgt 65, die Breite 24, und die Höhe 17 Klaftern (toises.) 120 große Pfeiler in zwo Reihen tragen das Gebäude; hierunter sind die 45 Seitenkapellen, und die Dicke der Mauern noch nicht begriffen. An der Vorderseite der Kirche sieht man über dem dreifachen Eingange die steinernen schlecht gearbeiteten Statuen verschiedener Heiligen, und der 28 Könige, von Childebert bis auf Philipp August, unter deren Regierung daran gearbeitet worden. An den drei Portalen ist eine unglaubliche Mühe verwundet. Die beiden plumpen Thürme der Vorderseite sind 34 Klaftern hoch, und mit unzähliger Bildhauerarbeit überladen. Man zählt bis oben hinauf 389 Stufen, die sich wohl kein Fremder bei einem heitern Tage verdrüssen lassen wird, zu ersteigen, um sich einen Begriff von der Größe der Stadt, und ihrer ganzen Lage zu machen, und die angenehme Gegend umher zu bewundern. In beiden Thürmen hängen verschiedene Glocken, wovon die größte 44000 Pfund wiegt.

Musée Carnavalet Paris
Musée Carnavalet Paris

Inwendig ist der Kirche laufen oben Galerien mit 108 Säulen aus einem Stücke und einem künstlich gearbeiteten Geländer umher. Von diesen können Fremde die Feierlichkeiten der Kirche, z. B. den 15. August die Prozession wegen des Gelübdes Ludwigs XIII. und den 22. März die wegen der Eroberung von Paris 1594. ansehen. Gleich beim Eingange rechter Hand bemerkt man sonst die kolossalische Figur des heil. Christophs, der das Kind Jesus durchs Wasser trägt; sie ist aber 1784. wohlbedächtig weggenommen worden. In einer Kirche, wo so viel gute Werke der Kunst angetroffen werden, hätte man dieses elende Werk des 14ten Jahrhunderts nicht so lange dulden sollen; zugeschweigen, daß die ganze Vorstellung, ein Mährchen ist, wozu des heil. Christophs griechischer Name vermuthlich Anlaß gegeben hat; denn der heil. Christoph erhielt den Märtyrertod über 200 Jahre später. Man bemerkt inzwischen diese Vorstellung hin und wieder in den Kirchen Frankreichs.

In keiner Kirche von Paris sind so viel Gemälde, als in dieser, welches daher kömmt, weil ehemals die Zunft der Goldschmiede jährlich den ersten Mai ein großes Stück von 11 bis 12 Fuß hoch zu schenken pflegte. Diese Gewohnheit hat aber bereits 1708. aufgehört. Tardieu der Sohn hat die meisten klein gestochen. Weil man nirgends eine solche Reihe von Werken französischer Meister beisammen findet, und sich hier die französische Schule am besten studiren läßt, so werden wir, den Freunden der Kunst zu gefallen, in der Anzeige derselben etwas umständlich seyn.

Rechter Hand von der großen Thüre sieht man den Ananias und den Hauptmann vor Petro, beide von Aubin Vouet, und links den Lahmen, der vor der Thüre des Tempels geheilt wird, von Allemand.

Linker Hand im Schiffe die Auferweckung von Jairi Töchterlein, von Vernansal. Herodias mit dem Haupte Johannis, von Cheron. Die Berufung der Apostel Petrus und Andreas, von M. Corneille. Die Verjagung der Verkäufer aus dem Tempel, von Cl. Hallé. Der Gichtsbrüchige, von Jouvenet (gestochen von Vermeulen.) Die Samariterin, von Louis Boulogne. Der Teich zu Bethesda, von Bon Boulogne.

Das erste rechter Hand gegen über: Paulus, der zu Ephesus predigt, und die Bücher der Heiden verbrennt, ein schönes Gemälde von le Sueur (von Picaut gestochen). Petrus weckt die Tabitha auf, von Testelin. Christus erscheint dem Petrus vor den Thoren zu Rom, von P. Mignard. Der Evangelist Johannes, welcher in einen Kessel siedenden Oels geworfen werden soll, von D. Hallé. Die Marter des heil. Simons in Persien, von dem ältern Boulogne. Paulus reiset von Milet nach Jerusalem, von Galloche. Die Befreiung des Apostels Petrus aus dem Gefängnisse, von Joh. Bapt. Corneille (gestochen von Picart.) Petrus heilet einen Lahmen, von Silvestre. Die Entführung des heil. Philippus, von Blanchet.

Das erste Gemälde rechter Hand im Kreuzgange nach dem erzbischöflichen Palaste stellt das Gelübde Ludwigs XIII. nach seiner Krankheit zu Lion vor. Der König kniet vor dem vom Kreuze genommenen Heilande, und Maria steht hinter ihm. Der Meister heißt Champagne. Die Kreuzigung des heil. Andreas, von le Brun (gestochen von Picart.) Der heil. Andreas kniet vor seinem Kreuze, von Blanchard. Die Enthauptung des Apostels Paulus, vom ältern Boulogne, und auch von ihm selbst radirt. Die Marter des heil. Stephanus, von le Brun (gestochen von Gerh. Andran.) Die Frau, welche den Blutgang hatte, von Cazes. Paulus wird zu Lystra mit Steinen geworfen, von J. B. Champagne. Paulus und Silas werden gegeißelt, von Testelin.

Das erste Bild linker Hand auf der Seite nach dem Kloster wird sehr geschätzt, und stellt die Ausgießung des heil. Geistes von Blanchard vor. Die Marter des heil. Bartholomäus, von Paillet. Paulus und Barnabas zu Lystra, von ältern Corneille (gestochen von Fr. Poilly.) Der Apostel Jacobus der ältere bekehrt, da er zum Tode geführt wird, einen Heiden, von N. Coypel. Die Bekehrung des heil. Paulus, und la Hyre gemalt und radirt. Die erste Predigt des heil. Petrus, von dem ältern Poerson. Paulus bekehrt den Landpfleger Sergius Paulus, von Loyr. Die Marter des Apostels Petrus zu Rom. von Bourdon, eines der besten Gemälde, welches Tardieu groß gestochen. Das Parlament entscheidet einen Prozeß, und oben scheint S. Yves den Heiland in einer Glorie um etwas zu bitten, von Monier.

