Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Pius VII.[]

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PortretPIVSVII240

PIVS VII. (Claramontius.)

Pius VII. (Gregorius Barnabas) aus dem berühmten aber armen gräflichen Geschlechte Chiaramonte, wurde zu Cesena im päpstlichen Gebiete am 14. August 1742 geboren und trat mit seinem 16. Jahre in den Orden des heiligen Benedikt. Nachdem er einige Jahre die Stelle eines Professors bekleidet hatte, ernannte ihn sein Verwandter, Pius VI., zuerst zum Bischof von Rivoli und 1785 wurde er zur Kardinalswürde erhoben und zum Bisthum von Imola berufen. Die Revolutionen von Italien gaben ihm Gelegenheit, seine Milde und seine Uneigennützigkeit an den Tag zu legen. Er verließ sein Bisthum in den gefährlichsten Umständen keinen Augenblick, und als im Februar 1797 bey Imola die ersten Thätigkeiten vorfielen, gieng Chiaramonte Bonaparte entgegen und bat ihn eindringlich für Stadt und Einwohner. Auf seine Fürbitte blieb alles, sogar das Pfandhaus, welches an den meisten Orten geplündert wurde, verschont. Als wieder der feindliche Massena die Stadt Imola plündern wollte, so verhinderte es Chiaramonte durch grosse Summen seines eigenen Vermögens. Er wurde im März 1800 von dem zu Venedig versammelten Conclave dafür belohnt und einstimmig von demselben auf den päpstlichen Thron erhoben. Im Jahre 1801 schloß er mit Bonaparte das bekannte Concordat. Die Reise, welche er 1804 zur Krönung des Kaisers Napoleon nach Frankreich machte, diente, den Glanz seiner Tugenden noch zu erhöhen. Er gab der Hauptstadt ein Beyspiel von Bescheidenheit und einfachen Sitten, und wurde mit öffentlicher deutlicher Freude empfangen, selbst von Seiten derer, die nicht lange vorher sein Ministerium mit vieler Heftigkeit angegriffen hatten. Später entstanden zwischen ihm und Napoleon Mißhelligkeiten, welche damit endeten, daß der französische Kaiser zuerst einen Theil mit dem Königreich Italien und im May 1809 das ganze übrige Gebiet des Kirchenstaates mit Frankreich vereinigte. Später wurde der heilige Vater nach Savona im Genuesischen abgeführt, wo er sich noch befindet.


Entführung des Papstes aus dem Quirinalpallaste im Jahre 1809.[]

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Nach dem Eindringen in die Staaten, welche der Kirche noch übrig waren, und in die Hauptstadt selbst, fing man zu Rom an für die persönliche Sicherheit des heiligen Vaters Besorgnisse zu erregen. Der Papst hatte an mehreren Orten des Quirinalpallastes, wo er sich einschloß, Wachen stellen lassen; überdieß hatte er überall die größte Wachsamkeit empfohlen, damit er in Zeiten Nachrichten erhielt, und nicht überfallen werden möchte. Seit einiger Zeit ließen die sogenannten Patrioten, Fremdlinge in Rom, beleidigende und drohende Worte vernehmen, und versicherten ganz bestimmt, der Papst werde deportirt werden. Diese Gerüchte erhielten gegen Anfang des Monaths July mehr Zuverlässigkeit; allein diese Elenden fürchteten, Se. Heiligkeit möchten das Volk von der, ihrer Person drohenden Gefahr unterrichten, und dadurch einen Aufstand erregen, wobey sie alle umgebracht werden könnten; und das war um so wahrscheinlicher, da die wenigen französischen Truppen, welche zu ihrem Schutze vorhanden waren, die aufgeregte Volksmasse schwerlich würden haben im Zaum halten können. Unter diesen Umständen hatte der General Miollis, der die Truppen befehligte, und den Auftrag hatte, Se. Heiligkeit zu deportiren, für gut befunden, diesen unverzüglich zu vollziehen. Er traf seine Anstalten so, daß er selbst und seine Truppen sogleich entkommen konnten, sobald sich Bewegungen unter dem Volke zeigen würden.

