Von Bastille bis Waterloo. Wiki
Von Bastille bis Waterloo. Wiki
Advertisement

Das Französische Amtsblatt vom 30. Juny liefert das 79. Bulletin der grossen Armee, im Wesentlichen folgenden Inhalts:

"Wehlau den 17. Juny.

Die Treffen bey Spanden und Lomitten, und die Tage bey Guttstadt und Heilsberg waren nur Vorspiele noch viel grösserer Begebenheiten.

Am 12. um 4 Uhr Morgens rückte die Französische Armee in Heilsberg ein. Der General Latour-Maubourg mit seiner Dragonerdivision, und die Generale Dürosnel und Wattier mit ihren leichten Kavalleriebrigaden verfolgten den Feind am rechten Ufer der Alle in der Richtung von Bartenstein, während die übrige Armee sich in verschiedenen Richtungen in Marsch setzte, um dem Feinde den Rückzug nach Königsberg abzuschneiden, und sich vor seiner Ankunft seiner Magazine zu bemächtigen. Das Glück begünstigte dieses Unternehmen.

Am 12. um 5 Uhr Abends brach der Kaiser mit seinem Hauptquartier nach Eylau, am 13. aber der Großherzog von Berg mit seiner Kavallerie gegen Königsberg auf. Der Marschall Davoust folgte ihm, um ihn zu unterstützen. Der Marschall Soult richtete seinen Marsch auf Kreuzburg; die Marschall Lannes auf Domnau; die Marschälle Ney und Mortier auf Lampasch.

Mittlerweile meldete der General Latour-Maubourg, daß er den feindlichen Nachtrab verfolgt habe; daß die Russen viele Verwundete zurückliessen; daß sie Bartenstein geräumt, und am rechten Ufer der Alle ihren Zurückzug auf Schippenbeil fortsetzten. Der Kaiser trat jetzt auf der Stelle seinen Marsch nach Friedland an. Er ertheilte dem Großherzog von Berg, und den Marschällen Soult und Davoust Befehl, auf Königsberg hin zu marschiren. Er selbst führte die Korps der Marschälle Ney, Lannes, Mortier, die kaiserliche Garde, und das erste von dem General Viktor kommandirte Korps persönlich gegen Friedland hin.

Den 13. drang das 9. Hussaren-Regiment in die Stadt ein, wurde aber durch 3000 Mann feindlicher Kavallerie wieder daraus zurückgedrängt.

Am 14. gieng der Feind über die Brücke von Friedland. Schon um 3 Uhr Morgens ließ sich der Kanonendonner hören.

Die Marschälle Lannes und Mortier kamen zuerst ins Treffen. Sie wurden durch die Dragonerdivision des Generals Grouchy, und durch die Kürassiers des Generals Nansouty unterstützt. Verschiedene Bewegungen wurden gemacht; verschiedene Treffen geliefert. Der Feind, in der Meinung, nur 15,000 Mann vor sich zu haben, setzte seine Bewegung fort, um Königsberg zu erreichen. Bey dieser Gelegenheit machten die Französischen und Sächsischen Dragoner und Kürassiere sehr glückliche Angriffe. Sie nahmen dem Feinde 4 Kanonen.

Um 5 Uhr Abends befanden sich alle Korps der Armee an ihrem angewiesenen Platze. Am rechten Flügel stand der Marschall Ney, im Mittelpunkte der Marschall Lannes, am linken Flügel der Marschall Mortier, in der Reserve die Korps des Generals Viktor und die Garde.

Der linke Flügel wurde von der Kavallerie unter dem Kommando des Generals Grouchi unterstützt. Die Dragonerdivision des Generals Latour-Maubourg stand als Reserve hinter dem rechten Flügel. Die Dragonerdivision des Generals Lahoussaye und die Kürassiere bildeten für das Zentrum die Reserve.

Inzwischen hatte der Feind seine ganze Armee in Schlachtordnung aufgestellt. Sein linker Flügel lehnte sich an Friedland. Sein rechter nahm eine Linie von anderthalb Meilen ein.

Nachdem der Kaiser die feindliche Stellung in Augenschein genommen hatte, entschloß er sich, sogleich die Stadt Friedland wegnehmen zu lassen. Er machte mit der Fronte eine schnelle Wendung, ließ den rechten Flügel vorrücken, und an der äussersten Flanke desselben den Angriff beginnen.

