In der Entfernung einer Meile vom Haag liegt das Haus im Busche *), welches ehemals dem Statthalter zum Sommeraufenthalt diente, jetzt aber zur Aufbewahrung der Nazional-Gemälde-Gallerie eingerichtet ist, eine Reihe von Zimmern ausgenommen, welche vom Inhaber einer Weinschenke der unanständigsten Art bewohnt wird. Es giebt keine vortheilhafte Idee von der Denkungsart derer, welchen die Sorge für die Nazionalgüter anvertraut ist, und die vermöge ihres Amts gleichsam als die Wächter öffentlicher Sitten betrachtet werden müssen, dass sie in den geheiligten Mauern eines Nazionalpallastes die Errichtung eines Bordells gestatteten; und doch wird zur Schande der batavischen Regierung zu diesem niedrigen Zweck benutzt.
*) Dieses Lustschloss wurde von Amalia, einer gebohrnen Prinzessin von Solms, der Gemalin des Prinzen Friedrich Heinrich, in ihrem Wittwenstande zur Ehre ihres Gemals erbaut, ist aber noch nicht vollendet.
Bei Einziehung der Güter des verbannten Statthalters errichtete die holländische Regierung mit lobenswürdigem Eifer für die Belebung der schönen Künste aus seiner Gemäldesammlung, die damals für eine der schätzbarsten in Europa gehalten wurde, eine Nazional-Gemälde-Gallerie, und setzte eine jährliche Summe zur Ankaufung neuer Gemälde für dieses Kabinet aus. Eine vortreffliche Reihe von Zimmern des Hauses im Busch wurde dazu eingerichtet, und ein Direktor von Geschmack und Talent mit den nöthigen Gehülfen zur Aufsicht über diese Nazionalsammlung angestellt.
Der Höflichkeit des Herrn J. G. Waldorp, des Aufsehers dieser Gallerie, -- eines Mannes von grossem Verstand und Verdienst, -- bin ich wegen der ausgezeichneten Aufmerksamkeit, die er mir bei verschiedenen Gelegenheiten bewiesen hat, besondern Dank schuldig. Er ist selbst ein geschickter Maler, und daher im Stande, die Werke anderer kritisch zu beurtheilen; so viel Gefühl auch der blosse Liebhaber für diese Kunst haben mag, so müssen ihm doch gewiss manche Schönheiten entgehen, die ein Maler allein zu entdecken und zu schäzzen vermag.
Das erste Zimmer dieser Sammlung ist den Gemälden, welche zur Erläuterung der Geschichte der vereinigten Staaten diesen, gewidmet, und enthält eine Reihe Oranischer Prinzen von Wilhelm dem ersten bis auf Wilhelm den dritten.
Wilhelm der erste, Prinz von Oranien, und Moriz, von Mierevelt, Friedrich-Heinrich und Wilhelm der zweite von Hondhorn und Friedrich Heinrich von Palamedes sind Gemälde von ungewöhnlichem Verdienst; die von Moriz und seinem Bruder Wilhelm dem ersten sind vielleicht die besten darunter.
Das Bild de Ruyters von Ferdinand Bol kann nicht genug bewundert werden, und gleiches Lob verdient der Admiral Van Ness und seine Gemalin, zwei vorzügliche Gemälde von B. Van der Hulst.
Der Herzog von Alba von D. Barns ist ein Charaktergemälde von diesem grausamen Manne. Er ist in der Rüstung abgebildet und jeder Zug seiner Mienen verräth einen wilden, blutdürstigen Charakter. Er ist der Anführer einer Armee von Henkern, der sich mit kaltem Blut über Verwüstung der Länder, Plünderung der Städte und Ermordung vertheidigungsloser Weiber und Kinder mit ihnen berathschlagt. Unmöglich kann man dieses Gemälde ohne Gefühl eines unwillkührlichen Abscheu's ansehen, und empört wendet sich das Herz von dieser getreuen Darstellung eines menschlichen Ungeheuers.