Den 5. July um zwey Uhr Nachmittags stießen 5 - 600 Conscribirte aus Neapel zu ihnen, welche in der Engelsburg kasernirt waren. Des Abends brachten sie in dem Quartier la Pilotta eine große Menge Leitern, Hacken, Stricke und andere Belagerungsinstrumente zusammen. Die Leitern hatte man mit Gewalt aus den Werkstätten des Joseph Fornari, eines Bauunternehmers zu St. Marcus genommen; die zu der beabsichtigten Unternehmung nöthigen Leute wurden von Mathieu Lovatti, dem Sohne eines von der Regierung angestellten Maurermeisters herbeygeschafft. Der Aufseher über die, zum Dienst der Engelsburg bestimmten Galeerensclaven, Joseph Pignani, mußte Fackeln und Brandracketen zum Angriffe des Quirinalpallastes liefern.

Ihr größtes Verdienst war, daß sie den Galeerensclaven, Franz Bessola, der zuvor als Lastträger in dem Pallast gedient hatte, und der, weil er in der Wohnung des Herrn Braga, des geheimen Caplans Sr. Heiligkeit, einen Diebstahl begangen hatte, zum Tode verurtheilt, und von dem Papste begnadigt worden war, mitgebracht hatten. Er sollte denen zum Führer dienen, die den Pallast anzugreifen, und sich der Person des Papstes zu bemächtigen bestimmt waren. Man hatte ihm für diesen Dienst 100 Piaster versprochen; dem zu Folge zeigte er ihnen alle Thüren, alle Treppen, alle Ausgänge, welche sie betreten mußten, um ihr böses Vorhaben auszuführen. Indessen waren die unruhigsten Geister, welche sich in die Bürgergarde hatten aufnehmen lassen, in dem Quirinal selbst, unter dem Befehl ihrer Offiziere, Franz Marescotti, Joseph Giraud, Cäsar Marneci u. s. w. versammelt. Nach Mitternacht wurde ein Piket Infanterie nebst vier Pferden auf die Brücken detaschirt, um die Bewegungen des Volkes in den Quartier jenseits der Tiber zu beobachten, mit dem Befehle, sich im Falle eines Aufstandes zurückzuziehen. Man sandte auch noch andere Patrouillen in derselben Absicht um die Stadt herum, und der Rest der Truppen, welcher sich nicht über 1000 Mann belief, Infanterie, Gensdarmerie und Polizeyoffiziere mitgerechnet, wurde in passenden Zwischenräumen um den Pallast her, und auf dem Platze des Quirinal aufgestellt, ihr Hauptquartier aber befand sich in dem Pallast Rospigliosi. Der General Miollis war nebst seinem Generalstabe in dem Garten des Pallastes Colonna, auf dessen Mauern er über die Ausführung seines Unternehmens wachte.

Der General Radet, Inspecteur der französischen Gensdarmerie und der Polizey zu Rom, wurde beauftragt, den Sturm zu leiten und sich der Person Se. Heiligkeit selbst zu bemächtigen.

In der nähmlichen Nacht, ungefähr um 1. Uhr, verliessen alle sogenannten Patrioten, deren bereits gedacht worden ist, die Pilotta, wo sie sich versammelt hatten, und näherten sich, mit Säbeln und Pistolen bewaffnet, heimlich, bey dem Scheine ihrer angezündeten Fackeln, und an der Spitze mehrerer Abtheilungen, welche schon vorher in der Gegend umher aufgestellt worden waren, dem Pallaste. Sobald sie diesen erreicht hatten, wurde das Zeichen zum Sturme gegeben.

Im Innern des Gebäudes glaubten sich die Wachen, weil sie keine Bewegung bemerkt hatten (es war fast zwey Uhr Morgens) für die Nacht in Sicherheit; der heilige Vater selbst und Ihre Eminenzen, die Cardinäle, welche sich mit ihm eingeschlossen hatten, glaubten, da sie bis zu diesen Augenblick gewacht hatten, ein wenig ruhen zu können. Um zwey Uhr hatten die Angreifenden die Mauern des Pallastes erreicht. Die Schweitzergarden meldeten dem Major Domus sogleich derselben Ankunft, wovon auch der Papst augenblickloch benachrichtigt wurde, so wie die andern Bewohner des Pallastes, welche alle noch im ersten Schlafe lagen. Der Sturm begann nun auf drey Hauptpuncten. Zuerst in den Gemächern der Dienstleutr, dem Noviciat gegenüber, wo zwey Gensdarmen durch die Fenster auf der Erde einstiegen und die Treppen hinaufgingen, die zu den Bedienten des Herrn Sagrista, Beichtvaters des Papstes, und zu einem Zimmer der Kammerdiener Sr. Heiligkeit führte. Da sie nicht durch das Fenster, welches nach der großen Thür des Pallastes geht, kommen, auch nicht in die Zimmer des ersten Kammerdieners, Herrn Joseph Mairaghi gelangen konnten, so zerschlugen sie die Scheiben und drangen durch die, in dieses Zimmer stossenden Fenster ein; dadurch gelang es ihnen, sich einen Weg in das Innere zu bahnen, und die große Thür des Noviciats zu öffnen. Der zweyte Angriff fand statt durch die hohen Fenster des Eingangs der päpstlichen Capelle, gemeiniglich Sala regia genannt, wo sie das letzte Fenster bey der Thür der gemeinschaftlichen Capelle zerbrachen, und indem sie mit fürchterlichem Geschrey durch die Gallerien liefen, verbreiteten sie Bestürzung im ganzen Pallaste.

