Notizen aus Preußen.[]
- (Geschrieben im Anfang des Jahrs 1808.)
Der Dämon der Schreibseligkeit scheint sich gegenwärtig aller Finger bemächtigt zu haben. Eine Sündfluth von politischen -- größtentheils gehaltlosen -- Brochüren und Schriften, die irgend ein Privatverhältniß betreffen, fällt fast täglich neu hernieder. Vorzugsweise aber sind die literairen Pfeile gegen den Geburtsadel -- hier hat die Schrift des Prof. Fr. Buchholtz sich vortheilhaft ausgezeichnet -- dann aber auch gegen die Vertrauten Briefe xc. und Feuerbrände und deren Verfasser und Redacteur, der Kriegsrath v. Cölln gerichtet. Daß die lezteren Bücher Gegenschriften veranlassen würden, war voraus zu sehen, aber das Uebermaaß und die Schlechtheit mehrerer derselben durfte man nicht ahnen. Daß das Publikum in diesem Grade belästigt, getäuscht und in pecuniäre Contribution gesetzt würde, schein außer dem Gebiete der Möglichkeit zu liegen. Aus mehr als einem Grunde konnte man Widerlegungen erwarten, denn einmal enthalten die vertrauten Briefe und Feuerbrände viele Wahrheiten, welche hie und da verwunden, zweitens können wol kleine Unrichtigkeiten darinn vorkommen, denn der Verfasser und Herausgeber ist nicht allwissend und drittens mußte man das Auftreten neidischer und Gewinnliebender Schriftsteller und Buchhändler fürchten; aber wie weit ist die Erwartung hinter dem Erfolge zurückgeblieben! Wahrlich, diese unseelige Schreibsucht und Verbreitung unwürdiger Schriften ist mit zum jetzigen Unglück des Preußischen Staats zu rechnen.
Alle Maaßregeln, welche unsere Regierung schon seit längerer Zeit in Hinsicht auf Reorganisation der innern Verhältnisse ergreift, beziehen sich fast ausschließlich auf das Nothwendigste, auf die Herstellung des öffentlichen und Privat-Credits und des gesammten Finanzwesens. So hat der König den Premierminister Baron von Stein zum Generalcontrolleur der Finanzen ernannt. Seit dem 1sten November ist bereits das Preuß. Militär auf den Friedensfuß gesetzt. Die im Königreich Preußen befindlichen, jezt aber nicht activen Offiziere und Unterstaabsoffizianten erhalten, außer ihren Nationsgeldern, das halbe Gehalt von den Domainenkammern zu Königsberg und Gumbinnen ausbezahlt. Ferner ist unterm 8ten December zu Memel ein Königl. Patent erlassen, welches festsetzt, daß der Stadtmagistrat von Königsberg autorisirt sey, zur Berichtigung des Kriegsschuldenwesens der Provinz Ostpreußen und Litthauen, Stadt-Obligationen anfertigen zu lassen und in Circulation zu setzen, (jedoch höchstens nur für 3,700,000 Thaler). Diese Summe, sowohl Capital als Zinsen und Kosten, garantirt der König und sein Nachfolger. Die Hauptsache in dieser Rücksicht geschah durch eine von Memel erlaßne und am 7ten December zu Königsberg erschienene Verordnung, nach welcher die Regierung zur Erhaltung der Schuldner und Gläubiger im Besitz- und Nahrungsstande einen allgemeinen Indult bis zum 24sten Junius 1810 in Ansehung aller Capitalszahlungen bewilligte, wozu die Verpflichtung vor dem Datum dies_r Verordnung eingegangen ist. Und es muß noch mehr geschehen, um einem allgemeinen Ruin vorzubeugen, denn die Finanzen der Landesbewohner sind im Gefolge des Krieges in einen fast beispiellosen Verfall gerathen. Dafür liefert der Zustand einzelner Städte den Beweis. Berlin z. B. war vor kurzem gänzlich außer Stande, die ihm auferlegte Contribution zu entrichten; sechs der wohlhabendsten Handelshäuser leisteten für den Augenblick Vorschüsse, die sie noch jezt, bei der Armuth der Bürger, noch nicht von der Committee zurück erhalten haben. Die Forderung einer gezwungenen Anleihe zur Wiederbezahlung der Vorschüsse blieb ohne Erfolg. Jezt hat man das lezte Mittel ergriffen und mehrere Kaufleute dahin vermogt, ein Contributions-Lombard zu errichten, wo bemittelte, aber jezt durch die Umstände in Zahlungsunfähigkeit versezte Individuen die nöthigen Summen gegen Verpfändung von Dokumenten erhalten. Das ist nur eine Hülfe für die Besitzer von Dokumenten. Aber woher nehmen die zahllosen Schaaren von Verarmten und Unbemittelten die namhaften Beiträge?
Das zur Untersuchung des Benehmens der militärischen Befehlshaber in Festungen oder über Armeecorps, welche im lezten Kriege capitulirt haben, zu Memel niedergesetzte Kriegsgericht hat seine Arbeiten begonnen. Der General v. Blücher war der erste wegen der Capitulation von Lübeck. Es versteht sich, daß sein Verhalten als lobenswerth anerkannt wurde. Später hat er selbst unter den Richtern Platz genommen.
Aufs neue hat der Preußische Staat an seiner Größe durch die am 6ten December zu Elbing erfolgte, und durch den Herrn Marschall Soult beendigte Gränzregulirung der Stadt Danzig einen Verlust erlitten, indem das Gebiet dieser Stadt gegenwärtig grösser als jemals ist. Auf der Sudost und Nordost Seite sind die Gränzen die vormaligen; auf der West und Nordwest-Seite aber hat Danzig viel Terrain gewonnen. Oliva, Fahrwasser und die Halbinsel Hela gehören künftig zum Danziger Gebiet.
Die Preußischen kriegsgefangenen Soldaten kehren nächstens aus Frankreich, jedoch nur in geringer Zahl, hieher zurück.
Die Räumung des Landes von fremden Truppen betreffend; so ist das östliche oder rechte Ufer der Weichsel seit der Mitte des Decembermonates von der Französischen Armee verlassen; nur Marienburg hat noch ein Spital für kranke Militärpersonen. In Elbing, Marienwerder und Graudenz sind am 19ten und 20sten Dec. wieder die ersten Preußischen Soldaten eingerückt und das Hauptquartier des Herrn Marschall Soult, (dessen Corps das Land zwischen der Weichsel und Oder besetzt), befindet sich seit dem 15ten zu Stettin. Da die Gränzberichtigung gegen das Großherzogthum Warschau hin im Netz Distrikt noch bis zum kommenden Frühling verschoben ist, so hofft man einer Seits noch auf eine Vergrößerung des, durch den Frieden von Tilsit bestimmten Preußischen Gebiets in dieser Gegend, auf der andern Seite aber glaubt man auch nicht daran, daß das Französische Militär vor der desfallsigen Regulirung über die Oder zurückgehen werde, obgleich die Sage sich wiederholt verbreitet, daß dieser Umstand nächstens und namentlich in der Mitte dieses Monats (Januar) eintreten wird. Durch Berlin marschirten vom 14ten bis zum 25sten December 25,000 Mann Französischer Truppen (von dem Corps des Großherzogs von Berg und des Marschalls Soult) auf dem Wege von dem jenseitigen Oderufer zur Elbe. Die Garnison dieser Hauptstadt bestand im letzten Monat des verflossenen Jahrs, inclusive der Offiziere und Employés, in 6700 Mann, wovon jedoch zur Erleichterung der Bürger, ein großer Theil in die Kasernen quartirt war; weniger litt daher die Hauptstadt als das platte Land umher *), worinn 34,000 Mann (wobei viel Cavallerie) cantonirten. Begreiflich drückt diese Menge die Landbewohner, wenn gleich der Gouverneur, Herr Marschall Victor, mit Milde verordnet hat, daß dieses Corps sehr ausgedehnte Quartiere einnimmt.
- *) Von der Oder bis zur Elbe.
Die Mittelmärkische Kammer übergab gegen das Ende des verflossenen Jahrs dem Herrn Gouverneur eine bittende Vorstellung, schilderte die Noth der Provinz und bat um Milderung derselben durch Verminderung der Besatzung. Die Antwort des Herrn Marschalls machte seinem Herzen Ehre, und gab zu erkennen, daß der Kaiser Napoleon seine Diener zu wählen weiß, und Menschen da anstellt, wo Menschen nothwendig sind. "Ich begreife" -- schrieb der edle Mann zurück -- "daß Elend des Landes und das Unvermögen desselben zur Erhaltung zahlreicher Corps ganz, aber ich bin unfähig, für den Augenblick eine bedeutende Abhülfe zu leisten, denn ich stehe unter den Befehlen meines Kaisers. Indessen habe ich Höchstdiesem so eben den Zustand der Provinz geschildert und gebeten, die Zahl der Besatzung zu vermindern, und hoffentlich wird der gerechte und gütige Monarch auf meine Bitte Rücksicht nehmen, wenn die Möglichkeit es irgend gestattet." (Eine Copie des Schreibens an den Kaiser war beigelegt.) So haben die Bewohner der Marck wenigstens den Trost, einen edlen theilnehmenden Obern zu besitzen, und schöpfen aus diesem Umstande gerechte Hoffnung für die (wenn auch nicht augenblickliche) Zukunft. Zudem erwartete man gute Erfolge von der Reise des Prinzen Wilhelm von Preußen (Bruders des Königs) nach Paris.
Ueber die Organisation der Armee erfährt man zur Zeit noch wenig. Das Bekannte ist: die Artillerie und die Abtheilung leichter Truppen zu Fuß bleibt der Zahl nach in ihrem vorigen Zustande, die Cavallerie und Linien Infanterie wird an Quantität bedeutend verlieren. Das Ganze wird wahrscheinlich an 100,000 Mann betragen. Der ehemalige Etat bleibt, die Chefs leiten die Oekonomie. Avancements finden vor der Hand nicht statt, sondern wenn ein Platz leer ist, so tritt einer von den gefangen gewesenen Offizieren, dessen Regiment oder Bataillon aufgelöset ist, dafür ein. Bis dahin behält diese Klasse von Offiziers das halbe Gehalt. Die Anstellung von Staabsoffizieren besorgt der König selbst, wenn nämlich Abgang gewesen ist, oder bei einer Brigade Fehlende sind. Bei jeder Escadron stehen 6 Offiziere. Die Offiziere in den noch bestehenden Regimentern der Cavallerie Baczkow, Auer, Esebeck, schwarze Husaren, haben loosen müssen, welche auf halben Sold gesetzt wurden. Die ganze Armee erhält neue Uniformen; die Cuirassire Cuirasse und Kaskets, die Infanterie u. Dragoner Chakos wie die Husaren, die Linien und leichte Infanterie graue lange Beinkleider und kurze Jacken (leztere nach Art der Russischen Montur) Seit dem 1sten November haben die Corps ihre mobilen Bespannung und alle entbehrliche Bagage abgetreten und werden in Zukunft davon nur das allernothwendigste zurück erhalten. Die Bestimmung des Nähern wegen der gänzlichen Herstellung des Militärs sistirt bis zum vollkommenen Eintritt der Dinge in die alte Ordnung.
Das Verhältniß unsers Hofes zu England ist bekanntlich nichts weniger als freundschaftlich. Im Anfang des Novembers versuchten ein Paar Englische Schiffe zu Memel einzulaufen, sie wurden aber, dem 27sten Artikel des Tilsiter Friedensschlusses ~emäss, zurückgewiesen, und der Hof folgt in dieser Hinsicht ganz dem Beispiele Rußlands.
Der zu Kopenhagen gewesene Englische Gesandte, Herr Garlike war vor kurzem mit einem Legationssecretair zu Memel, wo sie sich als Privatmänner aufhielten. Beide erhielten aber von der Preußischen Regierung den Befehl, sich zu entfernen. Unser Gesandte zu London ist zurück gerufen und wir sehen täglich einer Erklärung unsers Kabinets gegen Großbrittannien, ähnlich der Russischen, entgegen *). Mit Sachsen ist seit dem 13ten Octbr. alles berichtigt. Die Militairstraße von Sachsen nach dem Herzogthum Warschau geht über Crossen und Züllichau, drei Commercialstraßen führen eben dahin durch Schlesien. Die Land- und Commerzprodukte, welche von Sächsischen Unterthanen da- oder dorthin geführt werden, erlegen eine mäßige Abgabe und passiren übrigens ganz frei, wie auch die Französischen und Preußischen Landesbewohner dieselben Freiheiten genießen. Schlesiens Commerz- und Zollsystem wird dadurch so sehr verändert, daß eine ganz neue, der veränderten Lage angemessene, Gesetze im Betreff der Accise, Zölle, Gewerbe und Polizei nöthig sind, und dem ganzen Handel ein neuer Gang eröffnet wird.
- *) M. s. selbige weiter unten.
Die Volksstimmung ist jezt ein ganz eigenes Gemisch von Trostlosigkeit und froher Erwartung. Das größte Uebel einer Menschenclasse unter uns ist, daß sie die Möglichkeit nicht begreifen kann, wie Preußen so urplötzlich von der ersten Rangstufe an Macht und Ansehn unter den Europäischen Potenzen so urplötzlich zur dritten herabgestiegen seyn soll. Und so paßt sie noch immer die fernern Maaßregeln den alten Verhältnissen an. Die zweite Parthei hält die erfolgte Veränderung und Verkleinerung Preußens -- wenn die erstere ganz vollendet ist -- in Hinsicht auf den Privatzustand des Bürgers für kein großes Unglück. "Dännemark" -- spricht die Classe -- "war, seit einem Jahrhunderte her, weit kleiner als Preußen jezt ist, und doch lebte, ganz abgesehen von der treflichen Lage Dännemarks für die Schiffahrt und den Handel, dort der Unterthan, bis zu dem Raubzuge der Engländer, freier und glücklicher als in manchem andern großen Staate. Preußen war ein großer, sogenannter militairischer Staat, des hatte aber der Bürger keinen Gewinn. Und so werden wir uns besser befinden, wenn wir ein an Zahl geringes Militair und einen nicht zu begünstigten Adel besitzen!" Die Zukunft wird entscheiden, ob die Hoffnung oder die Muthlosigkeit an ihrer Stelle war.
