Paris.[]
Paris,[1] die Hauptstadt des Reichs, welche man nicht unpassend eine kleine Welt nennt; sie liegt in einer grossen etwas hügeligen Ebene, an beyden Seiten und auf Inseln der Seine, unter dem 20 der Länge und dem 48 50' 10" der Breite, durch die Pariser Sternwarte gezogen, im einer Entfernung von 100 Meilen von Basel, 216 von Berlin, 115 von Frankfurt am Mayn, 195 von Leipzig, 600 von Moskau, 204 von Prag, 260 von Presburg, 280 von Rom, 500 von St. Petersburg, 230 von Venedig und 252 von Wien; alles in gerader Linie gerechnet. Die ganze Stadt hat mit Einschluß der Vorstädte einen Umfang von ungefähr 8 französischen oder beynahe 5 geographischen Meilen. Die Anzahl der Einwohner, mit Ausnahme der höchst zahlreichen Fremden und des Militärs, beläuft sich auf mehr als 630,000 Menschen. Die Stadt ist mit einer Mauer umgeben, in welcher 56 Ausgänge mit Schlagbäumen (Barrieren) angebracht sind. Der Thore sind 9. Die Stadt hat auf 32,000 Häuser, worunter 550 Hotels oder Palläste und grosse Gebäude, 12 Pfarrkirchen, 27 Hospitäler, 30 Theater, 17 Gefängnisse, 1106 Strassen, 15 Gäßchen, 82 Durchgänge, 121 Sackgassen, 75 Plätze, 29 Kaien (Quais, Gestade), 19 Brücken, 45 Hallen und Märkte, 66 Fontänen, 2 Feuermaschienen, 41 Rettungsanstalten in Feuersgefahr, 12 öffentliche Badeplätze, 2 Schwimmschulen, u. s. w. Sie wird von 4209 Reverberielaternen, die an Stricken in Mitte der Strassen hangen, und von 9484 Armlaternen Nachts erleuchtet. Die Stadt besteht aus drey Haupttheilen: der eigentlichen Stadt (la Ville), der Universität und der Altstadt (la Cité), dann aus den zehn Vorstädten: St. Antoine, Tempelvorstadt, St. Laurent, St. Martin, St. Denis, St. Lazare, Montmartre, Richelieu, Sc. Honoré und Roule. Die ganze Stadt ist in zwölf Munizipalarrondissements und acht und vierzig Divisionen abgetheilt.
Im Ganzen genommmen ist Paris weder regelmässig noch schön gebaut; manche Strassen sind krumm und enge; die meisten Häuser sind allzuhoch, um nicht den Gassen ein düsteres Ansehen zu geben, und ein Theil der Vorstädte sieht wirklich schlecht aus. Dagegen fehlt es nicht an ausnehmend schönen Theilen der Stadt und an prächtigen Gebäuden, so daß einzelne Quartiere ein harmonisches Ganzes bilden.

