Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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Die Landtruppen.[]

Joseph Gorani

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Ob mein letzter Aufenthalt in Neapel schon sehr kurz war, habe ich doch der Lust nicht widerstehen können, mich nach den Veränderungen zu erkundigen, welche der Reformator, Baron Salis, vorgenommen hatte, die neapolitanischen Truppen zu verbessern, und ihnen einen Begriff von deutscher Taktik zu geben. Ich habe auch in der That bemerkt, daß die Soldaten ein kriegerischer Ansehen hatten, daß sie besser marschirten, und beinahe exerciren konnten.

Ehe ich der wesentlichen Veränderungen mit dieser Truppen erwähne, will ich von den Schweizerregimentern reden, welche, als ich das erstemal in Neapel war, noch existirten. Diese Regimenter gehörten nicht den Kantons. Sie bestanden aus Schweizern, Graubündern, und Unterthanen der verschiednen mit der Schweiz alliirten Republiken.

Dieser helvetische Mischmasch machte 1781 ein aus vier Regimentern bestehendes Korps aus. Das erste hieß die Schweizergarden; es hat die Dienste derselben bis zur allgemeinen Reform gethan. Es bestand aus zwölf Füselier- und zwei Grenadierkompagnien, welche vierzehn hundert Mann ausmachten. Die drei andern Regimenter hatten nur acht Kompagnien, wovon zwei aus Grenadieren bestanden; aber da sie stärker waren, so machte es tausend Mann aus. Die Besitzer dieser Regimenter waren M. M. Tschudy, M. M. Wirtz und Gauck, alle Brigadiers.

Gegenwärtig besteht die neapolitanische Armee aus zwanzig Regimentern Infanterie, davon sechszehn Veterani sind. Man hat diesen Nahmen den Nationalregimentern, dem albanischen und dem irrländischen gegeben. Obgleich letztre fremde sind, werden sie den nationalen gleich behandelt, da die Gleichheit die Basis ist, worauf die vom Baron Salis ausgeführte Reform beruhet.

An die Stelle der Schweizerregimenter sind vier ausländische Regimenter gesetzt worden.

Die Sizilianische Infanterie ist ganz nach der östreichschen umgemodelt worden; nur mit dem Unterschiede, daß die Bataillone nicht aus so viel Kompagnien, und die Kompagnien nicht aus so viel Mann bestehen.

Jedes Infanterieregiment besteht, so wie in Oestreich, aus zweien Feld- und einem Garnisonbataillon; aber jedes Bataillon hat statt sechs, nur vier, und das Garnisonbataillon nur zwei Kompagnien. Letzteres muß immer funfzig Mann der Landmiliz exerciren, auf den Nothfall zu dienen, so oft es gefordert wird.

Auch hat jedes Regiment zwei Grenadierkompagnien, die zu den zweien Feldbataillonen gehören.

Eine sizilianische Kompagnie ist nicht halb so stark als eine östreichische. Sie besteht aus neunzig Mann zu Friedenszeiten, den Staab mit eingerechnet; zu Kriegszeiten soll sie bis auf hundert und vierzig Mann vermehrt werden. Die Grenadierkompagnien sind neun und achtzig Mann stark, und sollen zu Kriegszeiten aus hundert neunzehn Mann mit den Offizieren bestehen.

Die Kavallerie besteht aus acht Regimentern, und jedes Regiment aus vier Eskadronen, wovon ein halbes zur Reserve bestimmt ist. Also hat ein Kavallerieregiment sechs hundert und vierzig Gemeine und einen Oberstaab, der nicht in diese Zahl mit einbegriffen ist.

Infanterie und Kavallerie machen zusammen ein Korps von sechs und zwanzig tausend und sechs hundert Mann aus. Die Artillerie ist in drei Bataillone abgetheilt, welches im Ganzen neun und zwanzig tausend Mann ausmacht.

Dieses übersteigt noch keinesweges die Macht des Königs von Neapel; da seine physische Lage ihn aber nicht der Plage des Krieges aussetzt, und sein geringer Einfluß ihn nicht zwingt, sich in die politischen Zänkereien der europäischen Kabinette zu mischen, so könnte er sich wenigstens den Sold von zehn tausend Mann ersparen. Die Küsten zu besetzen bedarf es nicht so vieler Truppen. Zwei Dritttheil wären genug, wären hinreichend, sich die barbarischen Mächten abzuhalten, bis andre zurückdrängende Mittel ersonnen und ausgeführt würden.

Diese Thorheit gehört ganz auf Marien Karolinens Rechnung. Sie ist es, die ihren schwachen Gemahl zu dieser lächerlichen Ausgabe verleitet hat, die des Helden des Cervantes würdig wäre. Ist es nicht lächerlich, eine Armee in einem Staate auf den Beinen zu sehen, dessen Nachbarn zu Lande der Papst ist? Weiß man denn nicht, daß nach der gegenwärtigen Ordnung der Dinge keine Macht feindselige Absichten auf Sizilien hat?