Schreiben aus Preußen, vom 12ten Februar.[]
Ein Monat ist wieder unter unerfüllten Hoffen auf eine glückliche Veränderung unserer zwangvolllen Lage verflossen. Wir sind noch immer wo wir waren, und das waltende Elend hat sich nicht vermindert. Wenn, wie bei uns, der sonst Begüterte, erschöpft durch jene Lasten, welche der Krieg auflegt, durch Abgaben mancher Art, durch fortwährende Einquartierung zahlreicher fremder Soldaten, zu einem gewissen Grad von Armuth herabsank, dann liegt die Noth schwer auf die Gesammtmasse. Und jener Fall tritt häufig bei uns ein.
Nun denke man ferner an die vielen Officianten, welche entweder Brodtlos wurden oder doch keine Gage empfingen, an die Menge von Officieren, die, selbst ohne Vermögen, ohne Einkommen blieben und nun zur tiefsten Armuth herabgesunken sind. Der menschenfreundliche Prinz August (Sohn des Johanniter-Heermeisters, Prinzen Ferdinand von Preußen) sammelte für diese Classe eine Unterstützung an Gelde und viele wohlthätige Männer trugen bedeutende Summen dazu bei, der König ließ 30,000 Thaler auszahlen, aber der Bedürftigen sind so viele, nur wenige Thaler kamen auf den Antheil des Individuums. Die Königlichen Beamten bei dem ehemaligen Militair-Departement, als bei dem Ober-Kriegs-Collegium u. s. m., welche in demselben Falle sind, stellten bereits im November v. J. dem Könige das drückende ihrer Lage in einer Bittschrift dar, doch der Monarch antwortete, daß es unmöglich sey, aus den erschöpften Cassen ihnen Hülfe zufließen zu lassen; die müßten sich bis auf bessere Zeiten -- die hoffentlich nicht mehr sehr fern wären -- gedulden, diejenigen unter ihnen, welche unumgänglich einer Unterstützung bedürften, sollten sich an die Berliner Friedensvollziehungscommission wenden, die es vielleicht möglich machen würde, ihnen eine kleine Beihülfe zu gewähren. (Dies Königliche Schreiben wurde in der Mitte Dec. v. J. erlassen) Seitdem hat mancher Arme jener Gattung auf diesem Wege Unterstützungen erhalten, aber die Mittel reichen im Verhältniß zum Bedürfnisse nicht hin.
In und um Königsberg ist die Noth außer ordentlich groß. Ganze Haufen von Bettlern strömen von den nahgelegenen Dörfern, die der Dämon des Krieges heimsuchte, in die Hauptstadt, suchen hier Hülfe und fristen mit Mühe ein martervolles Daseyn, das dennoch von dem Mangel der nächsten Zukunft bedroht wird. Zwar läßt die milde Regierung unentbehrliche Lebensmittel vertheilen, aber bei dem ungeheuren Preise der Bedürfnisse ist es unmöglich, einen Jeden mit dem Nothwendigen zu versorgen. Einzelne unglückliche Fälle vermehren das Elend zu einer entsetzlichen Größe: So brannte das Städtchen Heiligenbeil in Ostpreußen, welches ohnehin durch den Krieg sehr gelitten, am Ende des entwichenen Jahres bis auf zwei Gebäude auf. Was man an Unterstützung für die verzweifelnden Einwohner sammelt, ist ein Tropfen in das Weltmeer.
Ferner ist der Preis der Colonialwaaren seit einigen Monaten auf das Duplum des sonstigen gestiegen und Jedermann ist daran gewöhnt, betrachtet den Genuß und Gebrauch derselben als eine Entschädigung für die mancherlei Leiden und unter diesen Umständen wird die Entbehrung unendlich schwer; die Staatspapiere stehen in einem sehr niedrigen Course; das grobe Courant stand zu Berlin in der Mitte Januars d. j. gegen Münze 14 pCt. Agio; wir sind mit falschen, zum Theil aus England gekommenen, Groschenstücken belästigt und da in Berlin das Französische Gouvernement alle von außen einkommende Groschen von den Münzarbeitern untersuchen und die unächten wegnehmen läßt, so herrscht jezt ein allgemeines Mißtrauen in dieser Hinsicht, fast Jedermann sieht die Münze genau an und weiset die falschen zurück. Man begreift, wie nachtheilig auch dieser Umstand würkt.
Die Einquartierung in den Preußischen Provinzen ist folgende: Zwischen der Oder und Elbe befindet sich das Corps des Herrn Marschalls Victor. Die dritte Division vom dritten Corps unter dem Herrn Marschall Davoust steht in der Neumark und Westpreußen. In Pommern ist das vierte Corps des Marschalls Soult, dessen Hauptquartier Stettin ist. Das fünfte oder Massenasche Corps, jetzt interimistisch vom General Suchet commandirt, steht in Niederschlesien, (Man hofft indessen, daß dieses bald aufbrechen und nach Italien gehen werde) und in Oberschlesien befindet sich das sechste des Herrn Marschalls Ney, dessen gegenwärtiger Commandeur der Herr Marschall Mortier ist.
Ein Kaiserl. Französischer Artillerietrain ist am 19ten Jan. durch Berlin gegangen. Er kam aus der Neumark und ging (circa 500 Mann und eben so viele Pferde stark) nach Hannover.
Schlesien zahlt monatlich eine große Summe (man sezt sie auf 288,000 Thaler) wahrscheinlich als Beitrag zu der allgemeinen Landes-Contribution.
Im Januar sind von der Franz. Intendantur 4000 Eichen aus den Märkischen und Pommernschen Forsten zum Gebrauch für die Franz. Artillerie requirirt. Die Forstbeamten machten Gegenvorstellungen, erhielten aber, dem Vernehmen nach, keine günstige Antwort von dem General Intendanten der Finanzen, Herrn Daru; es wurde im Gegentheil befohlen, daß alle Bäume, welche seit zwei Jahren hätten gefällt werden können, umgehauen werden sollten.
Auf dem rechten Weichselufer herrscht im Wechsel Mangel und eine große Theurung, die eines theils daher entsteht, daß noch immer Transporte von dem übrig gebliebenen Vieh und Getreide von diesem Ufer auf das linke zum Unterhalt der hier stehenden fremden Truppen abgeführt werden.
Es ist eine große Quantität Munition und eine Menge Geschütz nach Stettin und Cüstrin geführt und diese Festungen auf zwei Jahre mit Proviant versorgt worden.
Unsre 250,000 Mann starke Armee, ist bis auf 20,000, woraus sie jezt besteht, zusammen geschmolzen.
Wenn sie dies gelesen, so haben Sie so ziemlich die Mittel, sich einen Begriff von dem Drückenden unsers Zustandes zu bilden; jezt aber mache ich Sie auch mit der bessern Seite desselben, mit Hoffnungen und Erleichterungen bekannt.
Bekanntlich ist die Königliche Familie am 16ten Januar von Memel in Königsberg eingetroffen; zuvor war schon die Garde und ein Theil des übrigen Militairs hier angekommen; auch der Staatsminister Baron von Stein traf mit dem Personale der Königlichen Bank und anderen Behörden, ein. Man empfing den König und seine Familie mit all der Liebe, welche gute Unterthanen unter den drückendsten Umständen nie verleugnen, und welche sie sogar zum Trost des geprüften Beherrschers doppelt zu entrichten, sich schuldig glauben. Der König ist etwas magerer geworden. Anfangs hieß es, die Königliche Familie werde sich nach Elbing begeben, um dort zu residiren, aber dieser Entschluß scheint entweder aufgegeben oder nie gefaßt worden zu seyn. Daß der gute Monarch von der Gränze seines Reichs zu der Hauptstadt desselben zurück gekehrt ist, erfreut jeden Menschen in einem Staate, den die würdigen Abkömmlinge der Hohenzollern durch so viele Jahrhunderte mit Milde und Weisheit regierten; auch gewinnt das Maaß froher Erwartungen eine Vermehrung in der Annäherung des Königs.
Von dem bekannt gemachten Bruche mit England, der uns Frankreich näher bringt, hoffen wir ebenfalls Gutes. Welchen Vortheil des Prinzen Wilhelm von Preußen (Bruder des Königs) in Paris, bewürken wird, weiß man noch nicht mit Gewißheit; in einem gewissen Falle -- heißt es -- wird Preußen an Frankreich und Rußland ein militairisches Contingent stellen; auch heißt s, unsre Regierung werde dem Rheinbunde beitreten.
Wie wir erfahren, so hat die Ottomannische Pforte in einem Schreiben an unserm König, wegen der Abweisung des Preußischen Gesandten, Genugthuung zugesagt.
Die noch immer bis um die Mitte Januars d. J. als Kriegsgefangene betrachteten Officiere wurden um diese Zeit ihres Ehrenwortes entlassen, erhielten Freiheitscharten, und konnten sich nun wieder mit Pässen versehen, aus einer Provinz, aus einer Stadt in die andre begeben, wozu sie bis dahin eine Special-Erlaubniß bedurften. Uebrigens blieben die von ihrem Corps entfernten, wie jeder Civilist, der fremden Polizei unterworfen.
Ueber die Reorganisation unsers Militäirs ist bis jezt folgendes bekannt geworden:
Das Avancement geschieht künftig nur bis zum Capitain nach der Anciennetät, vom Capitain aufwärts ausschließlich nach Fähigkeiten. Es entsteht ein ganz neues, allgemeines Conscriptionssystem, doch dient der Conscribirte vor der Hand nur ein Jahr, damit alle streitbaren jungen Männer im Militairdienst geübt und dazu gewöhnt werden. Nach und nach werden alle Ausländer -- sowohl Officiere, als Unterofficiere und Gemeinde -- verabschiedet, und die Armee besteht fortan nur aus Einländern. Die Dienstthuenden wechseln alljährlich die Garnisonen. Die vielen Generale werden dimittirt -- (die Generale Kuhnheim, Wartensleben und Müffling haben bereits ihre Dimission genommen) -- und ein Obrist commandirt das Regiment. Ein solcher Obrist erhält jährlich 2500 Thaler Gage und in der Garnison freie Wohnung und Holz nebst 4 Rationen. Der Capitain, welcher Compagniechef ist, bekömmt 1200 Thaler Besoldung, der Premierlieutenant 300 Thaler.
In jedem Regiment bleiben 2 Staabscapitains, welche die Leibcompagnie und die des Commandeurs vom 2ten Bataillon -- welcher wie ehedem Obristlieutenant oder Major ist -- versehen; sonst wird dieser militairischer Grad aufgehoben. Die Auditeurstelle wird in Zukunft durch einen Officier des Regiments besezt, der die Rechte studirt haben muß und seines Officiums wegen, von allen andern Diensten befreit bleibt; die Regimentsquartiermeisterstelle geht gleichfalls ein, die kleinen Geschäfte werden vom Auditeur mit, die grössern vom Regimentscommandant oder im Felde vom Generalquartiermeister verwaltet. Auch die Feldprediger werden entlassen und nur im Felde werden einige Geistliche bei der ganzen Armee angestellt.
Was die Civilangelegenheiten betrift, so sollen, nach dem Befehl des Königs, die aus Polen vertriebenen Officianten bei der ersten Gelegenheit vorzüglich wieder in Brodt und Thätigkeit gesezt werden und bis zur Eröffnung von Stellen halbe Besoldung erhalten.
Bei den Tribunalen, die in sich von allen Regimentern errichtet werden, soll jeder Officier angeben, wo er während des Krieges bis zu seiner Gefangennahme war; auch darf jeder Suba~tern Officier unaufgefordert bei dem errichteten Kriegsgericht gegründete Klagen gegen seinen oder einen andern General anbringen.
Hiermit wäre denn die Uebersicht alles dessen, was auf unsern Staat Bezug hat, beendigt. Künftig die Fortsetzung.
Preußische Merkwürdigkeiten. Ein Schreiben aus dem Brandenburgischen vom 12ten März.[]
Das Gemälde der Preußischen Monarchie, wie sie jezt ist, erscheint als ein Nachtstück, in dem kaum ein freundlicher Punct zum Auge spricht.
Die Bewohner dieses Reichs werden von der Fortdauer, der, durch den Krieg erzeugten Noth, in eine Lethargie versenkt, aus der man nur erwacht, um sein Unglück zu fühlen und mit düsterm Blick in die dunkle Zukunft zu schauen.
Sieht man in ein öffentliches Blatt, so lieset man irgend eine obrigkeitliche Einladung, den Beitrag zur Contribution einzuliefern, oder die wiederholte Forderung der Committee an Hausbesitzer und Miether, jene Abgabe an die Stadtcasse abzureichen, von welchen die für das in Berlin stehende Armeecorps, oder für Durchmarschirende requirirten Bedürfnisse bezahlt werden. Und nun erwäge man, daß nur wenig Classen bei den Umständen gewonnen haben, daß Jedermann, mehr oder weniger, litt. Daß alle Privatpersonen und Corporationen, (ausgenommen Schulen, Universitäten, Hospitäler, Armen- und Waisenhäuser, und Personen, die auf Berlinische Grundstücke Geld geliehen haben) den sechsten Theil der einjährigen Zinsen, von ihren auf Güter und Grundstücke in den Marken eingetragenen Capitalien bezahlen müssen, ist wol eine der kleinsten Lasten, denn billig ist es, daß in solchen Zeiten Menschen, die ruhende Geldsummen besitzen, Opfer bringen für das Wohl des leidenden Vaterlandes. Aber wir tragen andere, größere Bürden. Die Hauptstadt Schlesiens, Breslau, hat, durch die Belagerung, einen Schaden von mehrern Millionen Thalern gelitten.
