M. J. A. N. Caritas, Marquis v. Condorcet.[]
Condorcet (M. J. A. N. Caritat, Marquis v.) gebohren zu Ribemont in der Pikardie den 17. September 1743. Ohne Vermögen begründete er sich bey guter Zeit eine glänzende Existenz durch seine Talente, und hauptsächlich durch die Gunst des Herrn de la Rochefaucuad, der ihm Pensionen verschaffte und bey den Gelehrten und Mächtigen einführte. 1764, in seinem 21. Jahre, legte er der Akademie der Wissenschaften ein Werk über die Indifferential-Rechnung vor, das allgemeines Aufsehen erregte. Diesem ließ er noch ein anderes mathematischens Werk folgen, welches ihm einen Platz in der Akademie der Wissenschaften erwarb, von der er in der Folge zum Sekretair ernannt wurde. Er rechtfertigte diese Wahl durch verschiedene Schriften. Während des Amerikanischen Kriegs schrieb er für die Freyheit, vertheidigte die der Neger, und streute beynahe in alle seine Werke die Keime seiner revolutionairen Grundsätze. Mit dem Anfange der Revolution trat er hitzig auf die Seite der Volksanhänger und gab mit Cerutti das Blatt für den Landmann heraus. Als Mitglied des Konvents hielt er im November 1793 eine Rede, die Versammlung zu bewegen, daß sie Ludwig XVI. durch Deputirte der Departemente richten lassen, und sich blos das Recht vorbehalten möchte, das Urtheil zu mildern. In der Sitzung vom 19ten Januar 1793 votirte er auf Verschub der Vollziehung des Todesurtheils an Ludwig XVI., und verlangte die gänzliche Abschaffung der Todesstrafe für die Zukunft. Er arbeitete seit dem 10ten October 1792 in dem konstituirenden Ausschusse und hatte einen Konstitutionsplan entworfen, der angenommen werden sollte, als die Revolution vom 31sten May die Konstitution von 1793 gebahr. Condorcet schrieb gegen diese und ward den 8ten July von Chabot als Partheygänger der Gironde angezeigt. Sein Arrest ward beschloßen, und er vor Gericht geladen; er verbarg sich und ward den 3ten Oktober als Mitschuldiger Brissots angeklagt. Jetzt flüchtete er sich für einige Zeit zum Staatsminister Garat; eine Dame gab ihm ein Asyl und behielt ihn bis zu Ende August 1794 bey sich verborgen. Ein Dekret vom 28sten July hatte ihn vom Schutze der Gesetze ausgeschloßen. Ein anderes Dekret drohte denen den Tod, welche Geächtete verbergen würden. Er verließ die Dame und gieng nach Seaux. Hier war er genöthigt sich mehrere Nächte, aus Furcht erkannt zu werden, in den Steinbrüchen zu verbergen. Von Hunger getrieben, wagte er sich in ein kleines Wirthshaus zu Clamart; die Gierigkeit, mit der er aß, sein langer Bart und unruhiges Wesen fielen einem Mitgliede des Revolutionsausschußes von dem Orte auf, und veranlaßten, ihn zu arretiren. Man brachte ihn nach Bourg la Reine und ließ ihn 24 Stunden in einem Gefängniße schmachten, ohne sich um ihn zu bekümmern. Der Mensch, der ihm des andern Tags etwas Brod und Wasser bringen wollte, fand ihn starr und bewegungslos. Entweder hatte er ein starkes Gift genommen, welches er, wie man behauptete, immer bey sich führte, oder war, erschöpft von Anstrengung und Nahrungslosigkeit, an Schwäche gestorben.
Der Prozeß gegen Ludwig XVI.[]
Alle Unterschied von Strafe bei den nemlichen Verbrechen ist Verletzung der Gleichheit. Die Strafe der Verschwörung ist der Tod, diese Strafe streitet aber gegen meine Grundsätze und ich werde sie nie aussprechen. Ich kann nicht für Gefangenschaft stimmen, denn dazu gibt mit kein Gesetz die Macht. Ich fordre die strengste Strafe unsers peinlichen Gesetzbuchs, nur nicht den Tod, und verlange, daß die Bemerkung Mailh'es **) in Berathschlagung gezogen werde, denn sie verdient es.
- (**) Mailhe hatte nemlich, indem er über den König das Todesurtheil aussprach, gesagt: Ich will mir hierbei eine einfache Bemerkung erlauben, und diese ist, daß es der Würde des Nationalkonvents angemessen wäre, zu untersuchen, ob es nicht möglich seyn dürfte, die wirkliche Hinrichtung zu verschieben.
Quellen.[]
- ↑ Moderne Biographien, oder kurze Nachrichten von dem Leben und den Thaten der berühmtesten Menschen, von Karl Reichard. Leipzig, 1811. In Commission bey Peter Hammer.
- ↑ Gallerie der hingerichteten, gefangenen, oder sonst verunglückten französischen Konventsmitglieder und andrer Revolutionsmänner seit Ludwigs des Unglücklichen Tode; in Verbindung des, von der erstern am Verdammungstage ihres Monarchen, über denselben ausgesprochnen, Endurtheils. Hannover, im Verlage der Helwingschen Hof-Buchhandlung. 1794.