Marine impériale.
Kurze Geschichte der Französischen Marine.[]
- [Juli.]
Man kann Menschen und Uniformen haben, und doch keine Armee; man kann Schiffe, Kanonen und Matrosen haben, und dennoch keine Kriegsflotte. Diese einfache Wahrheit möchte manchem Leser nicht sogleich einleuchten, und daher muß der Satz bewiesen werden. England hatte bisher entschiedene Uebermacht auf dem Meere, aber diese ist nicht gegründet in der ungeheuren Anzahl der Kriegsschiffe, die alle Meere bedecken, sondern in der Uebung und Kunst der Matrosen und Offiziere, in der Ruhmbegierde der Admirale. Wäre es mit Schiffen und Matrosen gethan, Napoleon würde in kurzer Zeit den Englischen Flotten eben so große Massen entgegen gestellt haben, denn es kostet ihm nur einen Wink; aber Gewandheit, Schiffahrtskunde, Seekriegstacktick, das sind Kräfte, die erst durch vieljährige Uebung gewonnen werden.
Zur vollkommenen Machtsbegründung Frankreichs gehört eine gute Marine eben so nothwendig, als eine große wohl organisirte Landarmee. Noch ehe Frankreichs Kolonien in entlegenen Weltgegenden besaß, hatte es schon Kriegsflotten. Schon Karl der Große schuf solche, aber Ludwig der Fromme vernachlässigte diese Staatsmacht, und daher kam es, daß die Normänner und Sarazenen Meister zur See wurden, und verheerende Züge bis Rouen und Paris machen konnten. Karl der Sechste hatte eine Kriegsflotte von 1287 Schiffen, aber es versteht sich von selbst, daß darunter keine Linienschiffe unsrer Zeit waren. Zur Zeit Ludwigs des Vierzehnten hatte Frankreichs Seemacht den höchsten Glanz, und die Arsenale von Toulon, Brest und Marseille enthielten alles, was zur Ausrüstung mehrerer Flotten nöthig war. Die Französische Seemacht bestand im Jahre 1692 aus 110 Linienschiffe und 690 Fregatten und andern kleinen Kriegsfahrzeugen, bewaffnet mit 14670 Kanonen, und bemannt mit 250 Seeoffizieren und 97500 Matrosen und Seesoldaten. Jetzt hat Frankreich kaum noch 40 Linienschiffe.
Den Verfall der Französischen Marine hatte die unglückliche Seeschlacht bei la Hogue den 29. Mai 1692 zum Grunde, wo der Französische Viceadmiral Tourville von den Britten total geschlagen wurde. Man hätte freilich seine Seemacht wiederherstellen können, aber -- bei der Regierung war eine Erschlaffung, welche England zu benutzen verstand. Als die Franzosen 1756 in dem siebenjährigen Krieg verwickelt wurden, befand sich ihre Marine im traurigen Zustande, und schon vor der Kriegserklärung hatten die Britten den Franzosen über dreihundert größere und kleinere Schiffe mit einer Bemannung von 15000 Matrosen weggenommen, und gegen das Ende des Jahrs 1757 belief sich die Zahl der von den Engländern eroberten Schiffe auf 510. Statt nach solchen Unglücksfällen auf Wiederherstellung der Marine zu denken, war die Regierung sorgenlos, und so hatte Frankreich keine Marine mehr, denn der Minister Berryer verkaufte sogar den Ueberrest des Tackelwerks und der Schiffsvorräthe.
Die Herzöge von Choiseul und Praslin wie sie ins Ministerium kamen, thaten Alles zur Schaffung einer neuen Seemacht, und man zählte schon im Jahre 1769 wieder 64 Schiffe, 50 große Fregatten, und auf den Schiffswerften lagen mehrere in der Arbeit. Im Jahre 1781 besaß Frankreich 81 Linienschiffe von 118 bis 64 Kanonen, 69 Fregatten von 40 bis 30 Kanonen und 141 andere Fahrzeuge.
In den zehn Friedensjahren, welche auf den Nordamerikanischen Freiheitskrieg folgten, hätte die Französische Marine wohl anwachsen können, aber -- sie wurde im Gegentheil gänzlich vernachlässigt, und man kann sagen, die Revolution hatte sie vernichtet, denn sie hatte den Franzosen ihre besten Seeoffiziere geraubt, und die Zerstörungen welche die Britten wiederholt, besonders durch Nelsons Kriegsglück, über die mit schwachen Kräften der wiederauflebenden Marine Frankreichs verhängten, liessen sie nie zu einiger Bedeutung anwachsen. So hatte dieses große Reich auch in den bisherigen Jahren nicht Mittel genug, den Britten auf offnem Meere Spitze zu bieten. Großbrittaniens Marine enthielte über 500 Linienschiffe und Fregatten und unterjochte bisher den ganzen Ozean so, daß es den Französischen Schiffen schon ruhmvoll genug war, bei einer Exkursion den Brittischen Kreuzfahrern entschlüpft zu seyn.
Wie es in kurzer Zeit werden wird, und wie hoch empor die Französische Marine steige, das ist nicht schwer zu begreifen, wenn man bedenkt, was Napoleon der Große bisher geleistet um Frankreichs Macht zu begründen. Jetzt steht ihm Alles zu Gebote, um auch eine große Marine zu verschaffen, und diesen Zeitpunkt wird er nicht unbenutzt lassen, um sich den Britten vollkommen gleich zu stellen. Die Acquisition von Spanien und Portugal ist zu diesem Zwecke äusserst wichtig, denn in Spanien findet er schon den Stamm einer guten Flotte, und daß er verstehe, Mängeln schnell abzuhelfen und alles zu vergrößern und zu vervollkommen, daß ist so deutlich von ihm bewiesen worden, daß man nicht nöthig hat, es näher aus einander zu setzen. Ganz bestimmt wird kein Jahr hingehen, ohne daß nicht die Seemacht in Frankreich mit der Landmacht gleichen Schritt halten sollte. Das ist es auch, was die Engländer selbst am meisten zu fürchten scheinen.
Zeitungsnachrichten.[]
- [1808]
Miszellen. [2]
Die Französische Flotte bestand im Jahre 1689 aus 165 Linienschiffen, 40 Galeeren, 500 andern Fahrzeugen, in Allem aus 705 Schiffen mit 73,000 Mann; im Jahre 1692 aus 170 Linienschiffen, 690 anderen Fahrzeugen, in Allem aus 860 Schiffen mit 14,670 Kanonen und 100,000 Mann; im Jahre 1694 aus 71 Linienschiffen, 29 anderen Fahrzeugen; im Jahre 1756 aus 63 Linienschiffen, 40 Fregatten; im J. 1785 aus 72 Linienschiffen, 74 Fregatten, 36 Galeeren, 74 anderen Fahrzeugen, in Allem aus 256 Schiffen mit 8370 Kanonen; im J. 1789 aus 81 Linienschiffen, 76 Fregatten, 26 Galeeren, 141 andern Fahrzeugen, in Allem aus 324 Schiffen mit 13.000 Kanonen und 78,000 Mann; im J. 1792 aus 74 Linienschiffen, 41 Fregatten, 64 andern Fahrzeugen, in Allem aus 179 Schiffen; im J. 1801 aus 36 Linienschiffen und 40 Fregatten: im J. 1803 aus 56 Linienschiffen, 60 Fregatten, 126 anderen Fahrzeugen, in Allem aus 242 Schiffen mit 70,000 Mann; im J. 1805 aus 55 Linienschiffen, 43 Fregatten, 3000 anderen Fahrzeugen, in Allem aus 3098 Schiffen mit 150,000 Mann.