Die Kanzel wird nur zur Fasten- und Adventzeit in die Kirche gesetzt; sie verdient sowohl wegen ihrer Form und Arbeit, als auch wegen der darin angebrachten Maschine, um sie von einem Orte zum andern zu schaffen, einige Aufmerksamkeit.

Das Chor der Kirche ist prächtig, und zu Anfange dieses Jahrhunderts nach der Angabe von Cotte eingerichtet worden. Der große Altar steht frei, ist von ägyptischem Marmor und sehr reich verziert. Die Stufen sind aus einem Marmor von Languedoc. Hinter diesem Altare ist ganz hinten im Chore noch einer, worauf man eine marmorne Gruppe von vier Figuren bemerkt; nämlich Maria mit dem todten Heilande auf ihrem Schooße, und ein Paar Engel. In einiger Entfernung kniet auf der einen Seite Ludwig XIII. und bietet Krone und Zepter der Maria dar. Auf der andern Seite ist die Statue Ludwigs XIV. beinahe in gleicher Stellung, von Coyzevox; jene hingegen hat der jüngere Coustou geliefert. Beide sind von weißem Marmor, und deswegen da, weil der ganze Hauptaltar ein Gelübde Ludwigs XIII. war, welches Ludwig XIV. nach dessen Tode mit mehr als einer Million Livres sehr prächtig ausführte. An den Pfeilern der Arkaden auf den Seiten stehen sechs Engel von vergoldetem Bronze in Lebensgröße, und jeder hält ein Werkzeug der Passion. Die Sitze sind sehr fleissig geschnitzt, und an den Lambris allerlei Geschichte des neuen Testaments vorgestellt; auf dem erzbischöflichen Stuhle sieht man die Marter des heil. Dionisius.

Uiber den Sitzen hängen acht große Gemälde in prächtigen Rähmen: 1) beim bischöflichen Sitze die Verkündigung Mariä, von Hallé. 2) Die Heimsuchung, oder das Magnifikat, eines der besten Gemälde des Jouvenet, und deswegen merkwürdig, weil es sein letztes ist, und er es mit der linken Hand gemalt hat, nachdem die rechte vom Schlage gelähmt war. Simon Thomassin hat es gestochen. 3) Die Geburt Christi, von la Fosse. 4) Die Anbetung der Könige, von demselben. 5) Die Darstellung im Tempel, und 6) die Flucht nach Aegypten, von Louis de Boulogne. 7) Christus lehrt im Tempel, und 8) die Himmelfahrt Mariä, beide von Ant. Coypel. Vor dem Hauptaltar liegen die Eingeweide Ludwigs XIII. und XIV. Von den vielen Begräbnissen der im Chor ruhenden fürstlichen Personen und Erzbischöfen handelt Piganiol bei der Beschreibung desselben.

Es wäre zu weitläuftig, alle 45 Kapellen mit ihren Gemälden zu beschreiben; wir zeigen nur die vornehmsten an, die übrigen kann man in der Voyage pittoresque de Paris finden. Sie sind alle mit eisernen Gittern verschlossen. Die Kapelle der Maria hat der Kardinal und Erzbischof von Noailles sehr schöne wieder herstellen lassen. Vor derselben sieht man sein Grab. Von ihm ist auch auf der andern Seite der Thüre des Chors die Kapelle des heiligen Dionysius schön erneuert. In der Kapelle St. Eustache liegt der in der französischen Geschichte bekannte Marschall de Guebriant und seine Gemahlin begraben. Sie ist vielleicht das einzige Beispiel, daß eine Frau als Ambassadrice abgeschickt worden. Sie begleitete nämlich mit diesem Charakter 1645. die Königin Maria de Gonzaga nach Polen. Die Kapelle des heil. Martins dient der Familie Noailles zum Begräbnißplatze. Sie ist schön und reich verziert; dem Altare gegen über bemerkt man die Urne mit dem Herze des obgedachten Kardinals von Noailles. Die Kapelle des heil. Ludwigs gehört der Familie Gondi, und hier liegt der in der französischen Geschichte so berühmte Kardinal von Rez aus dieser Familie begraben. Seine Statue ist auf den Knien abgebildet. In der Kapelle des heil. Eutropius ist das Altargemälde von Carl Vanloo, und stellt den heil. Borromäus vor, wie er den Kranken an der Pest die Kommunion ertheilt. Hier liegt der Kardinal und Erzbischof von Vintimille begraben.

In der Kapelle des heil. Petrus und Stephanus, welche nach den Zeichnungen des Grafen Caylus edel verziert ist, bemerkt man das schönste unter allen Monumentern dieser Kirche. Es ist das Grabmal, welches die Marschallin von Harcourt ihrem 1769. verstorbenen Gemahl errichten lassen. Es besteht aus vier großen Figuren von Pigalle. Der Schutzengel hebt den Deckel des Sarges auf, darin der Marschall liegt, und sucht ihn mit der Fackel wieder zu beleben. Der Marschall richtet sich auf; indem ihm die Marschallin zu Hilfe kommen will, zeigt ihr aber der Tod das Stundenglas, worauf sie sich bemühet, sich gleichsam mit ihm zu vereinigen. Man sieht diesen Wunsch in ihren Blicken, und der Schutzengel löscht seine Fackel aus.

1756. hat Ludwig XV. nach den Rissen Souflots eine neue Sakristei bei der Kirche aufführen lassen, welche an den Hof des erzbischöflichen Palasts stößt. Das Gebäude zeigt sowohl von innen, als von aussen, von der Geschicklichkeit des Architekten. Vor einigen Jahren hat die Kirche einen ganz neuen marmornen Fussboden bekommen, das Gewölbe ist geweißt, vieles neu vergoldet, so daß das Ganze ungemein gut in die Augen fällt. Im Kapitelsaale hängen fünf große Gemälde von Champagne.