Bei dem Lärm, der überall ertönte, trat Herr Raphael Bonani aus seinem Zimmer. Man schoß auf ihn, allein ohne ihn zu treffen. Demungeachtet ergriffen ihn die Schergen, und führten ihn in die Hauptwache auf dem Platze, wo er den ganzen Morgen gefangen gehalten wurde.

Ein anderer Angriff wurde auf der Straße der Datarie auf die Fenster des zweyten Hotels gemacht, welches von den Leuten des Papstes bewohnt ward. Hierdurch bemächtigte man sich auch der entgegengesetzten Gallerien, welche zur päpstlichen Wohnung selbst führten.

Der wüthendste Angriff aber geschah durch die große Bäckerey. Bey diesem verhaßten Versuche fielen einige der Angreifenden, und brachen Arm und Beine, oder Verwundeten sich auf andere Art, wie man Tags darauf an den Blutspuren auf dem Platze sahe. Unter diesen Unglücklichen befand sich auch Philipp Tamburlani, der das linke Bein und den rechten Arm, verlor, und sich die eine Seite der Brust eindrückte.

Sobald sie in den Hof der Bäckerey gekommen waren, stürzte sich eine große Menge Bewaffneter auf die kleine Treppe, welche von da nach dem Haupthofe führt, und durch Franz Bossola geleitet, gelangten sie in den großen päpstlichen Hof; andere überstiegen die Gartenmauern, um zu den Zimmern Sr. Heiligkeit zu kommen.

Nachdem alle Hindernisse, welche die Thüren und andere Schutzmittel verursachten, überstiegen waren, vereinigten sich die Angreifenden endlich in dem großen Hofe, und nachdem sie alle Bedienten, alle Schweizerwachen in ihre Quartiere zurückgedrängt hatten, wurde die große Thür eingestossen und General Radet, der sich Sr. Heiligkeit bemächtigen sollte, hielt seinen Einzug durch diese Thür. Sogleich stiegen Soldaten, Sbirren xc. die Wendeltreppe unter der Glocke hinauf, um die Gemächer des Papstes zu erreichen; und durch Äxte und Beile öffneten sie sich den Weg in die seines Arztes, des Doctors Porta. Sie brauchten viel Zeit, um bis zu den päpstlichen Zimmern zu gelangen; den Wundarzt Cervarini, der ihnen nicht zum Führer dienen wollte, mißhandelten sie mit Faust- und Kolbenstößen, und schleppten ihn sterbend nach der Hauptwache.

Kaum waren sie in das erste Vorzimmer gekommen, als der Papst, der durch den Cardinal Pacca, ersten Staatssecretär, von der Bestürmung des Pallastes benachrichtiget worden war, aus dem Bette aufstand und einen Schlafrock anzog. Der eben genannten Cardinal, der in der Kleidung seiner Würde und ohne alles Gefolge, mit vieler Mühe bis in das Zimmer des Papstes gekommen war; der Cardinal Despuig, der das Vorgefallene gleichfalls erfahren hatte, und noch andere Personen des Hauses, drängten sich um die Person Sr. Heiligkeit. So wie der heilige Vater die Thür seines Schlafgemachs eröffnet hatte, nahm er den Cardinal Despuig bey der Hand, und sagte zu ihm: "Herr Cardinal! hier bin ich unter meinen wahren Freuden!" -- Se. Eminenz antwortete: "Heiliger Vater, es ist Zeit jetzt Ihren Muth zu zeigen, und den Allerhöchsten um Erleuchtung zu bitten, damit Sie uns Allen ein Beyspiel geben können. Erlauben mir Ihre Heiligkeit zu bemerken, daß wir in der Octave des Festes des heiligen Peters sind? -- Sie haben Recht, versetzte der Papst. Unterdessen wurde der Lärm im zweyten Vorzimmer immer stärker; derselbe Cardinal sagte zum Papste: Wenn es Ihre Heiligkeit wünschen, so haben Wir noch Zeit, in Ihre Privatcapelle zu gehen, um die Gnade des Herrn am Fuße der Altäre zu erflehen! Aber der Lärm wurde immer grösser. Der Papst setzte sich nun in seinen Lehnstuhl, dessen er sich gewöhnlich bediente, nachdem er vorher in Eile seine päpstliche Kleidung angelegt hatte, indeß die Cardinäle sich ihm zur Seite stellten.

