Von Bastille bis Waterloo. Wiki
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M. Isnard.[]

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National Portrait Gallery London

Isnard, (M.) Parfümeriehändler zu Draguignan, Deputirter von Var bey der Gesetzgebung und nachmals bey dem Konvent. Sein Vater, ein vermögender Mann, hatte nichts in seiner Erziehung vernachlässigt, und er zeigte in beyden Sitzungen Talente und Muth. Er schloß sich an die Girondisten an und theilte ihre Plane. Am 31. May erklärte er, daß er, aus Liebe zum Frieden, seine Functionen niederlegte, und entging auf diese Art dem Schicksale seiner Kollegen; jedoch blieb er den Verfolgungen der Pariser Gemeinde ausgesetzt und wurde ohne Dekret von Renaudin, Geschwornen des Revolutions-Gerichts, arretirt. Er entkam jedoch wieder und wurde im Oktober als Girondist und einer von den Chefs der Föderalisten geächtet. Abermals gelang es ihm aber, sich gegen alle Nachsuchungen bey einem Freunde zu verbergen; er galt selbst für todt und nahm nach dem Sturz der Montagne in dem Konvent seinen Platz wieder ein. Er wurde in das Departement der Rhonemündungen geschickt, wo er sich gewaltig gegen die Terroristen, die ihn verfolgt hatten, erklärte, und man hat ihn seitdem beschuldigt, daß er zu den blutigen Repressalien, welche sich die mittägigen Einwohner um diese Zeit gegen jene erlaubten, und unter andern zum Mord der im Fort St. Jean zu Marseille Verhafteten aufgemuntert habe. Von 1796 bis 97 war er Mitglied des Raths der 500, nachher ward er bey den Tribunalen von Vard angestellt, und 1806 war er Beysitzer des Gerichts der ersten Instanz in Paris.


Zeitungsnachrichten.[]

1793.[]

Paris, vom 25. Hornung. [2]

