Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Nimmegen.[]

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Nimmegen, Nimwegen, franz. Nimegue, alte, weitläufige und feste Stadt, an der Waal, in dem davon benannten Quartier, in dem Batavischen Departement Geldern, liegt theils in einer Ebene, theils auf Hügeln. Im Jahr 1796 hatte sie 12,783 Einwohner. Hier ist merkwürdig das Schloß oder die alte Burg Falkenhof, wo der Burggraf von Nimwegen wohnte, der eines der vornehmsten Mitglieder unter der gelderischen Ritterschaft war; ferner die große reformirte Kirche zu St. Stephan, die lutherische Kirche, 1 französische reformirte und 5 katholische Kirchen, der anmuthige Spatzierort Kalverbosch, das Belvedere, die fliegende Brücke über die Waal u. s. w. Die Einwohner nähren sich vom Vertrieb des hier gebrauten weissen Biers, und vom Handel mit dem benachbarten Herzogthum Cleve. In der Geschichte hat die Stadt ein Andenken wegen des 1678 und 79 daselbst geschlossenen Friedens.


Nimwegen.[]

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Städel Museum Frankfurt

Nimwegen, Nimmegen, französisch Nimègue, eine Stadt in den Königreich der Niederlande und die Hauptstadt eines Bezirkes der Provinzen Geldern, ist befestigt und liegt auf mehreren Hügeln an der Waal, über welche eine fliegende Brücke führt, in einer reizenden Lage. Sie enthält neun Kirchen, 1900 Häuser und 13,300 Einwohner, welche Gerbereien, eine Leimsiederei, Bleichen und berühmte Weißbierbrauereien (der bekannte Moll, ein weißes Sommerbier, wird außerhalb der Stadt versendet) unterhalten, auch viele gemeine messingene Rauchtabaksdosen verfertigen, und einen ansehnlichen Speditionshandel treiben, der jedoch sonst bei weitem lebhafter war. Auf einem ziemlich hohen Hügel an der Flußseite erblickt man die mit jedem Jahre mehr verfallenden Trümmer des Falkenhofs, einer alten Burg, die Carl der Große erbaut haben soll, und die vor Zeiten das Hoflager der fränkischen Könige war. Das Rathhaus enthält eine reiche Sammlung römischer Alterthümer und ist merkwürdig wegen des daselbst 1678 und 1679 geschlossenen Friedens, welcher für Holland und Deutschland eben so nachtheilig war, als er vortheilhaft für Ludwig XIV. ausfiel. Der Kalverbosch, ein anmuthiger Spaziergang, und das Belvedere sind angenehme öffentliche Spaziergänge.


Von Reisende.[]

Samuel Christop Wagener.[]

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[1793]

Jetzt noch einige Zeilen über die vorzüglichsten Merkwürdigkeiten der Stadt Nimwegen. Sie ist die Hauptstadt der Provinz Gelderland, und hat ein hohes Alter. Sie liegt auf verschiedenen Hügeln an der Waal, über welche hier eine fliegende Brükke geht, und schmiegt sich in Gestalt eines halben Mondes an diese stromreiche Tochter des Rheins an. Von der Landseite ist sie stark bevestigt, erfordert aber zur Zeit der Belagerung eine zahlreiche Besatzung wegen der Weitläuftigkeit ihrer Außenwerke. Diese sind in gutem Stande, und haben aus der Gärtnerkunst der Holländer einen Vortheil gezogen, der Nachahmung zu verdienen scheint. Die Dossirungen der Wälle nämlich sind unterwärts mit sehr dichten, gut unter der Scheere gehaltenen Dornhekken besetzt. Dadurch haben die Sturmlaufenden nicht bloß einen Widerstand mehr zu überwinden, sondern die Erde des Walles kann, wenn Bresche geschossen wird, auch nicht so ungehindert in den Graben hinunterstürzen, und durch die daraus entstehende Anfüllung desselben dem Feinde nicht so behülflich sein.

