Parma.[]
Parma,[1] die ehemalige Haupt- und Residenzstadt des Departements Parma, liegt am Flusse Parma, welcher sie in 2 Theile absondert, die aber durch 3 Brücken wieder vereinigt werden. Die Festungswerke bestehen in starken Mauern, Bastions, Graben und einer Citadelle; die Strassen sind meistentheils schön, und die Häuser von guter Bauart. Die Einwohner belaufen sich auf 35,000 Seelen. Die Kirchen haben unvergleichliche Gemälde von Corregio, Lanfranco und Mazzuoli, die alle drey hier gebohren sind. Die bischöfliche hat das berühmte, jezt aber schadhafte Stück des Corregio von der Himmelfahrt Maria an ihrer Kuppel, und in der Kirche des heiligen Grabes bewundert man die Madonna della Scocella von eben diesem Meister. In der Kirche la Madonna della Steccata sind die Grabmäler des farnesischen Hauses, und das Kapucinerkloster ist wegen der Malereyen sehenswürdig. Der Bischof gehörte unter den Erzbischof zu Bologna, jezt unter den von Genua. Neben seiner Domkirche steht eine mit Marmor überzogene Taufkapelle. Es verdient bemerkt zu werden der herzogliche Palast mit seiner Gallerie und Kunstsammlung, (davon doch die kostbarsten Stücke 1734 nach Neapel gebracht worden sind,) die 1765 von dem verstorbenen Infanten und Herzog, Don Philipp, gestifteten Academien der schönen Wissenschaften, der Malerey und der Künste, das 1618 erbaute berühmte Operntheater, darinn für 14,000 Zuschauer Platz ist, und doch die Akteurs überall verstanden werden können, das kleinere Theater, die 1761 neuangelegte Promenade zwischen der Stadt u. Citadelle, der Palazzo Giardino, ein mit der Stadt verbundenes herzogl. Lustschloß, das ehemalige weitläufige Benediktinerkloster, in welchem 1734 auf 12,000 Soldaten einquartirt gewesen, die Carthause xc. Die Bibliothek, welche Don Philipp anlegte und der lezte Herzog 1769 eröfnete, ist vortrefflich in Absicht auf Pracht und Ordnung, und enthält kostbare französische, spanische und englische Werke und eine große Bibelsammlung. Die Bodonische Druckerey zu Parma gehört zu den berühmtesten in Europa. Die Einwohner handeln mit Seide und seidnen Strümpfen, verfertigen auch Seidenstofe. Die Parmesankäse werden zu Lodi im Meyländischen gemacht. 1734 verlohr der kaiserliche General, Graf Mercy, hier eine Schlacht wider die französisch-sardinische Armee, worinn er zugleich sein Leben einbüßte. 1769 ist ein vortreffliches Monument mit 6 Inschriften auf dem großen Platze aufgerichtet worden, wornach man die Meilen zählt.
Universität.[]
- [1812]
Parma, den 24sten May. [2]
Die ehemalige Universität von Parma ist aufgehoben; sie wird durch eine der Akademien der kaiserl. Universität ersetzt, deren Gebiet das Departement von Taro, die Arrondissements von Voghera und Tortona, in dem Departement von Genua, und das Arrondissement von Alessandria, in dem Departement von Marengo, begreift.
Von Reisende.[]
Friedrich Leopold zu Stolberg-Stolberg
Parma, den 19ten November. 1791. [3]
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Der Fluß Parma fließet durch die Stadt. Diese ist groß, und mag wohl ehemals gegen sechzigtausend Einwohner enthalten haben. Ihre itzige Zahl wird auf vierzigtausend geschätzet. In den Kirchen sind schöne Gemählde. Im Dom ist die Kuppel von Correggio gemahlt, da aber diese Kirche sehr dunkel ist, erscheinet das Gemählde nicht zu seinem Vortheil, so wenig wie die auch von Correggio gemahlte Kuppel in der Kirche Johannes des Evangelisten. Man wirft Italiens Kirchen ihre Dunkelheit nicht mit Unrecht vor, und ich begreife nicht, wie man große Mahlern so oft anmuthen können, ihr Talent auf Kuppeln solcher Kirchen zu verschwenden, wo die feinsten Schönheiten des Pinsels verloren gehen.
Der Märtyrertod der heiligen Constantia und des heiligen Placitus ist auch von Correggio, in der Kirche des Evangelisten Johannes. Die Heilige ist vortreflich gemahlt. Gegenüber stehet die Leiche Christi mit den heiligen Weibern, auch von diesem großen Mahler.
In eben dieser Kirche ist Johannes, der das Evangelium schreibt, a Fresco von Correggio. Der Ausdruck heiliger Entzückung im schönen Kopfe des Apostels ist unnachahmlich.