Aus einer, im vergangenen Monat in Preußen erlassenen Königlichen Bekanntmachung, sieht man, daß die Landescontribution von Ostpreußen und Litthauen zwölf Millionen Franken -- 8 Millionen im baaren Gelde und 4 Millionen in Waaren -- beträgt, und daß diese Summe bis zum Juniusmonat dieses Jahres in Paris bezahlt seyn muß. Um diese Bezahlung zu ermöglichen, ist von den Einwohnern der Provinzen eine außerordentliche Kriegssteuer gefordert, die man vom Vermögen und Einkommen entrichtet. Zur verhältnißmäßigen Vertheilung der Auflage sucht die Regierung den Vermögenszustand einzelner Personen sowohl als ganzer Corporationen auszumitteln. Dieser Umstand veranlaßte überdem die Mitglieder der Ostpreußischen Landschaft, auf einem, vom Könige genehmigten, Generallandtage über die Mittel zur Wiederherstellung der Landeswohlfahrt zu berathschlagen; auch die Besitzer nichtadelicher Güter nahmen an den Berathschlagungen und Beschlüssen Theil. Der vom Könige zum Commissarius ernannte Geheime Ober-Finanzrath und Kammerpräsident von Auerswald eröffnete als Präsident am 2ten Februar diesen Landtag, zu dem die Mitglieder der Generallandschafts- und Departements-Directionen, 23 Deputirte adelicher und 13 Deputirte bürgerlicher Güter gezogen wurden, und der am 17ten desselben Monates geschlossen wurde.
Das seitdem erschienene Reglement, welches die Regulirung des Kriegsschuldenwesens, durch eine, zu erhebende ordentliche Vermögens- und Einkommensteuer bestimmt, ist eines der Resultate jener Conferenz. Nach diesem Reglement tragen alle Personen zur Berichtigung der Contributions-Rückstände bei, die ein Vermögen besitzen, welches Einkommen gewährt, oder sonst eine fortwährende Einnahme genießen, oder durch ihre Arbeiten sich Unterhalt zu erwerben fähig sind, oder Pensionen beziehen. Bloß die Besoldungen und Wartegelder der Militairpersonen, sind frei von dieser Steuerpflichtigkeit. Wirft man einen Blick auf den gegenwärtigen Zustand der in Rede stehenden Provinzen, so begreift man das Drückende (obgleich Nothwendige) dieser Maaßregeln. Von der Weichsel bis zur Memel, verbreitete sich der Kriegsschauplatz, und wie schonend auch Feind und Freund verfährt: wo Löwen kämpfen, da wird der Boden zerstampft, zerwühlt. Die Französische Armee, ohne Magazine und zahlreich genug: Was gehörte zu ihrer Ernährung! Und was wurde durch Nachzügler von beiden Heeren verwüstet! Was büßten die Bewohner jener Gegenden alles ein! Von der Memel bis zur Russischen Gränze hin wurde es während des Krieges nie leer von durchmarschirenden oder bequartirten Russischen und Preußischen Truppen; auch diese kosteten. Ferner pressen andere unausbleibliche Folgen des Krieges und zum Theil des Friedens, wie er unter den Umständen geschlossen werden mußte, nicht minder hart. Sonst war ein Reichthum von inländischem Salz vorhanden, jezt sind die Salzwerke mit den Provinzen, worin sie sich befinden, abgetreten, die Herbeischaffung des ausländischen Salzes findet seine großen Schwierigkeiten bei dem gehemmten Verkehr zur See u. s. w. So ist der Preis dieses Artikels bedeutend gestiegen. Die unentbehrlichsten Lebensbedürfnisse sind sehr theuer. Es ist z. B. nöthig geworden, daß der menschenfreundliche König befohlen hat, es solle den auf halben Sold gesezten Officieren und Unterstaabsofficianten bis zur nächsten Aerndte eine unentgeldliche Brodportion von 2 Pfunden täglich gereicht werden. Leider kann diese Unterstützung nur denen Individuen werden, welche sich in Preußen und an den Orten aushalten, wo gebacken werden kann.
Zu den größten Uebelständen gehört, (nächst der Theuerung der zum Bedürfniß gewordenen Colonialwaaren) der, durch mancherlei Umstände veranlaßte, niedrige Cours der Scheidemünze und die Seltenheit des sogenannten Courants. Am Ende des Februars stand in den Marken, das Courant zu 26 - 30 pCt. Agio gegen Scheidemünze. Natürlich erscheint der Umstand doch darum nicht minder verderblich. England sandte seit einigen Jahren, schon ganze Ladungen falscher Eingroschenstücke von unserm Gepräge herüber, an der Meklenburgischen Gränze existirte noch vor kurzem eine Bande Falschmünzer, die schlechte Preuss. Groschen fabricirte und nach Berlin spedirte; so findet man jezt kaum ein Drittheil ächter Scheidemünze, die dazu bekanntlich bei weitem nicht den Gehalt des Nominalwerthes hat. Aus den abgetreteten Provinzen strömen täglich Transporte dieser Münze ein, und zum Ueberfluß hat unsre Regierung, seit der Mitte des entwichenen Monats, die Preußische Scheidemünze im Königreich Preußen, wo sie seit dem December 1806 sowohl bei öffentlichen Cassen als im Privatverkehr angenommen wurde, gänzlich außer Cours gesezt. Welche Wirkungen können diese Heere von Ursachen erzeugen? Mißtrauen, Nahrung für den blutsaugenden Wucher, Theuerung der unentbehrlichsten Dinge. Niemand nimmt im Handel Scheidemünze, oder er nimmt sie nach einem fast selbstgemachten Course. Die öffentlichen Cassen verweigern die Annahme durchaus. Und in den Händen der arbeitenden, der ärmsten Menschenclasse, die ohnehin überall der leidendste Theil ist, befindet sich nur die kleine Münze. Was diese dabei leidet, ist unbeschreiblich. Nichts kann den Wucher gänzlich unterdrücken. Nirgends findet der Arme in seiner Verzweiflung Hülfe. In der That, das Ende ist nicht abzusehen; gerne wendet der Menschenfreund den Blick von diesem furchtbaren Bilde.
Durch ein Königliches Publicandum vom 27sten Januar d. J. wurden die Behörden, öffentlichen Beamten und Königlichen Diener in der abgetretenen Provinz Neuschlesien ihrer Pflichten entlassen. In dem Königlichen Schreiben wird gesagt: die Provinz sey durch einen Vertrag des Königs mit dem Kaiser von Frankreich an das Herzogthum Warschau überlassen worden. (Neuschlesien heißt der furchtbare, obgleich bergigte, Landstrich, welcher bei der lezten Theilung von Polen, von der Woiwodschaft Krakau genommen und Schlesien einverleibt wurde. Er enthält 41 Quadratmeilen Arealgröße und 50,000 Einwohner.) So viel man sich erinnert, wurde diese Provinz nicht im Frieden von Tilsit an Warschau cedirt, es muß also ein neuer, anderweitiger Vertrag seyn, von dem hier die Rede ist.
Gegenwärtig liefern die Marken 1200 starke Pferde für das darinn stehenden Armeecorps; die ständische Committee empfängt sie von den Eigenthümern und verspricht diesen für jedes Pferd 200 Franken, die mit der Zeit von der Landescontribution abgezogen und ihnen gegeben werden sollen.
Nächst einem Artillerietrain, der aus der Gegend von Danzig kam, und -- 900 Pferde stark -- durch Berlin nach Mainz ging, ist auch um dieselbe Zeit (Mitte Februars) ein großer Theil des in der Mark stehenden Cavalleriecorps über Magdeburg abmarschirt. Diese leztere Erleichterung für die Landesbewohner, deren Vorräthe an Lebensmittel und Futter, ohnehin zur Neige gingen, soll eine Würkung jener Vorstellung des Herrn Marschalls Victor an den Kaiser Napoleon seyn, deren vor kurzem hier erwähnt wurde.
Hauptsächlich ist auch der Wechsel der Gerüchte, als ein Unglück anzusehen. In einem Augenblick hören wir von gänzlicher Befreiung und von Ausgleichung aller Discussionen unserer Regierung mit der Französischen, und wir athmen frei und glauben, denn wer glaubt nicht, was er wünscht, aber im nächsten Moment verzweifeln wir wieder, denn eine Hiobspost verbreitet sich, und wir sinken nun unaufhaltsam von lichter Höhe, herab zur alten Trostlosigkeit. So erschienen uns im entwichenen Monate mehrere Anlässe zu heitern Erwartungen. Als die Cavallerieabtheilung diese Gegend verließ, und ein in der Hauptstadt befindliches Militairspital nach Frankreich zurück gehen sollte, da war es entschieden, daß die Provinzen nächstens frei von allen fremden Truppen seyn würden, daß unsre Regierung dem Rheinbunde beigetreten sey; aber das Militairspital erhielt Ordre stehn zu bleiben, der abgegangenen Cavallerie folgten keine andern Truppen, und die Sage von dem Beitritt zum Rheinbunde schwand allmählig wieder in ihr Nichts, aus dem sie hervorgegangen schien. Vor kurzem hieß es, alles fremde Militair in Schlesien ziehe sich den Gränzen zu und werde bald diese Provinz verlassen, aber kaum acht Tage später und man sagte, die Truppen breiteten sich wieder über ganz Schlesien aus.
Der lezte Staab, auf den wir uns jezt stützen, ist die am 5ten d. M. erfolgte Ankunft, des dirigirenden Etatsministers Baron von Stein in Berlin. Dem Vernehmen nach, ist er mit unumschränkter Vollmacht versehen, die Räumung des Landes vom Französischem Militair zu bewürken, welche die Immediatcommission nicht, wegen Mangel an Autorität, ermöglichen konnte. Sicher wird dieser Staatsmann erreichen, was irgend erreichbar ist. Auch versichert man, daß bereits eine Convention abgeschlossen worden, deren Ratification nun zu erwarten ist.
Seit einigen Tagen hören wir, daß die Preußischen, bis jezt noch in Frankreich befindlichen, Kriegsgefangenen nun hieher zurückkehren und bereits auf dem Marsche sind. Auch an diesen Umstand knüpfen sie die Hoffnungen der patriotisch gesinnten.
Tröstlich ist die Bemerkung, daß im Dunkel der Ereignisse und unter der Bürde gewichtiger Lasten sich die Treue der Unterthanen für den König und dessen Familie, die Anhänglichkeit an das Königliche Haus nicht vermindert hat. Solche Erscheinungen sind um so wohlthuender, als sie bei dem egoistischen Zeitgeist täglich seltner hervortreten, und man so gern die Schuld der Leiden auf Regenten und ihre Umgebungen wirft. Hier ist das (mit wenigen Ausnahmen) nicht der Fall. Wo sich ein Anlaß findet, dem entfernten Monarchen und seinem Hause Verehrung und Liebe zu beweisen, da wird die Gelegenheit freudig ergriffen. So erfuhr das bessere Publikum mit hoher Rührung den Umstand, daß der wohlwollende König bei der Taufe seiner jüngsten, am 1sten Februar gebornen Tochter den Ostpreußischen Landständen die Ehre gab, sie zu Taufzeugen einzuladen. Auch wurde das Geburtsfest der Königin Louise (am 10ten März) zwar geräuschlos, aber darum nicht minder herzlich, gefeiert. Da und dort waren Gesellschaften zu diesem Feste versammelt; man speis'te zu Berlin die Dürftigen und gab ein Concert zum Besten der Waisen. Man weiß nemlich, daß der verehrungswürdigen Königin diese Art von Feier die wohlgefälligste ist. Und am Abend erscholl im Schauspielhause ihr ein oftwiederholtes und vielstimmiges Lebehoch. Der Wunsch, den König und seine Gemahlin bald bei uns zu sehen, sprach sich allenthalben aus.
Der Director und der Inspector des Nationaltheaters zu Berlin, Herr Iffland und Hr. Jacoby erhielten auf zwei Tage Haus Arrest, weil sie den Geburtstag der Königin öffentlich gefeiert hatten, ohne der Französischen Behörde solches im voraus anzuzeigen. Die Berliner Zeitungen vom 12ten März enthielten darüber folgendes:
Les Sieurs Iffland Directeur, et Jacoby Inspecteur du Théâtre-national de Berlin, ayant fait célébrer publiquement l'anniversaire de la naissance de S. M. la Reine de Prusse, sans en avoir prévenu les Autorités françaises, qui se seroient fait un plaisir de se joindre aux habitans de Berlin, dans l'expression de cet hommage de leurs voeux pour leur Souveraine, ont été condamnés aus arrèts chez eux pendant deux jours, d'après les ordres de S. E. Mr. le Maréchal Victor, Gouverneur, pour avoir ainsi manqué aux régles de la bienseance et à la confiance qu'ils doivent aux français.
Le Général de Division, Commandant la place de Berlin et la moyenne Marche.
(Signé) St. Hillaire.
Uebersicht des Zustandes von Preußen.[]
- (Geschrieben am 12ten April.)