Zu den öffentlichen Gebäude der Stadt gehören, außer dem Stadthause, wo am 10ten August 1678 der bekannte nimwegensche Friede geschlossen wurde -- unter andern auch zehn Kirchen, wovon fünfe die Katholiken, drei die Reformirten und zwei die Lutheraner besitzen. Am vortheilhaftesten unter ihnen zeichnet sich die reformirte Hauptkirche des heiligen Stephans aus. Sehenswerth ist in derselben unter andern die schöne Tombe der Katharina von Bourbon, Gemahlinn des Herzogs Adolph zu Kleve, welche im Jahre 1469 starb, und hier begraben liegt.

British Library.

Ein schönes Denkmal der Vorzeit ist hier die innerhalb der Stadt auf einem Berge gelegene Burg, Falkenhof genannt. Vor etwa 50 Jahren fand man daselbst im Grunde eines eingefallenen Mauerwerks ein irdenes Gefäß, das einer Urne glich, und mit verschiedenen silbernen Münzen angefüllt war. Nach diesen Münzen zu urtheilen, kann indessen, wenigstens dieser Theil der Burgmauer, in welchem sie gefunden wurden, nicht älter sein, als aus den Zeiten der Kaiser Klaudius und Nero. Eine alte allgemeine Sage aber, die sich bis jetzt fortgepflanzt hat, will den Julius Cäsar zum Erbauer dieser Burg machen, die dann von Zeit zu Zeit große Veränderungen erlitten habe. So viel ist, nach Aussage des alten Schriftstellers Arkstee, gewiß, daß Karl der Große dieses Burgschloß vergrößerte, zuweilen bewohnte, und bei dieser Gelegenheit den hier befindlichen uralten heidnischen Tempel durch Pabst Leo in einen christlichen umtaufen ließ. Vorher war er dem Janus der Römer -- diesem liebenswürdigen Gott des Friedens -- gewidmet.

Dem Freunde der Natur wär' es übrigens nicht zu verzeihen, in Nimwegen gewesen zu sein, ohne das hiesige Bellvedere besucht zu haben. Wenn je ein Gebäude, von dessen Höhe herab das Auge ein fast grenzenlose und prachtvolle Landschaft beherrscht, den Namen -- Schöne Aussicht -- verdient: so ist es dieses, dessen Zimmer auf einer ohnehin schon beträchtlichen Höhe des Waalufers ganz isolirt und thurmartig übereinander gebauet sind. Man übersieht eine Menge Dörfer, bis in beträchtliche Fernen hin den lebhaften Rhein, die Waal, die Maaß und die Issel, die bis zum Bezaubern schöne holländische Gegend von Arnheim, und alle die übrigen Gefilde, durch welche sich jene Flüsse hinschlängeln. Auch findet man am Falkenhof auf dem erhabenen Ufer der Waal innerhalb der Stadt einen sehr angenehmen mit vielen Lindenreihen bepflanzten Spazierort, der hier unter dem Namen des Kalverbusches berühmt ist.

Die sonderbare Ueberschrift eines der Stadtthore zu Nimwegen: "Habt alle Menschen lieb, und wär' es selbst ein Friese:" -- erhält noch immer das Andenken an die außerordentliche Gehässigkeit und Feindschaft, welche in ältern Zeiten zwischen der Provinz Friesland und den Nimwegern xc. stattfand.

Die Anzahl der Einwohner Nimwegens ist gegenwärtig durch ungefehr 1500 französische Ausgewanderte vergrößert. Man findet hier große charakteristische Gruppen von diesen durch die Stürme des Schicksals verschlagenen Unglücklichen. In dem einen der hiesigen Kaffehäuser sah ich sie in so traurigen verzweiflungsvollen Gestalten, daß sie mir nie herzlicheres Mitleid eingeflößt haben, als hier.