Der brave Republikaner Barneveldt, ein aufgeklärter Staatsmann und eifriger Vertheidiger der holländischen Freiheit, von Paul Moreelse, gewährt dem Beschauer nach der Betrachtung des feindseligen Spaniers einige Erholung.
Aber das kostbarste aller hiesigen Gemälde ist Schalken's Nachtstück von Wilhelm dem dritten von England. Dieser Künstler hatte die Gewohnheit den Gegenstand seines Gemäldes und ein Licht in ein finsteres Zimmer zu stellen und während er durch eine kleine Öffnung blickte, bei Tageslicht das zu malen, was er im dunkeln Zimmer sah. Es wird erzählt, wie er den König Wilhelm malte, wäre der Talg vom Lichte auf des Königs Finger geflossen und hätte dadurch die Mienen dieses phlegmatischen Monarchen sehr entstellt. Die Wirkung des Nachtlichts ist vortrefflich dargestellt; aber im Gemälde liegt etwas steifes, das mir missfällt, ohngeachtet es ohne Zweifel ein Meisterstück in dieser Gattung der Malerei ist.
Ausserdem muss ich noch in diesem Zimmer eines allegorischen Gemäldes von Johann de Wit erwähnen, das eine ihre Eier vertheidigende Gans vorstellt, um die Sorgfalt für die Republik zu bezeichnen. Menschliche Energie und Leidenschaften sind in diesem Bilde gut ausgedrückt und es erinnerte mich an den Geier eines vorzüglichen englischen Künstlers *), den ich bei der vorjährigen Ausstellung der königlichen Akademie zu London sah.
*) Herr Northcote.
Da die Holländische Regierung bis jetzt noch für keine Kataloge zum Gebrauch der Fremden gesorgt hat, so wird man mich entschuldigen, wenn ich der besonders Zierden dieses Kabinets nur kurz erwähne.
In dem zweiten Zimmer enthält die Ermordung der Unschuldigen von Cornelius Van Haarlem viele schreckliche Schönheiten. Eine Maria Magdalena von Carlo Maratti und Titian sind Gemälde von ausserordentlichem Werth; aber die schöne Magdalena von Correggio ist noch kostbarer. Reue und Hoffnung sind auf dem Gesicht des bekehrten Weibes göttlich abgebildet.
Ein Ecce homo von Kaspar de Crayer ist hinlänglich gerühmt, wenn ich anführe, dass Rubens dieses Gemälde bewundern und den Künstler darum beneiden konnte. Die Todesangst in der Miene des Heilandes ist herrlich ausgedrückt.
Kleopatra mit der Schlange an der Brust, von Guido; Johannes der Täufer als Jüngling von Coxie, und Venus mit dem Adonis von Willebors sind Stücke von grossem Verdienst; aber von ihnen und einer schlafenden Venus mit dem Kupido zur Seite vom Ritter Van der Werf wendet der Beschauer gern seine Blicke auf Flink's Triumph der Liebe. Die Venus in diesem Stück ist auf das allerwollüstigste reizend, und nichts bleibt der Einbildungskraft des Bewunderers noch hinzuzudenken übrig.
Quare nuda Venus, nudi pinguntur amores?
Ein heiliger Petrus auf Gobelin-Tapete besitzt Schönheit genug, um den ehrenvollen Platz in diesem Zimmer einzunehmen, ungeachtet er nach dem Plan dieses Instituts eigentlich nicht hierher gehört. Er hat mit den geistreichen Ausstellungen am Hannover-Square in London viel Ähnlichkeit.
Die merkwürdigsten Stücke im dritten Zimmer sind vier Gemälde von Hondekoeter und eins von Wenix. Die Arbeiten des erstern sind berühmter; allein das Kolorit von Wenix ist glänzender. Das Gefieder eines todten Phasans ist eine vollkommne Nachahmung dieses schönen Vogels; eben so sehr zeichnen sich seine Thierstücke durch die allerpünktlichste Genauigkeit aus. Ein Marktschreier, der seine Arzneien feil bietet, von Johann Steen, und die Bude eines Wundarzters von I. M. Sorg sind zwei vortrefflich gelungne komische Stücke.