Die leztern Seßionen des N. Convents (welches seit dem 22. den Bürger Dübois-Crance zum Presidenten hat) liefern abermahls nichts, was für das auswärtige Publikum interessant seyn könnte: ausser einer in der vorgestrigen Seßion von Isnard verlesenen, und sogleich genehmigten "Proklamation an das Französische Volck," betreffend die Fortsezung des Krieges gegen alle wieder dasselbe verbundene Mächte. Der wircklich geistreiche Ton, worinn dieselbe abgefaßt ist, veranlaßt uns, besonders bey dem gänzlichen Mangel an andern Materien, einige Stellen daraus hier mitzutheilen: -- "Freye Nationen finden in der grösten Noth Hülfs-Mittel. Als Rom bis auf das Capitolium reduziert war, kam es nur desto furchtbahrer wieder empor. -- Der Enthusiasmus der Freyheit triumphiert immer über die Menge; das Glück ist der Kühnheit günstig, und der Sieg dem Muth. Wir beruffen uns auf euch, ihr Sieger bey Marathon, bey Salamie und von Gemappes. Du neuentstehende Republick, das sollen dein Muster und die Vorahndung deiner glücklichen Unternehmungen seyn. Du warst dazu bestimmt, der Welt das erstaunenswürdigste Schauspiel zu geben. Noch niemahls hat eine Angelegenheit von dieser Art die Menschen in Bewegung gesezt. -- Die Grösse dieser Ideen müsse deinen Muth entflammen, Franzoß! -- Entweder werden wir von der Erde verschwinden, oder als unabhängige Franzose auf derselbe bleibe. Alle ächten Republikaner müssen sich für das Vatterland bewafnen; das Eisen und Erzt müsse sich in Donnerkeile des Krieges, und unsere Wälder in Schiffe sich verwandeln; ganz Franckreich müsse ein Feld-Lager, und die Nation ein Kriegsheer seyn. Der Künstler und Handwerker verlasse seine Werckstädte und der Handelsman unterbreche seine Spekulazionen. Es liegt mehr daran, die Freyheit zu erwerben, als Reichthümmer; unsere Ländereyen müssen nur so viele Aerme zurückbehalten, als zu ihrem Anbau nöthig sind. Die Felder müssen zuerst frey gemacht werden, ehe man auf ihre Verbesserung denckt. Diejenigen, welche ihre Fahnen verlassen haben, mögen sich schämen, daß sie ihre Lorbern verwelcken lassen. Der junge Mann eile zur Vertheidigung der Republick; es ist billig, daß er vor dem Hausvatter fechte; und ihr, zärtliche Mütter, gefühlvolle Gattinnen, junge Französinnen, anstatt die Bürger, die euch lieb sind, in euern Armen zurückzuhalten, muntert sie vielmehr auf, dem Sieg entgegen zu eilen. Sie werden nicht mehr für einen Despoten fechten, sondern für euch; für euere Kinder und Familien. Anstatt bey ihrem Abzug zu weinen, stimmet, wie die Spartanerinnen, Freuden-Lieder an; und in Erwartung ihrer Zurückkunft müssen euere Hände ihnen Kleider zubereiten, und Kränze flechten. O Liebe des Vatterlandes, der Freyheit und des Ruhms, du Quelle des Heldenmuths und der Tugend, entflamme die Gemüther! lasset uns bey dem Grab unserer Vätter, und bey der Wiege unserer Kinder, lasset uns bey den noch auf den Schlachtfeldern zerstreuten Gebeinen unserer Brüder schwören, daß wir sie rächen, oder, wie sie sterben wollen. -- Und ihr, Reiche, die ihr mehr eigennüzig als republikanisch gesinnt, euch nur nach Ruhe sehnet, helffet uns siegen, um bald den Frieden zu erhalten. Wenn ihr, durch Müßiggang weichlich gemacht, die Fatiguen des Krieges nicht aushalten könnet, so öfnet euere Schäze der Dürftigkeit, und gebet uns Vertheidiger, die euere Stelle vertretten. Während dem euere Brüder in Belgien und in den Alpen siegten, mit Kälte Hunger und Tod kämpften, Gebürge und Wälle ersteigen, schliesset ihr in den Armen der Weichlichkeit; und ihr soltet euere Geld-Beyträge verweigern? Ist denn Gold kostbahrer, als Blut? Wenn euer Patriotismus euch nicht zu Aufopferungen bewegt, so müsse wenigstens euer Interesse euch dazu zwingen. Bedencket, daß euer Eigenthum und euere Sicherheit von dem Erfolg des Kriegs abhängt. -- Was auch euere Meynungen seyn mögen, unsere Sache ist eine gemeinschaftliche Sache; wir befinden uns alle auf dem Schiff der Revolution; es ist nun einmahl auf der See; es muß anlanden oder zertrümmern. Keiner wird am Schiffbruch ein Brett zu seiner Rettung finden. -- Ihr Krieger, die ihr auf den Ruf des Vatterlandes zu Felde ziehet, wir wollen euch nicht zum Muth aufmuntern; als Franzosen und Republikaner sich ihr von Ehrliebe und Tapferkeit beseelt; aber wir empfehlen euch um des allgemeinen Wohls willen, den Gehorsam gegen euere Anführer, und eine genaue Disziplin; ohne diese giebt es keine Armeen, keine glückliche Unternehmungen; ohne sie ist der Muth unnüz und die Menge unmächtig; sie ersezt alles und nichts kan ihren Mangel ersezen. -- Wir versprechen standhaft auf unserm Posten, ein Beyspiel des Patriotismus, des Muths und der Aufopferung zu geben. Wir wollen, wenn es seyn muß, jenen Römischen Senatoren nachahmen, die den Tod auf ihren curulischen Sizen erwarteten. Man sagt euch, wir seyen uneinig; glaubet es ja nicht; wenn auch unsere Meynungen verschieden sind, so sind doch unsere Gesinnungen gleich. Indem wir über die Mittel verschieden dencken, haben wir dich den gleichen Zweck. Unsere Berathschlagungen sind bisweilen stürmisch; und wie sollte man bey Erörterungen von so grosser Wichtigkeit nicht in Hize gerathen? Die leidenschaftliche Liebe zu dem, was gut ist, sezt uns in diese Bewegung, aber wenn das Dekret einmahl abgefaßt ist, so hört der Lärm auf und das Gesez bleibt. Volck, verlaß dich auf deine Representanten; was sich auch immer ereignen mag; sie werden mit Kraft gegen das Schicksal und die Menschen kämpfen. Niemahls werden sie in deinem Namen mit der Tyranney sich in Unterhandlungen einlassen. Als wir zum N. Convent versamelt wurden, glaubten wir, die Stimme des Vatterlandes zu hören, welche uns zurief: "Geh' und mache mich frey; sichere mein künftiges Glück auf Kosten meiner gegenwärtigen Ruhe. Wenn ich, um aufzuhören ein Sclav zu seyn, Europa besiegen muß, so sprich nur, ich werde mit demselben ringen; und was für Aufwand, Fatiguen und Gefahren es mich kosten mag, gieb mir nur den Frieden nicht anderst, als mit einer völligen Unabhängigkeit."


Quellen.[]

  1. Moderne Biographien, oder kurze Nachrichten von dem Leben und den Thaten der berühmtesten Menschen, von Karl Reichard. Leipzig, 1811. In Commission bey Peter Hammer.
  2. Post- und Ordinari Schaffhauser Mittwochs-Zeitung. Vom 6. Merz, 1793. Num. 19.
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