Um halb 6 Uhr setzte sich der Marschall Ney in Bewegung. Einige Salven aus einer Batterie von 20 Kanonen gaben ihm das Zeichen dazu. In dem nehmlichen Augenblicke rückte die Division des Generals Marchand im Sturmschritte auf den Feind los. Die Division des Generals Bisson unterstützte ihn links. In dem Augenblicke, als der Feind wahrnahm, daß der Marschall Ney aus dem Gehölze, worin sein rechter Flügel stand, hervorrückte, ließ er denselben mit Kavallerieregimentern, denen ein Schwarm Kosaken voraussprengte, angreifen. Aber auf der Stelle ritt die Dragonerdivision des Generals Latour im strengsten Galoppe auf die rechte Flanke, und schlug den feindlichen Angriff ab. Mittlerweile ließ der General Viktor vor dem Zentrum eine Batterie von 30 Kanonen aufführen. Der General Sennarmont, der diese kommandirte, rückte 400 Schritte weiter vor, und streckte durch das Batteriefeuer ganze Reihen des Feindes nieder. Alle Versuche, die die Russen machten, um eine Diversion zu bewirken, blieben fruchtlos. Der Marschall Ney leitete mit Kaltblütigkeit, und mit der ihm ganz eigenen Unerschrockenheit, an der Spitze seines Korps selbst die kleinsten Details. Mehrere feindliche Infanteriekolonnen, welche seinen rechten Flügel angriffen, wurden mit dem Bajonet geworfen, und in die Alle gestürzt. Mehrere Tausend fanden ihr Grab in den Wellen. Nur wenige retteten sich durch Schwimmen. Inzwischen kam der linke Flügel des Marschalls Ney an den Graben, von welchem Friedland umgeben ist. Der Feind, der hinter demselben seine Garde zu Pferd und zu Fuß gelegt hatte, drang mit Ungestümm hervor, und griff unerschrocken den linken Flügels des Marschalls Ney an. Derselbe wankte für einen Augenblick. Allein die Division des Generals Düpont, die die Reserve des rechten Flügels bildete, rückte der Russisch-kaiserlichen Garde entgegen, schlug sie zurück, und richtete unter ihr ein fürchterliches Blutbad an.

Der Feind zog aus seinen Reserven, und aus seinem Zentrum frische Korps an sich, um Friedland zu vertheidigen. Allein vergebens! Friedland wurde mit stürmender Hand eingenommen. Alle Strassen wurden mit Leichen bedeckt.

Itzt befand sich das vom Marschall Lannes befehligte Zentrum in Treffen. Nachdem die Anstrengungen des Feindes, die äusserste Spitze des rechten Flügels der Französischen Armee in Unordnung zu bringen, mißlungen waren, wollte er itzt einen Versuch auf das Zentrum wagen. Er wurde aber auch hier auf eine Art empfangen, wie es sich von den tapfern Divisionen der Generale Oudinot und Verdier, und von dem Marschalle, unter dessen Kommando sie standen, erwarten ließ.

Alle Angriffe der Russen, sowohl von ihrer Infanterie, als von ihrer Kavallerie, konnten das Vorrücken unserer Kolonnen nicht mehr aufhalten. Vergebens war selbst die angestrengteste Tapferkeit der Russen. Sie konnten nicht einmal mehr zur Angriffe kommen. Ganze Reihen fielen vor unsern Bajonetten.

Der Marschall Mortier, welcher diesen ganzen Tag über Beweise von Kaltblütigkeit und Unerschrockenheit gab, indem er den linken Flügel der Armee unterstützte, rückte itzt vorwärts, und wurde von den Füsiliers der Garde geschützt, worüber General Savary das Kommando hatte. Kavallerie, Infanterie, Artillerie, kurz alles hat sich an diesem Tage ausgezeichnet.

Die kais. Garde zu Fuß und zu Pferd, so wie auch zwey Divisionen von der Reserve des ersten Korps kamen nicht ins Treffen. Der Sieg war schon im ersten Augenblick entschieden.

Man kann nichts Schaudervollers, als das Schlachtfeld sehen. Ohne Uebertreibung kann man den Verlust der Russen nur allein an Todten auf 15 bis 18,000 Mann schätzen. Von Seite der Franzosen beläuft sich der Verlust auf 500 Todte, und 3000 Verwundete. Wir haben 80 Kanonen, und eine große Menge von Munizionswägen erbeutet. Mehrere Fahnen sind in unserer Gewalt. Von den Russen sind 25 Generale todt, gefangen oder verwundet. Ihre Kavallerie litt fürchterlich.

Die Karabiniers und Kürassiers, die der General Nansouty kommandirte, so wie die verschiedenen Dragonerdivisionen, haben sich ausgezeichnet. Der General Grouchy, der die Kavallerie des linken Flügels kommandirte, hat wichtige Dienste geleistet.