Linker Hand bei der Kirche ist der von Pottrand gut angegebene Thorweg zum Kloster, wo die Wohnungen der Domherren liegen. Ihr Garten heißt le Terrein, wo aber nur Mannspersonen den Zutritt haben.

Rechter Hand liegt der erbischöfliche Palast, der eine freie Aussicht über die Seine hat. Er ist weitläuftig genug, und 1772. mit einer schönen Treppe versehen, welche zu den Sälen führt, wo der Hof empfangen wird, wenn er gewisser Feierlichkeiten halber die Kathedralkirche besucht. In diesem Palaste befindet sich auch seit 1708. die vom Parlamentsadvokaten Gabriau de Riparfond den Advokaten vermachte Bibliothek. Sie steht alle Dienstage und Freitage zu jedermanns Gebrauch offen. Es hängen viele Bildnisse angesehener ehemaliger Magistratspersonen darinnen.

Die in der Nachbarschaft liegende Kirche Ste. Marine ist die Pfarrkirche des Erzbisthums, und ihr Pfarrer muß alle trauen, die auf Befehl der geistlichen Gerichtsbarkeit getrauet werden.

Das Hotel Dieu ist eine der wichtigsten Anstalten in Paris, und verdient, daß sie ein jeder besieht, theils um dergleichen ins Große gehende Unternehmungen zum allgemeinen Besten kennen zu lernen, theils auch um sich einen Begriff von dem gehäuften menschlichen Elende in der Hauptstadt zu machen. So fehlerhaft diese Anstalt auch in manchen Stücken ist, und so wie sie es durch die Menge der Kranken und der überhäuften Geschäfte auch immer bleiben wird, so muß man doch einräumen, daß sie ein Glück für eine Stadt ist, wo so viele Arme und Nothleidende leben. Viele tausende, die aus Mangel verschmachten, und auf die kläglichste Art umkommen müßten, finden hier doch wenigstens ein Obdach, ihre Unterhaltung, und einige Pflege, daß sie wenigstens ruhiger sterben, oder gar ihre Gesundheit wieder erlangen können, anstatt daß sie sonst nach langem Leiden doch zuletzt ein Raub des Todes geworden wären.

Diese löbliche Anstalt ist sehr alt, und soll schon um die Mitte des siebenten Jahrhunderts vom Bischofe St. Landri gestiftet seyn. Nach der Zeit ist das Hospital durch viele Stiftungen zu großem Reichthume gelangt, und besitzt jetzt ganze Gassen in der Stadt, und andere liegende Gründe außerhalb derselben. Man nimmt hier Kranke von allerlei Alter, Geschlecht und Religion auf, außer solche, die mit der Epilepsie, der Venusseuche und Krätze behaftet sind. Die Säle sind nach gewissen Heiligen benannt, als der Saal des heil. Thomas, der Heil. Martha xc. Die Gebäude nehmen einen großen Umfang zu beiden Seiten der Seine ein, und werden durch die Karlsbrücke verbunden; man hat sogar ein lange Stück auf Bogen, die in der Seine stehen erbauet. 1625. erhielt das Hospital die Erlaubniß, an dem einen Ende bei dem erzbischöflichen Palaste eine steinerne Brücke über den Fluß nach dem Quartier der Université zu bauen, mit dem Rechte, von jedem Fußgänger, der solche passirt, einem Liard zu fordern, welches noch geschieht. Die Brücke heißt bald le pont aux doubles, bald le pont de l'Hôtel-Dieu. Das Hospital hat seine eigene Kapelle. Es steht in Ansehung der Geistlichen unter dem Kapitel von Notre Dame. Die Aufsicht über die Verwaltung der Einkünfte und des Hospitals selbst steht hingegen unter zwölf weltlichen Administratoren, und drei ersten Präsidenten, den vom Parlamente, von der Chambre des Comptes, und der Cour des Aides; jene bleiben es lebenslang, die drei letztern aber nur so sie lange ihre Stelle bekleiden. Das Kapitel trägt die Aufsicht in geistlichen Dingen einem Geistlichen auf, welcher Maître de l' Hôtel-Dieu heißt, und 18 Priester unter sich hat. Die Kranken werden von 130 Augustiner Nonnen besorgt, welche nach ihrer Einkleidung noch ein Noviziat von sechs Jahren im Hospitale ausstehen müssen, um zu sehen, wie sie sich bei diesem mühseligen und zum Theil ekelhaften Geschäfte betragen. Seit dem großen Brande von 1772. welcher verschiedene Säle einäscherte, und auf zwo Millionen Livres geschätzt ward, ist ein neues ansehnliches Stück von 24 Fenstern vier Stockwerk hoch wieder aufgeführt worden, und man bauet noch daran.

Wir müssen noch etwas von der innern Einrichtung dieses großen Instituts erwähnen. *) Die Säle, 23 an der Zahl, sind 40 und mehr Schritte lang, und 15 bis 18 breit. In jedem stehen vier Reihen Betten mit rothen wollenen Vorhängen, einem Unterbette, Kopfkissen, Betttuche und Decke. Das übelste ist, daß in jedem zwei bis drei, ja wohl gar vier mit einander zugekehrten Füssen liegen. An den numerirten Betten hängen Zettel: ein Sterbender, ein Beichtender, und die Art der Krankheit. Es ist ein trauriger Anblick, diese Elenden mit verschiedenen Arten von Ausleerungen beschäftigt, winseln und sterben zu sehen. Die Nachtstühle stehen im Wege; allenthalben sieht man Apothekerjungen, Wärterinnen und Geistliche; doch ist das Geräusch leidlich. Selten ist die Zahl der Kranken unter 4000, und die Anzahl der Bettstellen beläuft sich auf 1300. Die Kindbetterinnen, Blatterkranken, und närrischen Leute liegen ganz oben, und die an äußerlichen Krankheiten leidenden in den mittlern Sälen. Acht Aerzte und ein Oberwundarzt mit seinen vielen Gehilfen besorgen die Kranken. Jeder Arzt bekömmt 800 Livres. Die Aerzte sind sehr eilfertig, und kuriren meistens alles nach einem Leisten. Jeder wird von einem Apotheker begleitet, welche die Verordnungen in ein Buch notirt, welches der Arzt zuletzt unterschreibt. Die äußerlichen Uibel werden besser besorgt.