Unter den Thoren zeichnen sich jene von St. Denis und St. Martin aus. Ersteres ist ein prachtvolle Triumphpforte, im antiken Geschmack ausgeführt und mit herrlichen Bildhauerarbeiten verziert, beyde sind den Siegen zu Ehren erbaut worden, die unter Ludwig XIV. erfochten wurden. Unter den Brücken zeichnet sich vorzüglich der Pontneuf (die neue Brücke) aus, sie ist 1020 Pariser Fuß lang und 54 Fuß breit. Zu beyden Seiten sind erhöhte Gänge für die Fußgänger; auf den vorspringenden Pfeilern sind halbmondförmige Balkone angebracht. An der Stelle einer Statue König Heinrichs IV. steht jetzt ein prächtiges Kaffeehaus. Eine andere Merkwürdigkeit ist die Samaritaine, ein Gebäude mit der hydraulischen Maschine, wodurch das Flußwasser für die benachbarten Brunnen und Gärten herausgepumpt wird; dieses mit einem artigen Glockenspiel versehene Figur der Samariterin an dem Wasserbecken. Der Bau dieser Brücke ist im Jahre 1603 vollendet worden. Noch bemerken wir die Brücke der Künste, auch Blumenbrücke genannt, dem Louvre oder Kunstpallaste gegenüber, sie wurde im Jahre 1804 vollendet, ihre Bogen sind von Eisen; sie ist mit Pomeranzenbäumen und Blumen verziert, und nur für Fußgänger bestimmt. Neu hinzugekommen sind an den beyden äussersten Enden der Stadt, die zwey grossen Brücken Austerlitz und Jena, der bey diesen zwey Ortschaften erfochtenen Siege wegen also benannt. Mit Pavillons und einem runden Säulengang umgeben ist der Place des Vosges (Wasgauplatz). Der wohlgebaute Platz Desaix zwischen dem Pontneuf und dem Handelsplatz, enthält eine Fontaine, aus welcher das kriegerische Frankreich das Bild dieses Generals krönt. Der größte unter den Plätzen zwischen den Thuilleriengärten und den elisäischen Feldern ist der Platz der Eintracht (de la Concorde), mit breiten Gräben rings umgeben, und mit Pavillons, schönen Säulengängen und Pallästen geziert.
Die merkwürdigsten und ausgezeichnetsten Gebäude sind: Der Pallast der Thuillerien oder der jetzige kaiserliche Residenzpallast, der den ersteren Nahmen von den Ziegelhütten erhielt, die vormahls auf dem Platze standen, ist einer der schönsten, geschmackvollsten und größten Palläste, er wurde im Jahre 1564 von der Königin Katharine von Medizis zu bauen angefangen, aber erst von Ludwig XIV. vollendet. Er steht am Karousselplatze, besteht aus 5 Pavillons und 4 Corps de Logis in gleicher Länge von 178 Toisen, 3 Fuß Länge und 18 Toisen Breite. Büsten und Statuen verschönern die Konsolen und Kolonnaden, die prächtigsten Gemählde und Mobilen die Zimmer. Dieß Gebäude wird noch mehr erweitert. Das Louvre, zwischen der Seine und der Strasse St. Honore ist der älteste königliche Pallast, der von König Ludwig XIV. hinzugebaute Theil ist ein Meisterstück der Baukunst, 687 Toisen lang, mit Säulen und so weiter auf das Prächtigste verziert. Das Ganze ist nun der Sitz des Nazionalinstituts und des Musäums der Mahler- und Bildhauerkunst. Auf dem benachbarten Pavillon ist ein Telegraph errichtet, der mit den übrigen in Frankreich korrespondirt. Das Pallast des gesetzgebenden Körpers, vormals Palais Bourbon genannt, ist ein Prachtgebäude, in dessen Inneren man über den darin verschwendeten asiatischen Prunk erstaunt. Es liegt in der Vorstadt St. Germain. Der Senatspallast, ehemahls Luxemburg genannt, liegt in der Strasse Vaugirard, und ist nach dem Pallast Pitti zu Florenz gebaut. Der Pallast des Tribunats, oder das Palais royal gehörte dem Hause Orleans, dessen letzter Herzog ihn zu einem Lustorte und Jahrmarkte einrichtete. Noch jetzt beherbergt dieser Pallast 180 Kaufleute, die in eben so vielen Gewölbern alles, was Luxus und Geschmack hervorbringen kann, auskramen. Auch finden sich hier Wein- und Bierschenken, dann Kaffeehäuser und das französische Theater, dann das Theater Montansier haben hier ihren Sitz aufgeschlagen. Der schöne Garten wird vorzüglich von Fremden häufig besucht. Die drey prächtigsten Haupteingänge sind an der neu erbauten sehr schönen Façade gegen der Strasse St. Honoré.