Der Cardinal Pacca hatte schon Befehle ertheilt, um zu verhindern, daß nicht außerhalb der Thore Lärm unter dem Volke verbreitet würde, das, wenn es von dem bösen Unternehmen benachrichtiget worden wären, dieses gewiß würde haben scheitern machen. Allein der heilige Vater, sich in den Willen des Allmächtigen ergebend, war entschlossen, die Vollziehung der schrecklichen Ungerechtigkeit gegen seine geheiligte Person zu erwarten. Von den beyden Cardinälen und andern Personen seines Hofes unterstützt, behielt er die größte Ruhe und Unerschrockenheit. Er verlangte das Crucifix, welches er gewöhnlich bey sich zu tragen pflegte, verschloß sein Brevier in sein Etui, steckte den Ring an den Finger, den sein Vorfahrer, Pius VI. getragen hatte, als er auf dieselbe Art aus seiner Hauptstadt entführt worden war.

Jetzt versuchten die Angreifenden die Thür des Vorzimmers des gewöhnlichen Audienzsaales zu erbrechen. Der Cardinal Despuig rieth jetzt dem heiligen Vater, er möchte, um die Unordnung zu vermeiden, welche das stürmische Eindringen jener Elenden in sein geheiligtes Asyl erzeugen würde, einige Diener in das Vorgemach schicken, um fragen zu lassen, was man wolle. Diese kamen eben dahin, als die Thür erbrochen werden sollte. Der Abbé Maury. Neffe des bekannten Cardinals, fragte, was man begehre? Man antwortete: den Papst! -- der Abbé Maury erwiederte: Ich werde mit Sr. Heiligkeit sprechen, und wenn sie befehlen, soll geöffnet werden. Der Befehl dazu wurde nicht sogleich ertheilt; daher versuchten die Angreifenden von Neuem, die Thüre zu erbrechen; da befahl der Papst zu öffnen. Nun trat sogleich der Gen. Radet herein, von seinen Gensdarmen begleitet; ihm folgten Soldaten mit Flinten bewaffnet, und einige so genannte Patrioten, zusammen 20 Individuen; er trat mit bedecktem Haupte, und ohne sich zu neigen, so wie sein ganzes Gefolge herein. Dann wandte er sich an den heiligen Vater, vor dem der Cardinal Despuig stand, und sagte zu ihm: "Heiliger Vater! ich komme auf Befehl meines Herrn, des französischen Kaisers, Ihnen zu sagen, daß Ihre Heiligkeit dem weltlichen Besitze des Kirchenstaats entsagen sollen!

Der Papst immer noch sitzend, erwiederte: Ich kann es nicht!" -- Der General versetzte: "Wollen Ihre Heiligkeit in diese Entsagung willigen, so wird sich Alles glücklich ausgleichen; der Kaiser wird Ihre Heiligkeit mit der größten Achtung behandeln!"

Der heilige Vater stand nun auf, und sagte: "Ich kann nicht, ich darf nicht, ich will nicht! -- Ich habe vor Gott gelobt, der heiligen Kirche alle ihre Besitzungen zu erhalten und ich werde diesen Schwur nie verletzen.

"Heiliger Vater! --" versetzte der General, -- "es thut mit sehr leid, daß Se. Heiligkeit diesen Forderungen sich nicht fügen wollen, denn Sie setzen sich durch diese Weigerung nur neuem Unglücke aus"

Der Papst antwortete: "Ich habe es gesagt, nichts auf der Welt kann meinen Entschluß ändern, ich bin bereit; meinen letzten Blutstropfen zu vergiessen, ehe ich den Schwur breche, denn ich vor Gottes Angesicht abgelegt habe:"

"Nun" -- sagte der General, -- "so wird Ihr Entschluß für Sie vielleicht die Quelle der größten Widerwärtigkeiten werden!"

