Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Paris. - 1793.

Zeitungsnachrichten.[]

[1793]

Paris, vom 1. Hornung. [1]

In der Nacht zwischen dem 27. und 28. des vorigen Monats, nachdem am Tag vorher auf dem vormahligen Carrouzel --, jezt sogenannten Fraternitäts-Plaz der Brüderschafts-Baum mit vieler Feyerlichkeit aufgerichtet worden, wurde das ehemalige Palais-Rojal plözlich mit 10,000 Mann Infanterie und Cavallerie umringt. Man ließ niemand heraus, als wer eine Bürger-Carte aufweisen konnte; Civil-Beamtete liessen sich die Thüren der Spiel-Häuser und Bordelle öfnen, und alles, was verdächtig war, wurde arrettiert. Zufolg des abgestatteten Rapports soll man ungefehr 6000. Personen daselbst gefunden haben, die nicht mit jenem Zeichen der Bürger-Eigenschaft versehen waren, und deswegen nach ihren verschiedenen Sektionen gebracht wurden, und die unter ihnen befindliche Emigrierten von denen zu unterscheiden, die aus Nachlässigkeit sich nicht mit dergleichen Carten versehen hatten.

Paris, vom 15 Merz. [2]

Der 9. und 10. dieses Monats waren hier wieder unruhige Tage, und allem Anschein nach hätte es zu einem bedencklichen Ausbruch kommen sollen, wenn derselbe nicht durch gemachte Gegenanstalten gehindert worden wäre. Schon in der Nacht vor dem 9. fanden sich 4. Personen, die sich für Mitglieder der Jakobiner-Sozietät ausgaben, in dem Committe der Sektion Finistere ein, und verlangten, daß man Sturm läuten, die Alarm-Kanonen lösen und gewisse Mitglieder des N. Convents in Verhaft nehmen soll; mehrere Sektionen haben schon diesem Schluß der Jakobiner-Clubs beygestimmt. Diese Nachricht wurde am 10. dem General-Conseil der Commüne angezeigt. Abends um 7. Uhr berichtete demselben einer von den Polizey-Administratoren, die Uebelgesinnten begeben sich in grosser Anzahl bewafnet nach den Barrieres, um dieselben zu schliessen, damit niemand aus der Stadt wegbegeben könne. Eine Stunde späther kam der Bericht, Leute von gleichem Schlag begeben sich nach Rolands, Brissots und einiger andern Wohnungen. Ein Mitglied des Conseils zeigte an, daß Leute in Uniform mit entblößten Säbeln und Pistolen durch die Strassen lauffen, neuerdings eine Buchdruckerey zerstört, und die beyden Ausgänge der dortigen Strasse besezt haben, um die Bürger zu hindern, dadurch zu gehen oder überhaupt ihre Häuser zu verlassen. Nicht lange nach Mitternacht wurde der Maire, der General-Commandant und der Sekretair des Conseils ins N. Convent beruffen, und eben um diese Zeit fand sich eine bewafnete Deputation von der Sektion der Cite im General-Conseil ein und deklarierte, daß sie sich in den Zustand einer "permanierenden Insurrektion" gesezt habe; über welchen auffallenden Ausdruck sie die Erläuterung gab; sie befinden sich in der Insurrektion gegen alle diejenigen, die sie ermorden wollen. Die Seßion wurde erst um 3. Uhr Morgens, und nur auf kurze Zeit unterbrochen. In der Stadt wurden hie und da Medaillen ausgetheilt, auf der einen Seite Ludwigs XVI. Bildniß, und auf der andern die Worte standen: "Er ist am 21. Jenner als Märtyrer gestorben. Eine solche Medaille wies auch ein Mitglied des N. Convents demselben vor, die ihm von unbekannter Hand zugeschickt worden sey. Der Justiz-Minister stattete in der Seßion am 13. dem N. Convent von diesen Vorfallenheiten Bericht ab. Er sagte: Es seyen allerdings ausschweiffende Unruhen und Bewegungen vorgegangen, und in einigen pobularen Sozietäten und Sektionen gebilliget worden, wo man in Vorschlag gebracht habe, die Barrieren zu schliessen und auf das N. Convent loßzugehen. Aber Gutdeckende haben in diesen Sozietäten und Sektionen dagegen gesprochen; die dem vollziehenden Conseil überbrachten Nachrichten, daß Claviere und Bournonville in Gefahr befinden, seyen falsch befunden worden; da der grössere Theil des Volcks dem Gesez gehorsam geblieben, und die Commüne den festen Entschluß geäussert habe, der Ordnung Respekt zu verschaffen, so sey in dieser Nacht vom 9. auf den 10., welche für ganz Franckreich unglücklich habe ablauffen sollen, weiter nichts nachtheiliges vorgegangen, als daß ein paar Buchdruckereyen geplündert worden.

