Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Musée Carnavalet Paris


Von Reisende.[]

Louis-Sébastien Mercier.[]

[1]

Der Pallast Luxemburg.

(Aus Mercier's neuestem Gemälde von Paris, 2ter Band. Leipz. 1789.)

Schon seit vielen Jahren harrt er den Planen zu seiner Verschönerung entgegen; die Entwürfe dazu gehen langsam; nichts geschieht, nichts fördert; das Terrain findet keine Käufer; die vier und zwanzig großen Gemälde des Rubens sind nicht mehr da; an ihre Stelle hat man "Boudoirs" und kleine Zimmerchen angelegt; man seufzt, diesen Pallast, der einer von den schönsten Zierden der Hauptstadt seyn könnte, in einem solchen Zustand des Verfalls und der Zerstörung zu erblicken, als ob er in gerichtlichen Beschlag genommen wäre. Es ist eine Einöde, in Vergleichung mit dem Palais-Royal. Niemand sollte glauben, daß dieses schöne und große Gebäude, dem Bruder des Königs eigen gehörte.

Das Palais-Royal, das alle Fremde an sich reißt, trocknet, so zu reden, die andere Seite der Stadt aus. Alles strömt nach der Gegend des Palais-Royal zu, und die Vorstadt St. Germain leidet darunter. Es wäre zu wünschen, daß es hier ein Gegen- und Gleichgewicht gäbe, die Privatbesitzungen der Bürger würden dabei gewinnen, und beide Theile der Stadt würden an Wohlstand, Pracht, Volksmenge und Handel mit einander wetteifern.

Der Palast Luxemburg könnte dann besucht werden, und einen der schönste Theile von neuen beleben, der sich unvermerkt entvölkert. Die Karthäuser, die einen ungeheuren und kostbaren Platz einnehmen, der an Luxemburg stößt, bleiben aber taub gegen alle Vorstellungen, die man ihnen gemacht hat, um auszuziehn.

Wenn das Palais-Royal von Buhlerinnen und Wüstlingen wimmelt, und man dort laut die unanständigsten Reden führt, so bietet Luxemburg einen philosophischen, ruhigen, einsamen Spatziergang an.

Hier erscheinen ehrbare Bürgerfamilien mit ihren züchtigen Töchtern; Brüder wandeln, ohne zu erröthen, an der Seite ihrer Schwestern; der vierzigjährige Mann giebt seiner Gattin den Arm, die endlich seine Freundin geworden ist. Sittsamkeit herrscht in den Blicken wie in in der Kleidung; da tönt kein lärmendes Getümmel, kein verwirrtes Gemisch von zu freien Stimmen! der Garten wimmelt von Menschen, und doch herrscht Stille. Hier trifft man fleißige Jünglinge an, ehrbare Gelehrte, Geistliche, ernsthafte Personen, Hausväter die ihren Pflichten und ihrem Stande treu bleiben, Studirende, die sich der Sittenlosigkeit des Jahrhunderts entziehen, und neidisch auf einen künftigen, guten Ruf sind. Die Ausschweifungen der Stadt verbannen sich von selbst, aus diesem friedlichen Garten, wo Lüderlichkeit und Frechheit nie Auge oder Ohr ärgen. Man kann hier den weisen Marc Aurel lesen, und das ist viel gesagt, denn im Palais-Royal dürfte man das nicht wagen; das erhabene Buch würde schnell, voll Schaam über die Auftritte um ihn her, in die Tasche des Lesers zurückschlüpfen, um sich aller Augen zu entziehn.

Man kann bei den Schweizern an den Thüren zu essen bekommen; man speiset im Freien, unter Lauben, was sehr gesund ist. Die Zurichtung der Speisen hat hier weniger von der Garküche an sich, als anderswo; man ißt auch hier nicht so theuer, wie bei den unverschämten Traiteurs oder "Restaurateurs" im Palais-Royal. Wie sich doch alles zu einander paßt!


F. J. L. Meyer.[]

[2]

[1801]

Paris.