Pius der siebende versetzte: "Ich bin fest entschlossen; nichts kann mich wankend machen!"

"Nun, weil Ihr Entschluß fest ist" -- erwiederte der General -- "so thut es mir leid, die Befehle und den Auftrag meines Herrn vollziehen zu müssen! --"

Bey diesen Worten legte der heilige Vater den ehrfurchtgebiethenden und imposanten Ton ab, den er bisher behalten hatte, und der seines heiligen Charakters so würdig war; und den eines Vaters annehmend, sagte er mit dem Ausdruck des Mitleids zum General: Wahrlich, mein Sohn, dieser Auftrag wird dir den Segen des Himmels nicht erwerben. Diese Worte machten Eindruck auf den General; allein seinen Befehlen folgend, fügte er doch hinzu: "Heiliger Vater! ich muß sie mit mir nehmen!" "Das also" -- erwiederte der Papst -- "ist der Dank für alles, was ich zum Besten Ihres Kaisers gethan habe! das der Lohn für meine große Nachsicht gegen ihn und die gallikanische Kirche! allein ich bin in dieser Hinsicht vielleicht strafbar vor Gott! er will mich dafür strafen, und ich unterwerfe mich in Demuth!"

"So ist mein Auftrag" -- sagte der General -- "es thut mir leid ihn ausführen zu müssen, denn ich bin katholisch und ein Sohn der Kirche!" –

Hier bemerkte der Cardinal Pacca, daß es schicklich wäre, wenn Se. Heiligkeit von den, zur Regierung der Kirche nothwendigen Personen begleitet würden. Der General erwiederte: "Alles, was Se. Heiligkeit in Ihrem Gefolge zu haben wünschen, wird Ihnen gewiß bewilligt werden; allein, um diese letzte Erlaubniß zu erhalten, müssen Sie sich an Sr. Exzellenz den Obercommandanten wenden, der jetzt nicht im Hauptquartier gegenwärtig ist."

Der Cardinal äußerte nun, daß Se. Heiligkeit Zubereitungen zu ihrer Reise zu machen hätten. Man antwortete ihm gleichfalls auf eine zweydeutige Art. Indessen verfertigte der heilige Vater eine Liste von Cardinälen, Prälaten, Secretären für die lateinischen Depeschen, Breve's und Memorialen, von vier andern zur Staatskanzley gehörigen Personen, zwey Kammerherrn, einem Arzte, einem Wundarzte und zwey gewöhnlichen Bedienten; in Hinsicht seines Beichtvaters, des Herrn Sagrista fügte er hinzu, daß er die Erlaubniß, ihn mitzunehmen, als bestimmt ansehe. Dieß ist mein Wille, sagte er endlich, wenn ich anders einen haben kann.

In diesem Augblick sagte dem General einer seiner Adjutanten etwas in das Ohr, worauf jener mit lauter Stimme äußerte: Der Kaiser wolle, das den Papst Niemand, außer der Cardinal Pacca begleiten solle. Dieser fragte, wie viel Zeit man zu den Reiseanstalten habe? -- Eine halbe Stunde! -- sagte der General. -- Der heilige Vater stand auf und sagte zu seinen Führern: "Nun, so werde denn Gottes Wille an mir erfüllt!"

Der General erlaubte dem Papste in sein Zimmer zurückzugehen. Dieser ging in sein Schlafgemach, eines Bedürfnisses halber; allein auch hierhin folgte ihm der General nebst einigen der Fremden. Mit einer wahrhaft erhabenen Ruhe und Ergebung trat der Papst wieder hervor, und trug nichts als das Crucifix bey sich, welches von seinem Halse herabhing. Er nahm die Cardinäle Pacca und Despuig bey der Hand, und sagte zu dem letztern: "Versichern Sie ihre Eminenzen, daß es mir sehr leid thut, nicht Abschied von ihnen zu nehmen, und ihnen meinen Segen ertheilen zu können! "So gingen sie durch die Vorzimmer und als sie am Fuße der Wendeltreppe, fast unter dem Porticus waren, hieß der General den Cardinal Despuig umkehren und befahl, daß alle Römer den Hof des Pallastes verlassen und den französischen Truppen Platz machen sollten, welche einrücken würden. Der Cardinal wurde von Gensdarmen nach seinen Zimmern begleitet.