So sehr man sich auch schmeichelte, daß mit dem Ende des Winters auch das Ende mancher drückenden Verhältnisse eintreten würde, so kündigt doch alles das Fortschritten der gewohnten Beschwerden an, und dringender erscheint mit jedem Tage die Nothwendigkeit einer Veränderung unserer Lage, obgleich sie nicht zu hoffen ist. Noch haben die fremden Truppen keine Bewegung vollzogen, welche eine Entfernung des Ganzen andeuten könnte; im Gegentheil kündigen gewisse Umstände längere Fortdauer der Französischen Besetzung der Preußischen Provinzen bis zur Weichsel hin, an. Im Anfange dieses Monates erhielt die Kammer zu Berlin vom Französischen Gouvernement die Weisung, dafür zu sorgen, daß in der Nähe der Residenz ein Lager für 25,000 Mann Infanterie geschlagen, und dieses Corps, mit Nahrungsmitteln und allem Nothwendigen versorgt werde. Für das Hauptquartier war Charlottenburg bestimmt, und von hieraus sollte sich das Lager über die Hamburger Landstraße hin nach Norden bis an das Dorf Schönhausen (½ Meile von Berlin) ausbreiten. Die Dauer des Bivouacs sollte 4 bis 5 Monate seyn; die Cavallerie -- 3000 Mann stark -- sollte dagegen so auf die Dörfer vertheilt werden, daß jeder Ort nur Wenige aufnähme und unterhielte. Bis jetzt ist noch unentschieden, ob es damit zu Stande kommt, denn die Landstände haben sich durch den Mangel an Mitteln zur Bestreitung der sehr bedeutenden desfalsigen Kosten bewogen gefunden, bittende Gegenvorstellungen zu übergeben. Was auch immer die Folge dieser Bitte seyn mag, sichtbar geht aus dem Ereigniß hervor, daß vor der Hand noch nicht auf Befreiung von fremder Besetzung zu rechnen ist.
Als ein Glück ist es unter diesen Umständen zu beach_en, daß im entwichenen Monate wieder ein Theil der Cavallerie aus der Mark auf das linke Elbufer ging. (Man sieht das als eine Wirkung der Vorstellung an, welche der Generalgouverneur Victor an den Kaiser Napoleon ergehen ließ). Begreiflich wäre die Noth der Provinz bei ihrer Gegenwart noch größer; er fehlt ohnehin an vielen Orten an Getraide, an Futter für das Vieh, ja sogar an Saat für die Bestellung der Sommerkornfelder. Dieserhalb haben bereits Landleute ihr Vieh in die Wälder gejagt, um abzuwarten, ob es sich selbst durchwintern oder den Hungertod sterben werde; andere verkaufen das Ihrige, welches aber nicht immer zu bewerkstelligen ist, weil es den Käufern am Gelde fehlt. Viele Landleute haben kein anderes Mitteln ihr Leben durchzubringen, als daß sie, ohne anzufragen, Bäume aus den Gemeinde-Forsten fällen, und das Holz in den nahen Städten verkaufen. In Berlin sieht man nicht selten Bewohner von platten Lande, welche zur Stadt kommen, um den Herrn Generalgouverneur um Erleichterung anzuflehen, da es ihnen unmöglich wird, ihre Einquartirten zu verpflegen, indem es ihnen selbst an den unentbehrlichsten Lebensmitteln mangelt; auch begleitet sie zuweilen ihr Einquartierter, um ihre Aussage zu bezeugen.
Die Lieferungen von Fourage u. s. w. können hie und da entweder gar nicht mehr, oder doch nur zum Theil geleistet werden. Die Provinz Pommerellen sollte z. B. für das 4te Französische Armee-Corps eine große Lieferung nach Stettin vollziehen; aber die Preußischen Behörden fanden, bei dem besten Willen, die Leistung unmöglich und wandten sich mit der Bitte um Erlaß an den dort commandirenden Herrn Marschall Soult, wobei zugleich das hohe Elend des Landes mit lebendigen Farben geschildert wurde. Dem Vernehmen zufolge hat der Herr Marschall darüber nach Paris berichtet; noch hat man nicht erfahren können, ob die Bitte bewilligt ist, aber man erwartet es von der Großmuth des Monarchen, da sich wirklich auf dem bekannten Erdstriche viele Menschen außer Stande befinden, das eigne Daseyn nur erträglich zu fristen und mit Grauen der nächsten Zukunft entgegen sehen. In einer nicht minder erbarmenswürdigen Lage befinden sich die Bewohner des platten Landes, zwischen der Weichsel und Memel (Niemen), an der Passarge, am Pregel u. s. w. Hier, wo der Kriegsschauplatz sich befand, wo furchtbare Epidemien wütheten, findet man mehrere Ortschaften halb entblößt von Einwohnern. Die Städte, vorzüglich Königsberg und Memel, haben mindestens, durch das Treiben des Krieges, am Gelde Ersatz für andere Plagen erhalten.
Das sonst blühende Schlesien, der Brillant unter den Preußischen Besitzungen, befindet sich, gleich den übrigen Provinzen, in einem bedauernswürdigen Zustande. In frühern ruhig~n Zeiten, zogen die dortigen Leinwandfabrikanten jährlich aus Portugall, Spanien und Amerika 9 bis 10 Millionen Thaler. Dieser bedeutende Gewinn ist gegenwärtig ganz verschwunden; Portugall und Spanien, theils am Geldmangel leidend, theils durch die eingetretenen Umstände im Handelsverkehr gehemmt, haben alle Verbindungen mit Schlesien aufgegeben, und der Handel nach Amerika wird theils durch die Engländer, theils durch die Maaßregeln unserer Sieger gesperrt. Die Einquartierungslast dauert fort. Auch nahm die Sterblichkeit hier auffallend zu: Sonst wurden alljährlich 21 bis 30,000 Menschen mehr geboren als begraben, im Jahr 1806 waren hingegen 9000 mehr gestorben als geboren und doch zog sich der Krieg erst im Spätherbst in jene Gegend. Für das Jahr 1807 und den Anfang des jetzigen sind bis daher noch keine Mortalitätslisten angefertigt, aber ganz unbezweifelt ist das Minus der Geburtsfälle noch weit bedeutender als in jenem Jahre.
Die Gewerbe liegen begreiflich größtenteils; nur einige Classen haben, bei dem allgemeinen Verluste gewonnen, vorzugsweise die Wechsler. Wahrscheinlich wird man künftig einmal bei einer allgemeinen Ausgleichung der Staatsbürger in Hinsicht auf Beiträge zur Kriegssteuer auf diesen Umstand Rücksicht nehmen, da noch außerdem diese Kaste die Noth, veranlaßt durch den Krieg und dessen Folgen, vermehrt. Die Preußische Scheidemünze verliert jezt gegen grobes Courant 35, sage: fünf und dreißig Procent. Die leztere Geldsorte ist selten und doch fordert sie Jedermann: Das Resultat ist dem gesunden Menschenverstande klar.
Der in Berlin anwesende Minister, Baron von Stein, hat die dor_gen angesehensten Banquiers dahin vermogt, daß sie für den noch rückständigen Betrag der allgemeinen Landescontribution Wechsel auf Paris, in 3 Jahren zahlbar, ausstellen wollen. Der Generalintendant der Finanzen, Herr Daru hat diesen Vorschlag in so fern angenommen, wenn die Bestätigung Sr. Maj. des Kaisers erfolgt; und es ist ein Courier nach Paris abgeschickt, die allerhöchste Ratification einzuholen; die Rückkehr dieses Couriers wird gegenwärtig mit Spannung erwartet. Dem Vernehmen nach, sollte, im glücklichen Falle, die Administration der öffentlichen Cassen dann wieder den Preußischen Beamten überlassen werden. Vom Abmarsch der Truppen zu einer bestimmten Zeit schien jedoch noch nicht die Rede zu seyn. Die Kaufleute erhalten für jene Summen, Sicherheit in den Königlichen Domainen: und andern Einkünften.
In Hinsicht auf die, durch den Frieden von Tilsit außer Thätigkeit und Brodt gekommenen, Königlichen Civilofficianten im Herzogthum Warschau u. s. w. ist durch eine Königliche Verordnung beschlossen, daß alle im Amte stehenden Preußischen Beamten von ihrer Besoldung einen kleinen Theil abgeben, damit die Entlassenen Pensionen erhalten können, welche ihnen außerdem, bei dem Zustande der Finanzen, versagt werden müßten. (Im Herzogthum Warschau allein sind, nach einer genauen Berechnung, 7139 Officianten außer Brodt gekommen.) Von 300 Thalern jährlichen Einkommens werden 4 pCt. abgezogen, höher hinauf steigt die Abgabe mit jedem Hundert um ein Procent. So drückend auf der einen Seite diese Maaßregel für die Arbeitenden ist, so erkennt man auf der andern den schönen Willen des Königs, die Unglücklichen, von denen er sich, bei eignem Verlust lossagen durfte, der Verzweiflung zu entreißen.
Zur Kriegssteuer für Ostpreußen und Litthauen entrichten die Königlichen Staatsdiener nach einem Reglement vom 23sten Febr. d. J. von ihrer Besoldung: von den ersten hundert Thalern jährlich 4 ggr., von 200, 12 ggr. von 300, 1 Thaler. So steigt es verhältnißmäßig, daß der, welcher 3,500 Thaler Einnahme hat, 105 Thlr. bezahlt. Höhere Gehalte gegen ohne Ausnahme 3 Procent ab. "Von dieser Steuer" -- sagt der dritte Paragraph jenes Reglements -- "darf nichts zu irgend einem andern als dem angegebenen Zweck verwendet werden und Wir geben unser Königliches Wort, daß sie aufhören soll, sobald der Zweck erreicht ist."
Zum Trost gereicht es für den Beobachter, daß alle diese erschöpfenden Opfer die Treue und Liebe der Staatsbürger und Königlichen Diener nicht vermindern. Noch ist über die leztern Abgaben keine Klage rechtlicher Männer laut geworden, obgleich bei der vermehrten Theurung, jede Entbehrung sehr fühlbar wird; im Gegentheil hat man öffentlich diese Maaßregel gebilligt und bewiesen, daß man sie für zweckmäßig hielt. Von andern Seiten hat man sich sogar zu mehr erboten als gefordert wurde. So haben die Ost- und Westpreußen, bei eignem Verlust und mancher getragenen Last noch vor kurzem jene thätige Anhänglichkeit beurkundet, welche gute Unterthanen zur Zeit der Noth bewährt. Die Elbinger haben sich freiwillig verbindlich gemacht, das Deficit, welches der Verlust der Zölle von Danzig veranlaßt, zu decken und haben zugleich dem Könige 500,000 Thaler zur Verwendung übergeben. In gleicher Absicht lieferte die kleine, durch den Krieg so hart gequälte, Stadt Braunsberg 200,000 Thlr. ein.
Die Preußische Armee, einst gegen 300,000 und beim Frieden von Tilsit, noch über 60,000 Mann stark, ist jezt bis auf 35,000 Mann reducirt.
Die Commission zur Untersuchung des Benehmens der Preußischen Officiere während des lezten Krieges, setzt ihre Arbeiten lebhaft fort; überall werden Verhöre gehalten und Protocolle aufgenommen. Der General von Kleist, der seine ausgezeichnete Laufbahn durch die Nicht-Vertheidigung von Magdeburg so unglücklich beschloß, ist der Untersuchung entgangen, indem am 30sten März, wie er im Hotel de Rome zu Berlin logirte, ein plötzlicher Tod seinem Leben ein Ende machte. Es soll auch eine zweite Commission zur Beurtheilung des Verhaltens der Civilofficianten niedergesetzt werden.
Bei der Reorganisation der Infanterie, finden, nach öffentlichen Angaben, folgende Veränderungen statt: Jedes Regiment wird um 2 Musketier Compagnien vermindert. Es besteht aus zwei Grenadier- acht Musketier- zwei Füselier- und ein Depot- und eine Invaliden-Compagnie. Die Stärke des ganzen Regiments soll 2720 Individuen betragen. Die Officiers avanciren unter einander. Jede Compagnie enthält 4 Officiers, 15 Unterofficiers, 3 Tambours und 50 Gemeine zum Dienst; alle Uebrigen erhalten Urlaub für Königliche Rechnung.
Der Hof lebt zu Königsberg sehr Geräusch- und Prunklos, und sucht jede mögliche Ersparung zu machen; der König, die Königin und Prinz Heinrich (Bruder des Königs) verminderten bereits das Personale ihrer Hofbedienten; nur die unentbehrlichsten wurden behalten, die übrigen pensionirt.
Der König arbeitet viel; im Familienzirkel scheint es viel von seiner ehemaligen Heiterkeit verloren zu haben, aber außerhalb, vor der Menge, erscheint er unverändert. Kein Zug, kein Blick deutet den Kummer an, welchen ein widriges Schicksal in seiner unfreundlichsten Laune ihm aufbürdete. Er trägt das Unglück mit ernster Würde und giebt seinem Volke ein großes Beispiel, wie man Leidensstürme erdulden soll.
Relationen aus dem Preußischen, vom 12ten Mai.[]
Es ist keinesweges erfreulich, jezt etwas von dem und über den Preußischen Staat zu schreiben, denn wohin man auch blickt, da trift das Auge entweder auf Ueberbleibsel ehemaliger Würde, Macht und Größe, oder auf ein Gemälde des tiefsten Elends, je nachdem die überschaute Sphäre ist. Welchen Menschen ergreift nicht, mehr oder weniger, eine gewisse Wehmuth, wenn er zurückdenkt an das, was ehedem war und nun das Gegenwärtige übersieht. Ein imponirendes Heer von 300,000 Kriegern ist bis auf einen Rest von 30,000 geschmolzen. Wo sonst harmlose Bewohner, im Bewußtseyn ihres Wohlstandes, frei umher sahen, sich lustig regten, lebten, webten, erwarben und genossen, da grinset jezt Nahrungslosigkeit, Gram, Trauer und Mangel dem Beobachter entgegen.