Den Pallast Luxemburg, einst der Wohnsitz des gestürzten Direktoriums der französischen Republik, fand ich als das Bild der Verwüstung, gleich einem geplündertem und zerstörten Schlosse wieder. Wenigstens konnte ich mich dieser Idee nicht erwehren, so zufällig auch die Veranlassung war. Der Pallast ist dem Erhaltungs-Senat eingeräumt, und wird neu eingerichtet. Die Oeffnungen der Fenster und Thüren waren mit Brettern vernagelt; Schutthaufen lagen umher; das Innre war ausgeräumt und öde. Zur Ausschmükung des Pallastes hatte das Direktorium schon hunderttausende verwendet, und wenigstens soviel werden die jezigen Einrichtungen kosten. --

. . . . .

Das philosophisch stille Gehölz hinter dem Pallast Luxemburg ist noch immer der Lieblingsaufenthalt einiger Stillen im Lande, des Alters und der Freunde der Wissenschaften. Die Entfernung von dem Stadtgewühl in dieser Einsamkeit ist so wohlthätig unter dem dichten Schatten der üppig gewachsnen, unverkünstelten Bäume. Noch immer wird der Verlust der vor zwanzig Jahren umgehauenen Hälfte dieses schönen Waldes bedauert, dessen Stelle öde daliegt. -- -- --


Karl Christian von Berckheim.[]

[3]

Paris am 16ten April 1806.

Der Pallast des Senat-Conservateur, sonst der Pallast von Luxenburg genannt, ward 1615 von Marie von Medicis, der Wittwe Heinrichs des Vierten zu bauen angefangen. Der Architekt Jean de Brosse leitete den Bau, bei welchem man den Pallast Pitti zu Florenz zum Muster nahm. Die Façade dieses Pallastes, die nach der Tournon-Straße geht, ist von einer schönen Architektur, und zeichnet sich durch die Richtigkeit ihrer Verhältnisse aus. Sie formirt eine Terrasse, die mit Geländer-Säulen geschmückt ist, und in deren Mitte sich ein Pavillon von toscanischer und dorischer Bauart erhebt, über welchen eine Kuppel schwebt. Diese Terrasse hat auf beiden Enden zwei große viereckige Pavillons, die durch Gallerien mit dem Hauptgebäude verbunden sind. Jede dieser Gallerien ruht auf neun Schwibbögen, durch welche breite hochgewölbte Corridors beleuchtet werden. Dieser Pallast, in dessen Innern man jetzt große Verbesserungen vornimmt, ist ein vollkommnes Viereck, hinter welchem man einen schönen Garten antrifft. Ein Theil desselben ist jetzt ganz neu bepflanzt; er wird als öffentlicher Spaziergang benutzt, und gewährt allen Bewohnern dieses Theils der Stadt eine große Annehmlichkeit.

Dieser Pallast, welcher vormals Monsieur, Bruder Ludewigs des Sechszehnten gehörte, wurde während der Schreckenszeit zum Gefängniß gebraucht, und beinahe fünf Jahr lang nachher vom Directorium bewohnt. Jetzt ist er der Sitz des Erhaltungs-Senats, der hier seine Zusammenkünfte in einem sehr schönen vortrefflich verzierten Saale hält, zu welchem man durch eine breite vortreffliche Treppe gelangt.

In mehreren Sälen dieses Pallastes befindet sich ein an Meisterwerken sehr reichhaltiges Museum von Gemälden und Bildhauerarbeiten moderner Künstler. Unter den Statuen zeichnet sich ein liegender Faun aus, den der königlich schwedische Hofbildhauer Sergel in Rom verfertigt hat. Er ist einer der trefflichsten jetztlebenden Künstler dieses Fachs; vor einigen Jahren habe ich mit großem Vergnügen sein Arbeitszimmer in Stockholm besucht;

Eine liebliche Gruppe, auf welcher Amor und Psyche mit vieler Wahrheit und Lebendigkeit des Ausdrucks dargestellt sind. Der Künstler hat den Moment gewählt, wo Psyche in der Nacht beim Schimmer einer Lampe, mit einem Dolche bewaffnet, aufsteht, um ihren Gatten zu ermorden, den sie für ein Ungeheuer hält. Delaistre, ein französischer Bildhauer, hat diese Gruppe in Rom verfertigt;

Die badende Nymphe. Sie sitzt auf einem Felsen, unter dem Wasser fließt; neben ihr weidet eine Ziege. Die Nymphe versucht vor dem Baden das Wasser mit den Fuß; da sie aber Geräusch zu hören glaubt, ist sie im Begriff, sich zu verhüllen. Diese Statue, über welcher ein himmlischer Liebreiz schwebt, rührt von Julien, einem französischen Künstler her.