Der Justitzpallast in der Cité mit seiner prächtigen Façade wurde von Ludwig XVI. im Jahre 1787, nachdem er lang in Verfall gestanden, wieder erbaut. Hier hat die Polizeypräfektur ihren Sitz. Ausser diesen ehemahls königlichen Pallästen bemerken wir noch folgende öffentliche Gebäude, als da sind: Der Tempel, von Tempelorden im Jahre 1200 erbaut, ist ein mit hohen Mauern eingefaßtes und mit Thürmen versehenes Gebäude, das zu einem Staatsgefängniß dient; das Hotel der Münze, ein prächtiges Gebäude mit sechs Höfen, Wohnungen für die Münzbeamten und einem Amphitheater zu den Vorlesungen. Das Arsenal, am Quai du Mail. Das Hotel der Invaliden, ein prächtiges, imposantes Gebäude, mit einer Esplanade, mit Gräben und Kanonen, es kann 5000 Mann aufnehmen. Der Invalidendom und seine berühmte Kuppel sind von ausgezeichneter Bauart. Die Militärschule, ein prachtvolles Gebäude, zu einer Kaserne dienend und das Längenbureau enthaltend, liegt am Marsfeld, einem 450 Toisen langen und 130 Toisen breiten, mit Gräben umgebenen Platze, der zu militärischen Uebungen und öffentlichen Feyerlichkeiten gebraucht wird; das prachtvolle chirugische Institut, mit einem anatomischen Theater und Kabinet, dann einer schönen Bibliothek. Die Kirche Notre-Dame, oder die Metropolitankirche, die älteste in Paris, sie wurde vom König Childebert I. im 6ten Jahrhundert neu erbaut, ist im gothischen Geschmack und hat an der Südseite den der grossen Treppe wegen bewunderten erzbischöflichen Pallast. Die Genovefenkirche, nachmahls das Pantheon genannt, ein herrliches Gebäude, von 1757 an erbaut. Der Dom stellt einen runden Tempel vor; sein Portal ist von besonderer Schönheit. Zahlreich ist auch die Anzahl schöner Gebäude (Hotels), die Privatpersonen gehören oder Ministern eingeräumt sind: Hotel de l'Empire (des Reichs), in der Strasse Cerutti, das Hotel Prinz Wallis in der Vorstadt St. Honoré, das Hotel Richelieu, am grossen Boulevard, das Hotel Grange Bateliere, in der Strasse gleichen Nahmens, werden ganz oder theilweise an Fremde vermiethet, und sind prächtig meublirt.
Die Anzahl der Theater und öffentlichen Spektakel ist veränderlich. Die vorzüglichsten Pariser-Theater sind: 1) das grosse Operntheater oder Academie Imperiale de Musique in der Rue de la Loi (Gesetzesstrasse), erbaut im J. 1793, ist bequem und geschmackvoll eingerichtet, und kann 2400 Menschen fassen. 2) Das französische Theater, eben daselbst, ist im Jahre 1787 zu bauen angefangen worden; seine Façade ist schön; im Innern ist statt des Zimmerwerks durchgehends Eisen gebraucht worden; es fast 2000 Zuschauer. 3) Das Nazionaltheater der komischen Oper, auch Theater Feydeau genannt, in der Strasse gleichen Nahmens, faßt 2000 Menschen. 4) Die Opera buffa, oder das italienische Theater, ebenfalls neu erbaut, ansehnlich, schön verziert, bequem und faßt über 2000 Personen. 5) Das Theater der Kaiserin, in der Strasse Louvois, ist nicht ausgezeichnet gebaut, besitzt aber gute Schauspieler.