Zufrieden war der Herrscher, glücklich die Beherrschten und jezt ist alles dahin. Man erzählt, daß die Königin, als sie bei der Taufe der leztgebornen Prinzessin den Hofdamen die gewöhnlichen Geschenke überreichte, dazu sprach: "Nehmen Sie dies nicht, als das Geschenk von einer Königin, sondern als von einer verarmten Freundin an!" Sey es Wahrheit oder Erfindung: die Sache ist so, daß jene Aeußerung statt finden konnte. Wie viel hat das Königspaar, wie viel haben die besten Menschen, verloren, unersetzlich verloren. Und die Nation. Es ist schmerzhaft, besiegt zu seyn, aber es ist unendlich schmerzhafter, so besiegt geworden zu seyn, indem man im Rückblicke sich überzeugt, daß Personen, die das Vertrauen des Königs und des Volks genossen, pflichtwidrig handelten, und jenes ehrenvolle Vertrauen mißbrauchten. Wenn jezt der Mangel an Brodt, an Getraide fühlbar ist, wer trägt die Schuld, als jene Staatsdiener, die, sich selbst zu bereichern, die unmäßige Exportation des Korns begünstigten? Wenn gegenwärtig Verwirrung und Unordnung überall im Verkehr waltet, wer hat sie veranlaßt? Die Aufseher der Finanzen, welche werthlose Scheidemünze in ungeheurer Menge prägen ließen, und dann auswanderten, als die Folgen drohten.
In Preußen wird das Geld seltener, selbst an den Orten, wo der Krieg große Summen hinleitete, indem er die Bedürfnisse aufzehr~~. Auch dort ist die Scheidenmünze durch eine Königl. Cabinetsordre vom 4ten Mai auf den Silberwerth reducirt. Die jetzige Lage des Königreichs Preußen ist mit wenig Worten gezeichnet: Der Magistrat der, durch die lezte Schlacht bekannt gewordenen kleinen Stadt Friedland bat, in den Königsberger Zeitungen um ein Darlehn von nur fünfhundert Thalern zur Abtragung der Kriegscontribution so flehentlich wie um ein Allmosen. Wenn eine Gemeinde bis zu diesem Grade verarmt ist, so suche man nicht mehr nach näherm Aufschluß über die Situation eines Landes, einer Nation.
Die Geschichte Berlins im lezten Monate ist im Allgemeinen die Geschichte des Preußischen Staates. Wie dort Noth und Mangel herrschte, so herrscht er, mehr oder weniger allenthalben im Lande. In der Mitte des entwichenen Monats sank die Scheidemünze auf 25 Procent ihres Nennwerths herab. Dieses Mißverhältniß verbreitete seine schädlichen Einflüsse auf alle Zweige des Verkehrs und der Gewerbe. Die öffentlichen Cassen nahmen nur Courant an, der Privatmann mußte ein gleiches thun oder nicht arbeiten, nicht verkaufen, wollte er nicht sein Vermögen zusetzen. So konnten die Bäcker kein Getraide kaufen, denn sie nahmen nur Scheidemün_e ein, die Niemand als Bezahlung annehmen oder doch nur zu äußerst geringem Cours annehmen wollte und konnte Die Brodttaxe blieb so, wie damals, als der Roggen wohlfeil gekauft wurde. Viele Bäcker hörten, wegen Mangel an Roggenmehl, auf zu arbeiten, andere, weil sie nicht zu ihrer Arbeit noch am Gelde zugeben wollten. Nun entstand Brodtmangel.
Ganze Haufen von Armen, zum Theil mit ihren hungernden Kindern, sammelten sich, Brodt fordernd vor den Thüren der Bäcker und erhielten nichts. Die Polizei zu Berlin suchte den Auflauf vergebens zu hemmen, der Mangel des ersten Lebensbedürfnisses sezte die Menge in Verzweiflung. Jezt wurde das Französische Gouvernement aufmerksam und Vorsichts- und Abhülfemaaßregeln begonnen. Der Erfolg war so gut, als Wohl und Anwendung zweckmäßig erschien. Zahlreiche Patrouillen von Gensdarmerie, Militair, Schützen und Bürgergarden gingen durch die Straßen, die Wachen wurden verstärkt, die Dienstthuenden erhielten scharfe Patronen; den Bäckern wurde befohlen, zu arbeiten und damit es alle konnten, erhielt jene Classe, welche kein Mehl hatte, eine Tonne davon aus den Französischen Magazinen. Das schwarze Brodt wurde am Gewicht um eine Kleinigkeit verringert.
So waren die am 20sten April begonnenen Unruhen bereits am 26sten gänzlich beendigt. Um aber auch das Uebel aus dem Grunde zu heilen, so sezte das Committée administratif in Uebereinstimmung mit den Französischen Gewalten am 1sten d. M. die Scheidemünze auf ⅔tel ihres bisherigen Nominalwerthes (als welches ihr innerer Gehalt ist) herab, und es wurde gestattet, das künftig bei allen öffentlichen Cassen die Hälfte in Scheidemünze, der Thaler zu einem Gulden, angenommen werden sollte. Indessen war auch diese Hülfsmaaßregel wirksam. Die Agiotage hat das Courant wieder hinaufgetrieben und in diesen Tagen verliert die kleine Münze wieder 75-78 Pct, statt 50. Mit dem Steigen des Courants hängt auch das Steigen der Dinge, die erstes Bedürfniß sind, zusammen, und so geschieht es, daß schon jezt wieder das Brodt selten wird. Sollte nach höchstens drei Wochen keine reichliche Zufuhr erfolgen, so dürfte der Brodtmangel sehr zunehmen.
Die Französischen Truppen haben das Lager bei Berlin noch nicht bezogen; dies soll erst am Ende dieses Monates geschehen. Die Materialien dazu werden jezt geliefert und die Schwierigkeit sie zusammen zu bringen, ist nicht leicht und schnell zu besiegen. Da die Ständische Committee, wegen Geldmangel, die Garantie der bedeutenden Kosten des Baues zu übernehmen unfähig war, so mußten sich 25 der reichsten Gutsbesitzer dazu verbindlich machen, doch sind später durch die Französischen Autoritäten, der Fürst Hazfeld und der Feldmarschall v. Möllendorf von dieser Verpflichtung dispensirt worden.
Da der Einmarsch in das Lager -- welcher am 14ten d. M. erfolgen sollte -- aufgeschoben ist, so hofft ein großer Theil des Publikums, daß er bis nach der Erndte oder gänzlich ausgesetzt werde. So viel ist sicher, daß mehrere der Französischen Geschäftsverwaltungs-Beamten zu Berlin Ordre haben, bis zum 1sten Julius alles zu einem möglichen Abmarsch bereit zu halten.
Der Minister v. Stein befindet sich fortwährend in der Residenz, doch ist kein Erfolg seiner jetzigen Geschäfte zu bemerken. Nur vor einigen Tagen hörte man wieder von ihm reden. Damals weigerten sich nemlich die wohlhabenden Güterbesitzer die Kosten des Lagerbaues zu übernehmen, der Minister aber bestimmte sie zur Einwilligung, indem er sie wissen ließ: Se. Maj. der König würden es gerne sehen, wenn aller Anlaß zu Unzufriedenheiten der Französischen Autoritäten vermieden werden könnte.
Der Geheime Ober-Finanzrath Sack, bisheriger Chef der Berliner Friedenscommission hat sich in der Nacht vom 9ten zum 10ten d. M. plötzlich auf die Reise nach Königsberg begeben. Irrungen zwischen ihm und den fremden Behörden sind die Ursache seiner schnellen Entfernung; der Minister v. Voss ist, dem Vernehmen nach, in seine Stelle getreten.
In der Ostsee befinden sich eine Menge Englischer und Schwedischer Schiffe, welche sich zuweilen dem Ufer nähern und kleine Neckereien ausüben; von einer ordentlichen Landung aber, die man von Zeit zu Zeit in Pommern und Preußen befürchtete, war bis jezt noch nicht die Rede.
Ein Umstand, der unsere Erwartung jetzt spannt, ist die Zurückkunft des Kaisers Napoleon von seiner jetzigen Reise. Als er nemlich Paris verließ, sagte er, nach der Versicherung glaubwürdiger Personen, dem dort befindlichen Prinz Wilhelm (des Königs Bruder) er (der Prinz) werde wohl, bis zu seiner Rückkehr in der Hauptstadt des Französischen Kaiserthums bleiben, dann solle über Preußen entschieden werden. Wir hoffen, daß diese Entscheidung günstig für uns sey und das drückende Gewicht der allgemeinen Noth wenigstens vermindern, wenn auch nicht ganz heben werde.
Der Feldmarschall v. Kalkreuth ist zum Kriegsminister ernannt und ihm das Präsidium des Kriegsgerichts über die, während des lezten Kriegs, wegen Pflichtverletzung angeklagten Officiere übertragen.
Dagegen ist der ehemahlige Staats- Kriegs- und Cabinets-Minister, General-Controlleur der Finanzen, General der Cavallerie xc. Graf von der Schulenburg-Kehnert, ehemaliger Administrator des Hannöverschen xc. der lange einer der ersten Staatsbeamten unsrer Monarchie war -- als Divisionsgeneral und Präsident der Kriegssection im Staatsrath -- in Königl. Westphälische Dienste getreten. --
Schreiben aus dem Preußischen.[]
- (vom 12ten Junius.)
Wenn gegenwärtig sowohl in Zeitschriften als in größern Schriften die Lage der Preußischen Monarchie mit düstern, Bedauern erregenden Farben geschildert wird, so sind alle diese Darstellungen nur als Skizzen anzusehen; denn das große Gemälde des ganzen tiefen Elendes giebt Keiner und kann Keiner ausführen, weil ihm nur einzelne Punkte und Seiten, die ihn umgeben, erscheinen, weil er nur seine Nähe und das, was ihn am meisten interessirt, berücksichtigt. Man klagt über den Krieg und das, was man in ihm und durch ihn gelitten: das ist aber noch einer der Gegenstände, die in diesem Augenblicke nicht mehr mit so großem Kummer beachtet werden dürfen, die Wunde ist hie und da schon verharrscht, das Ueberstandene wenn auch nicht vergessen, doch milder im Rückblick geworden. Doch auch das, so großer der Schade ist, wäre zu ertragen, aber die Hauptsache, ist die Stockung des Handels, die Hoffnungslosigkeit für einen baldigen Weltfrieden. Die zahlreichen Einquartierungen, die Durchmärsche sind erschöpfend, aber die Mittel zu diesem Zweck würden gefunden werden, läge nicht aller Handel nach dem Auslande darnieder, rasteten nicht deshalb alle Seegenverbreitenden Fabriken, Manufacturen und Gewerbe, sähen sich durch diese Unterbrechung nicht zahlreiche arbeitende Familien brodtlos, dem Hungertode nahe gebracht. So sieht man noch fortwährend in Pommern (in der Gegend um Danzig vorzugsweise) Menschen, deren Gesichter von Hunger und Elend gebleicht und verzerrt sind; das Vieh, das ihnen bei dem Ende des Krieges geblieben war, raffte die Seuche hin, und jezt im Frühlinge sterben noch die wenige Pferde. Unbesäet liegen viele Aecker und man nahm vor kurzem sogar die schon gepflanzten Kartoffeln wieder aus dem Boden.
In andern Gegenden hat und genießt man nichts als Kartoffeln schlechter Gattung und das einzige Getränk ist Wasser, da das Getraide zum Bierbrauen mangelt und man es nicht bezahlen kann, wenn es auch zu haben wäre. Was seit einiger Zeit in der Hauptstadt Berlin in dieser Rücksicht vorgegangen, ist zum Theil bekannt. In den lezten Tagen des Maimonats war dort das Drängen um die ersten und unentbehrlichstenn Lebensmittel so außerordentlich groß, daß nur die kräftigsten Maaßregeln des Gouvernements und der Polizei im Berlin die schlimmsten Folgen verhüten konnten. Es sind ein paar Menschen gestorben, die vor den Thüren der Bäcker so gedrückt wurden, daß sie nach wenigen Tagen den Geist aufgaben, andere haben Krankheiten davon getragen, und noch jezt leiden mehrere an den Folgen jenes Drängens. Sobald ein Kahn mit Kartoffeln eintraf, sammelten sich mehrere hundert Käufer, und nur die Dazwischenkunft von Polizeibeamten oder Militärpersonen, konnten Zank und Todschlag verhüten. Es war ein unbeschreiblich trauriger Anblick, die zahlreichen Armen sich balgen zu sehen, um, gegen hohen Preis, die Mittel zur nächsten dürftigen Sättigung zu erhalten. Jezt hat dieser höchste Elendsgrad geendet, die Zufuhr mehrte sich, die Bäcker erhielten Mehl aus den Französischen Magazinen, zudem wachte die Garnison strenge über Wiederherstellung der Ordnung und Ruhe, die Bäcker, welche zu kleine und schlechte Brödte lieferten, wurden durch Geldbußen gezüchtigt, und jezt ist alles wieder in der Ordnung, das heißt: Alles ist, bei dem geringen Werth der Scheidemünze, (die wenigstens gegen Courant 70 pCt. verliert) sehr theuer, aber doch wieder zu haben. Dieselben Nachrichten, mehr oder minder übel, gehen aus allen Provinzen täglich ein.
Der Minister v. Voss ist, nach der Abreise des Staatsministers v. Stein von Berlin, an seine Stelle gekommen. Man sagt, (aus welchem Grunde, ist nicht bekannt) der Minister v. Stein sey in der Absicht nach Königsberg gereiset, um dem Könige die Acte des Rheinbundes vorzulegen und Se. Majestät zur Unterzeichnung derselben zu vermögen; man glaubt allgemein, daß dies das einzige Mittel sey, Preußen einigermaßen zu retten. Das nemliche scheint auch ein Französischer Autor in einer Notiz zu dem historisch-genealogisch-chronologisch-geographischen Atlas zu meinen, wenn er sagt: "Auf allen Seiten ist Preußen von einer mächtigen Conföderation umgeben, von welcher es eines der vornehmsten Mitglieder seyn könnte. Es ist jezt seiner Klugheit überlassen, alles abzuwägen und seiner Weisheit, zu wählen" (ob es nemlich sich dieser Föderation anschließen oder mit einem großen Reiche an seinen nördlichen Gränzen ein Bündniß schließen will.)