In dem ersten Saale, der in das Museum führt, hängen fünf schöne Gemälde von Philipp de Champagne, von welchem das Vorzüglichste das heilige Abendmahl vorstellt. Sämmtliche in diesem kleinen Saale befindliche Gemälde, unter welchen ein schöner Wouwermann und Ruisdael ist, sind aus der niederländischen Schule.

Auf diesen Saal folgt eine große Gallerie, die von oben vortrefflich beleuchtet wird, und deren Decke mit zwölf Gemälden von Jordaëns, einem niederländischen Maler, geschmückt ist, und die Zeichen des Thierkreises vorstellt. In ihrer Mitte hängt ein Gemälde von Callet, einem französischen Künstler, den Anbruch der Morgenröthe vorstellend. Diese Gallerie ist unter der Benennung der Gallerie des Rubens bekannt, und stellt in zwanzig großen Gemälden von der Hand dieses berühmten Malers die Geschichte der Maria von Medicis mit allegorischen Ausschmückungen vor.

Außer den Gemälden von Rubens, schließt diese Gallerie noch Kunstwerke der Malerei von andern berühmten Künstlern in sich, nämlich:

Die Anbetung der Weisen aus Morgenland von Poussin;

Einen schlafenden Einsiedler, von Vien, einem noch lebenden Maler. Der Ausdruck der Natur und Wahrheit in diesem Gemälde ist wirklich bewundernswerth;

Eine heilige Familie, die man dem Raphael zuschreibt, die aber von den Kennern für ein Werk des Andreas del Sarto gehalten wird. Dieses Gemälde, welches sonst im Pallast Pitti zu Florenz aufbewahrt wurde, stellt die heilige Elisabeth vor, wie sie aus den Händen der Jungfrau Maria das Kind Jesus empfängt, dessen Blicke auf die heilige Catharina gerichtet sind, die es mit Entzücken betrachtet, Indeß der heiligen Catharina gegenüber der heilige Johannes steht, der den Zuschauern mit lebhafter Freude das Jesus-Kind zeigt. Die schöne Komposition trefflicher Einzelheiten zu einem vollkommnen Ganzen, der himmlische Ausdruck auf dem Gesicht der heiligen Catharina, ihr von Entzücken strahlendes Auge, das sanfte Lächeln ihres Mundes, die stille Freude in dem Blicke der Jungfrau, machen dieses Gemälde zu einem Meisterwerk der Kunst.

Nahe bei demselben sind zwei Gemälde von David, einem berühmten Geschichtsmaler und einem der größten jetzt lebenden Künstler aufgehängt. Eins stellt den ältern Brutus vor, wie er seine Wohnung zum erstenmal wieder betritt, nachdem er seine beiden Söhne zum Tode verurtheilt hatte. Der Consul, in seine Toga gehüllt, überläßt sich ganz dem Schmerz. Er sitzt in dem Winkel eines großen Saals; zu seinen Füssen ruht die Bildsäule Roms, die ihn mit ihrem Schatten bedeckt. Seine Gesichtszüge und seine Stellung drücken den nagenden Gram aus, der sein Inneres durchbohrt, und den Kampf, welchen die Stimme der Natur und das Pflichtgebot in seiner Seele kämpfen. Im Hintergrunde sieht man die Lictoren die entseelten Leichname seiner unglücklichen Söhne herbeibringen, und auf der andern Seite die Gattin und die Töchter des Brutus in der heftigsten Verzweiflung.

Das andere Gemälde stellt den Moment vor, wo die drei Horatier ihrem Vater melden, daß die Wahl zur Bekämpfung der Curiatier auf sie gefallen ist; vor Freude außer sich, fordert er ihnen den Eid ab, zu siegen oder zu sterben. Der kriegerische Muth, die trotzige und furchtbare Stellung der drei Horatier; die rührende Gruppe, welche ihre Mutter und Schwester, und die Gattin des ältern Horatius mit ihren Kindern bilden, der Ausdruck des Jammers über das schreckliche Gefecht, das ihre Söhne, Brüder und Väter liefern sollen, macht einen bewundernswürdigen Effekt.