Von dem allem hat Marie Karoline nichts überlegt. Sie hatte bloß darauf gedacht, sich ein schwaches Abbild der Macht ihres Hauses vor Augen zu stellen; ein Bild, welches ihr darstellen sollte, was damals ihr geliebter Bruder in der politischen Welt war. Sie berechnete aber nicht dabei, daß die Verschiedenheit der Mittel und der Lage stets auf politische Einrichtungen, die man sich zu machen vorsetzt, Einfluß haben müssen. Es ist indeß wahrscheinlich, daß die Hoffnung, Nutzen von diesen Veränderungen zu haben, indem diese Truppen unter der Oberaufsicht des Ministers Akton gestellt wurden, auf ihren Plan mit eingewirkt habe. Et zahlet ihnen ihren Sold, und man kann versichern, daß statt Oekonomie Verschwendung dabei herrscht, und daß beide interessirte Partheien den unrechtmäßigen Gewinnst theilen.

Der Vorzug des östreichschen Plans besteht in der Oekonomie. Die östreichschen Regimenter bestehen aus vier tausend Mann, und jede Kompagnie aus zwei hundert; daraus folgt denn, daß der immer kostspielige Oberstaab beinahe bis auf die Hälfte vereinfacht ist. Da aber die Königinn von Neapel nicht aus wahrhaften ökonomischen Absichten diese Reform wünschte, so sind die Regimenter und Kompagnien vervielfacht worden, und der Oberstaab ist beträchtlich. Dieses unnatürliche östreichsche System -- unnatürlich, weil die Hauptabsicht, um derentwillen es angenommen ist, hier gänzlich verfehlt wurde, ist also sichtlich nur das Resultat einer unnützen Prachtliebe, und Befriedigung der Habsucht einer Königinn, welche dieses Nahmens ganz unwürdig ist, und eines Ministers, der allgemein verabscheuet wird.

Ferdinand IV., der die Absichten seiner Gemahlinn nicht einsah, hat sich durch sie hinreißen lassen; und in seiner Apathie ist es möglich, und sogar wahrscheinlich, daß er diese Reform für die glorwürdigste Begebenheit seiner Regierung hält. Diese Armee, welche man die schöne unnütze nennen könnte, hat eine große Menge Generale, deren kein einziger die erforderlichen Kenntnisse hat, ein Korps von drei tausend Mann zur gehörigen Zeit in Bewegung zu setzen; allein in Ermanglung der Kenntnisse haben sie sehr beträchtliche Gehalte; und das ists, wenn ich nicht irre, warum sie sich am meisten bekümmern.

Diese Bemerkungen entstanden zur Zeit der Bildung dieser Armee. Aber haben denn wohl Personen, die Klugheit mit Erfahrung verbinden, Zutritt bei der Königinn und dem Minister Akton, deren unablässige Sorge dahin gehet, jeden abzuhalten, der dem Könige über sein wahres Interesse die Augen öffnen könnte? Ein Theil von den Neapolitanern, welche von Privatbeweggründen geleitet wurden, haben aus Liebe zum Neuen diesem Plane ihren Beifall gegeben; und so glaubte Ferdinand sein Volk befriedigt zu haben.

Ich weiß auch, daß die Königinn den Entwurf hatte, ein Lager bei der Hauptstadt anzustellen, wo die deutschen Manövres, welche man die sizilianischen Truppen gelehrt hatte, in Ausübung gebracht werden sollten. Ich weiß nicht, ob Ferdinand es zugegeben haben würde. Man kann indeß immer voraussetzen, daß er nicht Muth gehabt haben würde, seine Einwilligung zu versagen. Das ist denn doch noch ein Mittel mehr, die Ausgaben zu erhöhen, und im Trüben zu fischen.


Nachrichten von Italien.[]

[2]

[1796]

Der König von Neapel hat seine, zur Vertheidigung der Lombardey bestimmten, 12000 Mann Hülfs-Truppen, auf einem großen Umwege durch das Päbstliche Gebiet zu der alliirten Armee marschiren lassen, da der nähere Weg durch das Toscanische, von dem Großherzoge verweigert wurde. Man kennt die Lage in welcher dieser Fürst mit der Französischen Regierung sich befindet, und wie sorgfältig er die freundschaftlichste Neutralität zu bethätigen sucht: auch halten sich in seinen Staaten sehr viele Franzosen von dem neuen Systeme auf.

Außer dem Truppen-Corps ließ der König von Neapel noch 3 Linienschiffe mit dem thätigsten Eifer ausrüsten, um die Englische Flotte zu verstärken. Diese war von ihrem Kreuzzuge auf der Höhe bey Toulon, wo sie einen vergeblichen Versuch gemacht hatte, die Französischen Schiffe auf der Rhede zu beschädigen, und, selbst von dem Feuer der Französischen Batterien beschädigt, sich hatte zurück ziehen müßen, nach Livorno geseegelt. Hier beobachtete der Admiral Jarvis die obenangeführten Umstände von Genua. Ein Theil dieser Flotte lag indessen in den Corsicanischen Häfen.


Quellen.[]

  1. Geheime und kritische Nachrichten von Italien nebst einem Gemälde der Höfe, Regierungen und Sitten der vornehmsten Staaten dieses Landes. Von Joseph Gorani, französischem Bürger. Aus dem Französischen übersetzt. Frankfurt und Leipzig 1794.
  2. Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen. Jahrgang 1796.
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