*) Es ist ein Auszug, so wie der folgende vom Findlingshause, aus Hr. Grimms Reisen (1. B. S. 293.), welche die Hospitäler überhaupt fleißig besucht, als wenig Reisende zu thun pflegen.

Es werden jährlich ungefähr 30000 Personen hineingebracht, und 24000 kommen wieder heraus, also stirbt nach den Hospitallisten einer von fünfen; allein unpartheiische Personen versichern, daß zwei von fünfen sterben. Gleichwohl ist diese Anstalt doch ein Glück, denn die Armen bekommen doch wenigstens etwas Brod, Brühe, Fleisch und Wein. Der Ausspruch Saignée erschallt alle Augenblicke. Von den Blatterpatienten trifft man doch viele Genesende an. Die Apotheke ist wohl versorgt, und die Arzneien werden zwar nicht gespart, aber man kann leicht denken, daß die Wahl derselben und die Zubereitung nicht mit gehörigem Fleiße geschehen kann. Es arbeiten unaufhörlich sieben Apothekerpursche ohne die Mägde und Handlanger unter einem Oberapotheker, allein die Geschäfte können doch kaum bestritten werden. Die Höfe hängen voller Wäsche und Kleider, die gewaschen sind.

In einem Saale stehen wenigstens 40 Betten, in manchem 112, darinn 250 und mehr Kranke stecken; die große Anzahl in einem engen Raume ist das größte Uibel für das Hospital. So lange dieses bleibt, und die Kranken nicht mit mehr Reinlichkeit, und größerer Sorgfalt von den Aerzten behandelt werden, so lange wird die Sterblichkeit auch eben so groß bleiben. Es steht einem jeden frei, außer den Stunden, wenn die Aerzte ihre Besuche machen, welches schon früh um fünf Uhr ist, um zehn und um vier Uhr in diese Säle zu gehen. Die Reinigung der Luft läßt man blos auf die überall offen stehenden Zugänge ankommen. Das große Portal des hintern Eingangs des Hotel-Dieu von der Seite der Rue Jouarre wird wegen der Architektur geschätzt.

Gegen dem Hotel-Dieu über liegt ein anderes Hospital oder das Findelhaus (l'Hôpital des Enfans trouvés), welches mit dem ältern in der Vorstadt St. Antoine in Verbindung steht. Der König giebt 12000, und alle die Obergerichtshöfe geben 15000 Livres dazu; es hat aber außerdem noch große Einkünfte, die auch erforderlich sind, weil jährlich in diesem Hause 7 bis 8000 Kinder eingebracht werden. Dies macht einen Tag in dem andern, 20 Kinder, eine erstaunliche Anzahl! Welch ein trauriger Beweis der Armuth, und der entsetzlichen Ausschweifungen dieser großen Stadt! Wiewohl nicht zu leugnen ist, daß arme Eltern von vielen Meilen her ihre Kinder nach Paris bringen, um sich ihrer hier zu entledigen, viele verunglückte Mädchen reisen in gleicher Absicht nach der Hauptstadt, und auch die in Paris wohnenden selbst tragen sie zu den Findelkindern, um bei Ehren zu bleiben. Wäre dieses Haus nicht, so würde man noch vielmehr vom Kindermorde hören, und viele der kleinen unglücklichen Geschöpfen würden ihren Tod, oder wenigstens ihr Begräbniß in der Seine finden. Jetzt werden alle Kinder hier abgelegt, weil jenes Findelhaus in der Vorstadt in den Stunden, da es gemeiniglich geschieht, zu entfernt liegt. Man schafft aber die Kinder hernach, oder wenn sie grösser werden, dahin. Dieses Haus wird von den Filles de la Charité oder den von ihrer Kleidung insgemein sogenannten Soeurs grises besorgt.

Das jetzige Gebäude von drei Stockwerken ist simpel, ansehnlich und seinem Zwecke gemäß, 1747. nach Boffrands Rissen neu aufgeführt. Sollte das Projekt zu Stange kommen, gegen über ein ähnliches hin zu setzen, so würde der Zugang zur Kathedralkirche dadurch ein edles Ansehen gewinnen. Uiber dem Haupteingange ist ein Balcon, und auf jeder Ecke des Gebäudes ein vorspringender Flügel mit Ionischen Pilastern. In der Kapelle hat Notaire die Geburt Christi, und die Anbetung der Hirten und der drei Könige abgebildet, und Brunetti die Architektur gemalt. Alles ist mit Oelfarbe auf der Mauer gemalt. Sonderbar ist der Gedanke des Malers die Geburt Christi in einem dem Einsturz drohenden Hauses vorzustellen; da man doch rings herum marmorne Säulen, und schöne Verzierungen sieht. *)

*) Fessard hat die Malereien dieser Kapelle auf 15 Blättern sehr gut gestochen, und das 16te stellt die Uibersicht des Ganzen vor.