Der Boden im vierten Zimmer ist von Lairesse, einem Künstler, auf den die Holländer stolz seyn können, gemalt; und vier Erzählungen aus dem Ovid von derselben Hand schmükken die vier Wände dieses Zimmers. Beim T. M. Torquatus, wie er seinen Sohn tödtet, von F. Bol, ist der Rumpf und der abgeschlagene Kopf meisterhaft dargestellt. Ferner befindet sich hier die Abreise des Äneas von Karthago von eben diesem Künstler. Zwei Landschaften von Glauber. Zwölf kleine Gemälde, welche die Geschichte des Claudius Civilis, eines nach der Erzählung des Tazitus vornehmen Batavers vorstellen, der eine Zeitlang die Unabhängigkeit seines Landes gegen die Angriffe Roms unter den Kaisern tapfer vertheidigte, sind vom Pinsel des Otto Venius und so herrlich ausgeführt, dass der berühmte Lord Bolingbroke, -- ein Mann, dem man in allen die schönen Künste betreffenden Dingen vollkommen trauen darf, -- den ausserordentlichen Preis von zehntausend Pfund Sterling dafür geboten hat.
Das zu dem kleinen Audienzsaal oder chinesischen Kabinet *) führende Zimmer enthält ausser vielen andern Gemälden, die ich unberührt lasse, die heilige Familie von Rubens, Maria Magdalena von Vandyke, die Verkündigung der heiligen Maria von Lange Jan, die Geburt der Venus von Jordaans und dessen vier Jahrszeiten. Der Winter wird durch eine alte Frau vortrefflich dargestellt und der Schein des Lichts ist meisterhaft nachgeahmt.
*) Dieses chinesische Kabinet, dessen Hr. Fell hier nur flüchtig erwähnt, ist eine Hauptmerkwürdigkeit des Hauses im Busch, und verdiente besonders ausgezeichnet zu werden. Alles, was dem Auge hier aufstösst, ist aus China oder Japan. Die Tapeten sind von weissem Atlas mit herrlichen bunten Stickereien in chinesischem Geschmack; sogar die Thüren und Tische sind von chinesischem Holze und mit glänzendem japanischen Lach überstrichen Dies alles ist ein Geschenk eines Supercargo zu Canton an den letzten Erbstatthalter und soll ungeheure Summen gekostet haben.
Der grosse Audienzsaal ist ein von Amalia, gebohrnen Prinzessin von Solms, ihrem Gemal Friedrich Heinrich zu Ehren erbautes Achteck; es enthält eine Reihe herrlicher und aus seiner Lebensgeschichte genommner Gemälde.
Die Apotheose Friedrich Heinrichs von Jordaans ist ein Gemälde von beträchtlicher Grösse und ausserordentlichem Werth, worin der Künstler sein eigenes Bildniss angebracht hat. Aber die Darstellung der alles zerstörenden Zeit von demselben Maler enthält grössere Schönheiten.
Die andern Künstler, die zur Ausschmückung dieses Zimmers beigetragen haben, sind Rubens, Van der Werf, Du Buay, Soutman, Van Fulden u. s. w.
Zur Zeit des Statthalters wurde dieses Zimmer oft als Konzertsaal benutzt, und wenn die Oranische Familie öffentlich Tafel hielt, so geschah es in diesem Saale. Hierher kamen die guten Holländer, um ihren Regenten zu sehen, nicht dahin, wo er über Staatsangelegenheiten sich berathschlagte und mit Ausübung seines obrigkeitlichen Amts beschäftigt war, sondern wo er das niedrigste aller Vergnügen, nämlich das Vergnügen einer verschwenderisch besetzten Tafel genoss.