Vom Nazionalinstitut ist bereits gesprochen worden. Nun bemerken wir die Nazionalbibliothek. Sie besitzt an Manuskripten 80,000 Bücher, an gedruckten Büchern 260,000, an Kupferstichen 6000 Bände und 2000 einzelne Kupfer. Für arbeitende Gelehrte ist sie täglich von 10 bis 2 Uhr offen. Die Bibliothek des Pantheons besteht aus 80,000 gedruckten Büchern, 2000 Manuskripten. Sie ist täglich offen. Die Mazarinische Bibliothek, im ehemahligen Mazarinischen Collegium, täglich von 10 Uhr bis 2 Uhr offen. Die Stadtbibliothek, sie ist eben so lange offen. Das Museum Napoleon, ein vortreffliches Kunstkabinet von Gemählden und Bildhauerarbeiten, auf der Gallerie des Louvre, enthält einen auch schätzbaren Reichthum an Kunstseltenheiten, besonders aus den Niederlanden und Italien. Die Gemähldesammlung im Louvre enthält 3668 Gemählde, aus verschiedenen Schulen, 280,000 Zeichnungen, 7000 Kupferstiche, 150 antike Statuen und andere kostbare Alterthümer. Das Museum der französischen Denkmähler, in dem Hause der kleinen Augustiner in der Vorstadt St. Germain, seine Säle sind mit den Ueberresten alter Denkmähler desselben Zeitraums, den sie umschliessen, geziert und die Fenster sind mit gemahlten Gläsern geschmückt. Der Pflanzengarten mit mit dem naturhistorischen Museum, ist zugleich ein sehr reizender, starkbesuchter Spaziergang. Ein botanischer Garten mit 7000 Pflanzen, ein sehr reiches Naturalienkabinet, ein Amphitheater zu den Vorlesungen, nebst einem chemischen Laboratorium, eine neue Menagerie, eine hydraulische Maschine, die den Garten mit Wasser versieht, ein Pavillon mit einem Denkmahle Linnés, das Grabmahl Buffons, eine romantische Gegend, das Schweizerthal genannt, vereinen sich, das Ganze höchst interessant zu machen.
Noch andere öffentliche Spaziergänge sind: der grosse und prächtige Garten der Thuillerien, der unter andern mehr als 800 Pomeranzenbäume enthält. Die elysäischen Felder oder le grand Cours (der grosse Lauf). Die anmuthigen Gehölze von Boulogne und von Vincennes. Der Garten Boutins, Tivoli genannt, wo Tänze gehalten und Feuerwerke gegeben werden. Frascati, Kaffeehaus und Garten im italienischen Geschmack. Die Boulevards sind dreyfache Alleen, welche Paris umgeben, u. s. w.
Diese äusserst lebhafte und gewerbsame Stadt ist, als Hauptsitz der Künste und Wissenschaften, der Gewerbe und des Handels von ganz Frankreich, der Sammelplatz der vorzüglichsten Künstler und der Aufenthalt einer grossen Zahl von Fabriken aller Art, deren wir in dem Artikel von der Nazionalindustrie bereits mehrere genannt haben. Die niedrigste Klasse der Bewohner von Paris lebt zum Theil sehr armselig. Brod, Pfannkuchen, Häringe sind meistens ihre Nahrung. Einige der Waarenträger, der Handlanger u. s. w. essen auch Fleisch. Handwerkgesellen geniessen schon Fleisch und Wein. Weiber, die häusliche Dienste versehen, und Privatarbeiterinnen leben ziemlich gut. In Bezug der mittleren Klasse findet man bey den besseren Meistern von geringer Profession schon Silbergeräthe, vorzüglich Becher; sie essen des Morgens eine Kaffeesuppe mit Löffeln; es fehlt ihnen nicht an Braten und erträglichem Wein. Krämer, Kaffeeschenken leben zwar mässig, aber auf artigen Fuß. Sie laden Bekannte häufig auf Hausmannskost (á la fortune du pot). Detailhändler, welche grössere Läden haben, halten sich Gärten vor der Stadt, auch Bediente. Dasselbe gilt von den mittleren Staatsbeamten. Eigentlichen Luxus aber können nur Banquiers, Großhändler, Lieferanten, Kapitalisten von höherer Gattung, hohe Beamte und Generale zeigen. Ihre Dienerschaft ist ziemlich zahlreich, und ihre Haushaltung kosten hier sehr viel. Verschiedene solcher bedeutender Häuser verwenden jährlich über 400,000 Franken. Diese höhere Klasse ist aber bey Weitem nicht so zahlreich, wie vor der Revoluzion. Ueberhaupt ist durch öffentliche Orte für die Schwelgerey sehr gut gesorgt. Der Wein in gewöhnlichen Schenken aber ist der hohen Accise wegen, meistens schlecht oder verfälscht; in den benachbarten Ortschaften indeß ist er besser, und dahin pilgern deshalb die unteren Klassen sehr häufig an Sonntagen. Zu den Belustigungen der unteren Klassen gehört das Vogelschiessen mit Bogen und Pfeilen, das Werfen nach einem in einer Art von Schnappgalgen eingeklemmten Truthahn, das Erklettern eines mit dem Preise gekrönten Mastbaumes. Musik, Tanz, Gaukelkünste sind sehr beliebt, die Lottowuth ist ungeheuer. Uebrigens ist Paris der Sitz der Regierung und aller hohen Reichskollegien, und die Umgebungen sind der vielen Abwechslungen, wohlgebauten Felder, reizenden Gärten und schönen Landhäuser wegen, sehr angenehm.