Bei der Thüre ist ein Loch mit einem eisernen Gatter, um es aufzuschieben. Dies geschieht, sobald mit der dabei befindlichen Klingel oder dem Klopfer ein Zeichen gegeben wird, und die Schwestern nehmen das Kind in Empfang. Bei andern Kindern, die sonst gefunden werden, wird nur der Ort, wo und wenn man sie gefunden, und der Name der Person, welche sie bringt, aufgezeichnet. Sobald der Wundarzt kömmt, werden die Kinder untersucht, die gefunden kommen in den großen Saal, und die venerischen werden, um das Anstecken der Ammen zu verhüten, gleich nach der Salpetriere gebraucht, und die Kranken der Wärterin ein einem Nebenzimmer übergeben. Der große Saal hat 125 kleine Betten von Eichenholz, die längs den Wänden und in der Mitte hinunter stehen. Jede Reihe wird durch ein weißes Tuch, daß der Länge nach über den obern Theil herunter geht, zugedeckt, um die Kinder für Staub, Licht, und Fliegen zu bewahren, ohne ihnen den Zugang der Luft zu entziehen. Zwo Schwestern besorgen die Reinigung der Kinder, und sechs bis acht Ammen geben den Kindern wechselweise die Brust. Von den Ankömmlingen wird fast täglich ein Transport aufs Land in die Picardie und Normandie geschafft, und unter gedingte Weiber vertheilt, die ihre Pflege und Erziehung bis zum fünften Jahre übernehmen, da sie zurückkommen, und in die obern Säle, jedes Geschlecht besonders, vertheilt werden. Hier bleiben sie bis ins zwölfte oder dreizehnte Jahr. Man bringt sie alsdann entweder in die Salpetriere, oder auf Handwerke, in die Manufakturen, xc. Die in diesem Hospitale keinen Platz finden, kommen in das andere Findelhaus auf der Vorstadt S. Antoine, und werden zum Nähen, Stricken, und andern kleinen Arbeiten angetrieben. Uiberhaupt muß man die Reinlichkeit und gute Ordnung in diesem Hause rühmen. Traurig ist aber der Anblick der vielen elenden zusammengeschrumpften Gesichter, denen man das Elend der Mütter ansieht; kömmt man vollends in das Nebenzimmer der kranken Kinder, so sieht man sie nicht ohne Rührung unter vielen Zuckungen eine Welt verlassen, in denen sie ihren Eltern zur Last waren. Die ältern Kranken werden ins Hotel-Dieu gebracht. Manche Kinder sind so von der Lustseuche angegriffen, daß sie noch sterben, ehe man sie nach der Salpetriere schaffen kann, und die durchkommen, bleiben, elende Geschöpfe, und machen eine neue unkenntliche Sorte von Menschen aus. Hier sieht man am überzeugendsten den unersetzlichen Schaden, den die Ausschweifung in Absicht der Verminderung der Anzahl und der Stärke der Nazion macht, und wie sehr die Populazion der Hauptstadt dadurch gehemmt wird.

Musée Carnavalet Paris
Musée Carnavalet Paris

Die kleine Pfarrkirche St. Landri verdiente keiner Erwähnung, wenn das Grabmal der Frau des bekannten Bildhauers Girardon nicht darin wäre. Er gab das Modell dazu, ein paar seiner Schüler Nourrision und le Lorrain führten es auf eine frostige und des Meisters nicht würdige Art aus. Es stellt auf einem Sarge von grünem ägyptischen Marmor Christum vor, wie er vom Kreuze genommen vor der betrübten Maria liegt, fünf kleine Engel umgeben ihn und das Kreuz. Die Figuren sind in Lebensgröße in halb erhabner Arbeit auf einem Hintergrunde von buntem Marmor. Girardons Frau, eine geborne Du Chemin, war eine geschickte Blumenmalerin und als solche Mitglied der Malerakademie; sie ließ aber nach ihrer Verheirathung die Kunst liegen. Sie starb 1690. er folgte ihr 1715. und liegt vor dem Monumente begraben. Diese Kirche hat den schönsten Taufstein in Paris.

Nicht weit von der Brücke Notre Dame liegt die Kapelle St. Symphorien oder St. Luc, welche der Zunft der Maler, Bildhauer und Kupferstecher gehört, und sehr gut mit Malereien und Bildhauerwerken versehen ist. In dem daran stoßenden Hause hält diese Zunft nicht nur ihre Versammlungen, sondern auch eine öffentliche Zeichenschule, darin ein Model aufgestellt wird. Den beiden geschicktesten Schülern werden jährlich am Tage des heil. Lucas zwo Medaillen zur Belohnung ausgetheilt. In dem Versammlungssaale hängen gute Gemälde, z. B. Johannes, der in einen Kessel mit siedendem Oele gesotten werden soll, von le Brun, sehr jung gemalt. Johannes auf der Insel Pathmus, von Blanchard, eine Jagd, von van Falens. Mignard, von ihm selbst gemalt.

Die Kirche St. Eloy der Barnabiten liegt so enge in einem Winkel, daß ihre wirklich gut gebauete Vorderseite nicht gehörig in die Augen fällt. Sie hat unten dorische, und oben ionische Pilaster. Der kleine Platz vor derselben ist durch Niederreissung des Hauses entstanden, darin der Vater von Johann Chastel wohnte, welcher seines Sohnes Absicht, König Heinrich den vierten zu ermorden, verhelet hatte.

Wir kommen auf das merkwürdigste Gebäude in Paris, wegen der vielen Kollegia, die darin ihren Sitz haben, *) nämlich le Palais, oder, wie es auch wegen der vielen darin befindlichen Laden mit allerlei Galanterie- und Kaufwaaren oft genannt wird, le Palais Marchand. Das Ganze besteht aus vielen Höfen, und ist zu verschiedenen Zeiten gebauet, folglich sehr unregelmäßig, und nach alter Art mit Thürmen versehen, welches zusammen mit dem schönen neu gebaueten Theile einen sonderbaren Kontrast macht. Das eigentliche Palais war in alten Zeiten die königliche Residenz wovon der Name auch geblieben ist, aber Ludwig der zwölfte räumte es bereits den Gerichtshöfen ein, und seit der Zeit sind sie auch beständig da geblieben.

*) Von ihren Einrichtungen, und was für jedes gehört, sehe man vornämlich den siebenten, und auch schon vorher den dritten Brief.
Musée Carnavalet Paris
Musée Carnavalet Paris

Dieser Theil besteht aus vier Sälen, darunter der größte (la grande Saale) 1622. gebauet ist. Der Fussboden ist von Marmor, und das Gewölbe wird von Pfeilern getragen, um welche Bücherverkäufer, und andere Händler ihre Waaren feil haben. Am Ende liegt eine Kapelle mit einem eisernen Gitter. An der darüber befindlichen Uhr, danach sich die Parlamentssitzungen richten, lieset man den Vers mit goldenen Buchstaben:

Sacra Themis mores, ut Pendula dirigit horas.