Im gewöhnlichen Speisezimmer sind drei graue Gemälde von I. de Wit, eine Nachahmung vom Bas-Relief. Sie stellen Atalante und Meleager, die vier Jahrszeiten und Venus mit dem Adonis vor, und sind so bewundernswürdig gearbeitet, dass selbst das schärfste Kennerauge in einer kleinen Entfernung getäuscht wird. Sie scheinen so ausserhalb der Mauer zu stehen, dass der Beschauer den Staub von den hervortretenden Figuren wegbürsten zu können glaubt, auch ist die Idee des Künstlers bei diesen Gemälden eben so glücklich als die Täuschung gross ist *).
*) So vortrefflich diese Figuren gemalt sind, so muss man doch bedenken, dass Täuschung das geringste ist, was der Künstler zu bewürken streben muss, und zu bedauern ist es daher, dass der Maler seinen Pinsel nicht zu edlern Gegenständen benutzte.
In diesem Zimmer wird den Fremden auch noch eine alte hölzerne Kugel gezeigt, in welche die ersten holländischen Verbündeten, die zusammentraten, um ihr Land von der Tyrannei Philipps des zweiten zu befreien, eine grosse Anzahl von Nägeln geschlagen hatten, und ein Kelch wird noch aufbewahrt, aus dem diese Patrioten auf den glücklichen Ausgang ihrer heiligen Sache einander zutranken. Ausserdem zeigte man uns eine Kanone von Gold und Silber, reich mit Diamanten besetzt, womit der Day von Algier den Admiral de Ruyter zum Zeichen seiner Hochachtung oder Furcht beschenkt hatte, und einen Artilleriepark en Miniature, der zum Unterricht der Söhne des Statthalters in der Kriegskunst verfertigt worden war.
Die prächtigen Meubeln dieses und anderer Palläste des Statthalters sind von den Franzosen weggenommen und unter dem Vorwande, die Republik habe gegen den Prinz von Oranien selbst den Krieg erklärt, zu ihrem Vortheil verkauft worden. Gleiches Schicksal würde seine prächtige Gemäldesammlung erfahren haben; aber die holländische Regierung löschte weislich diesen Schatz aus und ahmte ihre Schwester-Republik in Errichtung einer Nazionalgallerie nach. Seit ihrer Stiftung im Jahr 1797 bis zum November 1800 sind nur dreitausend, einhundert und zwanzig Einlassbillets ausgegeben worden, ein Beweis, dass entweder nicht viel Geschmack für schöne Künste in Holland herrscht, oder dass nur wenige Fremde nach dem Haag gekommen sind. Der Einlasspreis beträgt ohngefähr zehn Groschen, und dieses Geld ist dazu bestimmt, die Kosten des Instituts zu decken.
In diesem Hause, wie an andern Orten, sind die Wappen der Oranischen Familie sorgfältig überstrichen, und die Bildnisse des Statthalters, seines Vaters, seiner Gemalin und ihrer Kinder haben ihre Stelle verändert. Eine kleine bronzene Figur, die Friedrich den Grossen zu Pferde vorstellt, -- ein Geschenk dieses Königs an seine Nichte, die Prinzessin von Oranien, -- hat ihren Platz behalten, und verdankt diesen Vorzug vielleicht eben so sehr der Ehrfurcht für den Charakter dieses berühmten Monarchen, als der Besorgniss, den mächtigen Berliner Hof zu beleidigen. Aber die Bildnisse von König Georg dem zweiten und Karolina, von ihrer Tochter Anna, der Mutter des Statthalters, und von verschiedenen königlichen Personen neuerer Zeit sind in die entlegensten Kammern des Pallasts verwiesen, damit weder das Auge des Republikaners durch ihren Anblick beleidigt, noch der Oranisch-Gesinnte durch die Abbildungen der Gegenstände seiner Liebe erfreut werde. Da die Bilder der berühmtesten Prinzen aus dem Hause Oranien geblieben sind, so kann die Abwesenheit derer aus den neueren Zeiten die vorurtheilsfreien Beschauer nur wenig betrüben, er müsste denn ihre Wegnahme als eine Beleidigung gefallener Grösse ansehen.