Paris 1806.[]
"Indess unsre Armeen neue Siege erkämpften, schreibt man aus Paris, spürten wir hier kaum, dass wie Krieg haben, wenn nicht die Journale und die Abwesenheit der Garden uns daran erinnerten. Alles geht seinen gewohnten Gang fort; die Effecten stehen höher als vormals. Silbermünze ist im Ueberfluss, und es fehlt oft an Scheidemünze zum wechseln. Keine unter allen öffentlichen Arbeiten, die auf Befehl des Kaisers vorgenommen werden, ist eingestellt. Die Lebensmittel sind, seit Abwesenheit der zahlreichen Garden und Lager, eher wohlfeiler, als theurer geworden, und so leicht die arbeitende Klasse hier nicht, wie gewöhnlich in andern Hauptstädten, unter den Lasten des Kriegs. Die Veränderungen, die auf Napoleons Geheiss mit Paris vorgehen, sind ungeheuer, sind riesenhaft. Paris hatte bisher wol die schönsten Palläste unter allen Städten, aber sie waren unter einem Haufen elender Häuser versteckt; es hatte lange reiche Strassen, aber ohne die nöthigen Verbindungsgänge mit andern; es fehlte an freien Plätzen für diese ungeheure Häusermasse; es fehlte an breiten, geraden Zugängen zu den Hauptgebäuden der Residenz. Auf Napoleons Wink wird für das Alles gesorgt; während er den Franzosen durch seine auswärtigen Thaten einen unsterblichen Namen in der Geschichte gründet, wandelt er ihre Hauptstadt zur schönsten von Europa um; sie wird es in einigen Jahren in der That seyn, so wie sie es in den Augen der Pariser schon seit einem Jahrhundert ist. Dämme umgeben die Seine, wo sie noch mangeln; neue Brücke setzen die Theile der Stadt in Verbindung, die nur durch Schiffe communicirten; und so wie die Austerlitzer Brücke seit kurzem die östlichsten Theile derselben vereinigt, so arbeitet man schon an einer neuen zwischen dem Platze vor den Invaliden und den gegenüber liegenden elisäischen Feldern. Die aufgehobenen Kirchen und Klöster werden demolirt, und dadurch freie, gesunde Plätze eröffnet; einen der schönsten wird das Terrän des ehemaligen Jacobinerklosters bilden, das zu einem grossen Fruchtmarkte bestimmt ist. Von dem Hauptthore der Tuillerien bis zum Hauptthore des Louvres wird mitten durch die dazwischen liegenden Häuser eine breite, neue Strasse, rue Imperiale genannt, parallel mit der Gallerie des Louvres führen; rings um das Louvre werden die elenden Häuserchen weggerissen, der Boden geebnet, und auf allen Seiten freie Plätze geschaffen, um diesem einzigen Platze die Ansicht zu verschaffen, die er verdient. Bald wird auch sein Inneres vollendet seyn; die Gallerie des Louvres, die jenen Pallast mit den Tuillerien verbindet, wird zu ebener Erde grösstentheils Arkaden bilden; in ihrem östlichen Theile werden sieben neue Säle für die Statuen geöffnet werden, die sich bis jezt noch in Magazinen befinden. Parallel mit der Gallerie des Louvres und der rue Imperiale führt die neue Strasse Rivoli von dem Platze der Eintracht auf den Platz des Louvres; neue Häuser, alle mit Arkaden