Aus dem große Saale kömmt man in den der Merziers, und am Ende desselben in die heilige Kapelle (La Sainte Chapelle,) welche der heilige König Ludwig bauen ließ, nachdem er viele Reliquien, unter andern auch die Dornenkrone des Heilandes, von Balduin, Kaiser im Orient, erhandelt hatte. Sie gehört zu den besten Gebäuden, die man noch von gothischem Geschmacke aufzuweisen hat, und besteht eigentlich aus zwo Kirchen, die über einander gebauet sind. In der untersten liegt der 1711. verstorbene berühmte Satyrenschreiber Boileau Despreaux begraben, welcher in seinem bekannten komischen Heldengedichte le Lutrin die heilige Kapelle zum Schauplatze desselben gemacht hatte. In der obern Kirche ist eine gute Statue der Maria, von Pilou. Hinter dem großen Altare werden die obgedachten Reliquien verwahrt. Der Schatz dieser Kapelle ist wichtig; das merkwürdigste darin ist ein berühmter antiker Camée mit 25 Figuren, worüber viel geschrieben und gestritten worden. *) Es ist ein Sardonyx von dreierlei Farben, welcher nach der Meinung der mehresten im obern Abschnitte die Vergötterung Augusts, und unten den Tiberius vorstellt, wie er den aus Germanien siegreich zurückkehrenden Germanicus empfängt. Unter der Sakristei dieser Kirche ist der Trésor des Chartres, oder das Archiv von den alten Rechten und Prärogativen der Krone. Das Kapitel dieser Kirche steht unmittelbar unter dem römischen Stuhle.

*) Man kann den Piganiol de la Force. B. 2. S. 20. nachsehen. In des Montfaucon. Antiquité expl. ist er abgebildet.

Le Chambre des Comptes macht ein ansehnliches Gebäude aus, welches nach dem Brande von 1737, nach den Rissen des Architekten Gabriel des ältern sehr schöne aufgeführt worden. Außerdem daß diese Kammer hier ihre Sitzungen hält, ist ihr Archiv sehr wichtig für die Genealogie, Geschichte und Gerechtsame der größten Häuser des Reichs. In der Mitte bemerkt man vier gruppirte dorische Säulen, und die Statuen der Gerechtigkeit und Klugheit, von Adam, dem jüngern. Die Treppe verdient auch bemerkt zu werden.

Musée Carnavalet Paris
Musée Carnavalet Paris

Aber das seit wenigen Jahren errichtete neue Gebäude des Palais ist bei weitem das schönste von allen, und seit 1776. da verschiedene Höfe abbrannten, von dem Ritter Des Maisons im besten Geschmacke aufgeführt worden. Es macht den Hintertheil des sogenannten Maienhofes aus, wovon bald ein mehreres. Der Eingang stellt ein großes Gebäude dorischer Ordnung mit zween Flügeln dar, dessen Hof mit einem eisernen Gitter eingeschlossen ist. Das Mittelgebäude hat vier Säulen, und über denselben stehen auf der Balustrade die vier Statuen der Gerechtigkeit, der Stärke, der Klugheit und des Uiberflusses. In dem rechten Flügel ist die Galerie Dauphine, mit einer ansehnlichen doppelten Treppe, und im linken die Sakristeien, der Schatz, und die gedachten Archive der heiligen Kapelle. Vor dem Mittelgebäude liegt eine ansehnliche Treppe, deren Stufen 60 Fuß breit sind, zwo Arkaden auf den Seiten derselben führen zu den dahinter liegenden Höfen. Von der Treppe tritt man in die Galerie Merciere, welche auf der einen Seite zur heiligen Kapelle, und zum Gange des ersten Präsidenten, und auf der andern zum Saale der Prokuratoren xc. führt. Uiber der Galerie Merciere ist la Cour des Aides. Uiber der Thüre der Grand-Chambre bemerkt man den Medaillon des jetzigen Königs mit verschiedenen Attributen, rechter Hand das Studium der Gesetze, und linker Hand die Beredtsamkeit, von le Comte. In allen Sälen trifft man Boutiquen mit Galanterie und andern Waaren an.

Im alten Hofe des Palais steht eine Maie oder Birke, welche jährlich von den Clercs oder Schreibern den Parlamentsprokuratoren mit gewissen Feierlichkeiten und Prozessionen im May gepflanzt wird, weswegen der Hof auch oft la Cour du Mai heißt. Auf beiden Seiten des Baums ist das Wappen der Basoche. Dieses sonderbare Gericht hat ansehnliche Privilegien, und übt sein Recht noch immer aus, ob man gleich weder den Ursprung desselben, noch des Worts recht weiß. Die meisten glauben, daß Basochiens so viel als Bouffons waren, weil die Clercs in alten Zeiten allerlei Possenspiel aufführten; und daß ihr Gericht zu Anfange des vierzehnten Jahrhunderts entstanden. Es entscheidet die Streitigkeiten der Clercs unter sich, untersucht die Fehler, welche sie in ihrem Amte begehen, und nimmt auch die Klagen von andern Bürgern gegen sie an. Es erkennet keinen Richter über sich, als das Parlament; es besteht aus einem Kanzler, ehemals le Roi de la Basoche genannt, zwölf Maitres de Requetes, u. s. w. Obgleich der Titel Roi nicht mehr geführt werden darf, so datiren sie ihre Akten doch noch immer Sous le Regne de N. N. Chancelier etc. Sie haben itzt ihre wichtigsten Privilegien verloren, inzwischen ist das Gericht, und ihr jährlicher feierlicher Aufzug geblieben.