Der General Drouet, Chef des Generalstabes bey dem Armeekorps des Marschalls Lannes, der General Cohorn, der Oberste Regnaud, vom 15. Linienregiment, der Oberste Latonquiere, vom 60. Linienregiment, der Oberste Lamotte, vom 4. Dragonerregiment, und der Brigade-General Brünn sind verwundet. Der Divisionsgeneral Latour-Maubourg erhielt eine Wunde an der Hand. Der Artillerieoberste Desfourneaux, und der Eskadronschef Hutin, ester Adjutant des Generals Oudinot sind todt. Mouton und Lacoste, beyde Adjutanten des Kaisers, sind leicht verwundet.

Die Nacht hinderte die Verfolgung des Feindes nicht. Man verfolgte ihn bis Nachts 11 Uhr. Die angeschnittenen feindlichen Kolonnen benützten den übrigen Theil der Nacht zu Versuchen, auf Furthen das andere Ufer der Alle zu erreichen. Am folgenden Morgen, und in verschiedenen Gegenden fanden wir Karren, Kanonen und verschiedenes Fuhrwerk, das der Feind in dem Strohme hatte zurücklassen müssen.

Der Feind war stark, er hatte eine treffliche und zahlreiche Kavallerie, und schlug sich mit tapfern Muthe.

Am 15. während d r Feind sich wieder zu sammeln sichte, und seinen Zurückzug an rechte U er der Alle fortsetzte, manövrirte die Franz. Armee, um ihn von Königsberg abzuschneiden.

Die Spitzen der Kolonnen trafen zu gleicher Zeit in Wehlau ein, einer kleinen beym Zusammenfluß der Alle und des Pregels gelegenen Stadt.

Der Kaiser hatte sein Hauptquartier zu Peterswalde.

Am 16. bey anbrechendem Tage setzte der Feind, nachdem er zuvor alle Brücken zerstört hatte, seinen Zurückzug nach Rußland fort.

Um 8 Uhr Morgens ließ der Kaiser über den Pregel eine Brücke schlagen, und dort seine Armee aufstellen.

Der Feind hatte alle seine an der Alle befindlichen Magazine theils in den Strohm geworfen, theils verbrannt. An dem, was er uns noch zurückgelassen, kann man den ungeheuern Verlust schätzen, den er gelitten hat. In allen Flecken hatten die Russen Magazine angelegt, und an allen Orten, wo sie durchkamen, hatten sie dieselben verbrannt. Indessen haben wir gleichwohl in Wehlau noch mehr als 6000 Zentner Getreide gefunden.

Auf die Nachricht von dem Siege bey Friedland wurde Königsberg geräumt. Der Marschall Soult nahm Besitz von dieser Hauptstadt des Königreichs Preussen. Wir haben darinn unermeßliche Reichthümer, viele hundert tausend Zentner Getreide, mehr als 20,000 verwundete Russen und Preussen, alles, was England den Russen an Kriegsmunizion eben zugeschickt hatte, unter andern 160,000 Gewehre, in unsere Gewalt bekommen.

Die Armee befindet sich hier in einer der reitzendsten Gegenden. Der Ufer der Pregel sind reich und fruchtbar. Bald werden die Magazine und Gewölbe von Danzig und Königsberg uns neue Mittel zu unserm Unterhalte, und für unsere Gesundheit darbiethen.

Der Raum eines gewöhnlichen Bülletins ist zu beschränkt, um darin alle Nahmen der tapfern, die sich ausgezeichnet haben, und die umständliche Beschreibung dessen, was jedes Korps geleistet hat, aufnehmen zu können. Der Generalstab beschäftigt sich, alle dahin Bezug habenden Thatsachen genau zu sammeln.

Der Fürst von Neufchalet gab in der Schlacht von Friedland viele Beweise seines Eifers und seiner Einsichten. Mehreremahle befand er sich mitten im Gewühle der Schlacht, und traf nützliche Disposizionen.

Der Feind fieng die Feindseligkeiten am 5. Jun. an. Man kann den Verlust, den er in 10 Tagen erlitt, auf 60,000 Mann an Todten, Verwundeten, Gefangenen, und solchen rechnen, die nicht mehr dienen können. Er verlor einen Theil seiner Artillerie, fast alle seine Munizionen, und alle seine Magazine, auf einer Strecke von mehr als 40 Meilen. Selten haben die Französischen Armeen so bedeutende Vortheile mit so geringem Verluste erhalten."


> > > Nächstes Bulletin. > > >

Quellen und Literatur.[]

  • Wiener-Zeitung Nro. 57. Sonnabend, den 18. Julius 1807.
Advertisement