Ralph Fell.[]

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[1800]

Von Utrecht fuhr ich auf dem Postwagen nach Nimwegen. Diese Stadt zeigt auf allen Seiten die traurigen Folgen der letzten Belagerung; zerstörte und wieder erbaute Häuser, im Schutt liegende öffentliche Gebäude, niedergestürzte Bäume und aufgerissenes Pflaster, um das Zurückprallen der Kugeln und Bomben zu verhindern. Die Festungswerke von Nimwegen waren beim ersten Angriff in guter Verfassung, die holländische Garnison der Stadt war ansehnlich und eine Armee von dreissig tausend Engländern hatte sich auf der andern Seite der Waal gelagert, von da sie vermittelst einer fliegenden Brücke Hülfstruppen in die Stadt schaffen konnten. Man dachte daher eine lange Belagerung auszuhalten, wo nicht gar die Absicht der Feinde gänzlich zu vereiteln. Ausser den gewöhnlichen Befestigungen war diese Stadt mit besondern Aussenwerken versehen und ihre Garnison bestand aus dem Kern der holländischen Armee.

Aber alle Vertheidigungsmittel waren fruchtlos gegen die Hitze der Belagerer. Nach einem Bombardement von etlichen Tagen machten die Franzosen Vorbereitungen zum Sturm. Diess beunruhigte die Engländer und sie zogen ihre Truppen aus der Stadt. Die holländische Garnison wäre ihnen gefolgt, aber die Brücke war durch die feindliche Artillerie niedergeschossen. Von ihren Bundesgenossen verlassen waren sie zum Widerstand zu schwach und mussten sich unbedingt den Franzosen ergeben. Die Stadt wurde wirklich mit Sturm erobert, aber die Menschlichkeit des französischen Generals Souham schützte Garnison und Einwohner vor jenen Grausamkeiten, wozu der Kriegsgebrauch den stürmenden Feind berechtigt.

Die Bewohner Nimwegens sprechen von dieser Periode mit der lebhaftesten Rührung; Traurigkeit und Schwermuth herrscht in der ganzen Stadt. Die Strassen wimmeln von Bettlern und unter ihnen scheinen viele an glücklichere Tage gewöhnt zu seyn.

Die französische Garnison in Nimwegen besteht aus ohngefähr achthundert Mann, von denen die meisten im Dienste Wunden erhalten hatten. Sollte diese Festung belagert werden, so erforderte sie sechs bis sieben tausend Mann zur Vertheidigung ihrer Werke, aber zum Glück ist dieser Fall eben nicht wahrscheinlich. Die Festungswerke von Nimwegen selbst sind seit der letzten Belagerung wieder hergestellt, allein die Aussenwerke sind zerstört und wo sonst eine furchtbare Batterie stand, prangt jetzt ein schön gebauter Garten. Diese Stadt ist einer der vorzüglichsten Waffenplätze der französischen Armee in der batavischen Republik und wird vermuthlich auch nach hergestelltem allgemeinen Frieden, und wenn sie auch durch Vertrag den Holländern zurückgeliefert werden sollte, von französischer Garnison besetzt bleiben.

Ich hielt mich nur einen Tag in Nimwegen auf und kehrte gegen Abend nach Utrecht zurück. Früh Morgens verliessen wir im Treckschuyt diese Stadt, kamen gegen Abend in Rotterdam an und bestiegen hier ein nach London segelndes Fahrzeug.


Quellen.[]

  1. Geographisch- Historisch- Statistisches Zeitungs-Lexikon von Wolfgang Jäger, Professor der Geschichte und Geographie zu Würzburg. Nürnberg, bey Ernst Christoph Grattenauer 1806.
  2. Conversations-Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Stuttgart bei A. F. Macklot. 1816.
  3. Ueber den Feldzug der Preußen gegen die Nordarmee der Neufranken im Jahr 1793. Von einem Beobachter, welcher die jetzigen Feldzüge der verbündeten deutschen Heere mitmacht. Stendal, bei Franzen und Grosse, 1795.
  4. Fell's Reise durch die Batavische Republik Aus dem Englischen übersetzt, und mit Anmerkungen begleitet von D. Karl Murhard. Leipzig, bei C. H. Reclam. 1805.
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