Um sich ein Begriff zu machen, auf was für Art die Prozesse geführt werden, und wie die Advokaten vor Gerichte reden, wird man wohl thun, das Palais einigemal in dieser Absicht zu besuchen. In dem großen Saale wimmelt es vorher von Menschen, und insonderheit von Advokaten, die sich mit ihren Klienten unterhalten, und ihnen die Gerechtigkeit ihrer unverlierbaren Sache, zumal wenn jene einen vollen Beutel haben, begreiflich zu machen suchen. Man kennt sie an kleinen Bündelchen Akten, an den langen weißen Uiberschlägen, nach Art unserer Priester, und an der sonderbaren Perücke, von der die hintersten Haare ganz gerade und zerstreut über den Rücken hinunter hängen, im Fall sie ihr eignes Haar nicht auf diese Art frisiren lassen. Sobald die Thüren des Gerichts geöffnet werden, stürzt alles hinein. Die Parlamentsräthe sitzen auf Bänken, in Schranken eingeschlossen; rings umher in einiger Erhöhung laufen die Sitze für die Zuhörer. Die beiden Präsidenten in langen scharlachen Röcken oder Talaren mit großen Perücken haben die höchsten Sitze, und vor ihnen, aber niedriger, ist der Platz des Oberparlamentsadvokaten. Diesem gegen über, doch außerhalb den Schranken, steht der redende oder plaidirende Advokat, und hat sein schwarzes steifes Bonnet auf dem Kopfe. Es ist nicht zu leugnen, daß man hier manchmal recht schöne Reden hört, aber es ist auch viel leeres Geschwätz darunter. Alle Augenblicke erschallt: Messieurs j' ose vous dire, -- je Soutiens, -- je prouverai, or Mess. vous avez vu, -- En second lieu -- etc. Oft ruft der Grefier: Silence, Silence, aber es hilft nicht viel. Gerade darneben wird Handel getrieben, geplaudert, spaziert, oder sonst ein Getöse gemacht. Wenn zuweilen lateinische Gesetze angeführt werden, so hat ein Ausländer Mühe, es wegen der besondern Aussprache zu verstehen.

Der erste Präsident hat seine Wohnung im Bezirke des Palais; es ist ein geräumiges Hotel mit einem Garten. Obgleich in allen den Gebäuden das Palais kein Zusammenhang, keine Symmetrie, und kein einförmiger Geschmack herrscht, so fällt das Ganze doch durch seine Größe auf, und die Thürme geben ihnen ein ehrwürdiges Ansehen. Der merkwürdigste darunter ist der de l' Horloge, an der Ecke des Quai des Morfondus. Hier ließ König Karl der fünfte 1370. die erste große Uhr in Paris aufstellen, und dazu einen Uhrmacher aus Deutschland kommen. Die große Glocke in diesem Thurme wird nur bei feierlichen Gelegenheiten geläutet. Den 24. August 1572. ward das Signal zu der grausamen Pariser Bluthochzeit damit gegeben.

Musée Carnavalet Paris
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Die Place Dauphine nimmt die Spitze der Insel der Cite, zwischen dem Palais und dem Pontneuf, ein. Heinrich der vierten gab 1608. den Plan dazu an, und nannte den Platz nach seinem Dauphin, dem nachmaligen König Ludwig den dreizehnten. Der Platz ist dreieckig, und hat nur zween Zugänge, einen in der Mitte der Base des Triangels, und einen in der Spitze gegen die Brücke. Die Häuser sind alle symmetrisch gebauet, und von einer Höhe. Dieser Platz bestund vor dem Ende des 16ten Jahrhunderts aus zwo kleinen Inseln, auf deren einer den 18. März 1318. der Großmeister der Tempelherren, und der Meister der Normandie unschuldigerweise verbrannt wurden.

Musée Carnavalet Paris
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Der Pont neuf ist eine der berühmtesten Brücken, worauf die Pariser sich viel einbilden, ob es gleich an manchen Orten schönere und auch längere giebt. Inzwischen ist es diejenige, welche am meisten gebrauch wird, weil sie ungefähr in der Mitte der beiden großen Hälften von Paris liegt. Das Fahren, Reiten, Rennen und Tragen währt Tag und Nacht, und es ist ein so unaufhörliches Getümmel auf derselben, als wenn etwas außerordentliches vorgefallen wäre, wonach das neugierige Volk eilet. Man kann sich nirgends einen deutlichern Begriff von der Lebhaftigkeit der Stadt machen, als wenn man hier eine Stunde verweilet, und dem Uibergange der unzähligen Menschen und Kutschen ruhig zusieht.

Die Brücke führt, vermittelst zwölf Bögen, über die sich gleich hinter derselben vereinigenden beiden Arme der Seine, und über die Spitze der Insel der Cite. Sie ist 170 Klafter lang, und 12 breit. Heinrich der dritte fieng den Bau an, er blieb aber wegen der damaligen Unruhen liegen, bis ihn Heinrich der vierte durch den Architekten Marchand 1604. zu Stande brachte. Auf der Brücke können vier Kutschen zugleich neben einander fahren, und auf beiden Seiten sind erhöhete Bankets für die Fußgänger. Auf den Mauern oder Pfeilern der Bogen sind Plätze, in Form eines halben Zirkels, hinaus gemauert, und auf diesen sind seit 1776. kleine steinerne Buden, wie chinesische Pavillons, jede mit zwei Fenstern errichtet, welches einige für eine große Verschönerung der Brücke halten; andere wünschen aber, man hätte das bloße steinerne Geländer gelassen, um die freye Aussicht auf keinerlei Weise zu unterbrechen. Bei dieser Brücke ist ein Wachthaus der französischen Garde, und ein anderes von dem Guet bei der Statue.

Diese Statue Heinrichs des vierten zu Pferde *) steht auf einem weißen marmornen Postemente, und ist mit einem eisernen Gitter umgeben. Der König sieht gerade in die Oeffnung der Place Dauphine hinein. Das Pferd ist von Johann von Bologna, und ein Geschenk des Großherzogs Cosmus des zweiten an seine Tochter Maria de Medicis. Die Statue des Königs, von Dupre, wird höher, als das zu plumpe Pferd, geschätzt, und ist weit über Lebensgröße. An den Ecken des Postements sind vier Sklaven von Bronze, gefesselt, welche Waffen mit Füssen treten. Auf den beiden Seiten bemerkt man zwo Bataillen, und auf allen vier Seiten sind Inschriften, die sich auf die Thaten und das Lob des Königs beziehen.