Dem Papste, von den Trabanten des Generals Radet geführt, folgten mehrere seiner Bedienten bis zum äußeren Thore des Pallastes. Man erwartete einen Wagen, worin man ihn nebst dem, zu seiner Begleitung bestimmten Cardinal Pacca steigen ließ. Der General verschloß den Schlag, und setzte sich in ein, an dem Wagen befestigtes Kabriolet.

Man fuhr durch die porta pia, erreichte die porta Salara, und dann die porta del Popolo. Hier stand ein anderer Wagen bereit, der den Papst und den Cardinal aufnahm. Kurz darauf sagte der General Radet noch einmal zum Papste: "Es ist noch Zeit, wenn Ew. Heiligkeit auf den Kirchenstaat verzichten wollen!" -- Nein! versetzte der Papst. Der General verschloß mit eigener Hand den Schlag des Wagens durch ein Kettchen, setzte sich in sein Kabriolet, und so schlug man den Weg nach Florenz ein Zu Pontemolle hohlte ihn der General Miollis ein, und erneuerte die Bitte, der Papst möchte auf seine Staaten Verzicht leisten; allein vergebens. Nun setzte man die Reise fort.


Quellen.[]

  1. Moderne Biographien, oder kurze Nachrichten von dem Leben und den Thaten der berühmtesten Menschen, von Karl Reichard. Leipzig, 1811. In Commission bey Peter Hammer.
  2. Archiv für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst. 1814.


Literatur.[]


  • Vorstellungen und Beweggründe der Französischen Erzbischöfe, und Bischöfe, welche sich in London aufhalten, und auf die Aufforderung Seiner Päbstlichen Heiligkeit Pius VII. ihr Amt nicht niedergelegt haben. Aus dem Französischen übersetzt. Straßburg, auf Kösten der gelehrten Gesellschaft. 1804.
  • Correspondenz zwischen dem römischen und französisch-kaiserlichen Hofe. Germanien, 1808.
  • Benehmen Sr. päbstlichen Heiligkeit Pius VII. gegen die Forderungen, Eingriffe und Gewaltthätigkeiten Napoleons, Kaisers der Franzosen und Königs von Italien im Jahre 1808, nebst Darstellung der Behandlung des heiligen Vaters bey seiner Wegführung von Savona nach Fontainebleau und Schilderung seines dortigen Aufenthalts. 1813.
  • Darstellung der Leiden und Schicksale des heiligen Vaters Pius VII. seit der Besitznahme Roms durch die Franzosen A. 1808 bis zu seiner Abführung nach Frankreich A. 1812. Von Alexander von Rennenkampf, als Augenzeugen. Prag 1814, gedruckt bei Josepha Diesbach, Wittwe.
  • Merkwürdige Lebensgeschichte Se. päbstl. Heiligkeit Pabst Pius VII. (In gedrängter Uebersicht dargestellt.) München, 1814. Bey Joseph Lindauer.
  • Geschichte unseres heiligen Vaters Pabst Pius VII. welcher nach einer fünfjähriger Gefangenschaft seinen triumphirlichen Einzug zum allgemeinen Jubel der ganzen Christenheit den 24. May 1814. in Rom gehalten. Köln am Rhein, bey Christian Everaerts unter Goldschmidt N. 19. (2040.)
  • Wahrhafte Geschichte der Entführung Seiner Heiligkeit des Pabstes Pius VII aus Rom am 6. Julius 1809. Mit den wichtigsten darauf Bezug habenden Aktenstücken. Rom, 1814 und zu finden In allen deutschen Buchhandlungen.
  • Reise Sr. Heiligkeit des Papstes Pius VII. nach Genua, im Frühjahre 1815, als der Kirchenstaat von den Neapolitanern unter Mürat gewaltsam occupirt wurde, und seine Rückkehr nach Rom. Erzählt von Bartholomäus Cardinal Pacca. Augsburg 1834. Verlag der Karl Kollmann'schen Buchhandlung. (Wien in der C. Gerold'schen Buchhandlung).
  • Ceremonien und Feyerlichkeiten nach dem Tode, bey der Wahl und Krönung eines Papstes. Nach dem neuesten, hierüber in Rom erschienenen Werke beschrieben, und mit dem Leben Sr. Heiligkeit, Pius VII., herausgegeben von Joseph Adler, Wien, 1824. Im Verlage bey Franz Wimmer.
  • Beschreibung der Feierlichkeiten bei Erledigung und Wiederbesetzung des päpstlichen Stuhles. Augsburg, in der Martin Engelbrechtischen Kunst- und Verlagshandlung.

Porträts.[]

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