Die große Wahrheit des Ausdrucks, die Regelmäßigkeit der Zeichnung und die Lebhaftigkeit des Kolorits sind Vorzüge, durch welche diese Gemälde sich besonders auszeichnen. Es ist jedoch zu bedauern, daß sich der Künstler in beiden von der Einheit der Handlung entfernt hat, von welcher die alten Meister nie abwichen. Er hat nämlich in beiden Gemälden zwei Sujets von ganz verschiedenem Interesse zusammengestellt, welche beide die Aufmerksamkeit fesseln, und deren jedes für sich hinreichenden Stoff zu einem Gemälde dargeboten hätte.

David, der sehr oft in den Jahrbüchern der Revolution unter den enthusiastischen Verehrern derselben figurirt hat, nimmt nicht durch sein Aeußeres ein. Weder sein hochfahrendes unfreundliches Wesen, weder seine Phantasie, noch sein Pinsel sind für den Ausdruck der Zartheit und Milde und deren Neigungen, denen sie das Daseyn giebt, gemacht. Für ihn eignen sich nur diejenigen Sujets, in welchen die Heftigkeit der Leidenschaften durch die Verhältnisse der abgebildeten Personen aufgeregt wird, deren Charaktere in Erstaunen setzen, und deren Handlungen Schauder einflössen.

Da David Hofmaler ist, und im Solde des Kaisers steht, so muß er sich jetzt zufolge höchsten Befehls mit dem großen Gemälde der Krönungs-Feierlichkeit beschäftigen, welches eine lange und beschwerliche Arbeit ist; denn alle Personen der kaiserlichen Familie und alle hohe Beamte der Krone, die bei dem Krönungs-Akt zugegen waren, müssen auf diesem Gemälde als Portraits erscheinen. Wenn er dieses Werk vollendet haben wird, will er sich, wie er mir gesagt hat, vom Kaiser Urlaub erbitten, nach Italien gehen und dort ein schönes Gemälde vollenden zu dürfen, welches den Leonidas und die Lacedämonier bei Thermopylä vorstellt, und wozu er bereits seit einiger Zeit die Zeichnungen entworfen hat. Nach den Details, die er mir darüber mitgetheilt hat, läßt sich von diesem Gemälde sehr viel erwarten. Die Unterhaltung mit David ist übrigens interessant und belehrend, indem er nicht nur sehr einsichtsvoll über seine Kunst spricht, sondern auch die alte Geschichte gründlich studirt hat.

Am Ende der Gallerie des Rubens fängt die Gallerie Lesueur's an. Dieser berühmte Maler, den man oft den Raphael Frankreichs nennt, war niemals in Italien, sondern bildete sich bloß nach den antiken Statuen und nach den Gemälden Raphaels, die er in seinem Vaterlande fand. Dennoch ließ ihn sein sorgfältiges Studium, von seinem Künstler-Genius unterstützt, die hohe Vollkommenheit erreichen, die seinen Werken eigenthümlich ist. Seine Gemälde charakterisirt eine reine und korrekte Zeichnung, eine edle und einfache Komposition, ein bewundernswürdiger Ausdruck und derselbe edle und hohe Geist, der den Werken des großen Meisters, den er sich zum Vorbild wählte, eigen, und sonst bei den Künstlern der französischen Schule so selten ist. Frankreich verlor ihn zu früh; er starb acht und dreißig Jahr alt, und nahm ein Talent mit sich ins Grab, das keiner seiner Landsleute nach ihm sich wieder anzueignen gewußt hat.

