Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Freies Deutsches Hochstift Frankfurt


Palermo.[]

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Palermo, Hauptstadt des Königreichs Sicilien, im Val di Mazzara, an einem Meerbusen, zwischen den Vorgebirgen Monte Pellegrino und Capo Saffarano. Sie hat sechs Italienische Meilen im Umfang, einen Hafen, der durch 2 starke Schlösser beschützt wird, und ist wohlbefestigt; treibt auch ansehnliche Handlung. Die Zahl der Einwohner betrug im Jahr 1713. 200,000. Gegenwärtig wird sie auf 150,000 und von andern nur auf 120,000 Seelen angesetzt, welches die wahrscheinlichste Zahl ist.

Die Stadt besteht aus 4 Haupttheilen. In dem ersten ist zu bemerken der Palast des Vicekönigs, der hier seine Residenz hat, der Palast des Erzbischofs, das große Hospital, das St. Claren-Kloster, und das Prozeßhaus der ehemaligen Jesuiten. Im zweyten, die erzbischöfliche Domkirche, nebst etlichen andern Kirchen. Im dritten das Rathha us und das Haus der nunmehr aufgehobenen Inquisition. In dem vierten die Kirche des H. Dominicus, das Krankenhaus zu St. Bartholomäus, und das prächtige Stadtthor, Porta felice. Die zwey Hauptstrassen dieser Stadt Cassero und Strada nuovo durchkreuzen einander gerade in der Mitte derselben, und machen daselbst ein regelmäsiges Achteck, Piazza Villena genannt, das mit sehr schönen, gleichförmigen Gebäuden geziert ist, und in dessen Mitte man die Aussicht durch diese prächtigen Strassen hat. Die kleinern Strassen gehen meistens mit den zwey großen parallel; so, daß man allezeit, in wenigen Minuten, in eine Hauptstrasse kommen kann, man befinde sich an welchem Orte der Stadt man wolle. Auch das Pflaster und die nächtliche Beleuchtung sind sehr gut. Die vielen Kirchen sind meist von Alabaster oder Marmor prächtig gebaut, so wie mehrere von den 80 Klöstern der Stadt. Die hiesige Universität oder Academia Reale hat eine beträchtliche Bibliothek.

In dieser Stadt wurden von dem Normannischen König Roger I. in der Mitte des 12ten Jahrhunde ts, Seidenarbeiter angesetzt, welche seine Generale, in dem Kriege wider den griechischen Kaiser, Emanuel Comnenus, nebst andern zu Gefangenen gemacht hatten. Sie beförderten den Seidenbau in Sicilien mit dem glücklichsten Erfolg; und da Seidenstofe bis dahin, unter den europäischen Ländern, nur in Griechenland und in Spanien verfertigt wurden; so erlangten die Sicilianer und die Stadt Palermo dadurch einen neuen sehr vortheilhaften Handlungszweig bis sich nach und nach die Seidenfabriken in Italien und andern Theilen von Europa ausbreiteten. Andere Manufakturen von Bedeutung hat Palermo nicht; aber diese Stadt liefert die meisten sicilianischen Produkte, Weizen, Wein, Oel, Südfrüchte, Manna xc. an das Ausland, und versorgt die Insel mit Specereyen und Manufakturwaaren. Daher laufen jährlich im Durchschnitte gegen 500 fremde Schiffe in den Hafen ein.

Palermo, welches, bey den in Sicilien so häufigen Erdbeben, immer verschont blieb, wurde den 1 Sept. 1726 auf einmal schrecklich erschüttert und litte dadurch großen Schaden an Gebäuden. Es verlohren an 250 Menschen das Leben; und ohngefähr 200 wurden beschädigt.

Als man im Jahr 1781 die baufällig gewordene Domkirche ausbesserte, so mußten die porphyrnen Särge der Kaiser Heinrichs VI. und Friedrichs II. auf die Seite gebracht werden. Da man, wegen ihrer Schwere, die Deckel wegnahm, so fand man ihre Leichname fast unversehrt, und auf ihren Kleidern gestikte Schriften, welche wohl die ältesten Muster der heutigen arabischen Cursivschrift sind.


Ausserhalb der Stadt, sind 2 angenehme Gegenden; La Bagaria auf der Ostseite, und il Colle auf der Westseite, wo der Adel seine Landhäuser hat; an der Küste liegt die vortreffliche öffentliche Promenade Flora genannt. An der Ostseite fließt auch, in einer geringen Entfernung von der Stadt, das kleine Fluß Ammeraglio in das Meer.


Rijksmuseum Amsterdam.


Quellen.[]

  1. Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor der Geschichte und Geographie zu Würzburg. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1806.
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