Träte Preußen dem Rheinbunde bei, so wäre wenigstens zu hoffen, daß die Administrationen in den Ländern zwischen der Elbe und Weichsel, den Preußischen Staatsdienern zurückgegeben würden, und welch ein Gewinn wäre das für die Regierung, der es jezt kaum möglich ist, die kleine Armee zu besolden, der nur die Einkünfte von dem engen Ostpreußen und Litthauen blieben. Diese Revenuen sind überdies bei der Verarmung der Bewohner, durch den Krieg und seine Folgen, namhaft vermindert worden.
Es ist deshalb dahin gekommen, daß die Regierung in der Beitreibung der Kriegssteuern, die nicht unbedeutend sind, hie und da zu strengen Maaßregeln zu schreiten genöthigt ist. Häufig finden bei dieser Gelegenheit Executionen und Auspfändungen statt, und die Erscheinung ist natürlich, wenn man erwägt, was die Bewohner jenes Landes litten und bereits gaben. So schätzt man den Verlust eines reichen Particuliers zu Königsberg, des Kriegsraths Fahrenheit, exclusive der neuesten Kriegssteuer, auf 200,000 Thaler.
Was unsern Handel betrift, so würde davon gar nicht die Rede seyn, wenn nicht einige Erzeugnisse Frankreichs, als Wein u. dgl. zur Asche herbeigeschaft, theils im Lande consumirt, theils durch den Speditionshandel weiter nach dem Russischen Reiche geschaft würden; der Wollhandel Schlesiens ist unbedeutend. Die in den vorzüglichsten Städten Preußens angestellten Französischen Handelsconsuls beleben das Commerz noch einigermaßen, wenn sie auf der andern Seite, das Einbringen verbotener Englischer und Schwedischer Waaren verhindern.
Der längst wiederhohlt aus London zurückberufene Gesandte, Baron von Jacobi hat, wie es scheint noch keine passende Gelegenheit zur Rückkehr finden können, oder wird auch durch Krankheit abgehalten, den bestimmten Willen der Regierung zu erfüllen. Der Preußische Gesandte in Stockholm, Hr. von Tarrach, ist bereits von dort in Königsberg angekommen und folglich sind nun alle Verhältnisse mit Schweden abgebrochen; nachdem der Schwedische Gesandte, Hr. von Brinckmann auf eben dem Schiffe zurückgekehrt ist, auf welchem Hr. von Tarrach angekommen war.
Wie man hört, läßt der König in Königsberg zwei Infanterie-Regimenter und ein Grenadier-Bataillon mobil machen, wahrscheinlich um die Ost-Seeküste nachdrücklich zu beschützen, denn außerdem setzen Sachkündige voraus, daß das Preußische Armeecorps noch eine Verminderung leiden dürfte, wenn sich die ökonomische Situation des Staates nicht nächstens zum Vortheil verändert; und folglich ist keine ernsthafte militärische Activität der Preußen zu erwarten.
Von dem Lager in der Nähe von Berlin heißt es gegenwärtig, daß es nur in Form eines Bivouaqs vollzogen werden und folglich das Baumaterial nebst dem bedeutenden Kostenbetrag erspart werden soll. Uebrigens hört man von mehreren Truppenversammlungen, die in der Mitte dieses Monats statt finden sollen. So wird auch bei Preußisch Stargard ein Campement errichtet. Die immer Hoffnungsreichen meinen, die Krieger werden sich hier sammeln und dann abmarschiren, was jedoch von andern aus Gründen bezweifelt wird. Truppenbewegungen finden im Brandenburgischen allerdings statt, das Militär wird in andern Quartiere verlegt; es gehen Abtheilungen nach Schwedisch-Pommern und Artillerietransporte nach Schlesien, doch dürfen über die Bestimmung derselben nur Vermuthungen geäußert werden.
Der Königliche Hof scheint auf einen längeren Aufenthalt in Königsberg zu rechnen; es wurden dort seit kurzem einige Einrichtungen getroffen, die dafür scheinbar sprachen. Ein großer freier Platz in der dortigen Residenz, der Königsgarten, sollte zu einem schattigten Spaziergang für die Zukunft eingerichtet werden, der Hippelsche Garten wurde für den Hof gemiethet und sollte, dem Vernehmen nach, gekauft werden u. s. w.
Die ersten Handelshäuser in Berlin müssen eine neue Contribution von 620,000 Thalern entrichten, deren Betrag sie sich auch von den weniger bemittelten Kaufleuten theilweise ersetzen lassen sollen. In den ersten Tagen dieses Monates, wurden 60 der angesehensten Kaufleute vor das Commité administratif geladen und ihnen die Forderung bekannt gemacht. Sie schützen den bedaurungswürdigen Zustand des Handels vor und erklärten daraus und aus einer Berechnung dessen, was sie seit dem October 1806 bereits gegeben und was sie verloren, die Unmöglichkeit eine solche Summe zusammen zu bringen; der gegenwärtige Auditor des K. F. Staatsrathes und Intendant der Märkischen Cassenadministration, Hr. Stassar, erneuerte jedoch das Begehren ernsthaft. Man entschloß sich endlich, ohne jedoch den Wechsel auf das Ganze zu unterzeichnen, 60,000 Thaler einstweilen zu übernehmen. Ob die übrige, unter den Umständen außerordentlich bedeutende Summe, aufgebracht werden kann und muß, ist noch unbestimmt. Die Bestimmung dieser Gelder ist sehr wohlthätig; man wird damit eine vollkommnere Einrichtung der Französischen militärischen Krankeninstitute im Lande bewerkstelligen, und ein zweiter Theil soll den Berlinischen Bäckern als Zuschuß zum Getraideankauf gegeben werden, daß die Dürftigen wohlfeileres Brodt erhalten können.
Das Comitté administratif zu Berlin hat eine sehr zweckmäßige Veränderung in seinem Oekonomiesystem vorgenommen. Die herbeizuschaffenden Bedürfnisse wurden früher durch Liferanten besorgt, welche dabei, auf Kosten der Stadt, ansehnlich gewannen. Jezt schließt das Comitté mit den Eigenthümern von Naturalien selbst Contracte und erspaart bedeutend dabei. So kostet z. B. das Schlachtvieh für das bestellte Lager bei Berlin 20,000 Thaler weniger, als wenn es von Zwischenhändlern geliefert würde.
Der Stadtpräsident und Polizei Director Büsching zu Berlin, hat in der Mitte des Maimonates, Krankheitshalber seine Dienstentlassung gefordert und erhalten Es war ihm unter den Umständen überhaupt unmöglich, alle kräftigen Maaßregeln zur Erhaltung der vollkommenen Ordnung zu nehmen, Hr. Auditor Teulon, der se_n Amt übernommen, genießt als Mitglied der Französischen Gewalten einer größeren Autorität und vermag seinen Anordnungen mehr Nachdruck zu geben. Darum verdankt ihm die Residenz die gänzliche Wiederherstellung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit, welche bei dem Brodtmangel vor kurzem und anderer Noth oft gefährdet wurden. –
Soviel für diesesmal. Könnte ich Ihnen doch nächstens etwas Erfreulicheres melden! Freilich gewähren die Umstände dazu wenig Hoffnung und der Blick des Patrioten in die Zukunft ist niederschlagend. Wenn nicht die Weltregierung dem Schicksale unsers Vaterlandes bald eine sehr glückliche Wendung verleiht, so dürfte die kommende Generation noch an den drückenden Folgen der Jahre 1806, 7 und 8 leiden.
Preußische Merkwürdigkeiten.[]
- (Ein Schreiben vom 12ten Junius.)
Die lebhafte Sage vom Beitritte Preußens zum Rheinbunde hat seit einiger Zeit wieder abgenommen, obgleich vor Kurzem noch alle öffentlichen Blätter davon sprachen und die Sache in Jedermanns Munde war. Freilich gab es auch damals Personen, welche Zweifel an der Wahrheit des Gerüchtes äußerten und versicherten, Rußland werde es nicht zugeben, daß Preußen sich dem Rheinbunde anschließe, indem der Hof von St. Petersburg noch immer mit dem Plan umgehe, den, früher von Preußen intendirten, Nordischen Bund zu stiften, wozu alsdann Preußen gehöre, und jene Personen haben die Idee noch jezt nicht aufgegeben und verlautbaren sie so, daß sie hie und da Glauben findet. So ist denn unser Loos noch immer unentschieden. Eine bedeutende Person zu Berlin äußerte vor Kurzem, in 4 bis 5 Wochen werde sich die Catastrophe Preußens entwickeln: das ist möglich. Der Himmel gebe nur, daß diese Catastrophe erfreulicher sey, als die nächste Vergangenheit und die Gegenwart.
Obgleich zu Berlin in der Mitte und in den lezten Tagen des Junius die Getraidezufuhr beträchtlich war, so riß doch aufs neue wieder ein augenblicklicher Brodtmangel ein, der dadurch veranlaßt wurde, daß die Landleute um die Residenz her, welche sonst Lebensmittel zur Stadt brachten, jezt genöthigt sind, ihren Brodtbedarf aus der Hauptstadt zu nehmen. Auf diese Weise wurde den Hauptstädtern ein großer Theil des Bedürfnisses entzogen und die Bäcker waren nicht im Stande, soviel Brodt anzufertigen, als die Menge forderte und bedurfte. Endlich kam es dahin, daß die Polizeibehörde verordnete, daß eine Person vom Dorfe nur an jedem Tage für 4 Groschen Brodt aus dem Thore tragen durfte und diese Maaßregel hatte Erfolg. Seitdem ist dies erste Nahrungsmittel, wenn auch nicht überflüssig, doch zur Nothdurft zu haben.
Der Cabinetsrath Beime lebt seit 14 Tagen bei Berlin auf seinem Landgute Steglitz. Seine Geschäfte besorgt jezt zu Königsberg, dem Vernehmen nach, der geheime Finanzrath Stegemann und der geheime Finanzrath Sack ist, seit seiner Ankunft bei dem Könige, erster vortragender Rath im Königl. Conseil. Zu Berlin erwartet man die Rückkehr des Ministers v. Stein in den nächsten Wochen, man sagt, er werde dann von den fremden Autoritäten die Administration der Finanzen wieder übernehmen. Mögte es wahr seyn; seine Amtswohnung, welche ehedem der Minister v. Streuensee bewohnte, wird in Stand gesezt. –
In den lezten Tagen des Junius ging ein Courier von Paris nach Königsberg durch Berlin, welcher ein Handbillet des Prinzen Wilhelm an die verwittwete Prinzessin Heinrich brachte, in dem gesagt wurde, daß der Uebergeber dieses Schreibens wichtige Depeschen dem König bringe und daß der Prinz hoffe, bald die Gegenstände seiner Sendung zu erreichen, indem er sich vielleicht selbst zu dem Französischen Kaiser nach Bayonne begeben werde. Der Inhalt dieses Schreibens, die erwartete Rückkunft des Staatsministers v. Stein und die Sagen vom Beitritt des Hofes zum Rheinbunde schufen damals Erwartungen, deren Erfüllung wir noch jetzt sehnsüchtig entgegen schauen.
Das Lager zwischen Spandau und Charlottenburg wird gegenwärtig gebaut und in diesen Tagen fertig. Es wird in Form einer regelmäßigen Straße von Baracken, die von Süden nach Norden laufend, eine Achtelmeile einnimmt und einen Wald im Rücken hat, errichtet. Einstweilen campirt das schon dort angekommene, ohngefähr 6 bis 7000 Mann betragende Corps in der Nähe, von und im Eingange des nahen Waldes und hilft bei Errichtung des Lagers, während es jezt, seit dem ersten Julius in Hütten von Strauchwerk, Rasen und Stroh zubringt. Auf 8000 Mann wird die Stärke des zum Lager bestimmten Corps geschätzt, das noch in diesem Augenblick nicht ganz eingetroffen ist. Die jetzige Berliner Garnison circa 2000 Mann stark, gehört zum Corps des Herrn Marschalls Soult. Mit den Lagern zu Havelberg, Neuruppin, in Schlesien und Weltpreußen verhält es sich so, wie mit den hiesigen, nur daß die Schlesischen bereits vollendet und an Mannschaft stärker sind.
Der jetzige Werth der Staatspapiere ist sehr geringe, der Cours der Scheidemünze ist seit kurzem etwas besser geworden. Es wird eine Anzahl von unterrichteten Officianten bei der Königlichen Bank und Seehandlung von Berlin nach Königsberg abgehen, um, dem Willen des Königs gemäß, ein Arrangement in den Finanzangelegenheiten zu bewerkstelligen. Wie es heißt, wird nächstens verordnet werden: daß die, in den Märkischen Provinzen einquartierten Kaiserl. Franz. Officiere sich selbst verpflegen sollen, wogegen die Einwohner eine Steuer vom Hausheerde entrichten werden; indessen ist bis jezt darüber noch nichts öffentlich bekannt gemacht.
Seit dem Eintritte des Frühlings haben die herrschenden Krankheiten den Character verändert, sich aber dagegen noch vermehrt. Alles liegt oder lag an kalten Fiebern, die zum Theil sehr langwierig und hartnäckig sind, darnieder, und man sieht eine furchtbare Zahl von Menschen, die eben aus der Todtengruft aufgestanden zu seyn scheinen.