Paris, vom 18. Merz. [3]

Weder innerliche Ereignisse, noch Berichte von aussenher können diesen Artikul interessant machen. Was die leztern anbetrift, besonders in so fern sie den Zustand unserer Armee in Belgien angehen, so werden sie wahrscheinlich dem hiesigen Publikum nicht in ihrer ganzen Umständlichkeit mitgetheilt. Die kürzlich zum Theil ausgebrochene, und einiger massen wieder unterdrükte Gährung dauret im verborgenen noch immer fort; die schwarze Fahne ist noch immer ausgehängt und der Freiheitsbaum mit einem grossen Traurflor bedekt. Tag und Nacht sind Leute unter den Waaffen; die Verhaftnehmungen und Denunziazionen vermehren sich täglich, und das herrschende Mißtrauen ist so groß, daß die vertrautesten Freunde, Anverwandte und Brüder es kaum wagen, einander zu besuchen; in den Gegenden der Stadt, wo es sonst am lautesten hergieng, herrsch eine traurige Stille und das Volk darf seine Unzufriedenheit nicht äussern. Blos den genommenen Maasregeln, um ihm Einhalt zu thun, haben wir die gegenwärtige Scheinbahre Ruhe zuzuschreiben. Von dem Versammlungs-Saal des N. Convents und des Bürgerraths werden seit einiger Zeit alle Frauens-Personen entfernt, und auf die Galerien nur Manns-Personen gelassen, die mit Billets versehen sind, womit sie ihre eifrigen Jakobinischen Gesinnungen beweisen können; und es ist unlängst in einer Seßion dieser Gesellschaft beschlossen worden, alle Gefängnisse, zu grösserer Befestigung der Freiheit und Gleichheit, mit den Unruhstiftern, Verräthern und Uebelgesinnten anzufüllen, und dann das souveräne Volk aufzufordern, noch einmahl, wie am 2. und 3. September des vorigen Jahrs geschehen ist, selbst die Justiz auszuüben. Die sogenannten Rolandisten und diejenigen Mitglieder des N. Convents, welche nicht zu dem Tod des Königs oder welche für die Appellazion an das Volk ihre Stimme gegeben haben, sind mit unter dieser bevorstehenden Proscription begriffen, und die entgegen gesezte Parthey fürchtet sich vor den geheimen Royalisten und Aristokraten. Vergniaud hat in der Seßion am 13. in einer weitläufigen Rede die gegenwärtige bedenkliche Lage der Sachen in Paris geschildert, und unter andern Beweisen davon auch einen Schluß von dem sogenannten Club des Condeliers und eine Adresse von der Sektion des Quatre Nations an die übrigen Sektionen angeführt. Der erstere soll in folgenden Worten abgefast seyn: das Departement von Paris, als ein Theil des Souverains, wird hiemit aufgefordert, sich der Ausübung seiner Souveränität zu bemächtigen; das Wahl-Corps von Paris wird autorisiert, die Mitglieder, welche Verräther an der Sache des Volks sind, zu erneuern; es sollen Deputierte in das Insurrektions-Committe geschickt werden. -- Die ebenfalls erwähnte Addresse einer Sektion an die übrigen lautete also: "Wollet ihr frey seyn? wollet ihr das Vatterland retten? wohlan so gebet uns Gehör. Ohne Zweifel ist der feindliche Einfall in Belgien das Werk einer ruchlosen Faktion, welche das N. Convent unthätig macht und das Innere der Republik zerrüttet. Man erkennt den Verräther Dümourier an den glüklichen Unternehmungen der Feinde; die Vertheidiger des Vatterlandes machen sich auf, aber sie werffen ihre Blike zuerst inwendig auf die Häupter der Verschwörung; jzt wo es Zeit ist zu agieren, wollen sie sich nicht damit aufhalten, euch die verhasten Unternehmungen eines Roland, Brissot, Gensonne, Gaudet, Petion, Barbaroux, Louvet, u. s. w. zu schildern; diese Verräther sind in den Augen aller freyen Franzosen genugsam entlarvt; deñ sie haben eine innere Ueberzeugung von ihrer Verräthereyen; sie glauben, der kürzlich von Patrioten gethane Vorschlag betreffend die Errichtung eines neuen Tribunal Revolutionnaire und die Absezung der Minister, seyen nur unzureichende Palliative und falsche Maas-Regeln, weil sie nur indirekte die Mörder im Innern der Republik angreiffen, welche in dem N. Convent selbst einen Vereinigungspunkt finden. Sie verlangen, als die vornehmste Maas-Regel und durch die allein etwas ausgerichtet werden kan, daß das Departement von Paris, als ein Theil des Souveräns, gegenwärtig die ihm zukommende Souveränität ausübe. Zu dem End sollen alle Sektionen und Cantons zusammenberuffen werden, um die Wahlversammlung dieses Departements zu der Absezung und Zurückberuffung seiner treulosen Representanten zu bevollmächtigen; u. s. w. -- Man sieht aus dieser Addresse, was für ein Geist gegenwärtig in Paris herrschet.