Die Gallerie Lesueur's stellt in vier und zwanzig Gemälden die Geschichte des heiligen Bruno, Stifters des Karthäuser-Ordens, vor. Er fing dieses Werk im Jahr 1648 an, malte diese Gemälde auf Holz, und vollendete sie in Zeit von drei Jahren. Nach Lesueur's Tode wurden diese Gemälde, welche das Karthäuser-Kloster zu Paris schmückten, äußerst beschädigt. Späterhin 1776 nahm man sie aus jenem Kloster, um sie in der Gallerie des Louvre aufzustellen. Sie wurden von dem Holze auf Leinwand getragen, und geschickte Händen anvertraut zur Wiederherstellung der beschädigten Partien. Man bewundert an dieser vortrefflichen Sammlung die große Wahrheit des Ausdrucks in den Gesichtern der Mönche, unter welchen doch immer ganz besonders der heilige Mann hervorsticht, dessen Begebenheite_ hier abgebildet werden.

Außer diesen beiden Gallerien bewundert man auch noch die des Vernet, welcher nebst Huë, einem noch lebenden Maler, auf Befehl der Regierung alle französische Häfen gemalt hat. Diese Gemälde, vier und zwanzig an der Zahl, sind in drei Zimmer vertheilt, und machen um so mehr Effekt, je grösser das Interesse ist, das die abgebildeten Gegenstände für jeden Franzosen haben.


Einrichtungen zur Verschönerung der Stadt.[]

[1803]

[4]

Vor kurzem wurde die Gallerie dieses Pallastes eröffnet; das Lokal besteht aus zwey Vorsälen, einem großen Saal und einem Zimmer. Die zwey Vorsäle schmücken die berühmten Hafengemälde von Vernet, welche sonst beym Minister des Seewesens zu sehen waren. Sie sind hier sehr gut beleuchtet. Neben ihnen ist noch die Fortsetzung dieses Werkes von Hue, zwey Seestücke von Vaudervelde, eines von Vliger und zwey Landschaften von Ruisdael und Herman Swanevelt.

Die große Gallerie enthält die schönen Gemälde von Rubens, welche den Lebenslauf der Marie von Medicis darstellen.

Die Darstellung dieses Lebenslaufs ist ganz verwebt mit mythologischen Allegorien. Höchst sonderbar nimmt sich die Tracht jenes Jahrhunderts und das Französische der ganzen Behandlung, bey den griechischen Gottheiten aus. Der ganze Olymp ist auf diesen Gemälden in Bewegung, die Genien und Untergottheiten dazu. Bey aller dieser Mythologie ist keine Poesie in der Anlage, sondern nur Fabel. Poesie und Grazie waren Rubens fremd, Glanz und Frischheit aber in hohem Grade ihm eigen. Seinen Mangel an Ideen zur Komposition, und an Anmuth muß er gefühlt haben, davon zeugen seine gezwungene Bewegungen und Attitüden, in welchen er selbst vergebens nach Grazie gestrebt. Die Natur war seine Göttin nicht, er wollte immer hinaus aus ihrem Gebiete, dafür ist er auch nicht ihr Liebling geworden, und hat es beynahe immer nur mit der Kunst zu thun gehabt. Unter andern Beweisen von seinem Mangel an Gefühl für wahre Schönheit der Komposition ist mir eine Zeichnung aufgefallen, der sich auf dem Museum befindet. Es ist eine Gruppe aus dem Raphael'schen Gemälde, die Verklärung, diese hat Rubens in seine Manier eingeschraubt und verunstaltet.

Auf der Gallerie im Pallaste der Senatoren zog mich ein Bild an, in welchem Rubens der Natur gehuldigt. Es ist Marie von Medicis, die nach überstandnem Weh ihren Erstgebornen betrachtet. Die kalten Allegorien von der Fortuna, der Fruchtbarkeit u. s. w. sind zwar auch hier nicht weggelassen, allein man vergißt sie über Mariens Gesicht. Sie ist ermattet ausgestreckt, und schaut auf ihr Kind mit dem Blick der reinsten und höchsten Liebe, die über alle irdischen Schmerzen gesiegt hat, und die noch kaum verweilende Spur davon noch als Trophäe nur zeigt.

Das Urtheil des Paris von Rubens ist wegen einiger starken Lichteffecte und der Frischheit des Tones sehr beliebt.

Vom Titian ist eine Danae hier. Man erkannt Titian'sches Kolorit, aber etwas manierirt ist dies Gemälde.