Die von den Berliner Kaufleuten geforderte neue Contribution von 620,000 Thalern muß vom gesammten Handelsstande in drei Zeiträumen bezahlt werden. Am 1sten Julius war der erste Termin, aber es sind viele im Rückstande geblieben; indessen hält man von Seiten des Comité administratif strenge auf die Einrichtung, und es darf Niemand um Milderung des Beitrages einkommen, der nicht seiner Vorstellung die Quitung über das erste ganze Drittel beilegen kann.
Unser Hof nimmt die kräftigsten Maaßregeln, um jedes Seehandels Verkehr Preußischer Einwohner und Unterthanen mit England und Schweden zu hemmen. In dieser Hinsicht wurde in der Mitte des entwichenen Monats zu Königsberg ein Reglement gegeben, in welchem alle desfalsigen frühern Verordnungen vereinigt und größtenteils noch geschärft sind. Wer einer Verletzung jener Verfügung überführt wird, fällt, außer der Confiscation des ihm gehörenden Schiffes und der Waaren, noch in schwere Strafe. Zu Königsberg, Elbing, Memel und Pillau sind Handelscommissarien bestellt, welche über die pünktliche Befolgung dieses Reglements zu wachen gehalten sind.
Um dem Mangel des Courantgeldes im Königreich Preußen abzuhelfen, ist durch ein Königliches Publikandum vom 13ten Junius verordnet, daß in Zukunft auch bei Zahlungen an öffentliche Cassen Alberts Thaler, die dort von Curland her, eingebracht werden, für 1½ Thaler angenommen werden dürfen.
In Königsberg, wo am 1sten Julius das neue Schauspielhaus abbrannte, dessen Erbauung und völlige Einrichtung gegen 90,000 Thlr. gekostet hatte, erschien vor Kurzem eine öffentliche Aufforderung, die, außer Thätigkeit und Brodt gesezten Preuss. Officianten im Herzogthum Warschau, die geborne Preußen sind, wenigstens in sofern zu unterstützen, daß sie sich aus jener Provinz entfernen und einen andern Wohnort suchen könnten; früher schon hat der König, dem Vernehmen nach, diesen Unglücklichen eine ansehnliche Summe zur Aushülfe zufließen lassen, aber dennoch ist die Noth derselben sehr groß. Den Königl. Beamten in den, nach dem Tilsiter Frieden gebliebenen und jezt noch von fremden Truppen besetzen Provinzen ist zum Theil abschläglich eine Zahlung auf ihre, seit 1806 restirende Besoldung gereicht, und ihnen das Versprechen gegeben worden, daß der Betrag nachbezahlt wird, sobald die Staatskräfte es gestatten.
Die Reorganisation des Militärs betreffend, so sind alle in Aktivität gebliebenen Officiere aufgefordert, sich zu erklären, ob sie sich für fähig halten, die Strapatzen eines Feldzugs auszudauern; wer das nicht zu vermögen glaubt, wird die Hälfte des vollen Gehalts, oder nach Befinden der Umstände, Pension erhalten.
In Schlesien tritt sichtbar eine der unseeligen Folgen des Kriegs hervor: die öffentliche Unsicherheit. Räuberbanden haben sich gebildet und treiben an der Oesterreichischen Gränze ihr verderbliches Wesen. Vor Kurzem verübte eine solche, ohngefähr 20 Mann starke Räuberbande, dort große Gewaltthätigkeiten. Die Schlesischen Provinzialblätter führen mehrere Beispiele an, wo Diebstähle und gewaltsame Einbrüche mit Verwegenheit und Grausamkeit vollführt wurden. Aus gleicher Quelle kommen wiederholte Feuersbrünste, und die Polizei vermeidet deshalb alles Aufsehen. Nur selten wagt es ein Dorfgericht auch den verdächtigsten Menschen zu verhaften, weil man fürchtet, daß die Spiesgesellen des Landstreichers wegen seiner Gefangennahme Rache ausüben dürften. Das Getraide auf den Feldern, wo jezt die Lager stehen, hat abgemäht werden müssen, doch ist den Besitzern volle Vergütung ihres Verlustes bei einer künftigen Contributionsausgleichung versprochen, (das nemlich ist auch in der Mark und Westpreußen der Fall). Alle Getraidebestände in Schlesien sind von den Behörden aufgezeichnet, wahrscheinlich geschah es wegen der Verpflegung der Französischen Truppen, doch erhalten diese auch aus den nachbarlichen Oesterreichischen Staaten auf freundschaftliche Weise die fehlenden Nahrungsmittel.
Die Mittel zur Bestreitung der Kosten, welche die Unterhaltung des in den dortigen Lagern stehenden Militärs erfordert, fangen hie und da an zu mangeln; die Breslauische Kriegs- und Domainenkammer erließ deshalb unterm 13ten Julius ein Publikandum, daß eine neue Steuer, und zwar von sämmtlichen Schlesischen Pfandbriefen und zinsbaren Hypotheken-Capitalien, gegeben werden musse Vier Procent entrichten den sechszehnten, fünf Procent den zehnten und sechs Procent den sechsten Theil.
Welch ein Ende werden diese fortwahrenden Entkräftungen durch starke Abgaben gewinnen? Die Mitglieder der Französischen Armee von Range gegen in ihren Aeußerungen Hoffnung, daß die Mark Brandenburg im August d. J. von der Kaiserl. Franz. Armee werde verlassen werden, aber erlauben Aussichten und Umstände auch, daß man diese beruhigenden Hoffnungen nähre?
Aus Berlin, im Junii Monat.[]
Wir hatten hier unlängst Nachricht von einer Affaire die bei der Insel Rügen vorgefallen seyn sollte, und es wurde sogar von vielen Bleßirten erwähnt, die hier angekommen, jetzt aber weiß man, daß das alles ein gewöhnliches Mährchen war, deren hier sehr viele verbreitet werden. Aus andern Spitälern sind Kranke hieher gebracht worden, und es ist keine Aktion mit den Schweden vorgefallen.
Die Einquartierungen sind gegenwärtig hier wieder sehr stark, aber seit der Einsetzung eines neuen Französischen Polizeidirektors sind Bäcker und Brauer ganz ruhig, und überhaupt muß jeder den Franzosen die Gerechtigkeit wiederfahren lassen, daß sie die beste Ordnung halten und man hört durchaus von keinem Excesse, aber aus vielen Preußischen Orten gehen traurige Nachrichten ein, in Ansehung der Theurung aller Lebensmittel.
In einem historisch-geographischen Werke, welches von le Sage unlängst zu Paris herausgekommen und den Titel führt: Atlas historique, chronoloque et geograhique, par A. le Sage, liest man folgendes über Preussen: "Die physische und politische Lage Preussens giebt 200 Lieues Küstenland. Der Zustand der Dinge ist hier so neu als mühselig; kaum entgangen einer der überraschendsten und schrecklichsten Katastrophen, die je in der Geschichte ausgezeichnet sind, findet sich Preussen in einer solchen geographischen Lage, daß es alle Hofnung aufgeben muß, je wieder seinen Verlust zu ersetzen. Es muß jetzt sein Vergrößerungssystem ganz vergessen, um sich blos mit einem Erhaltungssystem zu beschäftigen und es zu befolgen. Zu schwach um sich künftig auf seine Neutralität zu verlassen, bedarf es nothwendig einer mächtigen Stütze. An seinen nördlichen Gränzen befindet sich ein großes Reich, um dessen Bündniß Preussen sich bewerben kann. Auf allen andern Seiten aber ist es von einer mächtigen Konföderation umgeben, von welcher es eins der vornehmsten Mitglieder seyn könnte! Es ist jetzt seiner Klugheit überlassen, alles abzuwägen, und nach seiner Weisheit zu wählen."
Diese Französischen Bemerkungen geben ohne weitre Erläuterung für Preussen, sehr reichlich Stoff zum Nachdenken.
Preußische Nachrichten.[]
Diese sind, wie man leicht denken kann, nicht erfreulich, und beinahe ist seit einiger Zeit anzunehmen, daß alles was von daher komme, den Stempel des Jammers und Elends trage, doch der Klagen hört man so viele und von allen Orten her, daß hier nicht auf das mehr oder weniger ankommen kann, denn wenn von Kriegsnoth in einem Lande gegenwärtig die Rede ist, so steht das Preußische unstreitig oben an.
Dieses als Einleitung zu den Nachrichten aus Berlin, daß der Antrag, die Französischen Truppen sollten sich selbst verpflegen und den Kostenbetrag aus der Requisitionskasse erhalten, wie öffentliche Blätter gemeldet, nicht durchgegangen, weil die dazu erforderliche Summe zu groß war, so daß alles bei der alten Einrichtung verbleiben wird. Das Berliner Einquartierungsbüreau läßt freilich Beiträge an brauchbarer Leinwand, als Bettücher und Hemden, für die Französischen Militairspitäler in der Stadt sammeln, aber -- es kann dergleichen Sammlung nur wenig einbringen, denn der Mangel in den meisten Bürgerhäusern ist zu groß, um Spitäler zu unterstützen. Es sind bereits in Berlin über 400 Häuser, die wegen Unvermögens der Eigenthümer und wegen Mangels an Käufer sequestrirt werden. Ein Beispiel zu Berlin zeigte, daß die Noth der jetzigen Zeit selbst in den höhern Ständen Verbrechen erzeugt, um sich zu erhalten. Ein Französischer Offizier der bei einem gefangenen Preußischen Artillerieobersten in Quartier lag, wurde um eine beträchtliche Geldsumme bestohlen. Es fand sich bald, daß der Diebstahl von der Frau des Obersten begangen war. Die Oberstin führte zu ihrer Entschuldigung an, daß sie arm sei und mit schwerer Einquartierung belastet werde. Die Sache wurde untersucht und vom Französischen Gouvernement mit vieler Diskretion behandelt.
Aus Breslau schreibt man von vorigen Monat, daß ein Korps Franzosen ein Lager bei der Stadt bezogen, wie lange es aber stehen bleiben werde, sei eben so wenig zu bestimmen, als der Abmarsch der Truppen aus dieser Provinz, welche fast durchgehends Theurung und Nahrungslosigkeit leidet. In Breslau hat ein Volksaufstand statt gefunden, wobei der Polizeidirektor, Major Senf von Pilsach von dem Pöbel mißhandelt und vom Pferde gerissen wurde, und hiezu hatte ein Mißverständniß die Veranlassung gegeben. Es hatte nämlich jemand eine Schrift drucken lassen, worin er das Publikum wohlmeinend aufforderte, die ärmern Mitbürger zu unterstützen, und bei dem herrschenden Mangel den Vorschlag that, auch dort wie anderwärts geschehen, Versuche zu machen, die Knochen und Fischgräte zur Nahrung für die Armen zu gebrauchen. Gedachter Polizeidirektor hatte von dieser Schrift wohlmeinend mehrere Exemplare gratis vertheilt, der gemeine Mann aber deutete dies falsch und glaubte, man wolle die armen Menschen wie Hunde mit Knochen füttern, dadurch wurde Tumult erregt, der jedoch mit Hülfe des Französischen Militairs bald beigelegt wurde. Wie gesagt, alle Nachrichten aus Preußischen Ortschaften klingen sehr tragisch, und der Mangel hat schon mehrere Unglückliche zur Verzweiflung gebracht.
Reskript vom 7. November.[]
[10]
Berlin den 10. Nov. In Betreff der bevorstehenden Räumung der Preussischen Staaten von den kaiserl. Französischen Truppen, liest man hier nachstehendes Reskript, das von dem königl. Kabinets-Ministerium an die General-Zivil Kommissarien in den bisher besetz_en Provinzen erlassen ist:
"Friedrich Wilhelm xc. Unsern xc. Wir haben euch durch das Reskript Unsers Kabinets-Ministeriums vom 22. v. M. benachrichtigen lassen, daß die Räumung Unserer Staaten von den kaiserl. Französischen Truppen, und die Zurückgabe der Administrazionen des Landes spätestens mit dem 15. d. M. verfügt werden würde. Inzwischen sind die Vorbereitungen hiezu bereits so weit gediehen, und alle Anstände dahin beseitigt, daß die Evakuazion schon jetzt verfügt worden ist, und so schnell, als die Entfernung der einzelnen Korps, und die Möglichkeit in Herbeyschaffung der Transporte solches nur immer gestattet, spätestens aber bis zum 5. künftigen Monats vollendet seyn wird. Die von dem kaiserl. Französischen Gouvernements bisher verwalteten öffentlichen Kassen werden Unsern Beamten am 18. d. M. zurückgegeben, in so fern die Verwaltung der kaiserl. Französischen Behörden bey dem frühern Abmarsch der Truppen nicht vor gedachtem Tage schon aufgehört hat. Diesem gemäß habt ihr die in eurem Geschäftsbezirk weiter erforderlichen Veranstaltungen zu treffen, und ernstlich dahin zu wirken, auch besonders den untern Beamten einzuschärfen, daß, so wie die kaiserl. Französischen Autoritäten ihrerseits den Abmarsch der Truppen mit Ordnung und regelmässiger Mannszucht leiten, auch diesseits aller Anlaß zu Beschwerden verhütet, und ein freundschaftliches Einverständniß mit den kaiserl. Französischen Behörden und Truppen erhalten werde. Mit Vertrauen erwarten Wir von den wohlgesinnten Einwohnern Unserer Haupt- und Residenzstadt Berlin und der Provinzen, daß sie in einmüthiger Bestrebung, den Geist der Ordnung und der öffentlichen Ruhe gegen die Störer derselben zu behaupten, ihre treue Anhänglichkeit und ihren Gehorsam gegen Uns, eben so rühmlich für sie, als wohlthätig für das Beßte des Vaterlandes, beweisen werden. Sind xc. Berlin: den 7. Nov. 1808. Auf Sr. königl. Majestät allergnädigsten Spezial-Befehl:.