Die Gärten beim Haus im Busch werden auf Kosten der Nazion sorgfältig unterhalten, und bei schönem Wetter von den Bewohnern Haag's als Spaziergang benutzt. Die späte Jahrszeit, in der ich sie sah, setzte mich ausser Stand, über ihre Reise zu urtheilen, wenn sie der Sommer mit den Schönheiten der Vegetazion geschmückt hat; aber ausgemacht ist es, dass sie im schlechtesten Styl der Gartenkunst angelegt sind.
Hier bemerkt man eine Menge stehender Kanäle mit kindischen Brükken, in fantastischen Formen, und Blumenbeete in tausenderlei Figuren. Aber alles ist unnatürlich und künstlich. Der Kanal schlängelt sich ohne Grazie und Bäume, in ihrem Wachsthum aufgehalten, erscheinen nur als Krüpel. Hie lächelt keine Anmuth der Natur und ihre Verrichtungen werden mit mehr als mathematischer Strenge sorgfältig beschränkt. Ein zwar geringerer, aber doch immer beträchtlicher Fehler ist es, dass die Gartenwege hier statt der Kiesel mit Sand und einer weichen Art Seemuscheln bestreut sind. Diese Wege beleidigen das Auge und sind zugleich den Füssen unangenehm; bei nassem Wetter müssen sie, glaube ich, so fest wie Mörtel werden.
Außer der schönen Promenade auf dem mit Bäumen bepflanzten Wall, dem Paradeplatze, dem Quay längs dem Canale u. s. w., ist die schönste unter allen die Promenade nach (Huys in den Bosch) dem Hause im Busch, einem ehemahligen Lustschlosse des Erbstatthalters, worin jetzt, da es vermiethet ist, oben eine geschlossene Gesellschaft einige Säle und unten ein Restaurateur die Zimmer bewohnet. Der ganze Weg dahin ist ein angenehmes Holz von uralten Eichen und jungem Anwuchs, ein Ueberrest der alten Forsten, den die Spanischen Soldaten auf Philipps Befehl schonen mußten, und den die Stadt an sich kaufte, wie 1575 die Staaten ihn verkaufen wollten; die Natur hat hier mehr als die Kunst gethan. Eine schöne Allee führt längs dem Canale hin, auf das Lustschloß Oraniensaal, an das sich ein freundlicher sehr besuchter Garten anlehnt; die Lieblingspromenade der Haager.
In dem Schlosse werden eine Sammlung von Gemählden, vorzüglich einige schöne Stücke von Jordanus, eine Magdalene von van Dyck, eine von Guido Rheni, ein schöner Johanniskopf von Rembrandt und mehrere andere Stücke, die ich nicht beurtheilen kann, gezeigt: ferner ein äußerst kostbar dekorirtes Zimmer mit seidenen, aufgelegten Tapeten, die mit viel Geschmack und Kunst gearbeitet sind, und ein Geschenk eines Supercargo von Canton an den Prinzen von Oranien seyn sollen; so auch noch einige, aus der Geschichte der Holländer, wichtige Stücke, z. B. der Geusenbecher, woraus sich die Verschworenen zutranken; eine hölzerne Kugel, worin jeder von ihnen einen Nagel einschlug; der Oraniensaal, ein Mausoleum der Gemahlinn Friedrich Heinrichs mit seiner Lebensgeschichte, von Jordanus gemahlt, ehemahls der Audienzsaal; eine von Ruyter aus Afrika gebrachte mit Gold und Silber belegte Kanone u. d. gl. mehr, aufbewahret und erhalten. Alles dieß wird als Eigenthum der Nation betrachtet und steht jetzt jedem, der ein Billet mit zwölf Stüvern löset, offen. Die Franzosen hatten mehrere von diesen Dingen in Beschlag genommen, behielten aber nur das Cabinett des Erbstatthalters und gaben wieder zurück, was der Nation gehörte. –
Abends 10 Uhr kam ich im Haag an, und suchte den andern Morgen meine Freunde und Bekannte auf.