Immer noch werden Anschlags-Zeddul, die zur Absicht haben, Unruhe zu erwecken, offentlich angeheftet. Erst noch vorgestern wurden durch einen solchen alle gutgesinnte Bürger aufgefodert, sich gegen die Jakobiner zu empören. In einem andern stand: der Maire sey ein Ungeheur; man müsse das N. Convent, das General-Conseil und die Munizipalität massakrieren.

Strasburg, vom 4. Brachmonat. [4]

In der Nacht vom 30. auf den 31. May hat es in Paris gestürmt, frühe um 5. Uhr brummte die Sturmglocke immer noch. Man weiß noch zur Zeit weder Ursache, noch Erfolg. Die nächste Post aus Paris wird uns hierüber das nähere belehren.

Paris, vom 28. Brachmonat. [5]

Kürzlich ist einer der ansehnlichsten hiesigen Banquier, Boyet, in Verhaft genohmen und seine Papiere versiegelt worden. Man beschuldiget ihn, er sey der Agent, der gegen Franckreich verbundenen Mächte gewesen.

Paris, vom 5. Heumonat. [6]

Henriot ist am 2. dieses zu dem einsweiligen Generalcommandanten der Pariser Nationalgarde bis auf Santerres Zurückkunft ernannt worden. -- Eben auch am 2. dieses haben sich die Primar-Versammlungen in Paris zur Annahm der Constitutions Akte versammelt, und verschiedene Sektionen haben seitdem bereits dem N. Convent anzeigen lassen, daß sie die neue Constitution wircklich genehmiget haben.

Paris, vom 2. Christmonat. [7]

Es sind seit wenigen Tagen von dem Revolutions-Tribunal abermahls 12. Personen verurtheilt und hingerichtet worden: unter denselben befindet sich auch der vormahlige Justiz-Minister Düport-Dütertre, und Barnave ehmahls Mitglied von der ersten National-Versammlung, als deren Deputierter er nebst Pethion und noch einem andern abgeschickt worden war, um die Königl. Familie von ihrer Flucht wieder nach Paris zurückzubringen. -- Weder die Verhandlungen der Convents-Sessionen, noch irrgend von den Armeen eingegangene Berichte liefern diesmahl irrgend etwas, dessen Mittheilung dem auswärtigen Publikum im geringsten interressant seyn könnte, und wircklich sind die Pariser-Blätter seit langer Zeit an Nachrichten nicht so unfruchtbar gewesen, als diesmahl. -- Die Anzahl der hiesigen Gefangenen belauft sich gegenwärtig auf 3424.; unter denselben befindet sich seit einigen Tagen auch der vormahlige Botschafter in London, Chauvelin. -- Die sogenannte Pariser Revolutions-Armee ist in zwo Divisionen getheilt, wovon die eine die Sicherheit handhabet, und beständig unter den Waafen ist; die andere aber die benachbarten Dörfer und Departements durchstreift, um Lebens-Mittel aufzutreiben. Aber was sie bisher ausgerichtet hat, soll der Erwartung nicht völlig entsprochen haben; viele Dörfer waren von Getraid entweder ganz entblößt, oder hatten nur so viel; als sie zu ihrem eigenen Unterhalt brauchten. Es ist deswegen auch die Besorgniß eines bevorstehenden Mangels an Lebens-Mittel in Paris allgemein; doch hoft man, die Administration werde dafür sorgen. -- Alle ehmahlige General-Pächter sind kürzlich vom National-Convent zum Verhaft dekretiert und in Port-Royal eingesperrt worden, wo sie an der Berichtigung und Ausfertigung ihrer Rechnungen arbeiten sollen. Ein ähnliches Dekret ist auch in Ansehung der vormahligen Intendanten und General-Einnehmer abgefaßt worden.



Quellen.[]

  1. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 9 Hornung, 1793. Num. 12.
  2. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 23. Merz, 1793. Num. 24.
  3. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 27. Merz, 1793. Num. 25.
  4. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 8. Brachmonat, 1793. Num. 46.
  5. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 6. Heumonat, 1793. Num. 54.
  6. Post- und Ordinari Schaffhauser Samstags-Zeitung. Vom 13. Heumonat, 1793. Num. 56.
  7. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 11. Christmonat, 1793. Num. 99.
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