Zeitungsnachrichten.[]
- [1808]
Politische Notizen. [11]
Der König und die Königin von Preussen sind in Königsberg angekommen. Auf baldige Räumung der Preussischen Provinzen von Französischer Seite, ist hieraus keinesweges zu schliessen. Nach Stettin und Küstrin ist eine Menge Geschütz und Pulver geführt worden, und beide Festungen sind mit Proviant so versorgt, daß sie die Belagerung eines ganzen Jahres aushalten können.
Preussen. [12]Alle Maßregeln, welche unsere Regierung schon seit längerer Zeit in Hinsicht auf Reorganisazion der innern Verhältnisse ergreift, beziehen sich fast ausschließlich auf das Nothwendigste, auf die Herstellung des öffentlichen und Privatkredits und des gesammten Finanzwesens. So hat der König den Premierminister, Baron von Stein, zum Generalkontrolleur der Finanzen ernannt. Seit dem 1. Nov. v. J. ist bereits das Preussische Militär auf den Friedensfuß gesetzt. Das zur Untersuchung des Benehmens der militärischen Befehlshaber in Festungen oder über Armeekorps, welche im letzten Kriege kapitulirt haben, zu Memel niedergesetzte Kriegsgericht hat seine Arbeiten begonnen. Der General v. Blücher war der erste wegen der Kapitulazion von Lübeck. Es versteht sich, daß sein Verhalten als lobenswerth anerkannt wurde. Später hat er selbst unter den Richtern Platz genommen. -- Die Preussischen kriegsgefangenen Soldaten kehren nächstens aus Frankreich, jedoch nur in geringer Zahl, nach Preussen zurück.
Preussen. [13]
Gegenwärtig okkupiren nur noch das Soultsche und das Victorische Korps die Preussischen Lande. Das Hauptquartier des Marschalls Soult ist Stettin, das des Marschalls Victor Berlin.
Der drückende Mangel des baaren Geldes hatte dem Wucher bisher leider alle Mittel verschafft, sein schändliches Wesen zu treiben. Die Staatspapiere sanken mit jedem Tage mehr in ihrem Werthe, Bankobligazionen verloren 25 vom Hundert, und Seehandlungsobligazionen wurden schon mit einigen und vierzig Prozent Verlust verkauft. Es war hohe Zeit, daß diesem Uebel abgeholfen und dem Wuchergeist Schranken gesetzt wurden. Der Menschenfreundliche König hat alles gethan, was er in diesem Augenblicke thun konnte. Er hat in einer an die hiesige Friedenskommission erlassenen Kabinetsordre, die wahrscheinlich öffentlich bekannt werden wird, verheissen, die Bank- und Seehandlungsobligazionen, so wie alle Staatspapiere zu realisiren, und ihren Werth zu erhalten. Die wohlthätigen Folgen dieses kön. Worts werden bald verspürt werden.
Politische Notizen. [14] [April.]
Es heißt jetzt, es würden von Preußischer Seite neue Abtretungen an Westphalen gemacht.
Politische Notizen. [15] [Juli.]
Der Französische Kaiser soll erklärt haben, daß die politischen Verhältnisse die Räumung des Preussischen Landes von Französischen Truppen vor der Hand unmöglich machen, und man erst eine Veränderung der Verhältnisse abwarten müsse. Bei Berlin werden diese Truppen ein Lager beziehen.
Preussen. [16]
Es erneuert sich das Gerücht, der k. Preussische Hof werde bald von Königsberg nach Berlin zurückkommen, und von mehrern Seiten hört man, die fremden Truppen würden zu Ende July die Preussischen Länder verlassen. Der geheime Finanzrath Sack, der vor kurzem nach Königsberg abreisete, ist jetzt erster vortragender Rath im königl. Konseil (ehedem Kabinet genannt) Es bestätigt sich, daß der ehemalige Kabinetsrath Beyme seine Dimission als Präsident des Kammergerichts, wozu er vor kurzem ernannt worden ist, genommen hat. Er wohnt auf seinem Gute Thalheim unweit Charlottenburg.
Oeffentliche Nachrichten aus Breslau vom 18. Jun. enthalten Folgendes: "Nun ist es definitiv entschieden, daß die in Schlesien kantonnirenden Französis. Truppen mehrere Lager beziehen werden, indem den Kriegs- und Domainenkammern die Herbeyschaffung der erforderlichen Kosten von dem Französischen Gouvernement angedeutet worden ist."
Preussen. [17]
Berlin den 10. Sept. Die Sage, daß bis zum 1. Okt. Preussen (das heißt das Land zwischen der Weichsel und Oder, als Pommern, die Neumark und der übriggebliebene Theil von Westpreussen) gänzlich von fremden Truppen verlassen werden soll, erhält sich; doch können wir uns noch kaum zu dem Glauben an die Wahrheit derselben erheben, ob wir gleich hören, daß die Neumark bereits in diesem Augenblick ganz geräumt ist, daß die noch übrige Division vom Soultschen Korps, welche bey Möwe an der Weichsel stand, nach Danzig abmarschirt ist, um dort nach der Entfernung des Oudinotschen Korps (welches nach Glogau in Schlesien gegangen ist) die Besatzung zu bilden, und folglich auch Pommern fast ganz vom fremden Militär entblößt ist. Es heißt sogar, daß auch das Brandenburgische nächstens geräumt werde. Die Gründe zu jenen Vermuthungen sind die Märsche der Truppen, die sich mehr der Elbe nähern, der Abmarsch eines Theils des hiesigen Artilleriedepots, und die Rüstungen des Restes desselben zur Entfernung. Ferner ist das Büreau des Kommissär-Ordonateur, Matthieu Favier, vor einigen Tagen von hier abgegangen. Verschiedene Preussische Offizianten vom Range haben ihren Familien, welche sie zum Winter nach Königsberg kommen lassen wollten, die Weisung gegeben, hier zu bleiten; der Minister Baron v. Stein wollte die Fußtapeten aus seinem hiesigen Palais nach Königsberg schaffen lassen, auch dieses ist abgestellt, und man erwartet dagegen die Ankunft des Ministers im nächsten Monat. Der Oberst v. Kleist, Flügeladjutant des Königs, welcher sich seit langer Zeit in Berlin aufhielt, um die Aufsicht über die hier befindlichen Preussischen Offiziere und Soldaten zu führen, erscheint seit acht T gen in voller Uniform, was sonst bekanntlich untersagt war. Einen Vortheil gewähren schon jetzt diese Gerüchte, die Staatspapiere sind plötzlich um 30 Prozent gestiegen. In Königsberg wollte man schon bestimmt wissen, daß nächstens das Preussische Gebiet ganz von den Franzosen geräumt werden, und daß nur 6000 Mann zur Bewachung der Küste des baltischen Meeres zurückbleiben würden. Der Herzog von Dalmazien (Marschall Soult) hat jetzt abwechselnd seinen Wohnort hier und in Charlottenburg. Vom Aufbruch des Generalstabes, wovon man bereits sprach, ist jetzt die Rede nicht mehr.
Am 11. Sept. trat der Herzog von Treviso, Reichsmarschall, seine Abreise aus Breslau an, nachdem bereits einige Tage vorher das unter seinen Befehlen stehende Armeekorps aufgebrochen war, um nach Sachsen xc. zurück zu marschiren. Dagegen traf am 10. der Herzog von Auerstädt, Chef von Warschau zu Breslau ein.
Preussen. [18]
Berlin den 25. Okt. Folgendes soll der wörtliche Inhalt des Schreibens seyn, welches der Präsident v. Gerlach, Mitglied der hiesigen königl. Friedenskommission, an die kurmärkische Kriegs- und Domainenkammer unter dem 23. dies erlassen hat: "Der königl. Kammer mache ich auf Veranlassung eines gestern an mich ergangenen Reskriptes des königl. Kabinetsministeriums vorläufig hierdurch bekannt, daß die Hindernisse welche der Evakuazion der königl. Staaten und der Zurückgabe der Administrazion an die diesseitigen Behörden entgegengestanden haben, durch eine am 8. dies zu Erfurt ratifizirte Konvenzion gehoben worden sind. Nach dem Inhalte derselben werden 1) die Einkünfte sämmtlicher Provinzen seit dem 8. Sept. d. J. für Sr. königl. Majestät Rechnung erhoben, und es wird darüber zu seiner Zeit eine Liquidazion und Abrechnung erfolgen. 2) Die Evakuazion wird verfügt, sobald die Behufs der Kontribuzionsberichtigung ausgefertigten Papiere dem kaiserl. Intendanten Daru zugestellt seyn werden. Man hat den spätesten Termin auf den 15. Nov. verabredet; es ist aber unbezweifelt, daß er abgekürzt werden wird. 3) Die Administrazion wird zurückgegeben werden, sobald die Französ. Truppen das Land geräumt haben xc."
Preussen. [19]
Berlin, den 29. Oktober. Von Königsberg ist nach Kolberg die Ordre gekommen, daß die zwey dort stehenden Eskadrons Rudorfsche Hussaren den 4. Nov. von dort aufbrechen sollen, die eine Eskadron nach Berlin, die andere nach Rathenau, das Blücherische Korps soll zu gleicher Zeit seinen Marsch hierher nehmen, und Berlin besetzen. Unser König geht von Königsberg zuerst nach Breslau, und von da kommt er hieher. Man erwartet ihn hier den 25. Nov., zu dessen Empfang werden bereits alle Anstalten gemacht. -- Stettin, Küstrin und Glogau bleiben von Franzosen besetzt, bis die ganze rückständige Kontribuzion bezahlt ist. Glogau wird seiner Zeit zuerst geräumt.
Preussen. [20]
Berlin, den 8. Nov. So eben erfährt man, daß das Gouvernement dem Kommitte administratif die Anzeige gemacht hat, die Finanzadministrazion solle am 18. d. M. den Preussischen Autoritäten zurückgegeben werden, die Räumung des Landes aber könne erst am 5. Dez. vollzogen werden. Die Verzögerung sey das Resultat der Umstände; man könne die Truppenmärsche nicht früher bewerkstelligen, ohne den Einwohnern in den Dörfern, durch welche die Militärstrasse geht, eine ungeheuere Last von Lieferungen an Nahrungsmitteln und Fuhrwerk aufzubürden.
Preussen. [21]
Berlin den 19. Nov. Gestern und in den beyden vorhergehenden Tagen sind die Kassen, so wie die Administrazion der übrigen Geschäftsverwaltung, (bis auf die Ausübung der öffentlichen Polizey, welche noch in den Händen des Französischen Gouvernements ist,) den Preussischen Autoritäten und Beamten übergeben worden. Die Durchmärsche von Truppen, die das Preussische Gebiet verlassen, dauern unablässig fort, und man erwartet, daß sie Anfangs Dezembers kein Französisches Militär, Kranke ausgenommen, mehr in der Residenz befinden wird, wogegen von andern indessen noch Zweifel geäussert werden. In Zukunft werden die Truppen, welche nach den Festungen Stettin und Küstrin, oder von da nach Frankreich ziehen, Berlin nicht berühren; die Militärstrasse soll von Magdeburg über Lenzen und Prenzlau nach Stettin, und nach Küstrin durch Sachsen und über Frankfurt an der Oder gehen. Der königl. Hof wird erst im Anfange des kommenden Jahres erwartet; die königl. Garde hatte Ordre, am 16. d. M. von Königsberg abzumarschiren, und man glaubt, daß sie hier zu den Weihnachtsfeyertagen eintreffen wird. Am 10. d. M. sollen die ersten Preussen, 2 Eskadrons schwarze Hussaren, über die Weichsel gekommen seyn; ob dem wirklich so ist, erfährt man bey der jetzigen geringen Kommunikazion mit jenen Gegenden nicht mit Sicherheit. Dem Vernehmen nach ist der Generallieutenant Lestocq zum Gouverneur von Berlin bestimmt. Der König unternimmt, ehe er hieher kömmt, eine Reise nach Schlesien.
Preussen. [22]
Die Zeitung von Halle vom 1. Dez. enthält folgendes: "Schlesien ist den 24. Nov. von den Franzosen völlig geräumt worden. Der Preussische General von Alvensleben hat am selbigen Tage mit seinen Truppen Neisse, Sweidnitz und Briegg besetzt. Breslau soll keine Garnison wieder erhalten, sondern eine Nazionalgarde errichten, über welche der Prinz von Anhalt-Pleß den Oberbefehl haben wird. Der Prinz Wilhelm von Preussen ist General-Gouverneur von Schlesien. Unter ihm steht der General von Alvenslebens und ein General der Kavallerie. Aus Glogau haben sich alle Preussische Offiziers entfernen müssen."
Quellen.[]
- ↑ Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1808.
- ↑ id.
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- ↑ Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
- ↑ Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
- ↑ Wiener-Zeitung. Nro 94. Mittwoch, den 23. November 1808.
- ↑ Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
- ↑ Wiener-Zeitung. Nro 14. Mittwoch, den 17. Februar 1808.
- ↑ Wiener-Zeitung. Nro 18. Mittwoch, den 2. März 1808.
- ↑ Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
- ↑ Neues Politisches Journal oder: Der Kriegsbote. Hamburg, Büreau für Litteratur, 1808.
- ↑ Wiener-Zeitung. Nro 57. Sonnabend, den 16. July 1808.
- ↑ Wiener-Zeitung. Nro 78. Mittwoch, den 28. September 1808.
- ↑ Wiener-Zeitung. Nro 90. Mittwoch, den 9. November 1808.
- ↑ Wiener-Zeitung. Nro 92. Mittwoch, den 16. November 1808.
- ↑ Wiener-Zeitung. Nro 95. Sonnabend, den 20. November 1808.
- ↑ Wiener-Zeitung. Nro 98. Mittwoch, den 7. Dezember 1808.
- ↑ Wiener-Zeitung. Nro 103. Sonnabend, den 24. Dezember 1808.