Declaration Seiner Majestät, des Königs von Preussen, den Einmarsch Ihrer Truppen in Polen betreffend.[]
"Es ist in ganz Europa bekannt, daß die Staatsveränderung, welche am 3ten Mai 1791 ohne Vorwissen und Theilnahme der freundschaftlichen und benachbarten Mächte in Polen statt gehabt hat, bald das Mißfallen und den Widerspruch eines großen Theils der Nation erregte, und daß diejenigen, die der alten Regierungsform ergeben blieben, den Beystand der erhabenen Souveraine anruften, welche die Garantie davon übernommen hat. Ihre Rußische-Kaiserl. Majestät gaben dem Ansuchen Gehör, und eilten ihnen mit einem ansehnlichen Truppen-Corps zu Hülfe, das sich in diejenigen Provinzen vertheilte, wo seine Gegenwart am unentbehrlichsten schien. Unter seinem Schutz traten nunmehro die angesehensten Mitglieder des Adels in eine General-Conföderation zusammen, deren jetzige Arbeiten der Abstellung der Mißbrauche eingeführter Neuerungen gewidmet sind, und den Zweck haben, der Grundverfaßung ihres Vaterlandes ihre Kraft wieder zu geben.
Preußen mußte von jeher an dem Schicksale von Polen, theils als Nachbar, theils wegen der zwischen beyden Reichen obwaltenden Verhältniße, Antheil nehmen; es konnte daher jene große Begebenheiten nicht anders als seine Aufmerksamkeit erregen; aber der König hofte noch immer, daß die Unruhen bald ein glückliches Ende erreichen würden, und glaubte mithin, sich seiner Einmischung, besonders in einem Augenblick überheben zu können, wo wichtige, seiner Sorge würde Gegenstände ihn anderweitig beschäftigen.
Seine Erwartung wurde indessen nicht erfüllt. Anstatt daß die sogenannte Patriotische Parthey den heilsamen Absichten des Rußischen Hofes hatte nachgeben sollen, hat sie sich nicht entblödet, den Kaiserlichen Truppen einen hartnäckigen Widerstand entgegen zu setzen; und ohngeachtet ihre Ohnmacht sie bald dahin gebracht hat, dem chimärischen Entwurf eines offenbaren Krieges zu entsagen, fährt sie doch immer fort, geheime Anzettelungen zu veranstalten, die sichtbar zum Umsturz der Ordnung und öffentlichen Ruhe abzwecken. Selbst die Staaten des Königs haben die Folgen davon durch wiederholte Exceße und Verletzungen des Gebiets empfunden. Mächte ernstlichste Aufmerksamkeit erheischer, ist die Ausbreitung des Französischen Demokratismus, und der Grundsätze jener abscheulichen Rotte, welche allenthalben Proselyten zu machen sucht, und die in Polen bereits so viel Eingang gefunden haben, daß man die Unternehmungen der Jacobinischen Emissarien daselbst nicht nur kräftigst unterstützt, sondern sich sogar Revolutions-Gesellschaften bilden, die deren Grundsätze öffentlich bekennen.
Groß-Polen ist vorzüglich von diesem gefährlichen Gifte angesteckt, und enthält die größte Anzahl der eifrigen Bekenner einer mißverstandenen Vaterlandsliebe. Ihre Verbindungen mit den Französischen Clubs müssen dem Könige wegen der Sicherheit seiner eigenen Staaten ein gerechtes Mißtrauen einflößen, und setzen ihn daher in die Nothwendigkeit, dagegen zweckmäßige Maaßregeln zu nehmen.
Da Seine Königliche Majestät genöthiget sind, in Vereinigung mit den verbündeten Höfen den Krieg fortzusetzen, und im Begriffe stehen, eine zweyte Campagne zu eröfnen, so haben Sie geglaubt, sich zuförderst über den Ausweg, den Sie zu ergreifen hätten, mit den Höfen von Wien und Petersburg vereinigen zu müssen, und Ihre Kaiserliche Majestäten haben nicht umhin gekonnt, zu gestehen, daß eine kluge Politik Ihnen nicht verstatte, den Factionisten in Polen freye Hände zu lassen, und sich der Gefahr auszusetzen, eine Feind im Rücken zu behalten, dessen heftige und unüberlegte Unternehmungen eine neue Quelle von Verlegenheiten werden könnten. Seine Königliche Majestät haben daher beschlossen, ihnen dadurch zuvor zu kommen, daß Sie ein zureichendes Corps Truppen, unter Commando des Generals von der Infanterie, von Möllendorf, in das Gebiet der Republik, und namentlich in mehrere Districte von Groß-Polen einrücken lassen. Diese Vorsichts-Maaßregel hat die Absicht, die angrenzenden Preußischen Länder zu decken, die übelgesinnten Aufwiegler und Ruhestöhrer zu unterdrücken, die Ordnung und Ruhe wieder herzustellen und zu handhaben, und endlich den wohlgesinnten Einwohnern einen wirksamen Schutz zu verleihen. Es wird nur von ihnen abhängen, diesen durch ein stilles und kluges Betragen zu verdienen, indem sie die Preußischen Truppen freundschaftlich aufnehmen und behandeln, und ihnen, so wie sie es bedürfen könnten, Beystand zu leisten, oder ihre Subsistenz zu erleichtern. Die commandirende General wird seiner Seits nicht ermangeln, eine gute und genaue Mannszucht halten zu lassen, die Einwohner, so viel es von ihm anhängen wird, zu erleichtern, allen ihren Klagen abzuhelfen, und die Lieferungen, welche er verlangen könnte, mit Pünctlichkeit zu bezahlen. Der König hegt gern die Hofnung, daß er bey so friedlichen Gesinnungen auf den guten Willen einer Nation werde rechnen können, deren Wohlfahrt ihm nicht gleichgültig seyn kann, und der er thätige Beweise seiner Zuneigung und seines Wohlwollens zu geben wünscht."
- Berlin, den 6ten Januar 1793.
Quellen und Literatur.[]
- Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1793. Herausgegeben von einer Gesellschaft von Gelehrten. Hamburg, auf den Post-Aemtern und in der Hoffmannschen Buchhandlung 1793.