Neisse.[]
Neisse, Hauptstadt in dem Fürstenthume gleiches Namens an der Neisse und Biele. Im J. 1795 hatte die Stadt mit der Vorstadt 538 Häuser und 6,736 Civil-Einwohner, 2 Collegiatstifter ein Jesuitercollegium mit einer ansehnlichen Schule, ein Hospital, und ansehnliche Kasernen.
Die Kultur von Gartengewächsen, die Bierbrauerey und der Garnhandel sind beträchtlich. Man hält diese Stadt für die stärkste Festung in Schlesien, denn sie kann unter Wasser gesetzt werden, und jenseits der Neisse ist das Fort Preussen, als eine Citadelle, angelegt worden. Im Jahr 1758 belagerten sie die Oesterreicher vergeblich. Der Bischof von Breslau hat hier ein Schloß und verschiedene Collegia über das Fürstenthum: die Regierung aber ist dem Schlosse des benachbarten Städtchens Ottmachau. Die meisten Einwohner sind Katholiken. Zwischen dem Fort Preussen und der Neisse ist eine neue schön gebaute Vorstadt, mit Namen Friedrichsstadt, angelegt worden. Im J. 1769 erhielt der K. von Preussen von K. Joseph II allda einen Besuch.
Zeitgeschichte der Stadt.[]
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1790 hielt die evangelische Bürgerschaft, welche bisher in gottesdienstlicher Hinsicht an den Feldprediger gebunden gewesen war, bey dem König um eine eignen Seelsorger an und dieser genehmigte ihren Gesuch. Der erste Prediger hieß Clemens und war vorher evangelischer Schullehrer in der Stadt. -- Sechzehn Jahre lang hatte Neiße sich der politischen Ruhe erfreut und ihre Bewohner waren dadurch wohlhabend geworden als
1807 nach Uebergabe der Vestung Schweidnitz auch sie das Schicksal einer Belagerung traf, welche vom 23. Febr. bis zum 12. Juny dauerte weil der tapfere Kommandant General von Steensen nicht eher kapitulirte, als bis die äußerste Noth ihn dazu zwang. Bald anfangs brannten die Belagerten die Mährengasse, den Wellenhof sammt Kallau nieder und Heidersdorf gerieth bei Gelegenheit eines Ausfalles in Brand. Der Rittmeister Eisenschmidt fiel am 8. März aus, brachte 220 Würtembergische Jäger nebst ihrem tödtlich verwundeten Hauptmann gefangen zurück, wobey jedoch Stephansdorf in den Flammen aufging. Der Feind hatte seit Eröffnung der Laufgräben (3 März) blos Granaten in die Stadt geworfen, welche zwar viel Häuser beschädigten, aber keinen Menschen tödteten; allein am 16. April folgten Bomben und von jetzt an verging kein Tag, wo nicht Einwohner umkamen oder verwundet wurden. Hierzu gesellte sich das Nervenfieber und Theuerung der Lebensmittel. Beides steigerte die Drangsale der Belagerten höchlichst. Außer einer Menge Privathäuser wurden theils sehr beschädigt, theils völlig zerstört: das Magazin beim Schulen-Institut (Jesuiterkollegium) und dieses selbst nebst der Kirche. Die beiden Thürme derselben samt der durchbrechenen Kirchthüre, einst wahre Zierde der Stadt verschwanden. Auch gingen viele Gemälde in dieser Kirche, sowohl, als in der Kreutzkirche und Pfarrkirche verloren, weil beide nebst der evangelischen in Brande litten. Auch das Rathhaus, Landhaus und die Fürstbischöfflichen Gebäude wurden übel zugerichtet. Die Johannesmühle ging in Feuer auf und der Fürstbischöffliche Garten wurde gänzlich verwüstet.
So wie Nettelbeck in Kolberg sich auszeichnete, that solches in Neiße der Schleifermeister Johann Riess durch gleich kühnen Muth und unermüdete Thätigkeit. Tag und Nacht befand sich dieser wackre Mann auf dem Walle und trug mit Beihülfe seiner Familie nicht nur Munition herbei, sondern sammelte auch in der Laborotorien-Kasematte, dem vorzüglichsten Zielpunkt des feindlichen Geschützes, sorgfältig die abgesägten Bomben- und Granatenzünder, spaltete dieselben und grub mühsam den darin noch befindlichen Zundersatz heraus, welches, als späterhin daran Mangel eintrat, zum größten Vortheil gereichte. Bekanntlich mußte die übergebene Vestung französische Besatzung einnehmen, diese blieb bis
1808 den 23sten Nov. und an demselben Tage rückte das dritte Bataillon des Preuss. Regiments von Pelcherzim aus Kosel ein. Die Freude der Einwohner äußerte sich auf das lebhafteste. Sie gingen diesen Truppen sowohl, als dem von Glatz herkommenden Grenadier-Bataillon von Losthin samt den Jäger-Kompagnien v. Rekowsky, v. Stengel, v. Offency und v. Freyburg, entgegen und feierten ihren Einzug mit Gastmählern und Tanz.
1812 am 6ten Nov. wurde das vom König geschenkte Kapuziner-Kloster zu einer Wohnung für Ordensgeistliche aufgehobner Klöster eingerichtet und erhielt den Nahmen Priesterhause. Die schönen Gärten dabei, samt den vom Monarchen ebenfalls beigefügten Dörfern: Lentsch, Kayendorf, Naaßdorf und Bittendorf dienen zum Unterhalt und Vergnügungen der Priester, welche unter Aufsicht eines Vorstehers ihres Standes einen höchstanständigen Gemein-Tisch führen, freie Beheizung, ärztliche Hülfe und sonst alle Bequemlichkeiten genießen.
Quellen.[]
- ↑ Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor zu Altdorf. Neu bearbeitet von Konrad Mannert, Königl. Bairischen Hofrath und Professor der Geschichte und Geographie zu Würzburg. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1806.
- ↑ Zeitgeschichte der Städte Schlesiens mit Abbildungen herausgegeben von D. Christ. Friedrich Emanuel Fischer und Carl Friedrich Stuckart. Schweidnitz bei Carl Friedrich Stuckart. 1819.