Eine heilige Familie, angeblich von Rafael. Dies Gemälde kam höchstens aus seiner Schule oder von einem unglücklichen Nachahmer. Es athmet darin nicht ein Funken Raphael'schen Geistes, und es sind sogar Zeichnungsfehler darin, deren er sich nie schuldig gemacht hat.

Im dritten Zimmer befindet sich die Büste Lesueurs unter seinen berühmten Werken, den Szenen aus dem Leben des heiligen Bruno, des Stifters vom Karthäuser Orden. Diese Gemälde hingen zuerst im Karthäuser Kloster dem Luxembourg gegenüber. Von da kamen sie, als das Kloster demolirt wurde, in das Museum zu Versailles, nun sind sie wieder hier, und neben ihnen kann man nach der Stätte hinschauen, wo die Karthause stand. Es ließe sich über den reinen Geist der Frömmigkeit in Lesueurs Gemälden, über sein inniges und richtiges Gefühl der Natur und über seine Tendenz nach dem Schönen und Idealischen, weit mehr sagen als ich vermag. Er malte fast nur Kirchengeschichten, Klöster und Legenden, selten sind Frauen in seinen Gemälden.

Das Lokal für diese Sammlung ist hell und schön, im Rubens'schen Saale fällt das Licht auf zwey Seiten von oben herein. Die Mitte des Plafonds ist mit Gemälden aus der Flamändischen Schule von Jordaens geschmückt.

Der Luxembourg ist jetzt vollkommen eingerichtet. Nächst den Thuillerien ist er der schönste öffentliche Spaziergang von Paris. Man überblickt von da herunter das weite Gefilde, wo ehedem das Karthäuser Kloster stand. Ueber seiner Asche rankt jetzt eine Pflantzung von allen möglichen Sorten von Weinstöcken empor, welche die Regierung dort anlegen lassen.


Palais du Luxembourg.

Zeitungsnachrichten.[]

1793.[]

Paris, vom 8. Heumonat [5]

-- Der vormalige Pallast Luxemburg ist nun zum Verhafts-Aufenthalt der arrettierten Convents Glieder best_mmt worden; aber noch hat vorher einer von ihnen, Biroteau, Mittel gefunden, der Wachsamkeit der ihm zugegebenen Gensd'armes zu entwischen und sich von Paris zu entfernen.


1806.[]

Paris, 2. Oktober. [6]

Die Arbeiten in dem Pallaste des Senats sind beinahe geendigt. Er gehört nun unter die schönsten Gebäude in Paris. In dem Saale, wo die Redner der Regierung sich verweilen, bis sie eingeführt werden, ist das große Gemälde von Regnault aufgehängt, welches Bonapartes Gelangung zum Throne vorstellt. In dem Berathschlagungs-Saale befinden sich mehrere Gemälde und andere Kunstwerke von besondrem Werthe. Die Senatoren sitzen auf Sesseln, welche einen Zirkel bilden. Vor dem Throne ist ein besonderer Platz für den Inhaber der hohen Reichswürde, welcher in Abwesenheit Sr. Maj. den Vorsitz führt. Ein prächtiger Himmel, welcher sich über dem Throne wölbt, wird von 6 vergoldeten Statüen in Lebensgröße getragen, welche die Weisheit, den Muth, die Stärke, die Mäßigung, die Entschlossenheit und die Treue vorstellen.


Quellen.[]

  1. Auserlesene Aufsätze zur geographischen, statistischen, politischen und sittlichen Länder- und Völkerkunde. Eine Quartalschrift aus den neuesten und besten Reisebeschreibungen gezogen. Berlin, bei Arnold Weber.
  2. Briefe aus der Hauptstadt und dem Innern Frankreichs, von F. J. L. Meyer Dr. Domherrn in Hamburg. . . Tübingen in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung. 1802.
  3. Paris, wie es jetzt ist, oder Neuestes Gemälde dieser Hauptstadt und ihrer Umgebungen. In Briefen von einem reisenden Deutschen. Chemnitz bei Carl Maucke. 1810.
  4. Französische Miscellen Erster Band. Tübingen in der J. G. Cotta'schen Buchhandlung 1803.
  5. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 17. Heumonat, 1793. Num. 57.
  6. Bamberger Zeitung. Nro. 285. Sonntag, 12. Oktober 1806.
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