versehen, werden sie zu beiden Seiten umgeben; neue Queerstrassen setzen sie bereits mit der ebenfalls parallelen rue St. Honorée in Verbindung. Diese neuen Strassen gehen grösstentheils über das Terrän der berüchtigten Reitschule, des Klosters der Feuillans u. dergl.; bis auf den Namen werden diese Gebäude vertilgt, und durch diese unausgesetzten Arbeiten 100,000 Arme beschäftigt, die aus Mangel an Verdients den Männern jener Orte zu Gebote standen. Neue öffentliche Brunnen entstehen von allen Seiten; Denkmäler, der Grösse unsrer Zeiten würdig, erheben sich auf dem Platze du Caroussel und de l'etoile vor der Barrière des champs elisées. Napoleon wird einst von Paris sagen können, was August von Rom sagte: Ich habe es von Ziegeln gebaut gefunden, und es von Marmor gebaut hinterlassen.
Paris 1812.[]
Paris. Seit dem 1sten May haben wir das herrlichste Wetter, das sich denken läßt; bis zum letzten April hatte es fast unaufhörlich geregnet. Nun aber werden die Spaziergänge fleißig besucht. In den Champs élysés ist es schon so lebhaft, als mitten im Sommer. In den Lustgärten wird getanzt, auf dem Grase werden allerhand Spiele getrieben, überall ertönt Musik, oder zeigt sich etwas Sehenswerthes. So läßt Jemand z. B. ein Uhrwerk sehen, worauf allerhand kleine Figuren stehen, die alle in Bewegung sind. Einige machen aber ein Regiments-Musikantenchor aus, und spielten Alle auf ihren Instrumenten. In einem untern Stockwerke wird gewalzt, und von Zeit zu Zeit guckt ein kleiner Teufel aus dem Boden hervor, um zu sehen, ob Nichts für ihn zu haschen ist; der Einfall, ein Teufelchen neben den Walzenden in Hinterhalt zu stellen, wiegt eine moralische Rede auf. Auch in den andern Stadttheilen wird Alles aufgeboten, um diesen Sommer anzulocken und zu belustigen. Der türkische Garten ist herrlich verziert. Tivoli steht nun auch wieder offen, und wird, wie in den vorigen Jahren, seine sonntägigen und donnerstägigen Feste geben. Herr Degen hält sich schon lange bereit, vor der schlaulustigen Welt in die Luft zu fliegen. Der öffentliche Garten, hinter dem Pallast Luxembourg, wo bekanntlich d Senat seine Sitzungen hält, hat dieses Frühjahr mehrere Verschönerungen bekommen. Eine sehr große Baumschule, welche hinter diesem Garten liegt, und den Raum des ehemaligen Karthäuserklosters einnimmt, soll mit diesem Garten vereinigt werden, und eine lange Allee soll sich von dem Pallaste durch den Garten bis zur Sternwarte erstrecken. Auch bekommt der Tuilleriengarten einigen Zuwachs, aber nur von der einen Seite, um das Ebenmaß herzustellen, das durch ein unbedeutendes Gebäude gestört wurde.
Paris. [3] Die Boulevards sind des Abends ausserordentlich belebt. Ueberall hört man Orgeln, Violinen, Leyern, Stimmen, worunter manche zwar sehr erbärmlich sind; auch fürs Auge giebts Allerhand, als: geputzte Frauenzimmer von einer zweydeutigen Klasse, kleine Krambuden, Guckkasten, Quacksalber, Taschenspieler u. s. w.