HGA Den Haag
Da diese aber zum Theil auf ihren nahe liegenden Landhäusern, oder wie sie hier heissen, Aussenplätzen wohnten, so leitete mich mein Weg, nachdem ich einige der schönsten Strassen und Plätze gesehen hatte, an die Allee, welche nach dem vormals Fürstlichen Landschlosse, das Haus in Busch, führt. Der schöne, in mehren Reihen mit Ulmen bepflanzten Weg und das heitere Herbstwetter brachten mich bald zu dem Entschlusse, diesen Spaziergang von ungefähr dreyviertel Stunden sogleich vorzunehmen. Links des Weges sieht man den Exercirplatz, und rechts eine grosse Befriedigung, worin vieles Damwild gehalten wird, und kömmt bald darauf in den kleinen mit mehren geraden und schlangenförmig laufenden gesäuberten Wegen durchschnittenen Wald, das grösseste und mit den stärksten Bäumen besetzte Gehölz in ganz Holland, an dessen andern Ende das kleine Schloss liegt, wo vordem der Erbstatthalter einen Theil des Sommers zubrachte, und von dem jetzt das untere Geschoss und Garten an einen seine Gäste möglichst prellenden Gastwirth verpachtet, das obere Geschoss aber zum Museum der Republik bestimmt ist. Nach der von den Hochmögenden darauf gesetzten Taxe, öffnen hier 11 Stüber jedem Fremden die Thüren, und obgleich alles noch ganz im ersten Entstehen ist, und die hohen alliirten die besten Kunstwerke weggenommen haben; so sieht man dich hier einige sehr schöne Gemälde, die seitdem zusammengebracht und grösstentheils angekauft sind, und giebt dem sehr gefälligen Aufseher, der ein feiner Kenner Niederländischer Bilder zu seyn scheint, gern noch doppelt so viele Stüber für geleistete Conversation zu. Man sieht hier eine Sammlung Portraits von ausgezeichneten Officieren, die der damalige Erbstatthalter von dem berühmten Bildnissmaler Johann von Ravestein malen liess. Ein ganz vortreffliches Portrait des berühmten Admiral Ruyter, von Ferdinand Boll, und ein eben so schönes, des Admirals von Ness, von van der Helst, die beyden unglücklichen Gebrüder de Witt, wie ihre Leiber am Abend den 20sten August 1672 vom Volke zertheilt wurden, ein grausamschönes Bild von Jean Mieris. Ein schön gezeichneter und colorirter, aber ganz ekelhaft niederländisch-natürlich componirter Kindermord von Cornelius von Harlem, die Enthauptung Johannis von Rembrandt, eines seiner bessten Stücke sowohl im vortrefflichen Colorit und Helldunkel, als wegen eines sonst in seinen Werken ganz ungewöhnlichen, mehr veredelten Styls. Ein Stück von Venix mit einem todten Schwan und Haasen, ist das schönste Bild, das ich von ihm gesehen habe. Carl der II. und seine Schwester als Kinder von Vandyk ist ein sehr schönes und angenehmes Bild. In einem Zimmer sind das Platfond und mehre Gemälde von Lairesse, worin man richtige Zeichnung und edle Composition bewundern muss, obgleich ich im Ganzen doch kleinere Staffeleygemälde von ihm vorziehe. In einem andern Zimmer, worin einige Holländische Alterthümer aufbewahrt werden, hat Jacob de Witt drey Stücke gemalt, die halb erhabene Gipsfiguren so natürlich vorstellen, dass man sich ihnen sehr nähern muss, um von der Malerei überzeugt zu werden; man glaubt auf einigen erhabenen Stellen sogar Staub liegen zu sehen. Unter jenen sind einige Hausgeräthe der aus der Geschichte bekannten Gräfin Jacoba von Bayern, sammt ihrem