Preßburg.[]
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Preßburg, ungerisch Posony, an der Donau, vormals Hauptstadt von ganz Ungern, jetzt nur noch von dem Comitate Preßburg. Sie ist die Krönungsstadt und die schönste und volkreichste Stadt in ganzen Königreiche. Man zählt einige dreizigtausend Einwohner. Das feste und seit 1762 sehr verschönerte Schloß liegt in einer geringen Entfernung von der Stadt auf einem hohen Berge. Sehenswerth sind der vom Kaiser Franz I. eigenhändig angelegte Garten nebst dem Zeughause, die Collegiat- und Stadtpfarrkirche zu St. Martin, wo die ungerischen Könige gekrönt werden, verschiedene Klöster, das geistliche Haus der regulirten Canonissinnen von der Congregation Notre Dame, welches 1775 von Maria Theresia zu einem königlichen Stift erhoben worden, die Hauptnormalschule u. s. w. Im J. 1800 erlitt Preßburg durch eine Feuersbrunst beträchtlichen Schaden, wie auch in den Kriegen von 1805 und 1809 durch die Franzosen.
Von Reisende.[]
- Presburg den 22. Jun.
Den gestrigen Tag habe ich grösstentheils mit Besichtigung der Stadt zugebracht. Presburg ist nicht übermässig gross, ist hart am linken Donauufer an und um den Abhang des Berges gebaut, auf welchem das Schloss steht, und hat in seinem Aeussern etwas Ländliches, etwa wie Charlottenburg, welches theils von dem Contraste mit der nahgelegenen Kaiserstadt, theils aber auch davon herrühren mag, dass nach Niederreissung der ehemaligen Stadtmauer, die Vorstädte mit ihren Gärten und Gärtenpallästen mit in den Bezirk der Stadt gezogen sind. Die meisten Gassen sind krumm, viele abhängig, und in der Judenstadt manche so steil, dass man auf Treppen hinansteigt. Die Stadt ist oft durch wiederholte Feuersbrünste heimgesucht worden, und was im Jahre 1800 auf diese Weise zu Grunde gieng, ward durch ganz leidliche Häuser wieder ersetzt. Es giebt mehrere grosse Palläste, doch eigentlich kein schönes Gebäude, und in den Vorstädten ist fast alles mit Schindeln gedeckt. Das vor wenigen Wochen Statt gefundene Bombardement hat wenigstens ein Drittheil der Stadt in Asche gelegt; weil indessen die meisten Häuser von Bruchsteinen erbaut waren, sind fast überall die Mauern bis unter das Dach stehen geblieben. Auch unter den Kirchen habe ich nichts Ausgezeichnetes gefunden; sie stecken grossentheils zwischen den Häusern drinnen, und empfehlen sich wenig durch ihre äussere Gestalt. In der Stadtpfarrkirche, worin sonst die Könige von Ungarn gekrönt wurden, finden sich mehrere Statuen von Rafael Donner, unter andern in der Esterhazyschen Capelle die knieende Figur des Fürsten Primas Emmerich Esterhazy, und oben am Altare derselben zwei Engel von weissen Marmor, welche einen silbernen Sarg mit gläsernen Seiten halten, in dem der Körper des heiligen Johannes Eleemosynarius aufbewahrt wird. Auf dem Hochaltare steht die colossale Bildsäule des heiligen Martins in Blei gegossen, wie er zu Pferde sitzend, für einen zu seinen Füssen befindlichen Bettler eine Zipfel seines Mantels abschneidet. -- An Plätzen fehlt es nicht; unweit des Flusses ist eine ziemlich geräumige Promenade mit jungen Bäumen besetzt. Was ich hier gesehen, fesselte mich wenig, und ich eilte, so lange das Wetter günstig war, den Schlossberg zu besteigen, von dem man insonderheit gegen Osten und Süden, wo sich die majestätische Donau mit ihren waldbewachsenen Inseln und Auen vieladrig durch eine unabsehbare Ebene hinschlängelt, eine weitgedehnte Aussicht geniesst. Von den weit entlegenen Karpaten läuft ein ganz schmaler waldiger rücken bis an den Schlossberg, der durch seine höhern Gipfel die Gegend an der March verdeckt. Aehnliche Gebirgsäste, von denen man am äussersten Horizont die Umrisse wahrnimmt, scheinen von Norden her in verschiedenen Entfernungen ins Donauthal hinabzustreifen. Vom Oedenburger See und dem daran gelegenen Leithagebirge vermochte ich mit blossem Auge nichts Bestimmtes wahrzunehmen. Das Schloss ist ein ziemlich grosses, im länglichen Viereck errichtetes Gebäude, an den vier Ecken mit kleinen runden Thürmen versehen, und vier Stockwerke hoch. Bereits im dreissigjährigen Kriege ward es auf öffentliche Kosten gebaut, durch die Kaiserin Maria Theresia aber in der Mitte des vorigen Jahrhunderts erweitert und neu ausgebaut. Es war zur Wohnung des Königs während seines Aufenthalt in Presburg, und zu Aufbewahrung der Reichskleinodien bestimmt. Diese wurden im Jahre 1790 nach Ofen geschafft, nachdem schon sechs Jahre zuvor das Schloss zu einer Erziehungsanstalt junger Geistlichen bestimmt worden war, welche unter dem Namen einer Academie der Wissenschaften ihr Wesen darin trieben, und seit einigen Jahren wird es gar von Soldaten bewohnt. Von dem ehemaligen schönen Ameublement ist keine Spur mehr anzutreffen, bis oben hinauf nichts als leere, zum Theil sehr geräumige, Gemächer, mit Bettstellen und Strohsäcken angefüllt, als ob man eben im Begriff stände, ein Lazareth dort anzulegen.
Briefe.[]
Wien, den 6ten August 1800. [3]
Bey einer den 18ten v. M. in Preßburg entstandenen Feuersbrunst ist beynahe die Hälfte der Stadt zu Grunde gegangen, und die andere Hälfte nur durch den Eifer, die Geschicklichkeit und die Entschloßenheit der 300 Französischen Gefangenen gerettet worden, die sich dort befanden, und die man zu Hülfe rief. Man ertheilt ihnen die schönsten Lobsprüche, zwey von ihnen haben dabey das Leben eingebüßt. Sie sind insgesammt von der Gefangenschaft befreyt, und nach Frankreich, mit Geschenken, zurückgeschickt worden.
Zeitungsnachrichten.[]
- [1812]
Wien, den 18ten März. [4]
Bey Preßburg und Ofen sind die Schiffsbrücken wieder hergestellt.
Quellen.[]
- ↑ Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
- ↑ Reise mit der Armee im Jahre 1809. Rudolstadt, im Verlage der Hof- Buch- und Kunsthandlung. 1811.
- ↑ X
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 77. Freytag, den 29. März 1812.