Die Ebene von Sablons, die zwischen Paris und St. Kloud liegt, und vor der Revolution zu den Revüen diente, mithin wüste lag, soll jetzt bebaut, und so wie jener Theil derselben, der schon vor einigen Jahren bepflanzt, und bey öffentlichen Festen gebraucht wurde, veräussert werden.
Mit dem Baue der Börse, der schon vor zwey Jahren angefangen hat, geht es sehr langsam; bis jetzt sieht man noch weiter nichts, als die Grundlagen. Dagegen wird an dem Flügel des Louvre sehr thätig gearbeitet. Die Kapelle, die gerade gegen das Museum über stehen wird, erhebt sich schon beträchtlich, obschon erst vor Kurzem der Grund dazu gelegt ist.

Von Reisende.[]
Karl Gottlieb Horstig.[]
- [1803]
Paris ist der Ort für Fremde, versichert Baggesen, dessen Herz noch an den Alpen und Pyrenäen hängt, und der in der Mitte von Frankreich die Teutsche Biederkeit vermisst, die eine ungerechte Scheidewand von der Französischen Artigkeit und Zuvorkommung trennt. Paris ist der Ort für alle Menschen, versichert uns Kramer. Auch nicht das geringste, sagt er, wird man in dieser Stadt vermissen, wo alles sich vereinigt, das Leben angenehm und leicht zu machen. Wahr ist es, wenn er irgend einen Ort in der weiten Welt giebt, wo der Mensch, wenn er nur etwas zu treiben versteht, sich eine angenehme Existenz verschaffen kann, so verdient Paris vorzüglicher Weise vor allen andern genannt zu werden. Alle Strassen sind bedeckt mit dem Ueberflusse von Schätzen der Natur und Kunst. Blumen und Früchte aller Jahrszeiten findet man hier aufgehäuft. Die schönsten Weintrauben geniesst man um den wohlfeilsten Preis, und Erbsen und Blumenkohl erhält man im Winter, wie in der Mitte des Sommers. So wie man aus den langen, düstern Strassen in einen erleuchteten Saal tritt, so findet man sich schnell in einen kleinen Tempel versetzt. Nichts kann für einen Fremden reizender seyn, als die zu jeder Stunde des Tages offene Tafel der Restaurateurs. Alles, was irgend nur die Sinne erfreuen kann, vereint sich hier zum lieblichsten Genuss. Eine wohlthuende Wärme verbreitet sich durch den schimmernden Saal. Um eine Treppe erhöht, kann man hier von der Arkade mitten im Zimmer auf die untere Welt herabschauen, und während der Mahlzeit an allen Unterhaltungen der wechselnden Gesellschaft Theil nehmen, die wie eine wogende Flut unaufhörlich ab und zuströmt.
Quellen.[]
- ↑ Schütz
- ↑ Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Hamburg in der Hoffmannschen Buchhandlung. Jahrgang 1806.
- ↑ Allgemeine deutsche Zeitung für Rußland. No. 160. Donnerstag, den 4. July 1812.
- ↑ Reise nach Frankreich, England und Holland zu Anfange des Jahres 1803 gemacht und beschrieben von C. G. Horstig. Berlin, bei Friedrich Maurer 1806.
Literatur.[]
- Neueste Reisen durch Frankreich vorzüglich in Absicht auf die Naturgeschichte, Oekonomie, Manufakturen und Werke der Kunst von D. Joh. Jak. Volkmann.
- Ansichten von Paris. Zürich, bei Heinrich Geßner. 1809.
- Neueste Beschreibung von Paris, der Hauptstadt des französischen Kaiserreichs, und derselben Umgebungen. Mit dem Prospecte der Kaiserl. Schloßgebäudes der Tuillerien und dem neuesten richtigen Grundrisse der Stadt. Wien, 1809. Im Verlage der Gerold'schen Buchhandlung.
- Paris, wie es jetzt ist, oder Neuestes Gemälde dieser Hauptstadt und ihrer Umgebungen. In Briefen von einem reisenden Deutschen. Chemnitz bei Carl Maucke. 1810.