Portrait mit dem Jahrszahl 1300. -- Eine hölzerne Kugel mit einem Stück einer Kette, die als Bundeszeichen zu den Zeiten der Margaretha von Parma gegen die Spanier im Jahre 1564 gedient, und worein jeder der Verbündeten einen Nagel geschlagen haben soll, deren wenigstens eine grosse Anzahl darinnen steckt, und der dabey gebrauchte Becher von rohem, noch mit der Rinde versehenem Birkenholze, welcher der Berkemeier heisst. Bey den in unseren Tagen erlebten convulsivisch-politischen Veränderungen, sind einem dergleichen Dinge aus den älteren Zeiten interessanter geworden, und deswegen habe ich sie in meinem Journal bemerkt. Mit besonderer Verehrung und einem wahren Nationalstolze zeigte der Aufseher hier auch den Degen und Commandostab des Admirals Ruyter, und gerieth dabey über den jetzigen Zustand seines Vaterlands in volle Bewegung. Alle Zimmer sind bis auf Eins nach ohne Meublen. Dies ist ein kleiner Saal, der mit ächten Chinesischen, erhaben gestickten Tapeten, und Tafelwerk von altem Lacke mit grossen Kosten geziert ist, und alles übertrifft, was man in dieser Art Schönes sehen kann.
Was mich aber hier am meisten interessirte, war der berühmte Saal, in welchem einige Niederländische Maler, als Lievens, van Thulden, und vor allen Jacob Jordaens, alle Wände und die Decke gemalt haben. Alte Gemälde stellen Scenen aus dem Leben Friedrich Heinrichs von Oranien vor, der dieses Schloss zu bauen angefangen hat. Das Hauptstück, eine Apotheose desselben, ist von Jacob Jordaens. Der Held wird von vier brausenden Pferden in einem Triumphwagen gezogen, wobey eine Menge Menschen, die Götter des Ruhms, Engel, Tod, und Alles in voller Bewegung ist, was die feurige Einbildungskraft des Malers nur immer zusammenbringen konnte. Es ist dem Maasse nach gewiss eins der grössten Gemälde in der Welt, und von oben bis unten voller Figuren in Lebensgrösse, so, dass man mit Mühe den Zusammenhang der Vorstellung heraus studiren muss. Jordaens scheint in diesem Stück ein ganz andrer Meister zu seyn, und man kann sich kaum vorstellen, dass er derselbe sey, wenn man nur seine gewöhnlichen, äusserst gemeinen Strassenphysionomie- und nur seine kurzen, wohlgenährten Silenen- und Bachantenfiguren kennt. Hier hat er ganz wie Rubens componirt, wenigstens eben so gut gezeichnet, und diesen im natürlichern Colorit bey weitem Grade brillant, feurig und doch natürlich wahr. Ich kenne gar kein Bild mit solchen prächtigen Farben; er scheint auf seiner nicht günstig beleuchteten Stelle doch wie in vollem Lichte hervor; und damit hält man ihm denn manches zu gut, das sonst neben einem grossen Italiener nicht wohl zu geniessen seyn möchte. Auch habe ich in den hiesigen Gemälden von van Thulden dieser Meister nicht gleich erkannt; sie scheinen alle recht gewetteifert, und jeder hier sich selbst übertroffen zu haben.
Quellen.[]
↑Fell's Reise durch die Batavische Republik Aus dem Englischen übersetzt, und mit Anmerkungen begleitet von D. Karl Murhard. Leipzig, bei C. H. Reclam. 1805.
↑Dr. Johann Friedrich Droysen's Bemerkungen gesammelt auf einer Reise durch Holland und einen Theil Frankreichs im Sommer 1801. Göttingen bey Heinrich Dieterich. 1802.
↑Bemerkungen auf einer Reise durch die Niederlande nach Paris im eilften Jahre der grossen Republik. 1804.