Briefe eines Reisenden.[]
[1] Greifenberg ist der letzte Ort nach hierher zu, worin französische Truppen stehen; schon im nächsten Dorfe findet man Preußen vom Blücherschen Korps, dessen Hauptquartier in Treptow an der Rega ist. Wir kamen nach Treptow. Das preußische Militär scheint sich leider nur im Aeußern verbessert zu haben. Die jetzige Montur (Filzmützen, kurze blaue Jacken, und graue Tuchhosen, die unten, als Kamaschen, zugeknöpft, bis über die Schuhe hinabreichen; alles einfach) ist bequemer und wärmer für den Soldaten, als die ehemalige; aber der Gemeingeist derselben ist scheinbar noch der alte. Ich habe Betrunkene auf den Straßen umhertaumeln sehen; ich habe gehört, daß die Ausländer (vorzugsweise die Polen) noch immer desertiren, und wenn sie, wie es oft geschieht, aufgefangen werden, noch immer Gassen laufen. Ich sah die jungen Herrn Officiere mit Federbüschen, die in respektabler Länge, wie der Babylonische Thurm, Himmelan strebten, ich sah sie bei Saltzers Pharao spielen, trinken, bramarbasiren, hörte sie fluchen, und wie ehedem noch immer auf -- ihre Ehre schwören und nach durchjubelter Nacht kehrten sie erst am frühen Morgen vom Spiel zurück. Ich habe erfahren, daß das dortige Kommissariat so zahlreich ist, als wäre das Korps von höchstens 7000 Mann zehnmal stärker, und daß in der Kasse eine so große Confusion obwalte, daß man ein Plus von 9000 Thaler in Courant besitze, von welchem man nicht weiß, woher es kam, und eben so wenig begreifen könne, woher in andern Münzsorten ein Minus entstanden sei. So wären wir denn noch hie und da die alten Preußen wie vor dem 14ten Oktober 1806. Gott sei es geklagt!
Quellen.[]
- ↑ Neue Feuerbrände. Herausgegeben von dem Verfasser der vertrauten Brief über die innern Verhältnisse am Preussischen Hofe seit dem Tode Friedrichs II. Ein Journal in zwanglosen Heften. Zehntes Heft. Amsterdam und Cölln, 1808. Bei Peter Hammer.