Die Kirche des heiligen Grabes ist geschmückt mit der Flucht nach Aegypten von Correggio. Dieses Gemählde heißet, La Madonna della Scodella, (Unsre liebe Frau mit der Schale) weil Maria eine Schale in der Hand hält, um das Kind Jesus zu speisen. Das Kind steht vor ihr, mit der einen Hand die Hand der Mutter ergreifend, die Hand Josephs mit der andern. Dieser pflückt Datteln von einem Palmbaum, dessen Zweige von schwebenden Engeln herunter gebeuget werden. Die schöne Idee ist vortreflich ausgeführt.
Im neuen Palaste des Herzogs, welcher unmittelbar vor der Stadt liegt, waren ehmals vortrefliche Gemählde, welche Don Carlos mit sich nach Neapolis genommen hat. Nur ein Zimmer, welches a Fresco gemahlt ist, konnte nicht geplündert werden. Die Decke ist von Augustinus Caraccio, welcher während der Arbeit starb, man wollte sie lieber unvollendet, als von einer fremden Hand berühren lassen. Die Wände, welche gleich der Decke, Geschichten aus der Mythologie vorstellen, sind von seinen Schülern, deren Arbeit dem großen Meister Ehre macht.
Der alte farnesische Palast ist reich an Merkwürdigkeiten. Hier ist das große berühmte Theater, das schönste und größte aus der neuen Zeit. Bernini war der Baumeister dieses Gebäudes; es soll über zwölftausend Zuschauer fassen, und so gut angelegt sein, daß nirgends der leiseste Laut der Spieler verloren geht, nirgends ein Wiederhall den lautesten Ruf der Leidenschaft verdoppelt. Das eigentliche Theater (oder der Sitze der Zuschauer) erhebt sich stufenweise in halber Ründung; die Logen bestehen aus einer mit Säulen geschmückten Gallerie. Die Scene ist von erstaunender Größe, welche der Täuschung sehr vortheilhaft seyn muß. Der Fußboden der Scene bedeckt eine große Tiefe. Jenen ließen die alten Herzoge aus dem Hause Farnese manchesmal abnehmen, diese mit Wasser, durch angebrachte Röhren, aus der Parma füllen, und Seeschlachten vorstellen. Das ganze Theater ist von Holz.
Weil die Erleuchtung dieses Theaters sehr kostbar, und die mäßige Zahl des Publikums seiner Größe nicht angemessen ist, wird schon lange auf einem andern gespielt, und dieses Meisterstück der Kunst beginnet zu verfallen.
In eben diesem Palaste ist die Akademie der Künste, und die Bibliothek. Diese ist sehr ansehnlich, unter andern reich an schönen Ausgaben, und soll gegen funfzigtausend Bände enthalten. Sie ist seit ungefähr funfzig Jahren gesammelt worden, denn die ehemalige nahm Don Carlos nebst der ganzen Gallerie der Gemählde mit sich nach Neapel. Nur ein Fresco-Gemählde von Correggio, welches Gott, der die heilige Jungfrau mit einem Sternenkranze krönet, vorstellt, ist in der Bibliothek zurück geblieben. Die größte Zierde vom Saal der Akademie, ja von ganz Parma, würde Don Carlos nicht hier gelassen haben, wenn sie nicht damals ein Nonnenkloster in der Stadt geschmückt hätte. Es ist die schönste Arbeit von Correggio. Die heilige Jungfrau hält das Kind Jesus auf ihrem Schooß, Maria Magdalena knieet halb, und legt ihre Wange Wange an den Fuß des Kindes, vor dem ein Engel mit einem auf geschlagnen Buche steht; im Vorgrunde steht der heilige Hieronymus mit seinem halb gesehenen Löwen, und hinter Magdalena ein Knabe mit einem Nardenkrüglein. Himmlische Schönheit und Grazie sind auf das ganze Gemählde in reichem Maße ausgegossen. Die menschlichen Alter und Geschlechte erscheinen hier veredelt und in sanfter Harmonie. Wiewohl das Stück über drittehalb hundert Jahr alt ist, athmet es, besonders in einiger Entfernung, jugendlichen Reiz der frischen Anmuth.
Ich denke mit eine Sichel in der Hand des ehrwürdigen und mit Ehrfurcht auf das göttliche Kind hinschauenden Hieronymus, er ist mit ein Bild der Zeit, welche dieses Meisterstück des Pinsels schon so lange sah, und mit Ehrfurcht seiner schonte.
Quellen.[]
- ↑ Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor der Geschichte und Geographie zu Würzburg. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1806.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 158. Dienstag, den 2. July 1812.
- ↑ Reise in Deutschland, der Schweiz, Italien und Sicilien. von Friedrich Leopold Graf zu Stolberg. Königsberg und Leipzig, bei Friedrich Nicolovius, 1794.