*) Es ist sonderbar, daß man sie, wenn von ihr in Paris die Rede ist, gemeiniglich le Cheval de Bronze nennt, als on der gute liebenswürdige Heinrich gar nicht darauf säße.

Die zweite Merkwürdigkeit des Pont neuf ist die Wasserkunst, oder die Samaritaine, wodurch das Wasser aus der Seine gehoben, und nach dem Louvre, den Tuileries und verschiedenen andern Quartieren der Stadt vertheilt wird. Das Gebäude ist zwei Stockwerke über der Brücke hoch. Auf der Vorderseite fällt das in die Höhe gehobene Wasser in ein großes Bassin, bei welchem die Figuren von Christus und der Samariterin am Brunnen von Blei bemerkt werden, wovon das Gebäude den Namen erhalten hat. Uiber dem Bassin ist eine Uhr, und oben auf dem Gebäude ein kleiner Thurm mit einem Glockenspiele angebracht, welches alle Stunden spielt. Die Architektur dieses zierlichen Gebäudes ist von Robert de Cotte, zu Anfange dieses Jahrhunderts angegeben.

Ehe wir dieses Quartier verlassen, müssen wir noch der vier übrigen Hauptbrücken erwähnen, welche die Cite mit den beiden großen Theilen, dem nördlichen und südlichen von Paris verbinden. Diese sind: der Pont Notre Dame, der Pont au Change, der Pont St. Michel, und der Petit Pont.

Die Brücke Notre Dame führt aus der langen Gasse St. Martin in die Cité, und man geht von ihr beinahe in gerader Linie quer über die Insel nach dem Petit Pont. Erstere besteht aus sechs Bögen, und ist sehr massiv zu Anfange des 15ten Jahrhunderts aufgeführt worden, nachdem sie vorher kaum 80 Jahre gestanden, und eingestürzt war. Sie ist ganz mit Häusern besetzt, so daß man fast nicht weiß, daß man auf einer Brücke geht. Es wird viel zur Schönheit der Aussicht längs der Seine, und zum freiern Durchstriche der Winde beitragen, wenn die sämmtlichen Gebäude, sowohl dieser Brücke, als des Pont au Change, werden abgetragen seyn, welches, wie bereits an einem andern Orte gesagt ist, im Jahre 1787 geschehen seyn wird. In der Mitte der Brücke sind zwo Pumpen oder Wasserkünste, welche das Wasser aus dem Flusse heben, und es verschiedenen Brunnen in der Stadt zuführen. Uiber dem Eingange sieht man den Medaillon Ludwigs XIV, mit artigen lateinischen Versen, welche sehr schmeichelhaft für Paris sind. Sie haben den Santeuil, welcher auf den meisten Brunnen der Stadt ein Paar Verse gemacht hat, zum Verfasser, und sind von Pierre Corneille und andern ins Französische übersetzt worden.

Le petit Pont ist öfters durch Uiberschwemmungen weggerissen, und wieder hergestellt worden. Zuletzt ist diese Brücke mit allen darauf stehenden Häusern 1718. weggebrannt, und von Stein wieder erbauet worden. Die Häuser sind aber zum Glücke weggeblieben, wodurch diese Gegend etwas freiere Luft bekommen, deren sie wegen der Nachbarschaft des Hotel Dieu sehr benöthigt ist. *)

*) Am Ende dieser Brücke stand sonst le petit Châtelet, wovon beim Quartier St. Benoit.

Die beiden übrigen Brücken le Pont au Change und St. Michel liegen auch meistens gerade gegen einander über, unterhalb den beiden vorigen. Le Pont au Change hieß ehemals die Brücke der Vögel, weil die Vogelfänger sonst hier feil hatten, und dafür verbunden waren, am Tage des triumphirenden Einzugs des Königs oder der Königin über diese Brücke 200 Dutzend fliegen zu lassen. Die jetzige Brücke ist 1639 von Stein aufgeführt. Ludwig VII. befahl bereits 1141. daß alle Geldwechsler (Changeurs) hier wohnen sollten, daher ist der Name geblieben. Am Ende der Brücke ist ein Monument befindlich, zum Andenken, daß diese Brücke unter der Regentschaft der Königin Anna von Oestreich 1647. zu Stande gekommen. Unter einer Arkade zwischen zween ionischen Pilastern steht der damals zehnjährige Ludwig XIV. auf einem Postemente, und neben ihm niedriger, aber in Lebensgröße, Ludwig XIII. und Anna von Oestreich. Die Figuren sind von Bronze, und der Hintergrund ist von schwarzem Marmor. Ein gewölbter bedeckter Gang (le Quai de Gêvres) führt von dieser Brücke nach dem Pont Notre Dame, welcher des Nachts, um der Diebereien willen, zugeschlossen wird.

Die Brücke St. Michel besteht aus drei Bögen, und ist 1618. von Stein aufgeführt worden. Es stehen 32 Häuser darauf, welche von den Quais einen häßlichen Anblick machen. Wenn jene Brücken geräumt sind, so wird die Reihe hoffentlich an diese auch kommen. Die Quais von diesen beiden Brücken nach dem Pont neuf sind in neuern Zeiten sehr verbessert worden. Der des Morfondus ist breiter gemacht, und ein besonderer Weg für die Fußgänger angelegt; der Quai des Orfevres ist gesenkt worden, so daß man eine bequeme Einfahrt zum Hotel des Premierpräsident hat. Auf diesem Quai wohnen eine Mengen Goldschmiede: es ist der Mühe werth, ihn zu besuchen, um die schönsten Sachen, und allerlei Arbeiten im neuesten Geschmacke zu sehen.


Quellen.[]

  1. Neueste Reisen durch Frankreich vorzüglich in Absicht auf die Naturgeschichte, Oekonomie, Manufakturen und Werke der Kunst von D. Joh. Jak. Volkmann.
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